Sunday, November 8, 2020

Literatur im digitalen Zeitalter - Mareike Schumacher ist jetzt bei Real Scientists DE!

 Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Mareike Schumacher (@m_k_schumacher) vorstellen zu dürfen! Mareike promoviert im Bereich neuere deutsche Literatur und Digital Humanities an der Universität Hamburg. Vor und während ihres Studiums arbeitete sie als Buchhändlerin, seit 2013 war sie in den Digital-Humanities-Projekten DARIAH-DE und efoto beschäftigt und seit Juli 2018 ist sie im Projekt forTEXT für die digitale Dissemination zuständig. Mareike hat Kulturwissenschaften (B.A.) an der Leuphana Universität Lüneburg und deutschsprachige Literaturen (M.A.) in Hamburg studiert und nutzt nun am liebsten Distant-Reading-Methoden. Für forTEXT ist ihr besonders wichtig, auch abstrakte Routinen anschaulich aufzubereiten und stets das literarische Beispiel in den Mittelpunkt zu rücken.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 
Im Grunde konnte ich mir schon als Kind vorstellen, in die Forschung zu gehen. Leider glaubte ich damals, dass ich dazu Naturwissenschaftlerin werden müsste. Für Literatur und Kultur habe ich mich schon immer begeistert und so machte ich nach dem Abitur zuerst eine Lehre zur Buchhändlerin und studierte dann erst Kulturwissenschaften und Wirtschaftspsychologie im Bachelor und schließlich Literaturwissenschaften im Master. In meinem letzten Studienjahr hatte ich das Glück, als studentische Hilfskraft an einer großen Konferenz für digitale Geisteswissenschaften mitzuarbeiten und spätestens da war mir klar, dass es das ist, was ich machen möchte.   

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Zu den Digital Humanities bin ich im Master-Studium über meinen jetzigen Doktorvater Jan Christoph Meister gekommen. Er war damals der Einzige, der an der Uni Hamburg diesen Forschungsschwerpunkt vertrat und in einem seiner Seminare lernte ich das Feld kennen. Der nächste Schritt war für mich dann der Besuch einer Summer School in Leipzig zum Thema digitale Methoden in den Geisteswissenschaften. Letztendlich war es die Kombination aus innovativen Methoden und sehr aufgeschlossenen und netten Leuten, die mich fasziniert hat. Bis heute fühle ich mich in der Community der "Digitalen" total wohl. Das und dass ich mich mit Inhalten beschäftigen darf, die mich jeden Tag aufs Neue begeistern, ist es, was mich hier hält.  

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Arbeit ist eine Kombination aus Entwicklung, Anwendung und Vermittlung digitaler Methoden. Im Projekt forTEXT, in dem ich arbeite, bieten wir Einführungen in Software und Methodik der digitalen Geisteswissenschaften für interessierte Geisteswissenschaftler*innen an, die derzeit noch eher traditionell-analog arbeiten. Ich selbst schreibe einführende Artikel und Tutorials, erstelle Screencast und Fallstudien-Videos und betreue die Social-Media-Kanäle des Projektes. Es gehört aber auch zur Arbeit in diesem Projekt, sich an der Entwicklung des geisteswissenschaftlich ausgerichteten Computerprogrammes CATMA zu beteiligen. Darum arbeiten im Team sowohl Geisteswissenschaftler*innen als auch Entwickler. Und ich biete Seminare an der Universität Hamburg an, die neben einem kultur- und/oder literaturwissenschaftlichen Thema auch immer digitale Methoden beinhalten.  

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Die digitalen Geisteswissenschaften sind in der Öffentlichkeit noch nicht sehr bekannt. Dabei beschäftigen wir uns mit vielen Phänomenen, die aus dem Alltag nicht wegzudenken sind. Wir nutzen lernende Algorithmen, analysieren Netzwerke in literarischen Texten, die sozialen Netzwerken oft nicht unähnlich sind, oder schauen uns an, mit welchen Emotionen und Wertungen Genderrollen in Büchern als Kulturgut verbunden werden. Unsere Forschung ist also oft thematisch alltagsnah und gibt uns darüber hinaus Einsichten darüber, wie digitale Phänomene funktionieren. Naja und natürlich handelt es sich um eine ziemlich neue und bunte Art, Literaturwissenschaften zu betreiben. Ganz offen gesagt, macht es einfach großen Spaß, kulturelle Phänomene auf diese Weise zu betrachten. Das kann man der Öffentlichkeit doch nicht einfach vorenthalten, oder?  

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Mir ist Wissenschaftskommunikation extrem wichtig. Darum habe ich einen Blog namens "Lebe lieber literarisch", zu dem auch ein Podcast gehört. Darin schreibe und spreche ich über Literaturwissenschaften, Digital Humanities und Wissenschaftskommunikation.
Außerdem habe ich auf einer Konferenz Anfang des Jahres 2020 Lisa Kolodzie, Jonathan Geiger und Patrick Toschka kennen gelernt. Im Juli haben wir zusammen einen weiteren Podcast gelauncht, der RaDiHum20 heißt. Darin interviewen wir Kolleg*innen aus den digitalen Geisteswissenschaften zu ihren unterschiedlichen Arbeitsbereichen.   

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schon seit meiner frühen Kindheit ist das Tanzen mein großes Hobby. Von Ballett über Modern und HipHop und Jazz habe ich in meiner Kindheit und Jugend fast alles ausprobiert. Bis heute ist tanzen das, was mich am schnellsten vom Alltag ablenken, mich erden und mir neue Energie geben kann.
Da ich aber ziemlich schnell und leicht zu begeistern bin, probiere ich auch einfach gern Neues aus. Das endet dann in so Phasen. Mal ist es eine Inline-Skate-Phase, mal verbringe ich gerne Zeit auf meiner Couch mit dem Häkeln niedlicher kleiner Dinge, dann starte ich plötzlich einen TikTok-Kanal, um zu testen, wie man dort Wissenschaftskommunikation betreiben kann. Im Grunde weiß ich also selbst nicht, welche Idee mich als nächstes mit sich fortreißt.   

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich bin eine totale Sonnenanbeterin und mein idealer freier Tag sieht darum so aus: Die Sonne scheint, es ist warm und ich bin mit Büchern, Hängematte, Picknick und meiner Familie im Park oder am Meer.

Bitte begrüßt Mareike ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, November 1, 2020

In der Mensch-Roboter-Schnittstelle - Doris Aschenbrenner ist jetzt bei Real Scientists DE!

 Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Doris Aschenbrenner (@aschenbrennerin) vorstellen! Doris ist Assistenzprofessorin an der TU Delft. Ihr Forschungsinteresse liegt hauptsächlich darin, nachhaltige Beschäftigung in der "vierten industriellen Revolution" zu schaffen. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit "Mensch-Roboter-Koproduktion" und damit, das Hybridsystem aus Arbeiter ("operator 4.0") und Automations-/Robotersystems im Hinblick auf Arbeiterwohlergehen und Systemleistung zu optimieren.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich hab schon in der Schule bei Jugend Forscht mitgemacht weil ich es total spannend fand neue Dinge herauszufinden und vor allem zu bauen. Wir haben dabei zum Beispiel einen semantischen Chatbot gebaut, einen Verschlüsselungsalgorithmus und über mehrere Jahre unseren ersten selbst gebauten Roboter weiter entwickelt. Ich habe in der Uni auch schon lange am Lehrstuhl gearbeitet, daher war der Wechsel in die Forschung mehr oder weniger logisch (vermutlich hätte ich damals länger darüber nachdenken sollen wo ich promovieren will und worüber genau anstatt einfach irgendwie weiter zu machen). Ich habe an einem außeruniversitären Institut sehr industrienah promoviert, was zwar viele Vorteile hat, für eine reine wissenschaftliche Karriere vielleicht aber nicht die beste Wahl ist. Für mich kam die "große Frage" ehrlich gesagt erst nach der Promotion - in meinem Feld gibt es sehr gute Angebote aus der Industrie, und außerdem hatte ich mit anderen damals zusammen unsere Firma Awesome Technologies gegründet. Ich habe mir die "Bedenkzeit" mit einem Auslandsstipendium des DAAD an der TU Delft überbrückt (früher Fit weltweit, jetzt IFI - sehr empfehlenswert, ich nehme auch immer gern Leute aus diesem Programm). Joa. Und das war dann irgendwie Liebe auf den ersten Blick.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Roboter fand ich schon immer super spannend, das war schon vor dem Studium klar. Was ich während meiner Promotion in Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen P&G und KUKA Industries gemerkt habe, ist dass es nicht nur um die Technologie allein geht - sondern wie die Menschen mit ihr umgehen und wie die Organisation die Innovationen unterstützt. Das führte mich zwar etwas weg von den "Hardcore" Technik Problemen, ist aber ein Thema, welches mich absolut begeistert: Wie soll die Zukunft der Arbeit in der Industrie aussehen wenn wir mit intelligenten Robotern noch enger als vorher zusammenarbeiten? Was brauchen wir dafür, wie können wir das so realisieren, dass der Mensch nicht der Befehlsempfänger des intelligenten Systems ist oder anderweitig ausgebootet wird? Es gibt wenig Leute, die dieses Thema wirklich interdisziplinär angehen, obwohl wir genau diesen Ansatz für eine langfristig wirksame "vierte industrielle Revolution" brauchen. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Mein Team und ich beschäftigen uns damit, wie wir den Arbeiter bzw. die Arbeiterin der Zukunft besser bei seiner oder ihrer Arbeit unterstützen können. Wir nennen das "Operator 4.0" - hier wird ein "Augmentation Layer" zwischen dem immer komplizierter werdenden Produktionssystem und dem arbeitendem Mensch gebaut. Konkret beschäftigen wir uns mit der Realisierung von Automatisierungspotentialen, die jetzt mit neuer Technologie wie zum Beispiel kollaborativen Robotern möglich ist und wie man die Zusammenarbeit zwischen Arbeitenden und Roboter zum Beispiel mit Augmented Reality unterstützen können. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir uns anschauen, ob der Mensch die zukünftigen Aktivitäten des Roboters besser voraussagen kann, wenn er oder sie eine AR-Brille aufgesetzt hat, auf dem die zukünftigen Aktionen angedeutet werden - oder ob ihn oder sie das eher störend von der Arbeit abhält. 

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wir sind mitten in diesem Digitalisierungsschub, der an vielen Orten als "vierte industrielle Revolution" bezeichnet wird. Zusätzlich ist natürlich auch allerorts von "künstlicher Intelligenz" die Rede. Oh und da ist auch noch Corona - plötzlich muss so einiges über digitale Kommunikation gehen, was man vorher "face2face" gemacht hat. Kurz gesagt: es passiert gerade technologisch sehr viel und sehr schnell und das beeinflusst substantiell die Art wie wir arbeiten. In die Zukunft projiziert wird es gerade in der industrielle Produktion viel verändern - dort gibt es bereits viele neue technologische Lösungen. Es gibt einige Menschen die postulieren, dass bald alles digitalisiert wird und von autonomen Systemen übernommen wird. Ich unterstütze diese Denkrichtung nicht und glaube dass wir auch in Zukunft auf menschliche Arbeit angewiesen sind. Wenn Technik unser Lebensumfeld verändert müssen wir allerdings uns auch immer anschauen, was das mit dem Betroffenen macht - Veränderungen oder "Revolutionen" passieren eben nicht, weil es Werkzeuge gibt, sondern weil Menschen diese benutzen und ihr Verhalten ändern. Das nennen wir sozio-technisches System. Letztendlich geht es ja um die Frage, wie die Zukunft unserer Arbeit aussehen soll - und anstatt es "passieren zu lassen", müssen wir es gestalten - und zwar bitte so, dass es dem Menschen und nicht nur rein dem Profit nützt. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Die TU Delft hat die oben geschilderten gesellschaftlichen Entwicklungen erkannt und ein "Vision Team Robotics" aufgesetzt, bei dem ich die Arbeitsgruppe "Robots@Work" koordinieren darf. Die TU Delft gibt mir weiterhin die Möglichkeit, dass ich mich in unsere "Fieldlabs" einbringen darf. Wir haben eine Art Forschungsfabrik, die SAM XL heißt und hier koordiniere ich den Bereich AR/VR. Weiterhin gibt es das "Center of Design of Agile Manufacturing" und das "Ultra Personalized Products and Services Fieldlab", in denen ich beidesmal den Bereich "Human-Robot Coproduction" vertreten darf. Über die TU Delft hinaus bin ich natürlich wie jeder Wissenschaftler in den jeweiligen Forschungsverbünden Mitglied, bei mir sind das die IEEE, die ASME und die Gesellschaft für Informatik. In Deutschland sitze ich in einem wissenschaftlichen Beraterkreis im "KI Observatorium" im Arbeitsministerium und ich darf im europäischen Forschungsnetzwerk "EIT Manufacturing" den Bereich "CLC Central", also die Region Deutschland, Niederlande, Belgien, Irland, Dänemark und Polen als "chair" dem so genannten "advisory board" vorsitzen. Oh und ich hab mit anderen kreativen Köpfen unsere tolle Firma "Awesome Technologies" gegründet - ein in Würzburg beheimatetes Technologieunternehmen, welches sich mit computergestützter Zusammenarbeit in der Telemedizin und der industriellen Automatisierung, sowie mit Cobot-Automatisierung beschäftigt.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich bin was Hobbies angeht ein ziemlicher Nerd. Corona-bedingt fallen aktuell Metal-Konzerte und Mittelaltermärkte, sowie Live-Rollenspiel aus, das heißt ich verbringe meine freie Zeit hauptsächlich mit aufwändigen Brettspielen. Die Events des Chaos Computer Clubs sind mittlerweile alle auf reine Online-Veranstaltungen umgezogen, so dass ich mit meinem Würzburger "Nerd2Nerd"-Leuten wieder besser Kontakt halten kann. Eigentlich habe ich noch Singen und Chor als Hobby aber das passt zum Einen aufgrund meiner Arbeitsauslastung aber natürlich auch auch im Kontext Corona gerade nicht mehr rein.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ihr sprecht da einen wunden Punkt an ;) Aktuell würde ich sagen wenn das Wetter gut ist, dann raus und weg vom PC (In den Niederlanden wohne ich direkt am Meer und in Deutschland gehe ich sehr gerne wandern). Ansonsten kann ich gerade ohne Probleme ganze Tage mit Brettspielen verbringen.

Bitte begrüßt Doris ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Monday, October 26, 2020

Spielend zusammenarbeiten - Judith Ackermann ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neue Kuratorin Juidth Ackermann (@jiutha) vorstellen zu dürfen! Judith ist Forschungsprofessorin für Digitale und vernetzte Medien in der Sozialen Arbeit an der FH Potsdam sowie regelmäßige Gastprofessorin an der School of Design des Politecnico di Milano. Seit 2017 leitet sie anteilig das BMBF-Forschungsprojekt „Postdigitale Kunstpraktiken in der Kulturellen Bildung“ (PKKB) und seit 2019 anteilig das Projekt „Digitale Inklusion im Kontext Sozialer Angststörungen“ (DISA). In ihrer Forschung befasst sie sich mit den Potenzialen der Digitalisierung für Gesellschaft und Kultur. Das sagt Judith zu sich in seinen eigenen Worten:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Eigentlich überraschend. Ich habe mich für die Promotion erstmal nur eingeschrieben, weil ich nach dem Magister gern meinen Studierendenstatus erhalten wollte, um mit dem verbundenen Bahnticket kostenlos zur Schauspielschule fahren zu können. Für die Betreuungsvereinbarung musste ich ein Exposé verfassen. Dann dachte ich: ach, die Idee ist ja eigentlich ganz spannend, das könntest Du ja wirklich machen. Also hab ich gemacht, was jede*r in meiner Situation gemacht hätte: ich hab die Dissertation geschrieben und die Schauspielschule abgebrochen.  

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Ich habe schon mit der Dissertation einen Schwerpunkt auf digitale Medien gelegt und finde es immer noch ein spannendes Feld, weil es so dynamisch ist und man viel über die Menschen und ihre Beziehungen zu Technologie, Umwelt und Gesellschaft erfährt. An der Arbeit an einer Fachhochschule gefällt mir besonders gut, dass es immer auch darum geht aus den Forschungsergebnissen konkrete Lösungen und Anwendungen zu entwickeln. Also diesen einen Schritt weiter zu gehen. Dafür ist der Bereich der Sozialen Arbeit eine optimale Umgebung. Deshalb freut es mich sehr, dass ich an der FH Potsdam einen entsprechenden Schwerpunkt aufbauen durfte und immer noch darf.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit! 

Ich verfolge verschiedene Themen im Kontext digitaler Technologien. Vielen bin ich in erster Linie als Computerspielforscherin bekannt, allerdings ist das nur ein Teil meiner Forschungsinteressen. Was mich im Kern umtreibt ist unser digital erweitertes Zusammenleben und die Frage danach auf welche Weise digitale Medien beeinflussen, wie wir miteinander kommunizieren, wie wir lernen oder wie wir an Gesellschaft und Kultur partizipieren. Computerspiele sind da natürlich ein wichtiges Feld, weil sie vielfältige Gemeinschafts- und Selbstwirksamkeitserfahrungen im Kontext digitaler Technologien ermöglichen. 

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Weil unser kompletter Alltag mittlerweile von digitalen Medien durchzogen ist und die Fragestellungen, die damit verbunden sind, sehr vielfältig sind. Gerade durch diese Omnipräsenz verbleibt man in der eigenen Betrachtung aber schnell auf der Nutzungsebene oder fokussiert primär Risiken. In meiner Arbeit ist es mir wichtig, Chancen aufzuzeigen und Wege zu entwickeln, digitale Technologien produktiv zu wenden, um diese in die Entwicklung einer informierter Haltung einfließen zu lassen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Meine liebste wissenschaftliche Zusatzaktivität ist, dass ich Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Akademie für Theater und Digitalität am Theater Dortmund sein darf. Ich finde es wahnsinnig spannend mitzuverfolgen, wie die Stipendiat*innen dort Konzepte und Prototypen an der Schnittstelle von Darstellenden Künsten und Digitalität entwickeln und freue mich, die unterschiedlichen Arbeiten über einen längeren Zeitraum begleiten zu dürfen und damit auch mitverfolgen zu können, welche Entwicklungen das Feld generell macht.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest? 

Mein neustes und gleichzeitig zeitaufwändigstes Hobby ist es, Wissenschaftskommunikation auf TikTok zu betreiben. Ich habe im August testweise ein kleines Format mit dem Namen #eineminutewissenschaft gestartet und erkläre dort seither in 60-sekündigen Videos ganz unterschiedliche Themen aus Hochschule, Studium und Wissenschaft. Da mein kleiner Kanal seither von 108 auf mehr als 8.000 Follower*innen angewachsen ist, werde ich dieses Hobby in jedem Fall jetzt erstmal noch ein wenig weiterverfolgen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

An einem idealen freien Tag kann ich mal ganz gemütlich ein paar Sachen wegarbeiten. Das klingt vielleicht komisch, aber ich bin durch meine Forschungsprojekte, Gremien und Lehre ganz schön eingespannt, so dass es mir wie Luxus vorkommt, wenn ich mich mal einen halben Tag lang nur auf das Schreiben eines Artikels konzentrieren kann.

Bitte begrüßt Judith ganz herzlich bei Real Scientists DE!     

Sunday, October 18, 2020

#instafood für ein gesünderes Leben - Michael Kilb ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Michael Kilb (@kilb_michael) vorstellen zu dürfen! Michael promoviert am Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie an der Universität Mannheim zum Einfluss sozialer Medien auf Essverhalten. Neben seinem Promotionsthema interessiert er sich für verschiedene Themen aus den Bereichen Prävention chronischer Erkrankungen und Gesundheitsförderung, insbesondere digitale Lösungen in der Gesundheitsförderung (eHealth & mHealth), den Aufbau von Gewohnheiten sowie die Änderung und langfristige Aufrechterhaltung von Gesundheitsverhaltensweisen. Das sagt Michael zu sich in seinen eigenen Worten:


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Im Verlauf meines Psychologie-Masterstudiums an der Universität Mannheim habe ich ein großes Interesse für die Gesundheitspsychologie entwickelt, da ich mich zuvor auch privat sehr viel mit Sport, Ernährung und Gesundheit beschäftigt habe. Nach Abschluss des Masters gab es an unserer Universität aber nicht die Möglichkeit, in diesem Bereich zu promovieren. Ich arbeitete dann zuerst etwa ein halbes Jahr Vollzeit in der Betreuung und Förderung von Menschen mit Autismusspektrumsstörungen und geistiger Behinderung (hier habe ich auch schon während meines Studiums im Rahmen eines 450-Euro-Jobs gearbeitet). Parallel dazu wollte ich mich für ein Zweitstudium Ernährungswissenschaften bewerben, da mich das Thema gesunde Ernährung schon immer sehr interessiert hat - allerdings wurde dann zur selben Zeit eine Promotionsstelle am Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie der Universität Mannheim ausgeschrieben, für die ich mich dann bewarb. Und so hat dann alles angefangen.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Die Promotion im Bereich Gesundheitspsychologie vereint meinen psychologischen Hintergrund mit meinen Interessen für Ernährung, Sport und Gesundheit. Besonders spannend finde ich den Fokus auf Prävention und Gesundheitsförderung. Durch effektive Präventionsmaßnahmen lassen sich viele Erkrankungen verhindern. Zudem finde ich es spannend zu erforschen, welche Faktoren zu einer erfolgreichen und vor allem langfristigen Änderung von Gesundheitsverhalten beitragen. Darüber hinaus schätze ich die Vielfältigkeit der Themen und Inhalte sowie die Interdisziplinarität in diesem Forschungs- und Anwendungsbereich.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

In meiner Arbeit am Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie arbeite ich sowohl in der Forschung als auch in der universitären Lehre. Dies beinhaltet die Konzeption und Durchführung gesundheitspsychologischer Seminare (Themengebiete: Adipositas, Gesundheitsinterventionen, Prävention und Gesundheitsförderung), die Betreuung von Abschlussarbeiten und die Durchführung eigener Forschungsprojekte. In meiner Promotion befasse ich mich mit dem Einfluss sozialer Medien auf Gesundheitsverhalten, im Speziellen Essverhalten, und dem Potential/Nutzen sozialer Medien für Gesundheitsinterventionen.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Soziale Medien sind zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden. Egal ob Twitter, Facebook, Instagram oder YouTube - fast jede/r ist täglich dem Einfluss sozialer Medien ausgesetzt. Auch Essen und (gesunde) Ernährung sind ein essentieller Teil unseres täglichen Lebens. Interessanterweise ist Essen auch in sozialen Medien ein weit verbreitetes Thema. Dadurch ergeben sich einige spannenden Fragen, die ich versuche durch meine Forschung zu beantworten und deren Antworten für uns alle relevant sind: Was macht diese ständige Thematisierung/ Verfügbarkeit von Essen in sozialen Medien mit uns und unserem Essverhalten? Können wir soziale Medien verwenden, um eine gesunde Ernährung auf größerer Ebene zu fördern? Kann ich soziale Medien auch für mich persönlich zur Unterstützung einer eigenen Essverhaltensänderung nutzen?  

Darüber hinaus ist die Gesundheitspsychologie ein noch relativ junges Feld, das noch nicht viele Personen kennen. Dies soll sich ändern - vor allem auch weil gesundheitspsychologische Erkenntnisse häufig auf den eigenen Alltag übertragen und angewendet werden können.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? 

Bis zum Ende diesen Monats arbeite ich noch als psychologische Fachkraft in der Betreuung und Förderung von Menschen mit Autismusspektrumsstörungen. Darüber hinaus betreibe ich einen Blog (https://h4bits.de/), in dem ich über gesundheitspsychologische Erkenntnisse sowie die langfristige Änderung von Gesundheitsverhalten und den Aufbau von gesundheitsförderlichen Gewohnheiten schreibe. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest? 

Neben der Arbeit an meiner Promotion und meinem Blog gehe ich regelmäßig ins Fitnessstudio und treffe gerne Freunde und Bekannte - viel mehr Zeit bleibt dann auch gar nicht mehr für andere Dinge.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Der ideale freie Tag startet mit Ausschlafen und einem frisch gebrühten Kaffee. Danach starte ich zu Hause entspannt in den Tag, lese kurz etwas oder schreibe ggf. an neuen Blog-Artikeln. Anschließend gehe ich Spazieren und höre dabei Podcasts oder Musik. Nach einem kleinen Mittagessen und einer kurzen Verdauungspause gehts dann zum Sport - am besten gemeinsam mit Trainingspartner/in - und anschließend in ein schönes Restaurant zum Abendessen, auch wieder gerne mit netter Gesellschaft. Der Abend klingt dann wieder zu Hause aus und ich schaue noch ein Dokumentationen oder Serien.
Natürlich sieht nicht jeder freie Tag so aus - aber die Frage war ja nach dem idealen freien Tag. 
 
Bitte begrüßt Michael ganz herzlich bei Real Scientists DE!    

   

Sunday, October 11, 2020

Wie Stress (nicht) krank macht - Maria Meier ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Maria Meier (@Maria__Me__) vorstellen zu dürfen! Maria an der Universität Regensburg und an der Ludwig-Maximilians Universität München Psychologie mit dem Schwerpunk Klinische Neurowissenschaften studiert. Nach ihrem Abschluss im Jahr 2017 hat an der Universität Konstanz eine Promotion am Lehrstuhl für klinische Neuropsychologie unter Leitung von Prof. Dr. Jens Pruessner begonnen. Sie möchte die Auswirkungen von Stress auf unseren Körper verstehen – insbesondere, welche biologischen Systeme von Stress beeinflusst werden und wie diese Veränderungen langfristig dazu beitragen, dass wir gesund bleiben oder krank werden.Das sagt Maria über sich in ihren eigenen Worten:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Am Anfang des Psychologiestudiums kam Forschung nicht infrage. Weil ich mich nicht entscheiden konnte, hab mir lange die Möglichkeit offen gehalten, später als psychologische Psychotherapeutin zu arbeiten. Während des Masterstudiums und nach einem langen Abwägungsprozess habe ich mir aber irgendwann eingestanden, dass Forschung vieles von dem vereint, was mir Spaß macht und wichtig ist. Wichtige Schlüsselpunkte dabei waren Praktika und die ein oder andere einsame Wanderung in Norwegen.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 
Ich war von Anfang an fasziniert von den Methoden, die in der biologischen Psychologie zum Einsatz kommen – Hormone und andere Botenstoffe messen, Gehirnbilder analysieren – das finde ich immer noch ziemlich cool. Das, gepaart mit den spannenden und anwendungsnahen Fragen, die wir versuchen zu beantworten – ich glaube mir wird in diesem Feld lange nicht langweilig.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ehrlich gesagt glaube ich sitze zu viel am Schreibtisch und gucke auf Bildschirme. Das klingt ultra langweilig. Aber ich mag das Schreiben, ich mag die Datenanalyse, ich mag die Diskussionen und Begegnungen mit spannenden Menschen in Lehre und Forschung - das alles macht meinen Arbeitsalltag für mich sehr erfüllend. Erklären, was ich da genau täglich mache fällt mir trotzdem schwer.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?   
Viele Menschen berichten im Alltag über Stress, oder darüber, dass es ihnen schwer fällt abuzschalten. Auch wenn es schade ist, ist Leidensdruck oft der Grund, warum man sich mit einem Thema beschäftigt. Ich glaube, dass es inzwischen viele Erkenntnisse gibt, die vielen helfen können, besser mit Stress umzugehen, und besser zu entspannen. Das sollte kommuniziert und gehört werden.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? 
Im akademischen Bereich bringe ich mich gern in Gremien ein und unterstütze Gruppen, die den wissenschaftlichen Nachwuchs vernetzen und fördern. Und ich bin ehrenamtlich Jugendleiterin in der Jugend des deutschen Alpenvereins und gehe regelmäßig mit meiner Gruppe zum Klettern und Wandern. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest? 
Ich bin gern in den Bergen (bergsteigen, MTBen, Ski-touren) und beim Trekking. Ansonsten bin ich eine ziemliche Leseratte.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Wohl eine Kombi aus: Sich draußen mit Freunden verausgaben, zusammen was Leckeres kochen und den Abend gemütlich mit Spielen oder am Lagerfeuer ausklingen lassen.

Bitte begrüßt Maria ganz herzlich bei Real Scientists DE!   

Sunday, October 4, 2020

Das Essen unserer Vorfahren - Simon Hammann ist jetzt bei Real Scientists DE!

 Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Simon Hammann (@simon_hammann) vorstellen zu dürfen! Simon hat an den Universitäten Stuttgart und Hohenheim Lebensmittelchemie studiert. Nach dem Abschluss seines Diploms 2012 promovierte er anschließend bei Prof. Walter Vetter an der Universität Hohenheim über Analytik von Lipiden (also Fetten) in Lebensmitteln. Im Anschluss wechselte er 2016 als Postdoc an die Universität Bristol, wo er über Lipide in der archäologischen Chemie geforscht hat. Seit Dezember 2019 ist er Juniorprofessor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Das sagt Simon über sich in seinen eigenen Worten:


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Nach der Doktorarbeit nicht schnell genug den Absprung geschafft. Ich wollte auf jeden Fall noch ein bisschen forschen und hatte einen DAAD Antrag für ein Postdocprojekt gestellt, der wurde leider abgelehnt. Ich habe dann aber eine super Postdocstelle in Bristol bekommen. Dort habe ich mich dann wirklich entschieden, in der  Wissenschaft zu bleiben und konnte das durch die Stelle in Erlangen nun auch verwirklichen.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 
Als jemand der zwischen Archäologie und Lebensmittelchemie herumspringt ist es gar nicht so leicht zu sagen, was mein Feld ist. Der gemeinsame Nenner ist die analytische Chemie und Lipide, und beide finde ich wahnsinnig faszinierend. Die Details, die man analytische erfassen kann, die Vielfalt an Lipidstrukturen, die vielen biologischen, technologischen und ernährungsphysiologischen Eigenschaften geben einfach sehr viele Anknüpfungspunkte, die es zu erforschen gilt.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich beschäftige mich derzeit vor allem mit dem Einfluss der Verarbeitung auf die Lipidzusammensetzung in Lebensmitteln. Viele Lipide sind oxidationsempfindlich, etwa die bekannten w3-Fettsäuren, und bei höheren Temperaturen kann diese Oxidation noch beschleunigt werden. Ich möchte diese Prozesse im Lebensmittel genauer untersuchen und verstehen, welche Produkte entstehen und wie diese im Hinblick auf die Qualität und Sicherheit der Lebensmittel zu bewerten sind. Für diese Arbeit verwende ich instrumentell-analytische Methoden wie Chromatographie, Ionenmobilitäts- und Massenspektrometrie. Darüber hinaus beschäftige ich mich aber immer noch mit der Analyse archäologischer Lipide.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?   
Wir alle essen jeden Tag, und meistens bereiten wir das Essen vorher auch zu, erhitzen es. Dabei möchte man ja wissen, was man denn eigentlich isst und ob der Fisch nach dem Braten denn noch so gesund ist wie wir denken. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? 
Neben den üblichen – Manuskripte und Anträge begutachten – bin ich seit kurzem Mitglied des Editorial Boards des NFS Journals und ab nächstem Semester Mitglied der kollegialen Leitung des Departments Chemie und Pharmazie. Im September hab ich außerdem eine Posterkonferenz der Lebensmittelchemischen Gesellschaft mitorganisiert, was auch sehr spannend war.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest? 
Meine Freizeit verbringe ich auf dem Sportplatz mit der Leichtathletik. Ich trete selbst noch bei Wettkämpfen an (meistens Weitsprung), bin aber auch Schiedsrichter und habe es so zur EM in Berlin 2018 geschafft! 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
 Gemütlich aufstehen, großes Frühstück, aufs Sofa legen, Kuchen essen, noch ein bisschen auf dem Sofa liegen, Laufen gehen, schönes Abendessen. Das wärs.

Bitte begrüßt Simon ganz herzlich bei Real Scientists DE!    

Monday, September 28, 2020

Hormonchaos in den Köpfen - Franca Parianen ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Franca Parianen (@FParianen) vorstellen zu dürfen! Franca ist Neurowissenschaftlerin und Autorin. Zuletzt erforschte sie am Helmholtz Institut der Utrecht University soziale Kognition und den Einfluss, den Oxytocin und Testosteron darauf haben. Vorher ging es am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften um unsere Fähigkeiten, uns in andere einzufühlen und zu -denken und darum, wie die beiden Fähigkeiten zusammengehen. Lange vor den Neurowissenschaften hat sie in Münster und Utrecht mal Public Administration studiert, sich dann aber ziemlich schnell von der Hirnforschung zum Research Master Neuroscience and Cognition nach Utrecht locken lassen. Der war aufregend und informativ und beinhaltete diverse Praktika unter anderem an der Jacobs University in Bremen, zum Thema "lebenslange Neuroplastizität". Seit 2014 ist die Wahlberlinerin als Science-Slammerin aktiv und slamt u.a. auf medizinischen Kongressen, in Theatern und auf Messen. 2016 erschien ihr erstes Buch "Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage" beim Rowohlt Verlag. Anfang 2020 (und passend zum Lockdown) dann das nächste: "Hormongesteuert heißt immerhin selbstbestimmt". 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Wie alle Neurowissenschaftler:innen: Ich habe Oliver Sacks gelesen und dann hat mich das Thema nie losgelassen. Obwohl ich zwischendrin mal versucht habe Politik zu studieren.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Als Mensch mit Entscheidungsschwierigkeiten liebe ich vernetzte Themen mit vielen Berührungspunkten. Hirnforschung ist an sich schon die Schnittstelle von Natur- und Geisteswissenschaften - eine Naturwissenschaft, die einen direkten Einfluss darauf hat, wie wir leben und entscheiden - besonders, wenn es um die sozialen Neurowissenschaften geht (da lohnt sich dann auch das Politikstudium). Das Thema Hirn und Hormon ist in gewisser Weise die Schnittstelle der Schnittstelle. Der Ort wo Körper und Geist aufeinander treffen und in Wechselwirkung miteinander tanzen (oder sich auf die Füße treten).

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Am Max-Planck Institut in Leipzig ging es vor allem darum, was passiert wenn zwei Gehirne aufeinander treffen. Wie verstehen wir anderer Leute Gedanken und Gefühle, und wo ist da der Unterschied? In Utrecht kamen dann die Hormone zur Fragestellung dazu: Wie beeinflussen Testosteron und Oxytocin unsere soziale Kompetenz; die Art, wie wir auf Erwachsene und Kinder reagieren? Am aufregendsten fand ich dabei immer die neuen Erkenntnisse darüber, wie die Epigenetik früh im Leben unser Hormonsystem formt und wie wir als Eltern so nicht nur ihre Gene sondern auch unsere Erfahrungen weitergeben.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Weil wir ohnehin ständig über Hormone reden! Über Schlaf und Stress und Kindererziehung, über Verhütung, Sex und Gender, oder darüber, wie viel Testosteron man haben sollte, um eine Land zu regieren. Blöderweise missverstehen wir die Hormone dabei ständig, machen uns ständig Sorgen darüber, was Hormone mit uns machen (von Stress bis Schwangerschaft), aber selten darüber, was wir mit ihnen anstellen (über Störstoffe und Co). Wenn es um Hormone geht, hängt die Theorie der Praxis immer ganz schön hinterher. Die Wissenschaft schreckt gern zurück vor lauten politischen Diskussionen, was aber nur zur Folge hat, dass sie noch lauter und uninformierter werden und irgendwann nur noch so wimmeln von Glücks- und Kuschelhormonen, "Testosteronboostern" und, in den dunkelsten Ecken, wirren Verschwörungstheorien über Soyboys und schwule Frösche. Denn natürlich sind Hormone viel zu spannend, um nicht darüber zu reden. Das ganze Hormon-Gebiet ist voller Vorurteile, Mythen und Mysterien und es ist höchste Zeit im Schrank unseres Hormon-Weltwissens aufzuräumen, sodass uns die ganzen Fehlinformationen nicht jedes Mal entgegen stürzen, wenn wir nach einer Erkenntnis suchen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Master habe ich mit Science Slams angefangen und das hat mich auch nie losgelassen. Mittlerweile schreibe ich Bücher und gebe Vorträge zu sozialen Neurowissenschaften (mit oder ohne Hormone).

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schwimmen mit Musik auf den Ohren. Oder Hörbücher. Wir haben die Technologie! Eine Weile unterzutauchen ist wunderbar entspannend und außerdem die Art, wie ich die meisten Programmierprobleme gelöst habe.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich wohne seit einem Jahr in Berlin und immer noch sehr froh, einfach das Stadtgefühl zu genießen. Irgendwo zu sein, wo interessante Leute an einem vorbei laufen und in Cafés sitzen. Der perfekte freie Tag ist nicht geplant und ich kann mich einfach treiben lassen (wahlweise im Meer).

Bitte begrüßt Franca ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, September 20, 2020

Arztgespräch, Patientengespräch - Isabella Buck ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Isabella Buck (@isabellabuck_) vorstellen! Isabella studierte angewandte Sprachwissenschaft, Germanistik und Medienwissenschaft in Bonn und Münster. Seit 2018 promoviert sie aus einer linguistisch-gesprächsanalytischen Perspektive zur Kommunikation auf der Palliativstation. Für ihre Dissertation erhob sie auf einer süddeutschen Palliativstation über 800 Gespräche zwischen Ärzt*innen/Pfleger*innen und Patient*innen. Auf dieser Grundlage stellt sie einen Vergleich zwischen pflegerischem und ärztlichem Sprechen mit Patient*innen an und untersucht in diesem Rahmen beispielsweise, welche Strategien Pflegekräfte und welche Strategien Ärzt*innen einsetzen, um die Bedürfnisse der Patient*innen in Erfahrung zu bringen. Isabella ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Germanistischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Nach dem Abi wollte ich eigentlich unbedingt ‚was mit Medien‘ machen (am liebsten beim Radio) und habe dementsprechend angefangen, in Bonn Medienwissenschaft und Germanistik zu studieren. In der Schule fand ich den Grammatikunterricht eher nervig, aber im ersten Semester hatte ich das Glück, im linguistischen Einführungsseminar eine sehr engagierte und motivierte Dozentin zu haben, die in mir eine große Begeisterung für die Linguistik entfachte. Ab dem zweiten Semester war ‚was mit Medien‘ passé und ich wusste, dass ich mich fortan nur noch der Linguistik widmen und nach meinem Studium unbedingt promovieren möchte. Für den Master wechselte ich dann nach Münster, wo ich Angewandte Sprachwissenschaft studierte und schließlich auch mit der Promotion begann.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Am Ende meines Masters, als ich bereits eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin angeboten bekommen hatte, stellte sich natürlich die Frage, zu welchem Thema ich promovieren möchte. Meine Chefin erzählte mir damals, dass sie ein Projekt zur Kommunikation auf der Palliativstation beantragen möchte und ich in diesem Bereich dann promovieren könnte. Das Projekt kam in der geplanten Form leider nie zustande, aber für mich war ein Dissertationsthema geboren. Dass ich an diesem Thema trotz der fehlenden Einbettung in ein größeres Projekt, wie zu Beginn geplant, festgehalten habe, lag u.a. daran, dass ich mich auch unabhängig von meiner Promotion für die Thematik zu interessieren begann. Ich machte in der Folge die Ausbildung zur ehrenamtlichen Sterbebegleiterin und hoffe, mit meiner Forschungsarbeit vielleicht ein wenig mehr zu einer ‚guten‘ Kommunikation mit Palliativpatient*innen beitragen zu können.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
In meiner Dissertation vergleiche ich das pflegerische und das ärztliche Sprechen mit Patient*innen auf der Palliativstation. Hierfür habe ich insgesamt 614 Pflege-Patient*in- und 250 Ärzt*in-Patient*in-Gespräche aufgenommen (Audioaufnahmen). Das sind insgesamt 103 Stunden Gesprächsmaterial und eigentlich viel zu viel Material für eine qualitativ ausgerichtete Arbeit … Die methodische Grundlage für meine Analyse bildet die linguistische Gesprächsanalyse, deren Wurzeln in der Soziologie liegen. Die große Frage, die jede gesprächsanalytische Arbeit umtreibt, ist die Frage nach dem WIE: Wie interagieren Menschen miteinander? Wie schaffen sie es dabei, ein geordnetes Gespräch zu erzeugen? In meiner Arbeit betrachte ich im Speziellen, welche sprachlich-interaktiven Praktiken Pfleger*innen und Ärzt*innen in ihren Gesprächen mit Patient*innen einsetzen. Dafür habe ich mir vier thematische Komponenten ausgesucht: Sprechen über Medikamente, Sprechen über Schmerzen, Sprechen über psychosoziales Krankheitserleben und Sprechen über Sterben und Tod.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Auch wenn fast alle Menschen eines Tages gerne zu Hause sterben wollen, sieht die Realität doch leider anders aus, da die meisten im Krankenhaus versterben. Ich möchte mit meiner Arbeit zumindest einen kleinen Teil dazu beitragen, dass die pflegerische und ärztliche Kommunikation mit sterbenden Menschen in der Endphase ihres Lebens so ist, dass sie die palliativ betreuten Personen nicht noch zusätzlich belastet, sondern dass diese sich so gut wie möglich aufgehoben und begleitet fühlen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin ehrenamtlich als Sterbebegleiterin bei einem ambulanten Hospizdienst in Münster tätig. Das bedeutet, dass ich Menschen, die palliativ begleitet werden, zu Hause besuche und Zeit mit ihnen verbringe. Je nach Zustand der zu begleitenden Personen gehe ich mit ihnen spazieren, lese ihnen vor, unterhalte mich mit ihnen oder sitze einfach schweigend an ihrem Bett. Einmal im Monat gibt es einen Gruppenabend, bei dem sich die Ehrenamtlichen austauschen, und mehrmals im Jahr wird auch eine externe Supervision angeboten.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Nichts Besonderes, ich pflege eher die ‚durchschnittlichen‘ Hobbies. Ich koche gerne und würde auch gerne wesentlich öfter backen, aber zu zweit dauert es immer so lange, bis ein Kuchen aufgegessen ist ;-) Seit Kurzem habe ich das Tanzen (Standardtanz) für mich entdeckt.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen muss nicht unbedingt sein (ich bin definitiv eine Lerche!), Frühstück auf dem Balkon, lesen (querbeet), Musik hören, ein Cafébesuch, über den Markt bummeln, eine kleine Radtour ins Grüne, backen und kochen, Dokus schauen. Insgesamt eine gute Mischung aus Stadt und Land.

Bitte begrüßt Isabella ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, September 13, 2020

Ich oder du? Rebecca Böhme ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Rebecca Böhme (@rebeccaboehme) vorstellen zu dürfen! Rebecca ist Assistenzprofessorin am Center for Social and Affective Neuroscience (CSAN) an der Universität Linköping. Sie hat in Heidelberg Biologie studiert und an der International Max-Planck-Research School in Tübingen ihren Master in Neuro- und Verhaltenswissenschaften gemacht. Im Anschluss verschlug es sie nach Berlin, wo sie 2015 an der Charité zum Thema Belohnungslernmechanismen bei Schizophreniepatienten und Huntington-Patienten promovierte. Im Boehme Lab in Linköping forscht sie heute an der Erfahrung des "Selbst", Interozeption und sozialer Interaktion in psychiatrischen Populationen wie bspw. Schizophreniepatienten.

 

© Thor Balkhed, Universität Linköping

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Wissenschaft hat mich schon immer interessiert, eigentlich Querbeet Chemie, Physik, Biologie. Schon als Kind habe ich als „Experiment“ irgendwelche Sachen gemischt, um zu sehen, was passiert. Dahinter steht auch eine große Liebe zur und Faszination durch die Natur.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Dass ich nun in der Neurowissenschaft forsche, kommt wohl von meinem Interesse an den großen philosophischen Fragen: Was ist der Mensch? Was ist das Bewusstsein? Was ist das Selbst? Ob man diese wirklich befriedigend mit Neuroforschung beantworten kann, bezweifle ich inzwischen allerdings.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Momentan arbeite ich an Projekten zur Selbstwahrnehmung: Wie nehmen wir unseren eigenen Körper wahr? Wie unterscheiden wir zwischen „Ich“ und „die Anderen“? Wie trägt die körperliche Selbstwahrnehmung zu diesem hochkomplexen Erleben von „Ich selbst“ bei? Ich nähere mich diesen Fragen vom Bereich der zwischenmenschlichen Berührung – denn diese Berührung ist etwas, bei der ich immer mich selbst und den anderen spüren. Dafür nutze ich verschiedene Methodiken, allen voran bildgebende Verfahren wie fMRT.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wie wichtig zwischenmenschliche Berührung für uns alle ist, ist vielen nicht bewusst. Vielleicht ändert sich das gerade aufgrund der Corona-bedingten Einschränkungen. Ich denke, es ist wichtig, zu vermitteln, welche Rolle Berührung nicht nur für die Selbst-Wahrnehmung, sondern auch für unser Wohlergehen und unser soziales Miteinander spielt – und dass über das Thema Berührung insgesamt mehr gesprochen und reflektiert wird.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich schreibe liebend gern und habe bisher zwei populärwissenschaftliche Bücher veröffentlicht („Human Touch“ und „Resilienz“, beide bei C.H.Beck Verlag, 2019). Weitere sind in Arbeit :) !

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schreiben, wie gesagt, ansonsten liebe ich Natur, draußen sein, was im Garten machen, Zeit mit meiner Familie und meinen Tieren zu verbringen – und wenn dann noch Zeit bleibt, Yoga und gute Literatur lesen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
All die Dinge tun, die ich unter Hobbies aufgezählt habe, und dazu noch eine Tasse guten Kaffee trinken und blauer Himmel.

Bitte begrüßt Rebecca ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, September 6, 2020

Ein gepflegtes Gesundheitssystem - Martina Hasseler ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Martina Hasseler (@HasselerMartina) vorstellen! Martina ist Gesundheits-, Pflege-, und Rehabilitationswissenschaftlerin. Nach einer Ausbildung zur Pflegefachperson studierte sie an der Universität Osnabrück Pflegewissenschaften und promovierte zum Thema postpartale Pflege. 2015 habilitierte sie sich an der Universität Oldenburg. Heute forscht und lehrt sie an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften und an der Universität Oldenburg.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Über den zweiten Bildungsweg. Ich habe zuerst eine Ausbildung zur Pflegefachperson absolviert (schon viele, viele Jahre her) und dann nach der Ausbildung das Abitur nachgeholt und studiert. Da mir bereits vor der Ausbildung klar war, dass ich eigentlich studieren möchte, habe ich dieses Ziel auch sehr schnell nach meiner Ausbildung verfolgt, gleichwohl ich für meinen Lebensunterhalt zunächst im hohen Stundenumfang als Pflegefachpersonen arbeiten musste. Dieser Aufwand reduzierte sich erst, als ich im 4. Semester ein Stipendium erhielt, das mich doch stark entlastete. Ich wusste aber bereits im 1. Semester, dass mich wissenschaftliches Arbeiten und Denken sehr fasziniert, so dass ich gerne die Möglichkeit des Schreibens einer Doktorarbeit nach Abschluss meines Studiums wahrgenommen habe. Für die Doktorarbeit erhielt ich auch ein Stipendium, was es mir ermöglichte, diese dann in einem angemessenen Zeitrahmen auch zu beenden. Ja, im Grunde hat sich mit dem Studium für mich das Feld der Wissenschaft eröffnet, auch wenn der Weg nicht so gerade in diese führte. Aber der Vorteil ist, dass die diversen Praxiserfahrungen aus den unterschiedlichen Bereichen in einer angewandten Wissenschaft wie die, in der ich arbeite, außerordentlich hilfreich sind. 



Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Im Grunde bin ich mein aktuelles Feld durch meine Berufsausbildung geraten. Insbesondere die Pflegewissenschaft ist in Deutschland immer noch wenig entwickelt, aber die Fragestellungen sind immens bzw. die Forschungsdesiderate als außerordentlich groß zu bezeichnen. Eine qualitativ hochwertige gesundheitliche und pflegerische Versorgung, die auch noch bedarfsgerecht ist und die Autonomie, Selbständigkeit, Würde und Gesundheit der Menschen erhält, ist im Grunde das Ideal, das mich in der Wissenschaft hält. Des Weiteren gibt es m.E. kein Arbeitsgebiet, in dem es so gut möglich ist, die Freiheit von Forschung und Lehre und damit auch die eigene Autonomie und Unabhängigkeit so gut wie möglich umzusetzen. 



Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Als Professorin bin ich in Lehre und Forschung tätig. Ich bin der starken Auffassung, dass ich in der Lehre nur dann sehr gut sein kann, wenn ich auch forsche. Ich nehme aber auch die Lehre sehr ernst und bereite meine Lehre jedes Semester immer neu auf und bin immer auf der Suche nach neuen interessanten Lehrmethoden. Mein Ziel erscheint vermutlich etwas anachronistisch: ich möchte nicht, dass die Studierenden meine ppt auswendig lernen, sondern ich möchte erreichen, dass die Studierenden die Kompetenzen erreichen, wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse kritisch zu reflektieren, anzuwenden und neue Ergebnisse zu entwickeln. Das Gesundheits- und Pflegewesen benötigt keine Akademiker:innen, die sich den toxischen Hierarchien ergeben, sondern die diese zugunsten einer guten Patienten-/Pflegebedürftigenversorgung gestalten. Neben der Lehre führe ich zahlreiche Forschungsprojekte durch, versuche zu publizieren, halte Vorträge, reiche neue Anträge ein, netzwerke, versuche auch politisch wirksam zu sein und übe Aufgaben in der Selbstverwaltung der Hochschule durch.
Ich möchte betonen, dass ich ein tolles Team habe. Die Mitarbeitenden in meinen Projekten gestalten mit ihren tollen Ideen und großem Einsatz die Projekte und Gestaltung der Ergebnisse mit. Wissenschaft und Forschung ist immer auch eine Teamarbeit und kann meines Erachtens nicht alleine erreicht werden. 

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Es ist im Sinne der Öffentlichkeit, eine qualitativ hohe gesundheitliche und pflegerische Versorgung zu erhalten. Es gibt vielfältige Gründe, warum diese in Deutschland nicht erreicht wird. Derzeit geben wir uns der Illusion hin, dass wir die erste Covid-19-Welle in Deutschland wegen unseres Gesundheitssystems einigermaßen gut überstanden haben. Die Wahrheit ist aber, uns dies gelungen ist, weil wir uns einen deutschlandweiten Lock-Down geleistet haben. Wir haben weder die längste Lebenserwartung, noch die besten Gesundheitsoutcomes in Europa. Die Gründe liegen in der Gestaltung der Gesundheitsversorgung. Wir haben in Deutschland ein ICD-getriggertes Gesundheitssystem, das eine bedarfsgerechte und interdisziplinäre Gesundheitsversorgung verhindert. Die Forschungsprojekte, an denen ich arbeite, ergänzen das Wissen um die Rahmenbedingungen guter Gesundheits- und Pflegeversorgung. Sie erweitern den Blick auf die Bedingungen, wie gute Gesundheits- und Pflegeversorgung sowie Qualität im System zu erhalten ist. Sie zeigen auch, dass wir eine bedarfsgerechte Gesundheits- und Pflegeversorgung nur mit berufsgruppen- und sektorenübergreifenden und mit neuen Denkansätzen erhalten können. 



Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Moment bin ich sehr stark mit Lehre und Forschung beschäftigt. Ich übe noch das Amt der Prodekanin aus, habe das Amt der Beauftragten für Internationales übernommen und lehre auch als Privatdozentin an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Neben meiner Arbeit habe ich ja noch eine Familie, so dass meine Zeit mehr als ausgefüllt ist. 



Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Mmh, ich habe in meinen Alter noch mit Kickboxen in diesem Jahr angefangen. Ich bin natürlich weit von sehr gut entfernt, trotzdem macht es unglaublich viel Spaß und ist herausfordernd. Des Weiteren habe ich mir ein Kajak und ein Stand-Up-Paddle-Board zugelegt, da ich eine hohe Wasseraffinität habe und die Zeit auf dem Wasser sehr genieße. Dann habe ich noch einen Hund, mit dem sehr viel Spaß macht rauszugehen. Er ist ein Border Collie, der eine unglaubliche Fähigkeit hat auf Menschen zuzugehen. 



Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ein idealer freier Tag beginnt mit drei Bechern Kaffee (ohne Milch und Zucker), Zeitung lesen und geht dann über in eine Outdoor-Aktivität. Der Tag endet dann mit einem Grillen auf der Terrasse mit netten Freunden, die meinen Humor verstehen.


Bitte begrüßt Martina ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, August 30, 2020

Pflegeheime wissenschaftlich betrachtet - Ramona Backhaus ist jetzt bei Real Scientists DE!

 Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere Kuratorin Ramona Backhaus (@RamonaBackhaus) vorstellen zu dürfen! Ramona, die in Deutschland aufgewachsen ist, lebt seit dem Studium in den Niederlanden. Dort studierte sie in Maastricht Gesundheitswissenschaften und Gesundheitsökonomie. Anschließend promovierte sie in Maastricht in Pflegewissenschaften, wo sie zur Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig ist. Das sagt Ramona zu sich in ihren eigenen Worten:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Als Kind und Jugendliche wollte ich Kieferothopädin werden. Während eines Schulpraktikums an einer Uniklinik habe ich jedoch schnell festgestellt, dass die Behandlung von PatientInnen nichts für mich ist. Das Gesundheitswesen hat mich weiterhin fasziniert, sodass ein Studium der Gesundheitswissenschaften nahe lag. Zugleich fand ich sämtliche Themen im Bereich ‘Personal im Gesundheitswesen’ sehr interessant. Meine Masterarbeit habe ich zum Beispiel zum Thema ‘New Work in Notfallpraxen’ geschrieben.

 

Während meines Masterstudiums an der Eramus Universität in Rotterdam habe ich als studentische Hilfskraft an der Fachhochschule Rotterdam gearbeitet. Dort habe ich an einem Projekt mitgearbeitet, in dem Tablet-Spiele für Menschen mit Demenz in Pflegeheimen entwickelt wurden. Das Krankheitsbild und das ‘Setting’ Pflegeheim fand ich total spannend. Des Weiteren hat mir die wissenschaftliche Arbeit gefallen. Gegen Ende meines Masterstudiums sah ich eine Ausschreibung für ein Disstertationsprojekt zum Thema ‘Personaleinsatz in Pflegeheimen’, worauf ich mich erfolgreich beworben habe.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Fast jede/r hat eine Meinung zur Altenpflege und zum Personaleinsatz in der Altenpflege. In meinem Alltag führt das immer wieder zu interessanten Diskussionen. Ich stelle häufig fest, wie negativ die ‘breite Öffentlichkeit’ über die Altenpflege denkt. Das Image mag verstaubt sein, ich finde das Setting jedoch unglaublich spannend. Gerade im Bereich der Personalentwicklung gibt es sehr viel ‘ungenutztes Potential’. Die demografische Entwicklung und der Fachkräftemangel wird auch in Zukunft noch viele Herausforderungen bieten.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich arbeite derzeit nur Teilzeit (16-24 Stunden pro Woche) und coronabedingt seit Monaten nur im Homeoffice. In Zeiten vor Corona bestand mein Arbeitsalltag aus einer guten Mischung aus Tätigkeiten am Schreibtisch und Tätigkeiten in der Praxis, da ich eng mit mehreren Altenpflegeorganisationen zusammengearbeitet habe. Unsere ‘regulären’ Forschungsaktivitäten pausieren – coronabedingt – bereits seit März, da wir die Menschen in der Pflege nicht zusätzlich belasten möchten. Für mich bedeutet das, dass ich derzeit kaum Feldarbeit verrichte und fast ausschließlich am Schreibtisch arbeite. Zum Beispiel schreibe ich derzeit an Artikeln, analysiere ich zusammen mit meiner Doktorandin bereits erhobene Daten, nehme an Online-Meetings teil oder halte Online-Lehrveranstaltungen.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Der Fachkräftemangel in der Pflege ist eine der großen Herausforderungen des  heutigen Gesundheitssystems. In den Medien hört oder liest man leider wenig Positives über die Altenpflege. Besonders wenn es um Themen wie den Personaleinsatz geht, wird ‘mehr Personal’ oft als Allheilmittel gesehen. Meine Forschung hat jedoch beispielsweise gezeigt, dass der Einsatz von mehr Personal nicht zwangsläufig zu besser Qualität führt. Ich probiere derartige Erkenntnisse für die ‘breite Öffentlichkeit’ zugänglich zu machen. Da das Thema durchaus ‘emotionsgeladen’ ist, finde ich es überaus wichtig, der Öffentlichkeit einen Einblick in unsere Forschungsmethoden (Wie kommen wir zu derartigen Ergebnissen?) zu geben. Schade finde ich, dass Wissenschaftskommunikation oft noch als ‘Hobby’ gesehen wird.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Seit ich Mutter bin und in Teilzeit arbeite, habe ich meine zusätzlichen Tätigkeiten weitestgehend reduziert. Ehrenamtlich engagiere ich mich derzeit für das Kompetenznetz Public Health COVID-19.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich verbringe gerne Zeit in der Natur und wandere sehr gerne. Auch schwimme ich gerne, besonders bei schlechtem Wetter. Des Weiteren praktiziere ich seit ein paar Jahren Yoga. Vor der Geburt meines Sohnes habe ich geritten. Dieses Hobby würde ich gerne in Zukunft wieder aufgreifen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Wir (Partner, Kind und ich) starten mit einem gemeinsamen Frühstück in den Tag, danach gehe ich schwimmen. Nachmittags verbringen wir viel gemeinsame Zeit in der Natur und erkunden unsere schöne Heimat. Abends lasse ich den Tag, am besten auf der Terasse, entweder mit einem guten Buch oder bei einem geselligen Treffen mit Freunden ausklingen.


Bitte begrüßt Ramona ganz herzlich bei Real Scientists DE!