Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Matthias Nau (@NauMatt) vorstellen zu dürfen! Matthias ist Kognitiver Neurowissenschaftler und promoviert derzeit am Kavli Institute for Systems Neuroscience in Trondheim. Er macht Grundlagenforschung um herauszufinden, wie unser Gehirn kognitive Karten der Umgebung bildet und wie diese unsere Wahrnehmung und unser Verhalten steuern. Nach seinem Neurobiologie-Studium in Tübingen arbeitete er dort längere Zeit am Zentrum für Integrative Neurowissenschaften und dem Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik. Hier lernte er, die funktionelle Magnetresonanz mit Eye-Tracking zu verbinden, um das menschliche Gehirn zu untersuchen. Für sein Doktorstudium zog er dann an das Bildgebungszentrum Donders Institute for Brain, Cognition & Behavior in der Niederlande und später an das Neurophysiologie-Institut Kavli Institute for Systems Neuroscience in Norwegen. Hier schreibt er derzeit seine Dissertation über unseren Sehsinn, Raumkognition und Gedächtnis. Außerdem ist er Gastmitarbeiter am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich glaube, ganz am Anfang war es wie bei vielen anderen der kindlich naive Drang, die Welt verstehen zu wollen. Ich wuchs direkt neben einem größeren Wald auf und verbrachte meine Zeit hauptsächlich in der Natur, welche mich sehr faszinierte. Dadurch entstand letztendlich der Wunsch, sie zu erforschen.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich habe in Tübingen Biologie studiert und im Rahmen dessen ein paar wirklich exzellente (Neuro)Physiologie-Vorlesungen erleben dürfen. Diese zeigten mir, dass man zu allererst verstehen musste, wie wir unsere Umwelt überhaupt wahrnehmen. Ich erinnere mich daran, wie ich manchmal abends von der Universität nach Hause ging und plötzlich die Welt mit völlig neuen Augen sah. Ich hatte dabei das Gefühl, mich selbst und meine gesamte Umwelt besser zu verstehen. Meine jetzige Forschungsrichtung (Kognitive Neurowissenschaften) ist zudem sehr divers und lebt vom Austausch verschiedener Disziplinen wie beispielsweise die Psychologie, Biologie, Philosophie, Computerwissenschaften oder Physik. Es gibt so viele verschiedene Perspektiven, die voneinander lernen. Da kommt erstens nie Langeweile auf und zweitens gibt es immer wieder andere spannende Fragestellungen. Zudem machen mir Datenanalyse und Schreiben schlichtweg wirklich Spaß, was definitiv hilft.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Mich persönlich fasziniert die Tatsache, dass das Gehirn eine Art ‘mentales Modell der Welt‘ generiert, welches unsere Erinnerungen und unser Verhalten steuert. Dieser Prozess entsteht durch die Zusammenarbeit einer großen Anzahl an Hirnarealen, welche in einer engen und oft hierarchischen funktionellen Beziehung zueinander stehen. Anfänglich sensorische Informationen, die wir z.B. mit unseren Augen wahrnehmen, werden transformiert und immer weiter abstrahiert, bis Hirnareale oben in der Hierarchie eine Karte unserer Umgebung repräsentieren. Diesen Prozess, oft als ‘cognitive mapping’ bezeichnet, untersuche ich in meiner Forschung. Ich lege dabei den Fokus auf unseren Sehsinn und auf unsere Augenbewegungen. Dabei sehe ich mir außerdem an, wie unser Gedächtnis die Art beeinflusst, wie wir die Welt wahrnehmen und mit ihr interagieren.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Unser Gehirn und unseren Geist zu untersuchen heißt für mich auch, das menschliche Selbstbild zu entwickeln. Unser Gehirn ist der Teil von uns, der uns zu dem macht, der wir sind. Herauszufinden, wie es funktioniert, wie es Probleme löst und welche Fehler es macht, bedeutet auch, etwas über das Menschsein zu lernen. Das finde ich unglaublich spannend und bin sicher, dass viele von euch diese Faszination teilen. Diese Grundlagenforschung erlaubt uns außerdem, letztendlich auch die Vielzahl von Erkrankungen des Nervensystems besser verstehen zu können. Unsere Raumkognitionszentren sind mitunter die ersten Bereiche, die beispielsweise im Verlauf der Alzheimererkrankung absterben, was sich bereits frühzeitig auch in einem schlechteren Ortsgedächtnis widerspiegeln kann.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich war der erste Doktorand unserer Gruppe hier am Kavli Institut in Norwegen und half im Laufe der letzten Jahre dabei mit, das Labor aufzubauen. Dabei gab es unzählige tolle (und manchmal natürlich auch nicht so tolle) Aufgaben, die Kreativität und Einsatz forderten. Das kann zeitweise etwas stressig werden, ist aber eine tolle Erfahrung. Außerdem war ich lange in der Doktoranden- und Post-Doc Organisation (YROCK) hier am Kavli Institut aktiv, mit welcher ich regelmäßig Gastvorträge oder Karriereseminare organisierte. Das machte total Spaß, wich in jüngster Zeit allerdings dem Schreiben der Dissertation. Zudem supervidiere ich ein paar Studenten, was ebenfalls sehr spannend ist.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Neben der Wissenschaft schlägt mein Herz für Musik, Tauchen und Grafikdesign. Ich könnte stundenlang am Schlagzeug sitzen, ‘progressive drumming‘ Videos schauen, dem Fangschreckenkrebs hinterherschwimmen und Bilder bzw. Grafiken bearbeiten.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Mein idealer freier Tag startet mit einer Fahrradtour, gefolgt von einem Sprung in den Trondheim-Fjord und endet mit einer guten Pizza.
Bitte begrüßt Matthias ganz herzlich bei Real Scientists DE!
No comments:
Post a Comment