Sunday, May 25, 2025

Wie rechte Bewegungen online soziale Bewegungen bilden und politische Ideologien verbreiten! Roxana Münster ist jetzt bei Real Scientists DE!

Porträtfoto Roxana Münster

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Roxana Mika Münster (@oxanamuenster.bsky.social)! Roxana Mika Münster arbeitet als PhD-Kandidatin am Institut für Kommunikationswissenschaften an der Cornell University in Ithaca, NY. Ihre Forschung befasst sich mit digitalen rechten Bewegungen, mit einem Fokus auf der Verbreitung und Erscheinung von Politik und politischer Ideologie in der Kultur oder Lifestyles - Bereiche die auf den ersten Blick nicht immer klar “politisch” wirken. Derzeit untersucht sie die Beziehung zwischen Gesundheits- und politischer Ideologie auf E-Commerce- und Social Media-Plattformen, so genannte “Alt-tech” soziale Medien, sowie die Tradwife-Bewegung. 

Roxana absolvierte ihren Masterstudium in Politik & Kommunikation an der London School of Economics und ihr Bachelorstudium der Englischen Philologie und Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin. Sie ist ein Graduate Affiliate des Center for Information, Technology, and Public Life (CITAP) an der Universität von North Carolina. Zuvor war sie als Journalistin tätig, etwa als Marjorie Deane Fellow beim Economist, sowie als COMPASS Tech and Media Policy Fellow bei Brookings in Washington, DC. Ihre Aussagen zu ihrem Forschungsthema wurden unter anderem von der Associated Press, der Washington Post, sowie dem Wall Street Journal veröffentlicht. Ursprünglich stammt sie aus Bremen. 

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Meine Familie lacht noch heute darüber, wie viele Fragen ich als Kind gestellt habe, was ich alles verstehen wollte. Das hat sich nie wirklich geändert. Zwischenzeitlich schlug ich eine andere Art des Fragenstellens ein, im Journalismus. Letztlich ist es aber die Wissenschaft, die mir ermöglicht, tagtäglich Neues zu lernen, neues Wissen zu generieren, und Antworten auf die Fragen zu finden, zu denen ich noch keine Antwort finden kann. 

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Die Kommunikationswissenschaft ist ein enorm interdisziplinäres Feld, welches Theorien und Ideen von einer Vielzahl anderer Disziplinen integriert und diese nutzt, um, grob gesagt, all die verschiedenen Erscheinungsarten von Kommunikation zu erforschen. Als solches ist es unheimlich vielseitig und immer neu - es ist ein Feld, welches sehr nah an den jeweiligen heutigen Gegebenheiten arbeitet. Innerhalb dieses Felds war es immer die politische Kommunikation, die mich am meisten fasziniert. Mir gefällt hier, dass ich den Fokus auf zahlreiche Akteure oder Phänomene legen kann - sei es top-down politische Kommunikation, etwa von Amtskandidat*innen in Reden, oder die tatsächliche Bürgerschaft in Form von Protestbewegungen auf der Straße. 

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich befasse mich damit, wie rechte Bewegungen online soziale Bewegungen bilden und politische Ideologien verbreiten - insbesondere in digitalen Räumen und zu Themen, die nicht auf den ersten Blick politisch wirken. Das beinhaltet etwa Bewegungen rund um Ernährung, Wissensverbreitung, oder Lifestyles, wie etwa das Tradwife-Phänomen. 

 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Die amerikanische Präsidentschaftswahl des vergangenen Jahres wird manchmal als “Podcast election” bezeichnet oder aber als “vibes election.” Viele beschwerten sich noch vor der Wahl, dass handfeste Politikvorhaben eine vergleichsweise kleine Rolle spielten. Die Wahl machte endgültig klar, dass die Art, wie Wähler*innen ihre Wahlinformationen beziehen vollkommen anders ist, als selbst vor 8 Jahren. Und auch die Art, wie wir politische Identitäten kreieren, verhandeln, und ausdrücken hat sich geändert. Gerade wenn nicht nur hierzulande die Regierung versucht die Wissenschaft auszuhöhlen ist es enorm wichtig zu verstehen, wie und auf welche Weise rechte Ideologie heute verbreiten werden kann. 

 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

N/A

 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Während meines fünfjährigen Promotionsstudium hier bereisen wir gerne schönen und für uns neue Orte in den USA und machen gerne Roadtrips. 

 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Im ländlichen Upstate-New York verbringe ich meinen idealen Tag mit meinem Partner und meinen Freund*innen, gerne auf einer Wanderung, an einem der vielen schönen Seen oder zu Besuch bei einem Weingut (die Finger Lakes sind tatsächlich für Riesling bekannt). Mein tatsächlicher idealer Tag ist dann aber doch eher in der Stadt mit meinen liebsten Menschen, gerne mit gutem Essen, einem tollen Buch, oder einem der vielen wundervollen Museen in New York City. 

Bitte begrüßt Roxana ganz herzlich bei Real Scientists DE!

 

Sunday, May 18, 2025

Diplomatische, kulturelle und materielle Verflechtungen zwischen dem Horn von Afrika und Europa im Spätmittelalter! Verena Krebs ist jetzt bei Real Scientists DE!

 

Verena Krebs vor einem Mosaik der St. Verina

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Verena Krebs (@krebsverena.bsky.social)!

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Über den direkten Umweg: Eigentlich wollte ich Journalistin werden. Ich habe in Konstanz Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften studiert, mit Nebenfach Geschichte, und währenddessen in verschiedenen Redaktionen gearbeitet. Bis ich irgendwann gemerkt habe: Für die Art von tiefgehender Recherche, die ich machen wollte, gibt es im tagesaktuellen Journalismus immer weniger Platz. Aber in den Geschichtswissenschaften! Und dann bin ich irgendwie … hängen geblieben. Als Bildungsaufsteigerin, die als erste in ihrer Familie ein Gymnasium besuchen durfte, erscheint mir das alles bis heute manchmal ein wenig surreal.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Nach dem Bachelor habe ich in England und Deutschland Geschichtswissenschaft mit dem Schwerpunkt Mittelalter studiert – und mich dann in ein Thema verbissen: In einem Seminar zu den Kreuzzügen aus nicht-europäischer Perspektive bin ich auf ein Buch des äthiopischen Historikers Taddesse Tamrat über das christliche Äthiopien im Spätmittelalter gestoßen. In einem Kapitel beschreibt er Gesandte, die ab 1402 im Auftrag der äthiopischen Könige verschiedene Höfe in Europa besuchten. Ich war irritiert: Ist das nicht genau die andere Richtung, als es die gängige Schulversion vom Zeitalter der europäischen Entdeckungen nahelegt? Ich jedenfalls hatte noch nie etwas von diesen sehr frühen afrikanischen Gesandtschaften nach Rom, Venedig oder Valencia gehört – schon gar nicht Jahrzehnte vor den portugiesischen Expeditionen und ‚Entdeckungsfahrten‘ nach Afrika.

Aber ich hatte Glück: Viele der Quellen, in denen diese Gesandtschaften auftauchen, waren in Sprachen, die ich bereits lesen konnte: Latein, Italienisch, Katalanisch, Portugiesisch, Französisch, sogar Deutsch. Also habe ich meine MA-Arbeit dazu geschrieben – und schnell gemerkt, dass es auf dem Gebiet noch einige Forschungslücken zu schließen und gängige Annahmen kritisch zu hinterfragen gab. Viele Quellen — Schriftquellen in mehreren Sprachen, Ikonen, Buchmalereien und archäologische Überreste — waren lange in der Mediävistik wie auch Afrikanistik außen vor gelassen worden. Und sie widersprachen nicht nur dem, was ich über das Mittelalter und Afrika gemeinhin zu wissen glaubte, sondern auch lange etablierten Forschungsmeinungen. So wurde aus der Masterarbeit eine Dissertation, dann ein Buch, dann noch eins – und schließlich eine Professur.

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich arbeite zu den diplomatischen, kulturellen und materiellen Verflechtungen zwischen dem christlichen Hochland des Horns von Afrika – insbesondere dem christlichen Königreich der Dynastie der Salomoniden – und Europa im Spätmittelalter. Meine Arbeit bewegt sich zwischen Diplomatie-, Kultur- und Politikgeschichte, Kunstgeschichte, Quellenkritik und Wissenschaftsgeschichte – und versucht, vermeintlich Randständiges ins Zentrum zu rücken. Ein Teil davon ist auch die Auseinandersetzung mit kolonialen Forschungstraditionen und deren Auswirkungen bis heute.  


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Weil sie zeigt, dass Geschichte (in meinem Fall afrikanische Geschichte) nicht einfach „so war“, sondern „so erzählt wurde“. Jede Erzählung ist immer das Produkt einer bestimmten Zeit, oft unter bestimmten ideologischen Vorzeichen, und häufig mit langfristiger Wirkung bis in die Gegenwart. Wer denkt, im „Mittelalter“ — oder genauer: in den Jahrhunderten zwischen ca. 500 und 1500 — gebe es für alles südlich der Sahara kaum Quellen oder etwas zu erzählen, wird durch meine Forschung vielleicht ins Staunen geraten. Meine Perspektive — vom Hochland des Horns von Afrika auf die spätmittelalterliche Welt zwischen Europa, Asien und Afrika blickend — stellt viele vertraute Vorstellungen von Königtum, Macht und Kulturkontakten gründlich auf den Kopf. 


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich bin stellvertretende Direktorin des Zentrums für Mittelmeerstudien in Bochum und organisiere gemeinsam mit Kolleg:innen aus Äthiopien und Eritrea eine Online-Vortragsreihe zur Geschichte des mittelalterlichen Horns von Afrika. Außerdem habe ich in den letzten zehn Jahren mit Kolleg:innen aus Afrika, Europa und Nordamerika Panels zur afrikanischen Geschichte auf internationalen Mittelaltertagungen ausgerichtet.  


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich koche sehr gern, gehe mit unserem Labrador auf lange Streifzüge durch die Grünflächen des Ruhrgebiets — und bin früher viel gejoggt und habe Thai-Boxen gemacht, bis mir die Knie einen Strich durch die Rechnung gemacht haben.  


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Draußen sein. Zeit mit meinem Mann und Hund, idealerweise auch mit der Familie im ländlichen Hessen. Kein Handy, keine E-Mails, keine Deadlines — ein Tag, an dem nichts muss.

 

Bitte begrüßt Verena ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 11, 2025

Mini-Gehirne für die Krebsforschung! Anna Wolfram ist jetzt bei Real Scientists DE!

 

Anna Wolfram Porträtfoto

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Anna Wolfram (@annawolfram.bsky.social)! Anna ist Joint PhD Candidate in Neurowissenschaften und Chemie am Universitätsklinikum Tübingen und der Universität Castilla La Mancha. Sie entwickelt cerebrale Assembloide – Mini-Gehirne mit Tumoren – für die tierversuchsfreie Wirkstofftestung. Neben ihrer Forschung engagiert sie sich für Gleichberechtigung in der Wissenschaft, u. a. als Koordinatorin des Netzwerks Frauen mit Format und als Autorin von Extending the Complexity of the Leaky Pipeline Phenomenon in Natural Science. Sie ist außerdem #SciMom auf einem dual academic career path.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Schon in der 7. Klasse wollte ich die Welt im Detail verstehen – mit dem ursprünglichen Plan, Chemie zu studieren. Nach der 10. Klasse habe ich ein Auslandsjahr in Neuseeland gemacht und dort eine Biochemikerin als Biologielehrerin gehabt. Ihr Unterricht drehte sich vor allem um das zentrale Dogma der Mikrobiologie und da war für mich klar: Ich will die Chemie des Lebens wirklich verstehen. Also habe ich ab 2015 Biochemie in Heidelberg studiert.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden und/oder was hält dich dort?

Bereits im ersten Jahr meines Studiums wollte ich mich auf Krebsforschung spezialisieren. Mir war es wichtig, einen umfassenden Überblick über die Entwicklung von Krebsmedikamenten zu bekommen – von der chemischen Synthese über biologische Testung und computergestützte Optimierung bis hin zur klinischen Anwendung. Also habe ich mir über fünf Jahre hinweg Einblicke in all diese Bereiche verschafft.

Während meiner Masterarbeit bin ich dann ins internationale Krebsforschungs-Konsortium TreatBrain gerutscht – zunächst mit einem Projekt in der organischen Chemie zur Synthese neuer Chemotherapeutika gegen Glioblastome. Diese Arbeit war ursprünglich nicht geplant – sie entstand, weil meine eigentliche Masterarbeit coronabedingt abgesagt wurde. Daraus entwickelte sich jedoch die Idee zu einem Joint PhD an der Schnittstelle von Chemie und Neurowissenschaften (genauer gesagt: Neuro-Immuno-Onkologie).

Meine Stärke liegt eigentlich in der 3D-Zellkultur und so haben meine beiden Betreuenden, Prof. Dr. Carlos Romero-Nieto und Prof. Dr. Lisa Sevenich und ich ein interdisziplinäres Projekt gestartet, um eines der zentralen Probleme in der Krebsforschung anzugehen: Nicht die mangelnde Wirksamkeit vieler Medikamente ist das Problem, sondern ihre Toxizität – vor allem im Gehirn ist hohe Toxizität keine Option.

Gemeinsam mit meiner Kollegin Vanessa Arnold habe ich begonnen, neurale Modelle zu entwickeln, um Neurotoxizität und Wirksamkeit schon früh in der präklinischen Pipeline zu testen. Nach zwei Jahren haben wir ein komplettes Modell-Set aufgebaut – von High-Throughput-2D-Systemen bis hin zu mitteldurchsatzfähigen 3D-Assembloiden.

Das Besondere: Wir haben die ersten Krebs-Assembloide entwickelt – „Mini-Gehirne mit Tumoren“ – bei denen der Tumor vollständig von gesundem Gewebe umgeben ist. Damit können wir Krebs realitätsnah simulieren – und das komplett ex vivo, also ohne Tierversuche. Darüber werde ich in meiner Woche als Kuratorin auch auf BlueSky berichten.

Was mich hält: Das Potenzial, unsere 3D-Modelle künftig für die funktionale Präzisionsmedizin weiterzuentwickeln. Unser langfristiges Ziel ist es, Hirntumorerkrankungen besser zu verstehen – indem wir Mini-Modelle aus gesundem, hirnähnlichem Gewebe (das wir im Labor kultivieren) mit patientenspezifischen Tumorzellen kombinieren. Auf diesen individualisierten Modellen könnten wir Medikamente nicht nur auf Wirksamkeit, sondern auch auf Toxizität testen – und so Behandlungen entwickeln, die eine möglichst hohe Effektivität bei gleichzeitig minimalen Nebenwirkungen bieten.

In meiner Wunschvorstellung gehören diese „Patienten-Avatare“ eines Tages genauso selbstverständlich zum klinischen Alltag wie die genomische Präzisionsmedizin. Auch wenn der Weg dorthin noch weit ist – genau dieses Ziel hält mich.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Cerebrale Assembloide – Mini-Gehirne mit Tumoren – begeistern mich. Wie wir in kleinen Zellaggregaten (0,6-1 mm – auch wenn das für Organoide schon ziemlich groß ist) komplexe Strukturen modellieren können, beeindruckt mich immer wieder.

Wenn ich ein neues Modell entwickle – also versuche, einen Krebs in gesundes Gewebe zu integrieren, mit dem ich noch nie gearbeitet habe, die Architektur meiner Modelle zu verändern oder meine Probe zu optimieren – dann ist das einfach spannend für mich. Immer wenn ich etwas Neues ausprobieren darf, bin ich aufgeregt wie ein kleines Kind vor dem Geburtstag. Denn die Grenzen des Bekannten zu verschieben, ist einfach unglaublich aufregend.

Gleichzeitig ist mein Alltag natürlich auch geprägt von wissenschaftlichen Problemen – echte Durchbrüche kommen nicht ohne viel Struggle. Mein Mentor sagt immer: Als Wissenschaftler:innen sind wir vor allem Problemlöser:innen – das heißt, wir müssen jeden Tag mit neuen Hürden rechnen und lernen, Freude daran zu finden, sie zu überwinden.

Und genau so würde ich meine Arbeit beschreiben: viele spannende Herausforderungen – wissenschaftlich, organisatorisch, finanziell, technisch – und all das lösen wir im Team, im Sevenich Lab am M3 und in der C. Romero-Nieto Research Group an der UCLM in Spanien.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Tierversuche sollten auf ein Minimum reduziert werden – dem stimmen sicherlich viele zu. Aber das gelingt nur, wenn wir funktionierende Alternativen haben. Denn niemand möchte Krebsmedikamente zum ersten Mal an Patient:innen testen. Genau hier setzen unsere Systeme an.

Schon heute arbeiten wir mit Assembloiden, die aus Mausstammzellen gewonnen werden – damit können wir insbesondere Neurotoxizitätstests bereits ohne Tierversuche durchführen. Und wir verfolgen ein langfristiges Ziel: Patient:innen-Avatare mit Tumoren, die vollständig von gesundem Gewebe umschlossen sind. Auch wenn die Entwicklung solcher Modelle noch zwei bis vier Jahre benötigen wird – ihr Potenzial ist enorm.

Zudem sind wir eine der wenigen Gruppen, die gezielt 3D-Modelle für Hirnmetastasen entwickeln – ein oft übersehenes Feld. In Deutschland erkrankt etwa jede achte Frau an Brustkrebs und bei 10 bis 20 Prozent entwickeln sich später Hirnmetastasen. Für diese Patientinnen gibt es bisher kaum klinische Studien oder neue Therapien – meist bleibt nur die palliative Versorgung.

Mit unseren Modellen können wir selbst in diesen Fällen kombinierte Tests zu Wirksamkeit und Toxizität durchführen – und so dazu beitragen, künftig gezieltere und verträglichere Behandlungen zu entwickeln.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Bildung ist der Schlüssel zu einer gerechteren Welt – davon bin ich fest überzeugt und daran richte ich mein Engagement neben meiner naturwissenschaftlichen Arbeit aus.

Von 2015 bis 2022 durfte ich die Bildungsinitiative IG Friedenstaube leiten – 2024 mit dem Margot-Friedländer-Schulpreis ausgezeichnet – und begleite sie bis heute als Beraterin. Besonders am Herzen liegt mir die Gleichstellung von Frauen.

Deshalb engagiere ich mich neben meiner Promotion als Koordinatorin des Netzwerks Frauen mit Format in Wissenschaft und Wirtschaft an der Goethe-Universität Frankfurt. Gegründet von der beeindruckenden Vorreiterin Astrid von der Malsburg, ist es das einzige Netzwerk seiner Art in Deutschland, das Wissenschaft und Stadtgesellschaft aktiv miteinander verbindet.

Darüber hinaus bin ich eine #SciMom – mein Mann und ich verfolgen einen dual academic career path, der leider mehr durch unser eigenes Engagement als durch strukturelle Unterstützung ermöglicht wird. Aus diesem Grund spreche ich regelmäßig über die Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Karriere und Familie.

Das führt mich zu meinem letzten großen Thema: dem Verbleib von Frauen in der Wissenschaft. In meinem Buch Extending the Complexity of the Leaky Pipeline Phenomenon in Natural Science analysiere ich einen besorgniserregenden globalen Trend: Frauen verschwinden aus der akademischen Laufbahn nicht schrittweise, sondern es kommt zu einem abrupten Bruch – vor allem beim Übergang von der Postdoc-Phase bzw. Juniorgruppenleitung zur Professur. Hier verlieren wir wertvolles Humankapital. Das muss sich ändern!

Deshalb spreche ich jährlich mit Studierenden darüber und engagiere mich im International Younger Chemists Network (IYCN) im Bereich Diversity, Equity & Inclusion.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich mag die Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und um unserer Tochter einen Gegenpol zu zwei Eltern in den Naturwissenschaften zu bieten, besuchen wir gemeinsam Kunstausstellungen, gehen ins Ballett oder in die Oper.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?
Ich glaube, Wissenschaft hat weder Anfang noch Ende – und oft sind es gerade die Tage, an denen ich nicht arbeite, an denen mir die besten Ideen kommen. Wenn ich mit meiner Familie Zeit verbringe, draußen unterwegs bin mit unserer Hündin oder gelegentlich beim Pferd – genau das wäre mein idealer freier Tag: Zeit und Raum für Bewegung, Gespräche und Denken in Gemeinschaft mit der Familie.



Bitte begrüßt Anna ganz herzlich bei Real Scientists DE!