Monday, July 7, 2025

Fankultur erforschen - Christina Wurst ist jetzt bei Real Scientists DE!

Bitte begrüßt unsere neue Kuratorin Christina Wurst! Christina (@christinawurst.bsky.social) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Tübingenam Lehrstuhl für Berufliche und Betriebliche Weiterbildung mit dem Schwerpunkt Lehrkräfte-Fortbildungs-Forschung.Außerdem ist sie Lehrerin für Englisch und Biologie. In ihrer kulturwissenschaftlichen Dissertation hat sie sich mit Fan-Konflikten auf sozialen Medien befasst und wie diese radikale Ideologien verbreiten können.


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Mir hat mein Lehramts-Studium (damals ja noch Staatsexamen) Biologie/Englisch so viel Spaß gemacht, dass ich noch einen M.A. in Amerikanistik dran gehängt habe. Dann fand ich es sehr schade, dass der Weg dort zu Ende sein sollte und habe mich entschlossen zu promovieren, um weiter zu spannenden Themen dazulernen zu dürfen.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden und/oder was hält dich da?

Bei mir muss man etwas unterscheiden zwischen meiner Promotionsforschung und meiner beruflichen Forschung, das sind nämlich (etwas ungewöhnlicherweise) 2 Paar Schuhe: Ich war nicht auf einer Promotionsstelle sondern einer (thematisch unabhängigen) Projekt-Stelle während meiner Promotion angestellt.

Für meine Promotion in der amerikanischen Kulturwissenschaft habe ich mich mit Fankulturen beschäftigt – dafür hat mich natürlich zu großen Teilen meine eigene Vergangenheit in Fankulturen inspiriert. In diesem Feld bin ich jetzt aber nicht mehr tätig.

Für das Feld meiner berufliche Forschung habe ich mich gar nicht aktiv entschieden, es war mehr eine Fügung glücklicher Zufälle: Meine erste Projektstelle war ausgeschrieben und dringend zu besetzen, als ich gerade auf Jobsuche war, und es hat thematisch einfach gut gepasst, als Lehrerin in die Lehrkräfte-Forschung zu gehen.

Was mich hier hält ist zum einen das sehr abwechslungsreiche Tätigkeitsfeld, zum anderen aber auch der Wunsch, aktiv einen (kleinen) Beitrag zur Verbesserung der Bildungslandschaft leisten zu können.


Erzähl uns etwas über deine Arbeit!

Fangen wir mal zunächst mit meiner Promotions-Forschung an:

Hierfür habe ich mich 6 Jahre lang durch Social Media-Posts (Twitter/X, YouTube, Tumblr) gekämpft und eine „Diskurs-Analyse ideologischer Konflikte im Anti-Fan Aktivismus anhand einer Star Wars-Fallstudie“ durchgeführt. Klingt kompliziert — hat sich aber letztendlich um so Fragen gedreht wie: Wer redet auf Social Media darüber, dass Star Wars sich ändern muss, weil es einem nicht gefällt? Wie reden die Menschen darüber und wie versuchen sie dadurch auch politisch Einfluss auf andere zu nehmen? Welche politischen Kontexte verschärfen solche Diskurse oder werden durch diese verschärft?

In a nutshell kann man unter anderem festhalten: In den letzten Jahren wurde es zunehmend normalisiert, sich auch als professionelle politische Figur anti-fan aktivistisch zu äußern, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Außerdem pflegen viele populäre Anti-Fans einen rechts-populistischen Stil, der versucht, ein reaktionäres Weltbild zu normalisieren.

Zu meiner Berufsforschung:

Begonnen habe ich mit der Entwicklung, Implementierung und Evaluation einer Fortbildung zum lernwirksamen Einsatz digitaler Medien im Unterricht. Eine Haupt-Frage war: Wie könnte eine effektive Fortbildung aussehen, in der sich die Teilnehmenden weder nur seicht berieseln lassen, noch genervt von „zu theoretischen“ Inhalten sind?

Aktuell beschäftigt uns die Frage, welche Rolle dabei Video-Vignetten spielen können. Bald kommt auch noch das Aufgabenfeld dazu, wie die effektive Implementation von KI im Bildungssystem gelingen kann.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für eure Forschung/Arbeit interessieren?

Also für Fankulturen und auch spezifisch Anti-Fan Aktivismus sollte man sich interessieren, weil sie mittlerweile einen großen Einfluss auf die Mainstream-Kultur haben – man schaue sich nur mal an, wie Donald Trump sich letztens mit Lichtschwert auf X als „savior of the galaxy“ inszenierte.Aktuelle politische Diskurse, insbesondere in den USA – aber natürlich schwappen deren „Kulturkrieg“-Debatten auch zu uns rüber –, sind mittlerweile so stark mit intertextuellen Bezügen auf Pop- und Fankultur verflochten, dass vieles keinen Sinn macht, wenn man sich nicht auch mit den Subkulturen befasst, in denen viele Argumente wie „Wokeness zerstört Hollywood“ ihren Anfang nahmen.

Für Forschung dazu, wie man Lehrkräfte zielführend zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht befähigen kann, braucht es glaube ich gar keine große Begründung: Nur gut weitergebildete Lehrkräfte, die guten Unterricht (mit Hilfe aller ihnen zur Verfügung stehenden, auch digitalen, Mitteln) machen, können Kinder auf die (zu großem Teil von digitalen Themen geprägte) Zukunft vorbereiten.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich habe immer wieder interessante zusätzliche Tätigkeiten – zum einen oft als Workshop-Referentin, wo ich mit Erwachsenen und Kindern ebenso zu digitalen Tools wie Twine bis zu wichtigen Themen der „digitalen Welt“ wie Fake News arbeite. Zwischendurch habe ich auch eLearning-Materialien entwickelt, die man u.a. von den digitalen Lernwelten über die Eduspaces erwerben kann und interviewe für die DiLeWe auch interessante Gäste aus dem Bereich der Biologie-Didaktik.

Nebenbei bin ich auch an der Goethe-Universität Frankfurt seit Jahren Lehrbeauftragte und arbeite mit Studierenden daran, wie man Fankulturen ins Klassenzimmer bringen kann.

Aktuell nimmt den größten Teil meiner Zeit neben der Forschung ein, dass ich wieder mit geringem Deputat an einerSchule tätig bin. Das ist zwar stressig, aber auch sehr schön, weil man einfach nochmal einen ganz anderen Blick auf die Forschung bekommt, aber auch nochmal mehr vor Augen hat, was einen anspornt: die Schule, die Kolleg*innen, die Schüler*innen. Für all die ist es wichtig, dass was in Fortbildungen geschieht, effektiv ist und, dass wir wissen, was Fortbildungen, die nachhaltig die Berufspraxis (zum hoffentlich Positiven) verändern, ausmacht.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich male und fotografiere gerne (Wer meinen Social Media-Accounts folgt, bleibt davon auch nicht verschont). Ansonsten waren meine große Leidenschaft eigentlich die Pferde. Das Thema musste aber während der Promotion hinten an stehen, da mir einfach nicht mehr genug Zeit neben der Arbeit und Forschung blieb. Pferdetraining spielte aber sicherlich eine große Rolle dabei, meine Begeisterung für das Forschungsfeld der Pädagogik zu wecken, da ich schon früh anfing, alles mögliche über Trainingspsychologie zu lesen – was letztlich in vielen Bereichen auch nicht viel anderes ist als Lernpsychologie. Modernes Training basiert bei Weitem nicht mehr nur auf operanter Konditionierung. Am meisten geprägt haben mich und mein Training sicherlich Blog-Beiträge zur Self Determination Theory von Deci & Ryan. Es ist beeindruckend, was man erreichen kann, wenn man sich einfach nur fragt: Wie kann ich meinem Lernenden das Gefühl geben, kompetent zu sein und freie Entscheidungen treffen zu dürfen, obwohl man selbst eigentlich ein bestimmtes Lernziel vor Augen hat und die Fäden im Hintergrund zieht?


Wie sieht für dich ein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Hoffentlich bald wieder: Auf dem Pferderücken (oder zu Fuß daneben) durch die Natur streifen. Aber aktuell genieße ich auch Fotografie-Ausflüge mit meiner besseren Hälfte. Im Moment jagen wir vor allem Orchideen.


Bitte begrüßt Christina ganz herzlich auf dem Kanal! 

 

Sunday, June 22, 2025

Realitätsverzerrung in der Kriminalpsychologie - Julia Shaw ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Julia Shaw. Julia (@drjuliashaw.bsky.social) ist Kriminalpsychologin und Honorary Research Associate am University College London (UCL). Sie erforscht die Fehlbarkeit des Gedächtnisses, insbesondere falsche Erinnerungen in juristischen Kontexten, und entwickelt KI-gestützte Interviewmethoden. Ihre Arbeit verbindet forensische Psychologie mit Themen wie Umweltkriminalität und sozialer Gerechtigkeit.





Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich bin eher zufällig in der Wissenschaft gelandet. Ursprünglich wollte ich Kunst studieren, bis mein Großvater mich überzeugt hat, dass die Sozialwissenschaften vielleicht besser zu mir passen. Ich war immer interessiert an Philosophie und Psychologie, aber erst im Psychologiestudium wurde mir klar, wie sehr mich große gesellschaftliche Fragen rund um Wahrnehmung und Gerechtigkeit faszinieren.
Der eigentliche Auslöser für meinen Weg in die Forschung war aber ein Professor: Stephen Hart. Ich wusste damals nicht einmal, dass es ein Graduiertenstudium gibt. Erst durch ihn habe ich erfahren, dass man nach dem Bachelor weiterforschen kann. Seine Begeisterung für Psychologie und Recht hat mich angesteckt, und so habe ich erst einen Master in Psychology and Law gemacht, dann promoviert in Kriminalpsychologie.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich wollte schon immer verstehen, wie unterschiedliche Realitäten entstehen. 
Ich denke, im Zeitalter der KI nimmt Realitätsverzerrung neue Formen an. Wir erschaffen falsche-Erinnerungs-Maschinen, die bereits Auswirkungen auf unsere Wirklichkeit haben. Sozialpsychologie zu verstehen wird wichtiger denn je, um die Ansteckungskraft von Desinformation zu begreifen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Während meiner Promotion habe ich mich besonders für falsche Geständnisse und falsche Erinnerungen interessiert und eine der ersten großen Studien durchgeführt, die beides zusammen untersucht haben. Es folgten weitere Studien, etwa dazu, ob Menschen erkennen können, ob jemand eine wahre oder eine falsche Erinnerung schildert. Laut meiner Forschung können sie das nicht. Genau das macht falsche Erinnerungen so gefährlich. Sie können im juristischen Kontext zu Fehlurteilen führen. Aber auch im Alltag sind sie weit verbreitet. Sie können uns Details vorgaukeln, die nie passiert sind, oder sogar ganze autobiografische Ereignisse. Diese Realitätsverzerrungen finde ich faszinierend.
Ausgehend von dieser Forschung habe ich mich zunehmend dem Verständnis kriminellen Denkens gewidmet, einem weiteren Schwerpunkt meiner Promotion. Mich interessiert, welche kognitiven Prozesse es wahrscheinlicher machen, dass Menschen kriminell handeln, und wie sich solche Denkweisen reduzieren oder verändern lassen. Genau das versuche ich heute mit meiner Arbeit, zum Beispiel in meinem neuen Buch Green Crime: Was Umweltverbrecher antreibt und wie man sie aufhält. Darin verbinde ich kriminelle Psychologie mit Umweltfragen und zeige, wie psychologisches Wissen helfen kann, einige der größten Probleme unserer Zeit zu lösen.
Und... Ich habe 2020 die Bisexual Research Group gegründet, die seither mehrere internationale Konferenzen organisiert hat. Ich bin bi und wollte mehr über die Forschung zu Bisexualität erfahren – deshalb habe ich die Gruppe ins Leben gerufen und das erste populärwissenschaftliche Sachbuch über Bisexualität geschrieben: Bi: Vielfältige Liebe entdecken.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Weil es uns alle betrifft. Falsche Erinnerungen hat jeder. Umweltverbrechen zerstören unsere Zukunft. Bi+ Menschen brauchen immer noch Sichtbarkeit. Und das Wort „böse“ wird noch immer täglich benutzt, um Menschen zu entmenschlichen und so zu tun, als wären sie jenseits unseres Mitgefühls oder Verständnisses. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Podcasterin (unter anderem Bad People), Fernsehmoderatorin (Killers Caught on Camera) und gebe weltweit Vorträge. Ich habe das internationale Bisexual Research Group gegründet und berate Justizbehörden zur Rolle des Gedächtnisses in Strafverfahren. Ich trete außerdem in Großbritannien, Kanada und den USA regelmäßig als Sachverständige zum Thema falsche Erinnerungen vor Gericht auf.
Ich bin außerdem Mitgründerin von Spot (talktospot.com), einem KI-basierten Interview-Tool zur Dokumentation von Fehlverhalten am Arbeitsplatz. Es basiert auf meinen Forschungsarbeiten zum kognitiven Interview und wurde als eines der ersten Systeme dieser Art wissenschaftlich evaluiert.
Aber am bekanntesten bin ich wahrscheinlich für meine drei Bücher: Das trügerische Gedächtnis, Böse und Bi. Im Herbst 2025 erscheint mein viertes Buch: Green Crime.
Die beste Art, Autorinnen zu unterstützen, ist, ihre Bücher vorzubestellen. Green Crime kann man hier vorbestellen! https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1074912007

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich liebe Kunst, sie zu sehen, selbst zu machen und ihren historischen Kontext zu erforschen. Auch Belletristik gehört zu meinen großen Leidenschaften. Beides fühlt sich für mich an wie ein direktes Fenster in die Wahrnehmung anderer Menschen. Und beides kann in uns selbst neue Arten des Denkens und Fühlens auslösen. Es sind für mich die ultimativen Erfahrungen von Empathie.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Am liebsten starte ich den Tag mit Kuscheln, mit meiner sehr weichen Katze Luna und meinem Partner. Danach gibt es einen Flat White mit Hafermilch und später eine Pilates-Stunde. Am Nachmittag vielleicht eine Galerie oder etwas Vintage-Shopping. Abends entdecke ich gerne neue spannende Restaurants in London, bevor ich in mein aktuelles Buch eintauche. Zuletzt war das The Book of Records von Madeleine Thien. Und manchmal endet der Tag auch auf einem Rave oder Festival, aber nur mit Ohrstöpseln.

Bitte begrüßt Julia ganz herzlich auf dem Kanal!

 

Sunday, June 15, 2025

Rhythmen im Gehirn - Natalie Schaworonkow ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Natalie Schaworonkow. Natalie (@nschawor.bsky.social) hat Kognitionswissenschaften und Computational Neuroscience studiert und ist derzeit Postdoktorandin in Frankfurt am Main. Sie nutzt Elektroenzephalographie und Magnetoenzephalographie-Aufnahmen und arbeitet an neuen Analysemethoden, um die Rolle von Rhythmen im Gehirn besser zu verstehen.



Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich wollte am liebsten Alles auf einmal studieren, und bin dann durch langes Rumgoogeln auf einen tollen Studiengang gestoßen: Kognitionswissenschaften (eine Kombo aus Mathe, Informatik, Philosophie, Psychologie, Biologie) an der Uni Osnabrück, das war einer der wenigen Orte wo man dieses obskure Fach studieren konnte. Dort gab es eine Menge andere hochmotivierte Leute, die genau für dieses Fach aus ganz Deutschland hergezogen waren. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir quantitative Methoden, aka Sachen, die man konkret ausrechnen kann, mehr liegen als philosophische Argumente, und hab dann einen Master in Computational Neuroscience am Bernstein Center in Berlin gemacht, eine Mischung aus Maschinellem Lernen & Analyse von neuronalen Daten aller Art.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Den Ausschlag gab meine Masterarbeit, da konnte ich zum ersten Mal live neuronale Oszillationen im menschlichen Gehirn sehen. Ich fand diese Hirnwellen wunderschön & mysteriös und bin seitdem mit elektrophysiologischen Daten beschäftigt. Darauf folgten eine Doktorarbeit in dem Kontext und dann später ein Forschungsaufenthalt in San Diego. Hatte einige tolle Betreuer und immer sehr nette Kolleg*innen, so etwas hält einen dann in dem Feld. :)


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Mein Spezialgebiet ist die Analyse von elektrophysiologischen Daten. Oft analysiere ich große Datensätze, die andere Leute mit mir oder der Welt geteilt haben. Also tagtäglich hauptsächlich Buchstaben in einen Computer tippen und damit entweder Code oder Texte schreiben. Aber gerade nehmen wir auch wieder selbst Daten auf, mithilfe von Magnetoenzephalographie (MEG): ein Gerät, das winzige Magnetfelder, die das Gehirn produziert, messen kann. Die Probanden hören dabei Töne oder Sprachlaute und wir versuchen nachzuvollziehen, wie diese Reize im Gehirn verarbeitet werden. Ich finde gerade spannend zu verstehen, warum Hirnsignale von verschiedenen Menschen so unterschiedlich ausschauen. Im Kern geht es um die Frage, welche Informationen die MEG-Signale über Sinnesreize haben und wie Information durch verschiedene Gehirnregionen geschleust wird.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Wir alle tragen ein Gehirn mit uns herum, aber wie es genau funktioniert, ist noch ziemlich unklar. Ich mache Grundlagenforschung, also nichts, was direkt klinisch verwertbar ist. Aber wenn man etwa versteht, welche Faktoren zu individueller Variation beitragen, wäre das auf lange Sicht ein wichtiges Fundament, zum Beispiel um Muster aus Hirnsignalen zu erkennen, die mit bestimmten neurologischen oder psychischen Erkrankungen zusammenhängen. Das ist Voraussetzung, um in Zukunft vielleicht früher und genauer diagnostizieren zu können.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich habe gerne Events für die wissenschaftliche Gemeinschaft mitorganisiert, zum Beispiel eine dezentrale Konferenz, die überall auf der Welt verteilt war (und damit zB umweltschonender ist, als Konferenzen, zu denen man hinfliegen muss), oder an einer großen virtuellen summer school für computational neuroscience (die Interessierte auf der ganzen Welt belegen können) mitgewirkt. Zusammenarbeit mit tollen Leuten macht Spaß, und im Hintergrund schwingt dabei auch die Motivation mit, Wissenschaft ein Stück nachhaltiger und gerechter zu machen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Nichts Ungewöhnliches, zum Entspannen Retro-Nintendo-Spiele spielen, und blinkenden Quatsch aus Elektronikteilen basteln. Ein Thema, das mich auch in der Freizeit beschäftigt, ist, wie man Mathe für Kinder zugänglicher & spannender macht. Und natürlich immer noch querfeldein lesen, Thema egal!


Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 

Unspektakulär, Hauptsache keine Verpflichtungen haben.


Bitte begrüßt Natalie ganz herzlich auf dem Kanal!



Sunday, June 8, 2025

Wie Ionen die Zellmembran durchqueren - Dominik Lenz-Schwab ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Dominik Lenz-Schwab. Dominik (@astrolenni.bsky.social) ist Laboringenieur im Praktikum der Physiologie an der Philipps-Universität Marburg. Sein Studium der Chemie hat er an der FU Berlin absolviert, danach folgte die Promotion am Universitätsklinikum Jena. Seit 2018 war er als PostDoc in Marburg, seit 2023 arbeitet er dort als Laboringenieur.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Nach meinem Chemie-Studium wollte ich auf jeden Fall eine Promotion dranhängen, habe mich aber für ein eher lebenswissenschaftliches Thema entschieden. Während der Schreibphase habe ich aufgrund der (nicht vorhandenen) Karriere-Perspektiven zwar versucht, auch außerhalb der Wissenschaft Fuß zu fassen, aber manchmal sind die besten Optionen auch einfach die verfügbaren, und so wurde es eine PostDoc-Stelle in Marburg, aus der dann mit viel Glück eine entfristete Stelle als Laboringenieur wurde.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Anfangs war es eher Zufall bzw. ein Fehler im Bewerbungsprozess – ich hatte mich eigentlich für eine andere Promotions-Stelle am gleichen Institut beworben, die etwas näher an meinem Studium dran gewesen wäre. Im Vorstellungsgespräch stellte sich das dann erst so richtig heraus, aber das Thema, das ich dann bekommen habe, war auch sehr interessant und methodisch anspruchsvoll.
Mit der Zeit hat mich die Faszination für Ionenkanäle und -Transporter dann immer mehr gepackt, weswegen ich dann auch noch eine PostDoc-Stelle gesucht habe. Das thematische Spektrum, das jetzt in unserer Arbeitsgruppe abgedeckt wird, reicht da von reiner Grundlagenforschung und Untersuchung von Pathomechanismen über pharmazeutische Therapien bis hin zu modernen Gentherapien.
Neben der Forschung war aber auch immer die Lehre, in erster Linie die Betreuung von Laborpraktika, Teil meiner Aufgaben, und das hat mir auch immer Spaß gemacht, weswegen meine jetzige Stelle dann ein echter Glücksfall geworden ist.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Primär bin ich im Hintergrund tätig im Praktikum der Physiologie. Ich bin für den Auf-, Um- und Abbau der Praktikumsversuche zuständig, den Einkauf (sowohl von Verbrauchsmaterialien als auch neuen Geräten), aber eben auch die Weiterentwicklung der Versuche, wenn z.B. neue Software oder Geräte angeschafft werden, oder es in Zukunft neue Richtlinien für das Medizinstudium geben sollte (die Änderung der Approbationsordnung wurde aber erstmal wieder verschoben). Daneben bin ich für die studentischen Hilfskräfte verantwortlich, die eine wertvolle Unterstützung der Dozierenden sind.
Ich versuche aber auch immer wieder mal selber im Labor zu stehen. Ich forsche an Anionen-Transportern, also Membranproteinen, die negativ geladene Teilchen durch die eigentlich undurchlässige Zellmembran transportieren, primär mithilfe elektrophysiologischer Methoden. Ein paar Details dazu kommen im Laufe der Woche.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Meine Forschung ist in erster Linie reine Grundlagenforschung, aber die ist nun mal auch notwendig, um die Mechanismen zu verstehen, die krank machen können und dann therapiert werden sollen.
Ich finde dabei die Frage sehr interessant, warum strukturell so ähnliche Proteine aus der Familie der SLC26-Transporter so unterschiedliche Funktionen haben, weshalb ich auch Teil der DFG-Forschungsgruppe FOR5046 bin. In Hinblick auf die Lehre ist es vielleicht ganz spannend zu sehen, welche Rollen es da im Hintergrund auch gibt.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin seit etwa 10 Jahren bei den Jungen Physiologen, der Tochtergesellschaft unserer Fachgesellschaft (Deutsche Physiologische Gesellschaft, DPG). Dabei habe ich u.a. mehrere unserer jährlichen Symposien (mit-)organisiert und vertrete unsere Perspektiven als Teil des Sprecher:innen-Teams auch gegenüber dem Vorstand der DPG. Momentan planen wir ein Prä-Symposium bei der IUPS-Tagung, einer großen internationalen Konferenz in Frankfurt im September sowie das nächste Symposium der Jungen Physiologen in Berlin im nächsten Jahr.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich gehe einigermaßen regelmäßig laufen, habe letztes Jahr auch meinen ersten Halbmarathon absolviert. Dieses Jahr stehen noch ein paar Läufe bis 10 km an, vor allem werde ich wieder Teil der Instituts-Staffel beim Nachtmarathon sein.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Morgens gehe ich eine Runde laufen, dann wird mit Frau und Kind gefrühstückt. Ein wenig spielen mit dem Kleinen, während seines Mittagsschlafs entspannen oder selber was spielen (z.B. Assassins Creed oder Flügelschlag), nachmittags noch ne Runde an der Lahn spazieren gehen und abends den Tag bei Pizza, Wein & Netflix ausklingen lassen.

Bitte begrüßt Dominik ganz herzlich auf dem Kanal!


Sunday, June 1, 2025

Von Mikrotechnik und Ultrakurzpulslasern! Sandra Stroj ist jetzt bei Real Scientists DE!

 

Dr. Sandra Stroj Foto

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Dr. Sandra Stroj (@sstroj.bsky.social)! Sandra Stroj beschäftigt sich seit dem Jahr 2001 mit dem Thema der Laserbearbeitung mit Ultrakurzpuls- und UV-Laserquellen. Zur selben Zeit begann sie ihr Promotionsstudium am Institut für Photonik der Technischen Universität Wien unter der Leitung von Ao.Univ.Prof. Mag. Dr. G.A. Reider. Im Jahr 2005 verlegte sie ihre Forschungsaktivitäten als Marie-Curie-Stipendiatin an das „Institute of Electronic Structure and Laser“ der Foundation of Research and Development (FORTH) auf Kreta / Griechenland. 2008 schloss sie ihr Doktoratsstudium an der Technischen Universität Wien ab. Neben ihrer Tätigkeit im Forschungszentrum Mikrotechnik war sie von 2008 bis 2010 für Marketingaktivitäten und Publikationen der HighQLaser Innovation GmbH (jetzt Spectra Physics Rankweil) verantwortlich. Im April 2010 wurde sie mit dem „Sonderpreis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ des Landes Vorarlberg ausgezeichnet.

Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit als Senior Researcher ist sie an der FHV in der akademischen Ausbildung tätig und hält Vorlesungen für Masterstudenten auf den Gebieten Laserphysik, Angewandte Optik und Mikrooptik.

In den Jahren 2013-2018 trug sie die Leitung des „Josef-Ressel-Zentrums für Materialbearbeitung mit ultrakurz gepulsten Laserquellen“. Im Jahr 2022 erhielt sie den CDG Preis für Forschung und Innovation der Christian Doppler Forschungsgesellschaft.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Eigentlich habe ich aus Neugier ein technisches Studium angefangen und gleich Feuer gefangen. Nach dem Studium habe ich mich dann für ein Doktorat entschieden, da ich mich mehr für wissenschaftliche Fragestellungen als technische Problemlösung begeistern konnte. Diese Entscheidung habe ich nie bereut.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Ich habe mich schon während meines Doktorates mit der Anwendung von Ultrakurzpulslasern beschäftigt. Das Thema hat sich aus einer Kooperation des Forschungszentrum Mikrotechnik mit der Firma HighQLaser, einer der führenden Hersteller von Ultrakurzpulslasern, ergeben. Das Thema hält mich fest, da ich das Arbeiten mit dem Laser immer noch spannend finde. Gerade im Bereich Mikrotechnik hat die Arbeit etwas Schöpferisches, da es meist um die Umsetzung von Problemstellungen handelt, die mit den Standardmethoden nicht machbar sind.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich habe das Glück, in der Nähe meines Heimatortes, an dem Thema, das mich am meisten interessiert, zu arbeiten. Das Forschungszentrum Mikrotechnik wird getragen von einer interdisziplinären Gruppe, welche sich mit den verschiedensten Themen beschäftigt. Das macht die Arbeit immer spannend. Meine Tätigkeit ist ein Mix aus Forschung, Prozessentwicklung, Lehre und natürlich auch viel Projektmanagement. Hier arbeite ich in Projekten mit vielen Partnern aus den verschiedensten Ländern, mit denen ich ständig im Austausch bin. Was mir sehr viel Spaß macht, ist das Vortragen der neuesten Ergebnisse auf Konferenzen und der Austausch mit anderen Forschenden. Gerade auch die Kooperation mit anderen Fachbereichen wie beispielsweise die Quantenoptik ist eine stetige Herausforderung.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Ich finde es schön, wenn die Welt der Wissenschaft so präsentiert wird, dass jeder den es interessiert einen Einblick bekommen kann. Manche Themen sind etwas schwer zu erklären, andere aber faszinieren einfach. Beispielsweise die Herstellung von wasserabweisenden Oberflächen mit dem Ultrakurzpulslaser. Die Videos dazu sehen einfach super aus und machen neugierig.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ehrlich gesagt habe ich neben meiner Familie und der Arbeit als Wissenschaftlerin momentan relativ wenig Restfreizeit.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

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Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Mein idealer freier Tag findet entweder in meinem Garten oder auf dem See statt. Wenn man wie ich am Bodensee aufgewachsen ist, hat man eine spezielle Bindung zum Wasser. Eine Runde auf dem Standup paddle board zu drehen ist schon sehr entspannend. Und das gute dabei ist, das Telefon bleibt dabei in der Tasche oder gleich zu Hause.



Bitte begrüßt Sandra ganz herzlich bei Real Scientists DE!