Sunday, November 8, 2020

Literatur im digitalen Zeitalter - Mareike Schumacher ist jetzt bei Real Scientists DE!

 Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Mareike Schumacher (@m_k_schumacher) vorstellen zu dürfen! Mareike promoviert im Bereich neuere deutsche Literatur und Digital Humanities an der Universität Hamburg. Vor und während ihres Studiums arbeitete sie als Buchhändlerin, seit 2013 war sie in den Digital-Humanities-Projekten DARIAH-DE und efoto beschäftigt und seit Juli 2018 ist sie im Projekt forTEXT für die digitale Dissemination zuständig. Mareike hat Kulturwissenschaften (B.A.) an der Leuphana Universität Lüneburg und deutschsprachige Literaturen (M.A.) in Hamburg studiert und nutzt nun am liebsten Distant-Reading-Methoden. Für forTEXT ist ihr besonders wichtig, auch abstrakte Routinen anschaulich aufzubereiten und stets das literarische Beispiel in den Mittelpunkt zu rücken.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 
Im Grunde konnte ich mir schon als Kind vorstellen, in die Forschung zu gehen. Leider glaubte ich damals, dass ich dazu Naturwissenschaftlerin werden müsste. Für Literatur und Kultur habe ich mich schon immer begeistert und so machte ich nach dem Abitur zuerst eine Lehre zur Buchhändlerin und studierte dann erst Kulturwissenschaften und Wirtschaftspsychologie im Bachelor und schließlich Literaturwissenschaften im Master. In meinem letzten Studienjahr hatte ich das Glück, als studentische Hilfskraft an einer großen Konferenz für digitale Geisteswissenschaften mitzuarbeiten und spätestens da war mir klar, dass es das ist, was ich machen möchte.   

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Zu den Digital Humanities bin ich im Master-Studium über meinen jetzigen Doktorvater Jan Christoph Meister gekommen. Er war damals der Einzige, der an der Uni Hamburg diesen Forschungsschwerpunkt vertrat und in einem seiner Seminare lernte ich das Feld kennen. Der nächste Schritt war für mich dann der Besuch einer Summer School in Leipzig zum Thema digitale Methoden in den Geisteswissenschaften. Letztendlich war es die Kombination aus innovativen Methoden und sehr aufgeschlossenen und netten Leuten, die mich fasziniert hat. Bis heute fühle ich mich in der Community der "Digitalen" total wohl. Das und dass ich mich mit Inhalten beschäftigen darf, die mich jeden Tag aufs Neue begeistern, ist es, was mich hier hält.  

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Arbeit ist eine Kombination aus Entwicklung, Anwendung und Vermittlung digitaler Methoden. Im Projekt forTEXT, in dem ich arbeite, bieten wir Einführungen in Software und Methodik der digitalen Geisteswissenschaften für interessierte Geisteswissenschaftler*innen an, die derzeit noch eher traditionell-analog arbeiten. Ich selbst schreibe einführende Artikel und Tutorials, erstelle Screencast und Fallstudien-Videos und betreue die Social-Media-Kanäle des Projektes. Es gehört aber auch zur Arbeit in diesem Projekt, sich an der Entwicklung des geisteswissenschaftlich ausgerichteten Computerprogrammes CATMA zu beteiligen. Darum arbeiten im Team sowohl Geisteswissenschaftler*innen als auch Entwickler. Und ich biete Seminare an der Universität Hamburg an, die neben einem kultur- und/oder literaturwissenschaftlichen Thema auch immer digitale Methoden beinhalten.  

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Die digitalen Geisteswissenschaften sind in der Öffentlichkeit noch nicht sehr bekannt. Dabei beschäftigen wir uns mit vielen Phänomenen, die aus dem Alltag nicht wegzudenken sind. Wir nutzen lernende Algorithmen, analysieren Netzwerke in literarischen Texten, die sozialen Netzwerken oft nicht unähnlich sind, oder schauen uns an, mit welchen Emotionen und Wertungen Genderrollen in Büchern als Kulturgut verbunden werden. Unsere Forschung ist also oft thematisch alltagsnah und gibt uns darüber hinaus Einsichten darüber, wie digitale Phänomene funktionieren. Naja und natürlich handelt es sich um eine ziemlich neue und bunte Art, Literaturwissenschaften zu betreiben. Ganz offen gesagt, macht es einfach großen Spaß, kulturelle Phänomene auf diese Weise zu betrachten. Das kann man der Öffentlichkeit doch nicht einfach vorenthalten, oder?  

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Mir ist Wissenschaftskommunikation extrem wichtig. Darum habe ich einen Blog namens "Lebe lieber literarisch", zu dem auch ein Podcast gehört. Darin schreibe und spreche ich über Literaturwissenschaften, Digital Humanities und Wissenschaftskommunikation.
Außerdem habe ich auf einer Konferenz Anfang des Jahres 2020 Lisa Kolodzie, Jonathan Geiger und Patrick Toschka kennen gelernt. Im Juli haben wir zusammen einen weiteren Podcast gelauncht, der RaDiHum20 heißt. Darin interviewen wir Kolleg*innen aus den digitalen Geisteswissenschaften zu ihren unterschiedlichen Arbeitsbereichen.   

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schon seit meiner frühen Kindheit ist das Tanzen mein großes Hobby. Von Ballett über Modern und HipHop und Jazz habe ich in meiner Kindheit und Jugend fast alles ausprobiert. Bis heute ist tanzen das, was mich am schnellsten vom Alltag ablenken, mich erden und mir neue Energie geben kann.
Da ich aber ziemlich schnell und leicht zu begeistern bin, probiere ich auch einfach gern Neues aus. Das endet dann in so Phasen. Mal ist es eine Inline-Skate-Phase, mal verbringe ich gerne Zeit auf meiner Couch mit dem Häkeln niedlicher kleiner Dinge, dann starte ich plötzlich einen TikTok-Kanal, um zu testen, wie man dort Wissenschaftskommunikation betreiben kann. Im Grunde weiß ich also selbst nicht, welche Idee mich als nächstes mit sich fortreißt.   

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich bin eine totale Sonnenanbeterin und mein idealer freier Tag sieht darum so aus: Die Sonne scheint, es ist warm und ich bin mit Büchern, Hängematte, Picknick und meiner Familie im Park oder am Meer.

Bitte begrüßt Mareike ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, November 1, 2020

In der Mensch-Roboter-Schnittstelle - Doris Aschenbrenner ist jetzt bei Real Scientists DE!

 Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Doris Aschenbrenner (@aschenbrennerin) vorstellen! Doris ist Assistenzprofessorin an der TU Delft. Ihr Forschungsinteresse liegt hauptsächlich darin, nachhaltige Beschäftigung in der "vierten industriellen Revolution" zu schaffen. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit "Mensch-Roboter-Koproduktion" und damit, das Hybridsystem aus Arbeiter ("operator 4.0") und Automations-/Robotersystems im Hinblick auf Arbeiterwohlergehen und Systemleistung zu optimieren.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich hab schon in der Schule bei Jugend Forscht mitgemacht weil ich es total spannend fand neue Dinge herauszufinden und vor allem zu bauen. Wir haben dabei zum Beispiel einen semantischen Chatbot gebaut, einen Verschlüsselungsalgorithmus und über mehrere Jahre unseren ersten selbst gebauten Roboter weiter entwickelt. Ich habe in der Uni auch schon lange am Lehrstuhl gearbeitet, daher war der Wechsel in die Forschung mehr oder weniger logisch (vermutlich hätte ich damals länger darüber nachdenken sollen wo ich promovieren will und worüber genau anstatt einfach irgendwie weiter zu machen). Ich habe an einem außeruniversitären Institut sehr industrienah promoviert, was zwar viele Vorteile hat, für eine reine wissenschaftliche Karriere vielleicht aber nicht die beste Wahl ist. Für mich kam die "große Frage" ehrlich gesagt erst nach der Promotion - in meinem Feld gibt es sehr gute Angebote aus der Industrie, und außerdem hatte ich mit anderen damals zusammen unsere Firma Awesome Technologies gegründet. Ich habe mir die "Bedenkzeit" mit einem Auslandsstipendium des DAAD an der TU Delft überbrückt (früher Fit weltweit, jetzt IFI - sehr empfehlenswert, ich nehme auch immer gern Leute aus diesem Programm). Joa. Und das war dann irgendwie Liebe auf den ersten Blick.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Roboter fand ich schon immer super spannend, das war schon vor dem Studium klar. Was ich während meiner Promotion in Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen P&G und KUKA Industries gemerkt habe, ist dass es nicht nur um die Technologie allein geht - sondern wie die Menschen mit ihr umgehen und wie die Organisation die Innovationen unterstützt. Das führte mich zwar etwas weg von den "Hardcore" Technik Problemen, ist aber ein Thema, welches mich absolut begeistert: Wie soll die Zukunft der Arbeit in der Industrie aussehen wenn wir mit intelligenten Robotern noch enger als vorher zusammenarbeiten? Was brauchen wir dafür, wie können wir das so realisieren, dass der Mensch nicht der Befehlsempfänger des intelligenten Systems ist oder anderweitig ausgebootet wird? Es gibt wenig Leute, die dieses Thema wirklich interdisziplinär angehen, obwohl wir genau diesen Ansatz für eine langfristig wirksame "vierte industrielle Revolution" brauchen. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Mein Team und ich beschäftigen uns damit, wie wir den Arbeiter bzw. die Arbeiterin der Zukunft besser bei seiner oder ihrer Arbeit unterstützen können. Wir nennen das "Operator 4.0" - hier wird ein "Augmentation Layer" zwischen dem immer komplizierter werdenden Produktionssystem und dem arbeitendem Mensch gebaut. Konkret beschäftigen wir uns mit der Realisierung von Automatisierungspotentialen, die jetzt mit neuer Technologie wie zum Beispiel kollaborativen Robotern möglich ist und wie man die Zusammenarbeit zwischen Arbeitenden und Roboter zum Beispiel mit Augmented Reality unterstützen können. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir uns anschauen, ob der Mensch die zukünftigen Aktivitäten des Roboters besser voraussagen kann, wenn er oder sie eine AR-Brille aufgesetzt hat, auf dem die zukünftigen Aktionen angedeutet werden - oder ob ihn oder sie das eher störend von der Arbeit abhält. 

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wir sind mitten in diesem Digitalisierungsschub, der an vielen Orten als "vierte industrielle Revolution" bezeichnet wird. Zusätzlich ist natürlich auch allerorts von "künstlicher Intelligenz" die Rede. Oh und da ist auch noch Corona - plötzlich muss so einiges über digitale Kommunikation gehen, was man vorher "face2face" gemacht hat. Kurz gesagt: es passiert gerade technologisch sehr viel und sehr schnell und das beeinflusst substantiell die Art wie wir arbeiten. In die Zukunft projiziert wird es gerade in der industrielle Produktion viel verändern - dort gibt es bereits viele neue technologische Lösungen. Es gibt einige Menschen die postulieren, dass bald alles digitalisiert wird und von autonomen Systemen übernommen wird. Ich unterstütze diese Denkrichtung nicht und glaube dass wir auch in Zukunft auf menschliche Arbeit angewiesen sind. Wenn Technik unser Lebensumfeld verändert müssen wir allerdings uns auch immer anschauen, was das mit dem Betroffenen macht - Veränderungen oder "Revolutionen" passieren eben nicht, weil es Werkzeuge gibt, sondern weil Menschen diese benutzen und ihr Verhalten ändern. Das nennen wir sozio-technisches System. Letztendlich geht es ja um die Frage, wie die Zukunft unserer Arbeit aussehen soll - und anstatt es "passieren zu lassen", müssen wir es gestalten - und zwar bitte so, dass es dem Menschen und nicht nur rein dem Profit nützt. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Die TU Delft hat die oben geschilderten gesellschaftlichen Entwicklungen erkannt und ein "Vision Team Robotics" aufgesetzt, bei dem ich die Arbeitsgruppe "Robots@Work" koordinieren darf. Die TU Delft gibt mir weiterhin die Möglichkeit, dass ich mich in unsere "Fieldlabs" einbringen darf. Wir haben eine Art Forschungsfabrik, die SAM XL heißt und hier koordiniere ich den Bereich AR/VR. Weiterhin gibt es das "Center of Design of Agile Manufacturing" und das "Ultra Personalized Products and Services Fieldlab", in denen ich beidesmal den Bereich "Human-Robot Coproduction" vertreten darf. Über die TU Delft hinaus bin ich natürlich wie jeder Wissenschaftler in den jeweiligen Forschungsverbünden Mitglied, bei mir sind das die IEEE, die ASME und die Gesellschaft für Informatik. In Deutschland sitze ich in einem wissenschaftlichen Beraterkreis im "KI Observatorium" im Arbeitsministerium und ich darf im europäischen Forschungsnetzwerk "EIT Manufacturing" den Bereich "CLC Central", also die Region Deutschland, Niederlande, Belgien, Irland, Dänemark und Polen als "chair" dem so genannten "advisory board" vorsitzen. Oh und ich hab mit anderen kreativen Köpfen unsere tolle Firma "Awesome Technologies" gegründet - ein in Würzburg beheimatetes Technologieunternehmen, welches sich mit computergestützter Zusammenarbeit in der Telemedizin und der industriellen Automatisierung, sowie mit Cobot-Automatisierung beschäftigt.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich bin was Hobbies angeht ein ziemlicher Nerd. Corona-bedingt fallen aktuell Metal-Konzerte und Mittelaltermärkte, sowie Live-Rollenspiel aus, das heißt ich verbringe meine freie Zeit hauptsächlich mit aufwändigen Brettspielen. Die Events des Chaos Computer Clubs sind mittlerweile alle auf reine Online-Veranstaltungen umgezogen, so dass ich mit meinem Würzburger "Nerd2Nerd"-Leuten wieder besser Kontakt halten kann. Eigentlich habe ich noch Singen und Chor als Hobby aber das passt zum Einen aufgrund meiner Arbeitsauslastung aber natürlich auch auch im Kontext Corona gerade nicht mehr rein.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ihr sprecht da einen wunden Punkt an ;) Aktuell würde ich sagen wenn das Wetter gut ist, dann raus und weg vom PC (In den Niederlanden wohne ich direkt am Meer und in Deutschland gehe ich sehr gerne wandern). Ansonsten kann ich gerade ohne Probleme ganze Tage mit Brettspielen verbringen.

Bitte begrüßt Doris ganz herzlich bei Real Scientists DE!