Sunday, August 29, 2021

Forschungsanträge in der Biomedizin - Marthe Ludtmann ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Marthe Ludtmann (@MartheHR) vorstellen zu dürfen! Hier ist Marthe in ihren eigenen Worten:

Nach meiner Biologielaborantenausbildung in Deutschland bin ich 2005 in die UK ausgewandert und habe dort 2012 im Bereich der Alzheimerforschung meinen PhD abgeschlossen. Während meines Postdocs und Fellowships habe ich besonders viel mitochondrial and bioenergetic research betrieben. Ich habe in 9 verschiedenen Laboratorien (4 Länder, 3 Kontinente) geforscht, sehr viel Spaß und Erfolg in der Forschung gehabt und habe mich dennoch entschieden einer neuen Karriere in der NHS nachzugehen. Nach 14 Jahren London hat es mich nach York verschlagen. A word of warning - mein Deutsch ist ein wenig eingerostet 😉

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Wie so viele andere Wissenschaftler – ich habe den NC fürs Medizinstudium nicht geschafft. Meine Mutter hat mir damals eine Biologielaborantenausbildung ans Herz gelegt. Und genau das habe ich dann auch getan.
Von 2002-2005 war ich in der Tropentierhygiene an der Uni Göttingen bevor ich zum Studieren nach London gegangen bin. An der Kingston University habe ich Medizinische Biochemie studiert und durfte dank meiner Ausbildung direkt ins 2. Studienjahr einsteigen. Von 2007-2008 habe ich ein MSc by research an der Kingston Uni & Natural History Museum London absolviert bevor ich 2008 meinen PhD an der Royal Holloway University begonnen habe. 2012 war ich endlich fertig und habe am Institute of Neurology (Queens Square, UCL) eine Postdocstelle angenommen. Mein eigenes Fellowship (Alzheimer’s Research UK) und eine tenure track position am Royal Veterinary College in London habe ich 2017 begonnen und 2019 hinter mir gelassen um meinen jetzigen Job anzutreten.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Meine akademische Zeit habe ich im Bereich der Mikrobiologie, Parasitologie, Alzheimer- und Parkinsonforschung verbracht. Die Zeit in der Alzheimer- und Parkinsonforschung habe ich besonders genossen.
Mein jetziger Job beinhaltet sehr viel Abwechslung und ich freue mich, wenn Forschungsanträge erfolgreich sind. Und ich freue mich umso mehr, dass ich die Forschung nicht selber betreiben muss 😉

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Es ist vor allem vielfältig! Wir sind ein kleines teaching hospital das momentan versucht seine Forschung auszubauen. Meine Arbeit umfasst research grant applications aus jedem Bereich: von Anästhesie über Gastroenterologie bis hin zur Zahnmedizin. Und natürlich in den letzten 18 Monaten auch Covid-Forschung. Dadurch lese ich natürlich viele verschiedene Forschungsvorhaben und lerne ich jeden Tag etwas Neues. Ich helfe Medizinern Kollaborationen mit der University of York aufzubauen, helfe Akademikern Kontakte mit Medizinern zu knüpfen, Grantsmanship und Kostenberechnung. Zudem unterstützte ich Ko im Krankenhaus und organisiere Forschungstreffen. 

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Meine Arbeit unterstützt Forschung im Gesundheitswesen. Die angewandte Forschung im Krankenhaus ist vielfältig und involviert Patienten. Die Pandemie hat sehr viele Studien ans Krankenhaus gebracht – die Leitungsstruktur der NHS ermöglichte das Covidstudien sehr schnell gestartet wurden. All dies macht meine Arbeit sehr interessant und niemals langweilig.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Meine kleine Familie – ich habe einen 9 Monate alten Sohn und bin seit ein paar Wochen wieder bei der Arbeit.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Früh aufstehen und mit einem Kaffee am Fluss im Garten sitzen und Zeitung lesen. Ins Fitnessstudio (Spinning und HITT) und danach nach York fahren und mit meiner Familie und Freunden in ein schönes Restaurant oder Pub gehen. Oder meine Freunde in London besuchen was natürlich auch einen Pub beinhalten würde ;-) 

Bitte begrüßt Marthe ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, August 22, 2021

Die Energiewende entschlüsseln - Julius Wesche ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unseren neuen Kurator Julius Wesche (@juliuswesche) vorstellen! Julius hat zunächst in Hamburg BWL studiert, sich dann aber in seinem Master an der Universität Kassel dem nachhaltigen Wirtschaften und der Energiepolitik zugewandt. Aktuell arbeitet er in der Energy Transition Initiative der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU) in Trondheim. Zusätzlich hat Julius 2020 den Energiewende-Podcast enPower gegründet und bringt in diesem Monat den Science Communication Accelerator Podcast an den Start.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich möchte einen Beitrag zur Energiewende leisten. Nach meinem Studium hatte ich zwei Angebote von Beratungsfirmen und eins von Fraunhofer. Ich habe mich für Fraunhofer entschieden, weil ich dachte, dass ich leichter von der Wissenschaft in die Wirtschaft wechseln könnte als umgedreht. Naja, jetzt bin ich seit 9 Jahren in der Wissenschaft 😊. Und das ist gut so. 😊

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Meine Eltern hatten ein Ferienhaus in der Nähe des Endlagers in Gorleben. Ich wurde schon als Kleinkind auf Anti-Atom-Kraft Demos mitgenommen. Das hat sich wohl in meinen Synapsen verfangen. Ich habe aber erst mal BWL in Hamburg studiert und nach dem Bachelor gemerkt, dass ich nicht glücklich werde, wenn ich rosa Fotokameras verkaufe. Ich wollte etwas mit Sinn machen. Ich war dann erst mal Backpacken (von Mexiko Stadt bis Buenos Aires) und Pilgern (Jakobsweg) und habe Praktika u.a. im Bundestag (Grüne) gemacht. Von da an war klar, dass es Energiewirtschaft und Energiepolitik werden würde.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich habe mir in meiner Diss angeschaut warum die Wärmewende so viel langsamer beschleunigt als die Elektrizitätswende. Und habe dabei herausgefunden, dass die Implementierung von Wärmetechnologien viel mehr vom lokalen Kontext abhängig sind, als dies bei Elektrizitäts-Technologien der Fall ist. Dies wirkt sich direkt auf das Innovationssystem und die Technologiediffusion aus. Über diesen Unterschied plane ich auch in der kommenden Woche viel zu tweeten.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wenn wir die Energiewende nicht schnell hinbekommen können unsere Enkel nicht mehr so ein schönes Leben haben wie wir. Deswegen sollten wir diese Energiewende möglichst schnell hinbekommen. Meine Arbeit leistet (hoffentlich) einen kleine Beitrag die sozio-technischen Herausforderungen besser zu verstehen und Akteur*innen dabei zu unterstützen clevere Entscheidungen zu treffen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Mit einem Kollegen vom Fraunhofer ISI habe ich vor ca. 1,5 Jahren den enPower Podcast gegründet. Mittlerweile hat der Podcast mehr als 140.000 Streams verzeichnet und wurde sogar für den Umweltmedienpreis der Deutschen Umweltstiftung nominiert. Wir finden das alles surreal, freuen uns aber, wenn meist junge Menschen unseren Podcast hören und etwas mitnehmen.
In der kommenden Woche werde ich noch einen weiteren Podcast launchen. Und zwar den Science Communication Accelerator Podcast. Seit letztem Jahr unterstütze ich Universitäten und Forschungsorganisationen dabei Strategien für ihre Social-Media Aktivitäten zu entwickeln. Dabei habe ich bemerkt, dass es keinen Wissens-Hub gibt, der hierzu Wissen bündelt. Um dem Abhilfe zu schaffen, gründe ich diesen neuen Podcast. Bis Weihnachten werde ich jede Woche eine Folge publizieren. Mal gucken, wie das wird, zwei Podcasts neben einander zu betreiben. Vielleicht muss ich dann irgendwann auch wieder herunterschalten. Mal schauen.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Viel Bergsteigen. Und hier in Norwegen ist der Winter ja länger, deswegen auch mehr Ski-Fahren als vorher.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Mit meiner Freundin im Winter auf eine Ski-Tour gehen und anschließend irgendwo ein Jakuzzi finden und sich unter dem Sternenhimmel und mit Mütze auf (damit der Kopf nicht kalt wird) ein Bier genehmigen.

Bitte begrüßt Julius ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, August 15, 2021

Die Welt im Videospiel - Anh-Thu Nguyen ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Anh-Thu Nguyen (@Kayde_Nuen) vorstellen zu dürfen! Anh-Thu, eigentlich aus dem Ruhrpott, schließt derzeit ihr Masterstudium an der Universität zu Köln in Medienkulturwissenschaften und English Studies ab. Seit Beginn ihres Studiums war sie an verschiedenen Game Studies Projekten beteiligt, wie in etwa als wissenschaftliche Hilfskraft am Sammelband “Game | World | Architectonics” (2021 Marc Bonner), oder nahm mit Vorträgen an der Clash of Realities Konferenz 2019 und 2020 teil. Zwischenzeitlich ging es auch für einen Austausch nach Japan an der Sophia University in Tokio und 2020 durfte sie kurz mit einem (virtuellen) Praktikum die Wissenschaftskommunikation im New Yorker Büro der Universität zu Köln kennenlernen. Der Austausch in Japan, sowie die Game Studies haben Anh-Thu nie losgelassen und so wird sie Ende 2021 nach Kyoto ziehen und 2022 als Doktorandin an der Ritsumeikan University weiter an Videospielen in einem globalen Kontext forschen.

 
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Die Wissenschaft um und über Videospiele ist noch sehr jung – so jung, dass ich über die Jahre selbst quasi die Entwicklung auf nationaler und internationaler Ebene miterleben durfte. Meine eigene Verbundenheit zum Medium selbst und die Begeisterung dafür, sich auf verschiedensten Weisen mit einem der wichtigsten Medien unserer Zeit auseinanderzusetzen, hat eine große Rolle gespielt, warum ich zukünftig weiterhin in der Disziplin sein möchte. Für mich war es auch dank einiger Dozierenden an meiner Universität, die mir so eine kultur- und medienwissenschaftliche Perspektive auf Videospiele offenbart haben, die tolle und spannende Kurse in meinem Studium angeboten haben. Die Kombination aus einer Disziplin, die sich teilweise auch noch jetzt noch selbst zu definieren versucht, sowie meine eigene Begeisterung für Videospiele gestützt durch mein Studium haben mich nun dazu geführt, dass ich bald in Japan in Kyoto weiter an Videospielen forschen werde.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Obwohl es primär meine eigene Begeisterung für das Medium ist, sind Videospiele längst Mainstream geworden. Dadurch, dass die Forschung an, über und mit Videospielen noch so jung ist, ist sehr viel was gemacht wird, sehr zugänglich. Für ein Medium, dass für so viele Menschen auf der Welt eine Relevanz hat, ist das sehr wichtig: vor allem (medien)kulturwissenschaftliche Perspektiven sollten zugänglich sein, um so kritische Perspektiven aufzeigen zu können. Warum das wichtig ist, sehen wir in etwa in Deutschland an der mittlerweile eher abgeflachten Diskussion über Gewalt in Videospielen und der ab und an wieder aufflimmenden Diskussion über Videospielsucht. Dennoch ist die Videospielindustrie, auch in Deutschland, einer der größten Industrien weltweit. Ihre Omnipräsenz braucht also kritische Perspektiven, die sich damit auseinandersetzen kann. Mit was für einem Medium haben wir hier zu tun? Wie funktioniert es, wie involviert es Spieler*innen? Was können wir von diesem Medium lernen? Das Spannende ist auch, das meine medienkulturwissenschaftliche Perspektive nur eine von vielen ist. Das Medium lebt von Interdisziplinarität, ob in der Psychologie oder AI-Computing. Für mich ist das alles sehr spannend und man hat viel von anderen Forscher*innen und Disziplinen zu lernen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit! 

Für mich ist an Videospielen vor allem eins spannend: die Beziehung vom Medium zum Tourismus. Große Videospielentwickler wie EA, Ubisoft oder CD Projekt Red versprechen vor allem großartige Erlebnisse und Abenteuer in ihren Spielen. Oft werden digitale Städte und Landschaften zu virtuellen Reiseorten und mit der derzeitigen Videospieltechnologie immer detaillierter. Die Beziehung zwischen solchen Orten, wie in etwa die Nachstellungen des antiken Griechenlands in einer der Assassin’s Creed Spiele ist in etwa für einige Forscher*innen in Deutschland und international von Interesse gewesen.

Hier kommen wir dann konkret zu meiner Forschung. Ich interessiere mich vor allem für diese Beziehung zwischen Videospielen und Tourimus im Kontext von Japan. Das Land ist ebenfalls geprägt von der Videospielindustrie und das schon mindestens seit den 80er Jahren. Wer die Olympischen Spiele mitverfolgt hat, wird vielleicht gemerkt haben, dass das Land sich vor allem durch ihre popkulturellen Erfolge präsentiert hat – in der Eröffnungszeremonie liefen in etwa Lieder von bekannten japanischen Videospielen, während die Athleten der jeweiligen Länder in das Stadion liefen. Hier zeichnet sich eine Beobachtung ab: das Land nutzt mittlerweile sehr bewusst ihr popkulturelles Image um sich selbst so bewerben und wirkt sich auf zwei Ebenen aus: Videospiele selbst, unabhängig davon ob sie aus Japan kommen oder nicht, sind fasziniert von japanischen Ästhetiken (Samurai, die Edo-Zeit, japanische Architektur und so weiter) und bringen diese in das Medium für einen gewissen virtuellen Tourismus. Gleichzeitig ist es der eigentliche Tourismus selbst der im Land so beworben wird. Damit möchte ich mich näher in meinem Doktorandenstudium in Kyoto beschäftigen.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Videospiele sind überall und für jeden. Und dennoch stehen sie in einem sehr ambivalenten Verhältnis, wie in etwa zu der Frage, wieviel Energie die Technik braucht, um sie überhaupt zu spielen. Oder dass sie Produkte einer Industrie sind, die primär Profit schlagen möchte und immer neue Strategien sucht, um Gewinne zu erzielen. Vor allem in den letzten Jahren häufen sich Meldungen über die sexistischen Arbeitsbedingungen bei Spieleentwicklern, sowie dutzende unbezahlte Überstunden, die direkte psychische Konsequenzen für Miterarbeiter*innen haben. Als eine Industrie, die vor allem Produkte schafft, die einzigartige Erlebnisse versprechen, steckt sie in vielen Widersprüchlichkeiten. Es geht also schon viel mehr als um das Medium selbst, sondern direkte, kulturelle und soziale Konsequenzen, die mit dem Medium kommen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Es sollte keine Überraschung sein, dass ich selbst viele Videospiele spiele. Manchmal streame ich meine Abenteuer auf Twitch! Wer da mal vorbeischauen möchte, kann es gerne auf twitch.tv/kayde_nuen tun.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Lange Gespräche auf Discord mit meinem Partner in Australien, Streams auf Twitch schauen, und wenn ich bei meinen Eltern bin, mich von meiner Mama mit vietnamesischen Essen verwöhnen lassen.


Bitte begrüßt Anh-Thu ganz herzlich auf Real Scientists DE!
 

Sunday, August 8, 2021

In den Weiten des Weltraums - Corinna Schäfer ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Corinna Schäfer (@SchaferCorinna) vorstellen!Corinna studiert derzeit im Master Physik an der TU Braunschweig, wo sie ebenfalls ihren Bachelor in Physik absolvierte. Insbesondere interessiert sie sich für die Erforschung von Kometen und Plasmaphysik.


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Irgendwie war schon in der Schule klar, dass ich mal was mit MINT machen will, am Ende war es dann ein sprichwörtlicher Münzwurf zwischen Physik und Elektrotechnik – und ich hoffe, dass ich der Physik dann auch nach dem Master in der Forschung treu bleiben kann. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Aktuell bin ich tendenziell in der Weltraumplasmaphysik unterwegs, und tatsächlich ist die Faszination für den Weltraum auch etwas, was mich schon seit der Kindheit begleitet hat. Das gute daran ist ja, der Weltraum ist so groß, da ist so viel los, es gibt so viel, es wird nie langweilig. In der Bachelorarbeit habe ich mich mit der Plasmaumgebung von Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko im Sonnenwind beschäftigt, und da sind so viele Sachen dabei, die auf den ersten Blick vielleicht unintuitiv erscheinen, aber dann auf den zweiten Blick total Sinn ergeben. Das ist ziemlich cool. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Der Komet 67P, liebevoll auch Chury abgekürzt, war das Untersuchungsobjekt einer wirklich in sehr vielen Dingen revolutionären Weltraummission der ESA. In einer alles andere als trivialen Reiseroute hat die ESA mit der Raumsonde Rosetta nicht nur einen Orbiter zu einem Kometen geschickt, also eine das Objekt ständig umkreisenden und begleitenden Sonde, sondern auch einen kleinen Lander namens Philae dort abgesetzt – mehr oder weniger erfolgreich. Über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren begleitete die Sonde den Kometen auf seiner Bahn durch das Sonnensystem und sammelte Unmengen an Daten über Chury und wie er mit dem, was sonst noch so im Weltall an Plasma herumfliegt wechselwirkt.

In meiner Bachelorarbeit habe ich mir angeschaut, ob bestimmte, einzeln beobachtete Magnetfeldkonstellationen, die mit hohen Dichten an kometarem Gas zusammenfallen, eine bloße Korrelation sind oder ob tatsächlich auch ein kausaler Zusammenhang besteht. Spoileralarm: Im großen und Ganzen korreliert da nichts, trotzdem gibt es eine Kausalität, die erklärt, warum wir diese Events in den Daten sehen – es ist aber keine neue Physik oder so, sondern es liegt an der Messung.
 

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Ich bin der Ansicht, generell sollte sich die Öffentlichkeit mehr für den Weltraum interessieren. Wenn man realisiert, wie winzig klein und unbedeutend eigentlich diese kleine Steinkugel inmitten von (fast) nichts ist, macht das schon ganz schön demütig. Und wenn man dann erfährt, dass dieses „fast nichts“ mit etwas Pech und wenig Vorwarnzeit auch mal eben die gesamte moderne elektrische Infrastruktur lahmlegen könnte – Stichwort Sonnensturm und Carrington-Ereignis – ja, ich glaube, dann sollte die Öffentlichkeit auch mal ein Herz für Plasmaphysik, Magnetohydrodynamik und Induktion haben. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? 

Ich bin als Hiwi in der Lehre tätig und leite physikalische Praktika an und mache Tutorien für Physik-Nebenfächler. Außerdem engagiere ich mich in der akademischen Bläservereinigung an der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, kurz AkaBlas, einem studentischen Verein. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest? 

Ich spiele Alt- und Tenorsaxophon bei AkaBlas und habe seit kurz vor Corona auch das Amt der Anzählerin (zu deutsch: Dirigentin) inne. Vor Corona war ich auch regelmäßig Kanufahren im Unisport, das ist zurzeit leider nicht möglich, und ich nähe und bastele gerne. Seltener tatsächlich nützliche und sinnvolle Dinge (aber ja, ich habe letztes Jahr auch Stoffmasken genäht), dafür mehr Cosplays, also Kostüme von Charakteren aus Filmen/Serien/Videospielen oder Büchern oder auch mal kleine Maskottchen für AkaBlas. Außerdem schreibe ich gerne kreativ, vielleicht wird da in ein paar Jahren auch mal ein Roman draus… 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)? 

Bei schlechtem Wetter: Sofa, Tasse Tee und entweder lesen oder selbst Geschichten schreiben, Abends entweder ein wenig mit ein paar Freunden Zocken, die tägliche Serienfolge oder einen Film gucken. Bei gutem Wetter (coronakonform): Draußen in den Park chillen und sonnen, spazierengehen. Bei gutem Wetter (nicht so ganz coronakonform): mit ein paar anderen von AkaBlas lustige Aktionen machen wie mal eben ne 50 km Radtour an einen Badesee, oder auch einfach ein bisschen zusammen mucken und danach grillen.

Bitte begrüßt Corinna ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, August 1, 2021

Unter Maschinen - Christiane Attig ist wieder bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch mit Christiane Attig (@christianeattig) eine alte Bekannte vorzustellen! Christiane ist Psychologin mit ungewöhnlichem Hintergrund: Nach dem Abi machte sie eine Lehre zur Buchhändlerin und war anschließend drei Jahre im Beruf tätig, bevor es sie zum Psychologiestudium an die TU Chemnitz verschlug. Dort gefiel es ihr anscheinend so gut, dass sie geblieben ist: Aktuell promoviert Christiane dort am Lehrstuhl für Angewandte Gerontopsychologie und Kognition zur Frage, wie sich Fitnesstracker auf das Verhalten, die Kognition und Emotionen ihrer Nutzer*innen auswirken können. Außerdem ist sie fleißige Podcasterin, wie ihr auf Twitter oder ihrer Website nachlesen könnt.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Nach einem semi-erfolgreichen Abitur habe ich zunächst eine Ausbildung zur Buchhändlerin absolviert und ein paar Jahre in dem Beruf gearbeitet. Ein Stellenwechsel brachte mich in eine Firma, in der es mir nicht besonders gefiel – ich war die meiste Zeit allein in einer winzigen Filiale auf dem Dorf und die Atmosphäre unter den Kollegen war der Arbeitszufriedenheit auch nicht gerade zuträglich. So entstand der Wunsch, mich noch einmal komplett neu zu orientieren, um meine Potenziale besser auszuschöpfen. Ich las schon immer gern Sachbücher, gerade aus dem psychologischen und naturwissenschaftlichen Bereich, und ein Studium der Psychologie war für mich sehr verlockend. Dank der gesammelten Wartesemester konnte ich trotz mittelmäßigem Abi gleich loslegen. Während des Studiums habe ich meine Leidenschaft für die wissenschaftliche Methode kennengelernt und bereits ab dem zweiten Bachelorsemester als studentische Hilfskraft gearbeitet. Positives Feedback meiner Betreuer bestärkten mich in der Überzeugung, dass die Wissenschaft das Feld sein würde, in dem ich arbeiten möchte. Nach dem Masterabschluss wurde an der Professur, an der ich während des Studiums bereits gearbeitet hatte, eine Projektstelle angeboten, die ich im September 2016 angetreten habe.



Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich bin nach wie vor im Fachbereich der Ingenieurpsychologie unterwegs, die sich mit der Interaktion zwischen Mensch und Technik beschäftigt. Allerdings hat sich seit dem Zeitpunkt meiner letzten Kuration mein Promotionsthema geändert: Ich beschäftige mich nun mit Fitnesstrackern, wobei mich besonders interessiert, ob diese wirklich nachhaltig die Motivation zur Bewegung steigern können und wie unterschiedliche Gruppen von Nutzer*innen ihre Fitnesstracker einsetzen. Das sind meines Erachtens spannende Fragen, weil wir im Alltag ganz oft merken, wie uns die Technik um uns herum verändert und wir uns sogar oft der Technik anpassen. Besser zu verstehen, was intensive Techniknutzung mit uns macht, treibt mich an, und dafür ist die Nutzung von Fitnesstrackern ein prototypisches Beispiel.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Wenn ich nicht gerade an Manuskripten schreibe, dann widme ich mich der Betreuung von Abschlussarbeiten oder leite Seminare, zuletzt zur Techniknutzung im Alter. Darüber hinaus bin ich seit 2020 als Projektkoordinatorin unseres Sonderforschungsbereichs „Hybrid Societies“ tätig, der sich um die Erforschung der Interaktion mit verkörperten digitalen Technologien im öffentlichen Raum dreht, also beispielsweise autonom fahrenden Autos oder humanoiden Robotern. In diesem Sonderforschungsbereich arbeiten insgesamt über 100 Personen aus 29 Professuren aus allen acht Fakultäten der TU Chemnitz zusammen, um die Koordination mit solchen Zukunftstechnologien so reibungslos wie möglich zu gestalten. Gemeinsam mit einer Kollegin liegt meine Aufgabe unter anderem darin, den Überblick über die Projektfortschritte dieses großen Forschungsverbunds zu behalten und Kooperationen zwischen Mitarbeitenden zu erleichtern.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Unser Alltag ist ohne Technikinteraktion schon lange nicht mehr denkbar. Wir nutzen täglich Computer, Smartphones, Fahrzeuge, Küchengeräte oder Smartwatches. Diese Anwendungen entwickeln sich dabei ständig weiter. Während wir vor 20 Jahren noch in einen CD-Laden gegangen sind, um uns ein neues Album unserer Lieblingsband zu kaufen, öffnen wir heutzutage Spotify und lassen uns durch eine auf unseren Geschmack zugeschnittenen Playlist Musik vorschlagen, die uns gefallen sollte – wenn der Algorithmus denn funktioniert. Ich finde diese Entwicklungen unheimlich spannend, weil sie unser Verhalten nachhaltig verändern können, beispielweise in Bezug auf Musikkonsum, oder, um wieder zu den Fitnesstrackern zu kommen, in Bezug auf Alltagsbewegung. Oder man denke nur an die humanoiden Roboter: wenn diese in unserem Alltag angekommen sind, werden wir sie als ebenbürtige Interaktionspartner akzeptieren können? Das sind nur drei Beispiele, mit denen sich die Ingenieurpsychologie beschäftigt, die aber für die Öffentlichkeit auch hochspannend sind.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Jahr 2018 bin ich unter die Podcaster*innen gegangen. In meinen Podcasts beschäftige ich mich unter anderem mit Wissenschaftskommunikation, wie bei Brainflicks, in dem wir psychologische Forschungsbefunde anhand von Spielfilmen vermitteln. Daneben gibt es noch den Podcast Vielzimmerwohnung, der sich um das Leben mit und die Wissenschaft über die Dissoziative Identitätsstörung dreht. Kürzlich ist mit Science S*heroes ein weiterer Podcast erschienen, in dem mehr Sichtbarkeit für Frauen und nicht-binäre Personen aus der Wissenschaft geschaffen werden soll. Dabei wollen wir unter anderem ergründen, wie sich eine mehrfache Marginalisierung auf eine wissenschaftliche Karriere auswirken kann.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Seit der Corona-Pandemie beschäftige ich mich mit analoger Fotografie, was dazu führte, dass ich kürzlich angefangen habe, Spiegelreflexkameras aus den 70ern zu restaurieren. Das hätte ich vor ein paar Jahren selbst niemals gedacht…

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen, Kaffee trinken, währenddessen einen spannenden Science Fiction-Roman lesen, einen ausgiebigen Spaziergang machen und abends ins Kino gehen. Offenbar haben sich meine Präferenzen bezüglich freier Tage in den letzten Jahren nicht großartig geändert. ;)

Bitte begrüßt Christiane ganz herzlich zurück bei Real Scientists DE!