Sunday, March 26, 2023

Wie Wirtschaftskrisen und Familienstress zusammenhängen - Lara Blister ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere neue Kuratorin Lara Bister (@LaraBister)! Lara studierte Soziologie an der Universität zu Köln, dem University College Dublin in Irland und der Universität Utrecht in den Niederlanden (Bachelor) und Demografie und Bevölkerungsstudien an der Universität Groningen in den Niederlanden und der Universitat Autònoma de Barcelona in Spanien (Master). Seit 2019 ist sie Doktorandin am Population Research Centre der Universität Groningen und der International Max Planck Research School for Population, Health and Data Science am Max-Planck-Institut für demografische Forschung. Von November 2022 bis Februar 2023 verbrachte sie einen Forschungsaufenthalt an der Population Research Unit der University of Helsinki in Finnland. Ihre Forschung befasst sich mit den Auswirkungen von Wirtschaftskrisen auf die Gesundheit verschiedener Familienmitglieder aus einer Lebensverlaufsperspektive.Weitere Forschungsinteressen von ihr sind Familienkomplexität, sozialpolitische Einflüsse auf die Gesundheit und Biomarkernutzung zur Messung von sozialeStress.



Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Ich habe mich bereits im Bachelorstudium für die empirische Sozialforschung interessiert. Ich habe dennoch keine besondere Strategie in meiner Kurswahl o.ä. verfolgt. Während meines Masterstudiums habe ich dann ein Forschungspraktikum am Max-Planck-Institut für Demografische Forschung in Rostock gemacht und das hat mir sehr viel Freude gemacht. Da wusste ich, dass ich gerne promovieren möchte.  


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Ich forsche im Bereich der (Sozial-)Demografie, Soziologie und Gesundheitswissenschaften. Ich finde es einfach sehr spannend gesellschaftliche und individuelle Prozesse und Faktoren zu verstehen, welche die mentale und physische Gesundheit der in unserer Gesellschaft lebenden Individuen beeinflussen. Zusätzlich zu meinem eigentlichen Forschungsthema (dazu unten mehr) ist sozialwissenschaftliche Forschung auch hinsichtlich der Wissenschaftskommunikation ein super spannendes Feld, da es leicht zugänglich ist und i.d.R. jede*n betrifft oder betreffen kann. Außerdem ist es ein sehr interdisziplinäres Feld mit vielen Anknüpfungspunkten an andere Disziplinen, was es nie langweilig werden lässt. 


Erzähle uns etwas über deine Arbeit! 

Mein Forschungsthema bezieht sich auf die Gesundheitsauswirkungen von wirtschaftlichem Stress auf verschiedene Familienmitglieder. Dabei fokussiere ich mich besonders auf Wirtschaftskrisen und nehme eine Lebensverlaufsperspektive eine, d.h., ich berücksichtige nicht nur aktuelle Einflüsse auf die Gesundheit sondern auch die Biographie von Individuen und ihren (intergenerationalen) Familienmitgliedern. Dieses Forschungsziel verfolge ich mithilfe von statistischer Sekundärdatenanalyse, d.h. ich erhebe meine Daten nichts selber sondern benutze medizinische (KiGGS), Umfrage- sowie administrative und Bevölkerungsregisterdaten. Meine Dissertationsprojekte untersuchen, u.a., die physische, mentale und metabolische Gesundheit der ostdeutschen (Nach-)Wendekohorten (d.h. Geburtenjahrgänge 1973-1994), die mentale Gesundheit von Eltern arbeitsloser erwachsener Kinder im gesamteuropäischen Vergleich und die mentale Gesundheit von Erwachsenen in Finnland deren Partner*innen Arbeitslosigkeit erleben. Zusätzlich forsche ich zudem daran, wie sich junge Mütter in Deutschland in ihren realisierten Elternzeitlängen unterscheiden und wie sich das auf ihre Gesundheit auswirkt.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Die Öffentlichkeit sollte sich für meine Forschung interessieren, da ich allgemeingesellschaftliche Themen bearbeite. Von Familienpolitik (wie beispielsweise der Elternzeitpolitik) und wirtschaftlichen Umständen ist jede*r einmal betroffen – die Frage, wer von welchen externen Umständen welche (negativen) Gesundheitsfolgen davonträgt, ist somit höchst relevant. Meine Ergebnisse könnten beispielsweise genutzt werden, um Gesundheitsdynamiken in der Gesellschaft auch politisch besser zu verstehen und auf deren Grundlage Gesetze zu entwerfen, die die (kurz- und langfristige) Gesundheit von Individuen schützen.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? Zusätzlich zu meiner eigentlichen Forschung unterrichte ich an meiner Fakultät (Faculty of Spatial Sciences, University of Groningen), bspw. Masterstudierende in Statistik, Bachelorstudierende im Wissenschaftlichen Arbeiten und betreue Bachelor und Masterarbeiten. Außerdem organisiere ich den Twitteraccount meines Forschungszentrums (Population Research Centre, @PopResGroningen). Außerhalb meiner einen Universität engagiere ich mich noch für die Förderung von Nachwuchswissenschaftler*innen im Bereich Demografie und Bevölkerungswissenschaften und sitze dem PhD Network der European Association for Population Studies vor und bin Studierendenvertreterin in meiner Graduiertenschule, der International Max Planck Research School for Population, Health and Data Science. 


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest? 

Ich habe eine große Leidenschaft für das Kochen und Backen entwickelt (und bin damit auf den Spuren meiner Familie unterwegs, meine Großeltern waren bspw. Köchin und Konditor). Am liebsten probiere ich alte Familienrezepte zu “veganisieren", also die Rezepte vegan nach zu kochen und die Mengen und Zutaten auszuklügeln. Außerdem habe ich große Freude an Kreativem und schaue mir nicht nur selbst gerne Kunst an, sondern male und gestalte gerne. 


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)? 

An einem idealen freien Tag gehe ich morgens zum Sport oder Yoga, treffe mit mit eine*r Freund*in in einem Café, gehe lange spazieren, ins Museum, auf ein Konzert o.ä. und koche etwas zusammen mit Freund*innen. Ganz entspannt also. :-) 


Bitte begrüßt Lara ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, March 19, 2023

Von der Chemie unserer Atmosphäre! Eva Pfannerstill ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Eva Pfannerstill (@eva_yp)! Eva ist Postdoc an der University of California in Berkeley. Sie verwendet Tools von Massenspektrometrie bis Machine Learning, um die Zusammensetzung und Reaktionen der Luft, die wir atmen, zu verstehen.  Die Chemie der atmosphärischen Gasphase zu verstehen kann dabei helfen, Luftverschmutzung zu bekämpfen und die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich habe schon im Grundschulalter ein Bild gemalt, in dem meine Schwester und ich "Forscherinnen im Dschungel" sind und Tiere beobachten. ;) Eine Zeitlang wollte ich aber auch Pferdezüchterin, Musikerin oder Schriftstellerin werden. Als Teenager begann ich mich dann dank eines tollen Chemielehrers für chemische Reaktionen zu interessieren, und gleichzeitig wuchs mein Bewusstsein für Umweltprobleme und insbesondere den Klimawandel. Ab ungefähr dem Alter von 14 Jahren konnte ich mir vorstellen, Wissenschaftlerin zu werden (bei der Deutschlektüre von "Faust I" in der 8. Klasse konnte ich mit dem Satz "ich will wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält" gut identifizieren!). Es war aber trotzdem ein gradueller Prozess. Während meines Auslandsjahres in Kambodscha nach dem Abi traf ich zwei Franzosen, die chemische Analysen von Mekong-Wasserproben machten, und mir wurde zum ersten Mal klar, dass es eine Fachrichtung namens "Umweltchemie" gibt. Seit Beginn meines Chemiestudiums habe ich mich immer weiter in eine Richtung bewegt, in der ich mein Interesse für Chemie mit dem für die Atmosphäre verknüpfen kann. Sogar das mit der Forschung im Regenwald wurde wahr!


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Inhaltlich ist Atmosphärenchemie genau mein Ding, weil es sowohl eine hohe soziale Relevanz als auch Umweltrelevanz (Luftverschmutzung, Wechselwirkungen mit dem Klima) hat, und ich meine Begeisterung für chemische Analytik organischer Verbindungen dabei anwenden kann. Ich mag Feldforschung und das Reisen zu spannenden Orten, das damit verknüpft ist. Außerdem finde ich es toll, dass die Analysemethoden, mit denen ich arbeite, "on-line" funktionieren, d.h. das Gerät saugt die Luft ein und ich sehe instantan im Massenspektrum, welche Moleküle in der Luft herumschwirren, ohne dass ich erst noch hunderte Proben pipettieren muss oder Ähnliches. (Ich habe keine ruhige Hand und fand Pipettieren immer nervig.) Außerdem finde ich, dass es menschlich eine nette und kooperative wissenschaftliche Community ist. Was mir Postdocs aus anderen naturwissenschaftlichen Bereichen vom Wettkampf bis aufs Messer zwischen Arbeitsgruppen, die gleichzeitig an ähnlichen Dingen arbeiten, erzählen, habe ich so aus der Atmosphärenchemie noch nicht gehört. Es ist dabei sicherlich ein Vorteil, dass man die gleiche Luft nie zweimal messen kann. Und wenn man gemeinsam mit Kolleg*innen auf Feldmesskampagnen Wochen irgendwo im Nirgendwo verbringt, ergeben sich auch viele Freundschaften.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich mache vor allem Feldmessungen, d.h. nehme High-Tech-Massenspektrometer mit an verschiedenste Orte, um dort hunderte organische Spurengase in der Atmosphäre zu quantifizieren. Dazu gehörte während meiner Doktorarbeit der Amazonasregenwald und ein Forschungsschiff auf der Reise um die Arabische Halbinsel. Momentan bin ich auf Südkalifornien fokussiert, wo ich von einem Forschungsflugzeug aus Emissionen gemessen habe. Die Feldmesskampagnen sind oft nur wenige Wochen oder Monate lang - der Hauptteil der Arbeit kommt dann danach, wenn es darum geht die riesigen Datensätze auszuwerten und daraus sinnvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Auch die Vorbereitung von Messkampagnen kann viele Monate dauern, denn es ist wichtig, die Messgeräte vorher im Labor hundertprozentig zu charakterisieren, zu kalibrieren und in Schuss zu bringen. Denn bei der Kampagne ist die Zeit begrenzt (und teuer), und das Messgerät sollte möglichst unterbrechungsfrei laufen. Somit setzt sich meine Arbeit aus Feldkampagnen, Laborarbeit und Datenauswertung zusammen. Ich verbringe, seit ich Postdoc bin und eine sehr komplexe Datenanalyse mache, mehr Zeit mit Programmieren als "hands-on" am Messgerät.

Konkret zu meinen Projekten: Ich habe im Amazonasregenwald die saubere Atmosphäre untersucht, und da zum Beispiel wie sich Trockenheitsperioden auf die Atmosphärenchemie auswirken. Der Nahe Osten dagegen war eine Region mit extremer Luftverschmutzung, und ein nicht unrelevanter Teil davon war auf die Öl- und Gasproduktion zurückzuführen. Zurzeit erforsche ich Spurengasemissionen aus der Landwirtschaft und der Megastadt Los Angeles und vergleiche sie mit Emissionsinventaren von Aufsichtsbehörden, da diese gerne wissen wollen, wie gut ihre Annahmen sind.

 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

99% der Weltbevölkerung atmet Konzentrationen an Luftverschmutzung, die laut der WHO gesundheitsschädlich sind. Die organischen Spurengase, mit denen ich mich beschäftige, sind Treiber der chemischen Reaktionen, die die Luftschadstoffe Ozon und Feinstaub erzeugen. Manche Spurengase (z.B. Benzol) sind auch an sich toxisch. In der EU gibt es ca. 240 000 vorzeitige Todesfälle, die auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind. Schon allein deswegen sollte jede*r sich dafür interessieren, was er*sie so jeden Tag einatmet! Außerdem gibt es auch Rückkopplungen der organischen Spurengase und ihrer Reaktionsprodukte mit dem Klimawandel. Ich habe zum Beispiel in Los Angeles die Temperaturabhängigkeit von urbanen Emissionen untersucht. Diese trägt dazu bei, dass die Luftqualität an heißen Tagen (die mit dem Klimawandel zunehmen) besonders schlecht ist.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich engagiere mich in der Wissenschaftskommunikation, indem ich zum Beispiel bei "Skype a Scientist" oder "Meet a Scientist" mit Schul- oder Kindergartenklassen über meine Forschung rede. Außerdem habe ich auch über Feldmessungen gebloggt, eine Sammlung findet sich hier: https://www.eva-pfannerstill.eu/research-blog


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich spiele seit meinem neunten Lebensjahr Bratsche (momentan im Kammerorchester der UC Berkeley und in einem Streichtrio). Meine Bratsche habe ich auch schon auf Feldmesskampagnen mitgenommen. So kam ich in den Genuss, bei Sonnenaufgang auf einem 320 m hohen Messturm über dem Regenwald zu spielen oder bei Sonnenuntergang bei einer Grillparty auf dem Achterdeck eines Forschungsschiffes mit anderen Wissenschaftler*innen zu musizieren.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Ein schöner Ausflug mit Wanderung oder Stadtbesichtigung zusammen mit Freund*innen und/oder meinem Partner, in einem Café lecker Kuchen essen gehen, und am Abend ein gutes Buch lesen.

Bitte begrüßt Eva ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, March 12, 2023

Propheten im Mittelalter! Manuel Kamenzin ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Manuel Kamenzin (@3mKa1)! Manuel ist promovierter Mittelalterhistoriker. Er arbeitet aktuell als akademischer Rat (auf Zeit) am Historischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Dort hat er im Rahmen seines Dissertationsprojekts zu Sterben und Tod von Königen und Kaisern geforscht (2020 als Buch erschienen). Momentan untersucht er das Wechselspiel von Prophetie und Politik im späten Mittelalter. Er interessiert sich für Historiographiegeschichte (Geschichte der Geschichtsschreibung), Prophetie, Materialität, Sterben und Tod, Wissenschaftsgeschichte, Digital Humanities … und füttert soziale Medien mit Mittelaltercontent.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich war im Studium von Wissenschaft stark fasziniert und wollte verstehen, wie denn genau dieses Wissen zustande kommt, das ich lernen sollte – warum ist diese Lehrmeinung so, woher wissen wir das überhaupt. Hilfskraftstellen gaben mir dann nicht nur die Möglichkeit, die Miete zu zahlen, sondern ermöglichten auch immer mehr Einblicke – in den Kaninchenbau. Forschung ist, wie Kunst, sehr besitzergreifend. Schließlich durfte ich Tutorien geben, was mir auch sehr viel Spaß gemacht hat. Damit waren Forschung und Lehre beisammen und ich wollte Historiker werden. Bislang hat es geklappt, toi-toi-toi.

 
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Glück und Zufall – ich habe tolle Lehrveranstaltungen besucht, anscheinend nicht zu viele dumme Dinge gesagt und war bei der einen Germanistik-Prüfung einfach krank. So konnte ich Stück für Stück eine Epoche entdecken, die mir vorher nicht wirklich viel außer Klischees gesagt hat. Dabei bin ich über Themen gestolpert, die mich besonders fasziniert haben, während ich bei anderen froh war, dass jemand anders das macht und ich mir die Ergebnisse anschauen kann. Man muss auch betonen, dass andere mir überhaupt erst die Möglichkeit gegeben haben, diesen Interessen beruflich nachzugehen. Das ist ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin. Es kommt noch ein ganz praktischer Aspekt dazu – im Vergleich zu anderen Epochendisziplinen ist die Mittelalterforschung schon seit einiger Zeit digital gut aufgestellt (und es wird immer besser). Ich mag es sehr, wenn es gute Tools für meine Arbeit gibt, Material online verfügbar ist und ich einfach arbeiten kann.

Was mich immer noch hält? Die andauernde Begeisterung für die Quellen, die Studierenden, meine KollegInnen, Diskussionen führen und kritische Rückfragen bekommen, die Vielfalt der Zugriffe, das Gefühl, wenn man glaubt, dass man die Lösung gefunden hat und das Lachen, wenn einem wieder einfällt, dass es die eine Lösung nie gibt.  


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich lese viel, denke viel, schreibe viel und spreche viel. Zum Glück mag ich diese Aktivitäten und zum Glück ist das überspitzt. Als Mittelalterhistoriker beschäftige ich mich mit den Quellen, was oftmals lesen bedeutet. Wer meine Vorträge oder Twitter-Accounts kennt, weiß allerdings, dass ich auch eine besondere Vorliebe für Miniaturen (kleine Bilder in mittelalterlichen Handschriften) habe. Für meine Dissertation habe ich mich dazu noch mit Gebeinsuntersuchungen auseinandergesetzt, seither begleiten mich auch Darstellungen von sterblichen Überresten. Ob nun Schädel eines Königs oder prophetischer Text, wie jeder andere auch muss ich zuerst mal darüber nachdenken, was mir da angeschaut habe. Im Idealfall fällt mir etwas auf, ich sehe eine Verbindung oder einen Ansatzpunkt für Vergleiche. Das ist super, wenn es funktioniert, denn ich werde für dieses Nachdenken bezahlt (wenn auch nur in einem seltsamen Bruchteil). Wenn es nicht funktioniert, ist es nicht super, denn ich werde für dieses Nachdenken bezahlt. In diesem Fall – nochmal von vorn. Später kommt die Präsentation in Wort – Diskussionen, Lehre!, Vorträge – und Schrift – Aufsätze und Bücher.

Nicht zu vergessen sind auch Organisation und Kommunikation. Lehrveranstaltungen, Prüfungen, Vorträge und Texte müssen allesamt irgendwie (und vor allem irgendwann) vorbereitet sowie Fragen einerseits gestellt und anderseits beantwortet werden. Es wird niemals langweilig und ich denke oft an das alte Hornbach-Motto („Es gibt immer was zu tun“).


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Meine Forschung zeigt, wie eine Vielzahl von unsicheren Informationen nach ihrer Herkunft, Aussageintention, Datierung und vielem mehr klassifiziert, analysiert und miteinander in Bezug gesetzt werden können. Möglichkeiten zur Orientierung in und Arbeit mit einer Flut von sich teils widersprechenden Aussagen – am Beispiel von Königen, die an Durchfall sterben oder scheinbar wirren Texten voller Tiere, die vor langer Zeit etwas über die Zukunft aussagen sollten.

Natürlich sind da die Einzelergebnisse – ist Barbarossa in einem Fluss ertrunken? Wurde König Rudolph von einer Prophetie beeinflusst? Das sind wichtige Fragen und wer sich dafür interessiert, kann gerne meine Antworten hören (ich verspreche nicht, dass die Antworten gefallen). Ein Großteil meiner Arbeit besteht auch darin, Lehrer auszubilden, wer sich also dafür interessiert, wer später mal Kinder unterrichtet…

Letztlich können und müssen HistorikerInnen der breiten Öffentlichkeit aber vor allem die Quellenkritik anbieten, dafür sollte sich gerade heute eigentlich jeder interessieren und ich habe meiner Meinung nach großartige Beispiele dafür.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich war mal Kampfsporttrainer und möchte das eigentlich gerne wieder aufnehmen.

Für die Twitter Community sind vielleicht meine Twitter-Bots interessant: Dailymedievaldeath (@dailymedievald1) geht auf die für meine Dissertation angelegte Bildersammlung zurück. Jeden Tag ein #odt-Tweet mit einer dazugehörigen Sterbe-Miniatur, dem Bild einer Grablege oder ähnlichem. Dailymedievalcat (@dailymedievalc1) habe ich im letzten Semester mit Studierenden in einer Lehrveranstaltung gebaut – jeden Tag ein Bild einer Katze aus einer mittelalterlichen Handschrift.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich lese gern Comics. Das ist zum einen die einzige Literaturgattung, in der ein und dieselbe Geschichte in so vielen unterschiedlichen, aber doch wieder miteinander verbundenen Versionen erzählt werden kann, wie in mittelalterlicher Geschichtsschreibung (eigentlich ist der Vergleich andersrum, ich kenne Comics länger). Zum anderen versöhnt es mich mit der Welt, wenn ich nach den Nachrichten zehn Minuten bunte Bilder anschaue, mit Geschichten, wie Männer und Frauen in farbenfrohen Kostümen alles wieder geradebiegen. In meiner Wahlheimatstadt ist das allerdings kein ungewöhnliches Hobby…

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Einen idealen Tag, ob frei oder nicht, verbringe ich mit meiner Partnerin.


Bitte begrüßt Manuel ganz herzlich bei Real Scientists DE!