Sunday, August 31, 2025

Wie nehmen wir unsere Umwelt, unseren Körper und andere Menschen wahr? - Sven-Eric Jordt ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Sven-Eric Jordt (er/ihm/sein), kurz Sven. Sven forscht und lehrt als Professor der Anästhesiologie, Pharmakologie und Krebsbiologie an der Duke Universität in Durham in den USA, etwa 400 km südlich von Washington im US-Bundesstaat North Carolina gelegen. Sven studierte von 1989-94 das Fach Biochemie an der FU Berlin. 1997 promovierte er mit einer Arbeit zur Struktur und Funktion von spannungs- und volumenabhängigen Chloridkanälen, durchgeführt am Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg (ZMNH). Gefördert durch ein Leopoldina Postdoktorandenstipendium ging Sven 1998 an die Universität von Kalifornien, San Francisco (UCSF), wo er unter Anleitung des späteren Nobelpreisträgers (2021), David Julius, an Projekten in der Schmerzforschung und Temperaturrezeption arbeitete. 2005 wurde Sven als Assistenzprofessor der Pharmakologie an die Yale Universität in New Haven, Connecticut, USA, berufen. Dort untersuchten er und seine Mitarbeiter*innen die Rolle der schmerzleitenden Nerven in toxikologischen und Entzündungsmechanismen, ausgelöst durch chemische Expositionen und Allergene in den Atemwegen und der Haut. 2014 zog er mit seinem Labor an die Duke Universität um, wo er diese Projekte weiterführt und neue Forschungsrichtungen etabliert, u.a. in den Regulierungswissenschaften (Regulatory Science).

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 
Ich bin einer dieser Menschen, die schon als Kind Naturwissenschaftler*innen werden wollten und es dann tatsächlich geworden sind.  Meine Eltern förderten diese Interessen, indem sie mir zu Geburtstagen und Weihnachten fleißig „Was ist was ?“ Bücher schenkten, und später Kosmos Chemiekästen. Ja, ich habe tatsächlich auch an Jugend Forscht teilgenommen. Ich machte mir natürlich Sorgen, dass dies eine schwierige Berufslaufbahn werden würde, zumal ich keine Vorbilder in meiner Familie und Bekanntenkreis hatte. Ich überlegte deshalb kurzzeitig Medizin zu studieren. Die Erfahrungen während meines Zivildienstes in einem Krankenhaus haben mich allerdings schnell von diesem Vorhaben abgebracht. Zu meiner Überraschung wurde ich 1989 als Nachrücker im Studiengang Biochemie an der FU Berlin zugelassen, vier Wochen vor Studienbeginn. Insbesondere die längeren Laborpraktika im Hauptstudium und Semesterferienaufenthalte in akademischen Forschungslaboren in Hamburg und London hatten mich dann endgültig für die Grundlagenforschung begeistert.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden und/oder was hält dich da?
Ich verstehe mich als interdisziplinärer Wissenschaftler, der Techniken und Grundlagen aus vielen Forschungsgebieten anwendet, um wissenschaftliche Fragestellungen zu lösen, die mich interessieren. Dabei lege ich Wert auf die Anwendbarkeit meiner Ergebnisse für die Medizin und die öffentliche Gesundheitsfürsorge (Public Health).
Die sensorische Neurobiologie fasziniert mich nun schon seit mehr als 25 Jahren. Wie nehmen wir unsere Umwelt, unseren Körper und andere Menschen war ? Physische Reize wie Temperaturänderungen, Schmerz, oder Berührung ? Können wir Störungen dieser Mechanismen wie chronische Schmerzen oder Husten eindämmen ?
Derzeit arbeiten meine Labormitglieder und ich hauptsächlich an Projekten in der Toxikologie und den Regulierungswissenschaften (Regulatory Science). Haben Menschen Mechanismen entwickelt, die giftige Substanzen in unserer Umwelt wahrnehmen und Vermeidungsreaktionen auslösen, so wie Schmerz, Irritation, Niesen oder Husten ? Spielen diese Mechanismen eine Rolle bei der Entwicklung von Asthma und Hautallergien ? Werden diese Mechanismen durch Zusatzstoffe unterdrückt, um Zigaretten und andere Tabakprodukte bekömmlicher zu machen?    Das ist spannend und hat oftmals eine schnelle Umsetzung in Gesetzgebung und regulatorische Maßnahmen zur Folge, um die Menschen vor toxischen und abhängig machenden Produkten zu schützen. Wir tragen zu Innovationen in diesen Feldern bei, indem wir unser Wissen und Methoden aus der sensorischen Neurobiologie, Pharmakologie und Pulmonologie mit toxikologischen, verhaltensbiologischen und genetischen Ansätzen kombinieren.

Erzähl uns etwas über deine Arbeit!
Mein Labor forscht zur Zeit in zwei Bereichen, der sensorischen Neurobiologie mit Implikationen für die Schmerzforschung und Pulmonologie, und der Toxikologie/Regulierungswissenschaft. Als Professor und Leiter einer Arbeitsgruppe bin ich Mentor von mehreren Postdoktorand*innen und professionellen akademischen Wissenschaftler*innen (Senior Scientists), Doktorand*innen und Studentischen Hilfskräften. Ich gebe Anstöße zu neuen Projekten, gebe experimentelle Ratschläge, werte Daten aus und schreibe Publikationen und viele, viele Forschungsanträge. Ich leite weiterhin Forschungskooperationen mit Arbeitsgruppen an anderen US-Universitäten, in den Niederlanden, Finnland und Deutschland (München). Weiterhin bin ich verantwortlich für Tierversuchsanträge und Einhaltung jeglicher Laborsicherheitsbestimmungen.
Ich gebe Vorlesungen in der Anästhesie und in Doktorandenprogrammen zur Neurobiologie von Ionenkanälen, Schmerzpharmakologie und Toxikologie. Ich betreue auch Doktorand*innen als Co-Mentor an der North Carolina Central University (NCCU), einer benachbarten historischen afroamerikanischen Universität. Ich reise ungefähr einmal im Monat zu nationalen oder internationalen Konferenzen um neue Forschungsergebnisse vorzustellen, Kollegen wiederzutreffen, Förderinstitutionen über unsere wissenschaftlichen Fortschritte zu unterrichten, und meine Labormitglieder bei ihren Präsentationen und Netzwerkaufbau zu unterstützen. Ich bin auch in Komitees von professionellen Berufsstandsorganisationen tätig, u.a. in der American Thoracic Society, der Organisation der Lungenfachärzte und -Forscher. 
Ich bin Mitglied in Berufungskommissionen meiner Universität, begutachte Beförderungsgesuche interner und externer Fakultätsmitglieder und bin Sachverständiger für wissenschaftliche Integrität meines Fachbereichs. Weiterhin begutachte ich Forschungsanträge für die National Institutes of Health (NIH) und andere Förderer.
Wenn ich tatsächlich noch einmal im Labor arbeite (oh Schreck !!), dann helfe ich meinen Mitarbeiter*innen bei Klonierungen, Agarosegele abschalten und fotografieren, Platten kühlstellen und Zellkultur, insbesondere an Wochenenden.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für eure Forschung/Arbeit interessieren?
Wir alle erleben Schmerz als extrem unangenehm, und wollen ihn so schnell wie möglich wieder loswerden ! Dies ist komplizierter als gedacht. Die stärksten Schmerzmittel, die Opiate, machen abhängig und können tödlich sein. Deshalb sind weitere Investitionen in die Schmerz(grundlagen)forschung notwendig, um neue Behandlungsansätze zu entwickeln. Unsere toxikologische Arbeit hat aufgezeigt, wie Chemikalien wie Tränengaswirkstoffe extreme Schmerzzustände auslösen und zu Verletzungen und Entzündungen der Atemwege und Lunge führen können. Die derzeit gültigen Sicherheitsannahmen zum Einsatz von Tränengasen basieren auf veralteten Forschungsdaten und müssen angesichts dieser neuen Ergebnisse dringend revidiert werden. Unsere Arbeit im Bereich der Regulierungswissenschaft hat neue Strategien der Tabakindustrie aufgedeckt, durch chemische Modifikation von Aromastoffen die Regulierung ihrer Produkte zu unterminieren und durch Modifikation des Nikotins stärker abhängig machende Produkte zu entwickeln. Gesetzgeber und regulatorische Instanzen müssen diesen Entwicklungen entgegentreten, gerade in Deutschland mit seiner sehr hohen Raucherquote.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin mehr und mehr in beratenden Funktionen für nationale und internationale Institutionen tätig. U.a. bin ich Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für Tabakproduktregulierung der FDA (United States Food and Drug Administration Tobacco Products Scientific Advisory Committee), und berate die Studiengruppe zur Tabakproduktregulierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO TobReg). Besonders viel Spaß bring mir meine Beratungstätigkeit für das Justizministerium des Bundesstaates Kalifornien. Kalifornien ist seit Jahrzehnten federführend im Kampf gegen die Tabakindustrie und ist ein Leitbild für die Gesetzgebung auf föderaler Ebene und für andere Bundesstaaten der USA. Ich konnte bei der Ausarbeitung eines neuen Gesetzes mithelfen, das im letzten Jahr vom kalifornischen Abgeordnetenhaus und Gouverneur verabschiedet wurde und zu umfangreichen weiteren Verboten von Tabakprodukten führte. Ich habe mehrere Jahre an Konferenzen der Organisation für die Prohibition von Chemiewaffen (OPCW) teilgenommen und dort Wissenschaftler und Diplomaten über die Wirkungsmechanismen hochtoxischer und schmerzauslösender Chemikalien aufgeklärt.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Meine Frau und ich sind seit vier Wochen empty nesters. Vorschläge für neue Hobbies sind da sehr willkommen !  Ansonsten backe ich gern Mohn- und Sesambrötchen aus Hefeteig. Die vermisse ich nach wie vor sehr. Ich helfe auch gern meiner Frau beim Zubereiten chinesischer Jiaozi (Maultaschen, dumplings) und Baozi (gefüllte Dampfknödel). Manchmal spiele ich ein paar Stunden Elite:Dangerous und an unserer neuen Switch 2.

Wie sieht für dich ein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?
(Forschende sind ja auch nur Menschen)?
Mein idealer freier Tag ist ein Tag, an dem wir eine Opernaufführung besuchen. Ansonsten Tage mit langem Frühstück und langen Waldspaziergängen, gekrönt mit einem Abendessen in „The Pig“, unserem Lieblings-Barbeque-Restaurant in der Nachbarschaft.
Bitte begrüßt Sven ganz herzlich auf dem Kanal! 


Sunday, August 24, 2025

Biodiversität in Lebensräumen fördern - Sandra Dullau ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Sandra Dullau. Sandra (sandradullau.bsky.social) forscht für mehr Biodiversität in urbanen Räumen, Kultur- und Energielandschaften. Über Projekte der angewandten Forschung erhebt und analysiert sie Daten für nachhaltige Konzepte zur Renaturierung von Offenlandlebensräumen und für das Grünlandmanagement. Auch die Biodiversität von Freiflächen-Photovoltaikanlagen ist zu einem wichtigen Thema ihrer wissenschaftlichen Arbeit geworden. Feldversuche sind ein zentraler Bestandteil ihres Forschungsalltags, um praxisnahe Lösungen zu entwickeln und zu testen. Dazu ist sie vor allem zwischen April und September auf unseren Versuchsflächen in Mitteldeutschland unterwegs. Ihr Wissen als Botanikerin und Landschaftsökologin gibt sie zudem seit langem auch in der Lehre an Studierende der Hochschule Anhalt weiter.  




Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Bereits meine Diplomarbeit habe ich im Rahmen eines Forschungsprojektes verfasst, damals ging es um Waldbestände im ehemaligen Tagebau Goitsche bei Bitterfeld. Die Projektleiterin holte mich anschließend in ihre Arbeitsgruppe, und dort durfte ich mein erstes Projekt bearbeiten, dem viele weitere folgten.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Unsere Arbeitsgruppe forscht schon seit den 90ern zur Renaturierung von Lebensräumen und der Förderung der Biodiversität – beides nach wie vor hochaktuelle und wichtige Themen. Für mich ist es immer wieder aufs Neue sehr spannend, sich der Herausforderung zu stellen, Strategien und Maßnahmen zu entwickeln und deren Wirksamkeit zu testen – mit dem Ziel diese in die Praxis zu überführen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
In meiner Forschung bin ich gerne und viel draußen bei der Feldarbeit. Ich betreue seit 8 Jahren im Harz einen großen Grünlandbewirtschaftungsversuch und erfasse dort Daten zur Vegetation, den Erträgen, der Futterqualität sowie zum Boden. Außerdem arbeite ich für das KompetenzGrün Projekt und setze gemeinsam mit vielen verschiedenen Partnern in der Strukturwandelregion Sachsen-Anhalts Maßnahmen zur Verbesserung der Grünen Infrastruktur um. Ein mir ganz wichtiges Thema ist die Entwicklung von Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität in Solarparks sowie in der Agriphotovoltaik – ein Muss für die naturverträgliche Energiewende. Dafür habe ich gemeinsam mit ganz engagierten Kolleg:innen verschiedene Wildpflanzensaatmischungen konzipiert und in Solarparks sowie in unseren Campus-Forschungsanlagen ausgesät. Unsere gewonnenen Erkenntnisse werden wir demnächst in einer digitalen Toolbox für die Anwender zur Verfügung stellen. Und da sind wir auch schon beim Thema Transfer, der einen nicht unerheblichen Teil meiner Arbeit ausmacht: Feldtage, Führungen zu Versuchen, Weiterbildungen, Konferenzen … Denn unsere Forschungsergebnisse müssen auch immer im Fachforum diskutiert werden und letztendlich mit niedrigschwelligen Angeboten die Anwender erreichen.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Der Verlust der Artenvielfalt und die Zerstörung von Ökosystemen ist als eine der großen Krisen in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen. Indem wir zeigen, dass Wissenschaftler:innen sich intensiv für praxisorientierte Lösungen zur Umkehr dieser Entwicklung einsetzen und diese auch funktionieren, finden sich Menschen, die schließlich zu „Mittätern“ im Sinne der Biodiversität werden. Als Feedback auf meine eigene Social Media Arbeit bekomme ich immer mal wieder ein Danke für die spannenden Ergebnisse und Anregungen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Forscherin bin ich nur zur Hälfte, mit dem anderen Teil lehre ich u.a. im Studiengang Naturschutz und Landschaftsplanung, was sich gegenseitig ziemlich gut ergänzt. Zusätzlich bin ich im Netzwerk der Hochschulinitiativen für Biodiversität aktiv (Werbung für alle, die das Netzwerk HIB noch nicht kennen!), engagiere mich beim NABU im Bundesfachausschuss Botanik und biete das BANU Zertifikat für Feldbotanik an – um die so dringend nötigen Artenkenner wieder zu mehren.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Das geordnete Chaos aus Kulturarten und Wildpflanzen meines großen Gartens im Gleichgewicht halten. Und grad fange ich mal wieder an zu herbarisieren … Pflanzen sind doch etwas sehr Ästhetisches und einfach schön!

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Ein paar mehr Stunden Schlaf und all die wichtigen und schönen Dinge tun, zu denen ich sonst nicht komme!

Bitte begrüßt Sandra ganz herzlich auf dem Kanal!

 

Sunday, August 17, 2025

Pollenflug - Katharina und Maximilian Bastl sind jetzt bei Real Scientists!

Diese Woche freuen wir uns auf Katharina und Maximilian Bastl (@pollenpaar.bsky.social). Die zwei sind ein Ehe- und Forscherpaar, das seit mehr als 10 Jahren in der Aerobiologie arbeitet und forscht. Sie haben den Pollenservice Wien der MedUni Wien aufgebaut (www.pollenservice.wien) und setzen auf solide und zeitnahe Routinearbeit (Pollenmessung und Phänologie), um Betroffene mit Pollenallergien möglichst zutreffend zu informieren. Ihre Wurzeln liegen im Studium der Biologie mit dem Fachbereich Paläobiologie, die ihnen den Blick auf das große Ganze gegeben hat. Die wissenschaftliche Arbeit, die sie leisten zeigt jetzt schon die Änderungen im Pollenflug durch den Klimawandel. Daher sind ihnen die Themen allergiefreundliche Bepflanzung in Städten und unaufgeregte, wissenschaftliche Kommunikation von Fakten und zum Pollenflug wichtig. Zudem haben sie eine zutiefst persönliche Motivation Betroffenen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen, da sie beide mehrere Pollenallergien „abonniert“ haben.

Wie seid ihr in der Wissenschaft gelandet?
Kurz gesagt: Harte Arbeit und Glück! Wir haben beide Biologie studiert. Das gab uns eine breite Basis und wir sind über Umwege dann von einem Nischenbereich (Paläobiologie) in einen anderen Nischenbereich (Aerobiologie) gewandert.

Warum habt ihr euch für euer aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält euch dort?
Wir haben beide mehrere Pollenallergien und wissen ganz genau wie sich Betroffene fühlen. Die Aerobiologie ist ein sehr spannendes Feld, das sehr interdisziplinär ist. Außerdem gibt es in Österreich kein Studium der Aerobiologie und auch sehr wenige Palynologen, wodurch es wichtig ist, dass man präsent ist und Nachwuchs ausbilden kann.

Erzählt uns etwas über eure Arbeit!
Wir messen den Pollen- und Pilzsporengehalt der Luft und erstellen basierend darauf sowie basierend auf phänologischen Rundgängen und der Wettervorhersage eine Pollenvorhersage. Eine Metropole wie Wien ist besonders komplex, da es urbane Anpflanzungen gibt, die exotisch sind. Darüber hinaus verwerten wir unsere Daten für wissenschaftliche Forschung, um mehr über den Pollenflug zu lernen.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für eure Forschung/Arbeit interessieren?
Die Routinearbeit überrascht Menschen immer wieder, da sie sich unsere Arbeit ganz anders vorstellen. Diese Arbeit umfasst viel händische Arbeit und vor allem Expertenwissen. Die Pollenkörner müssen identifiziert und gezählt werden. Außerdem ist diese Arbeit sehr wichtig, da sie direkte Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen hat. Personen mit Pollenallergien sind darauf angewiesen möglichst zutreffende Pollenvorhersagen zu erhalten. Und das ist durchaus immer wieder eine Herausforderung. Schlussendlich verändert auch der Klimawandel den Pollenflug, wodurch Einschätzungen basierend auf historischen Daten in vielen Fällen nicht mehr zutreffend sind.

Habt ihr irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ja, wir engagieren uns für Wissenschaftskommunikation. Deswegen betreiben wir als „Pollenpaar“ social media Kanäle, um Interessierte über alles rund um Pollen und Allergie aufklären zu können.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen ihr uns erzählen möchtet?
Wir sind beide passionierte Rollenspieler (Pen and Paper) und Brett-/Kartenspieler und auch die Fotographie begeistert uns, wenn auch diese Hobbies in unserer jetzigen Lebensphase nicht ganz so ausgelebt werden. Aktuell sind wir nicht nur ein Paar, das gemeinsam miteinander arbeitet, sondern vor allem Eltern von drei teils noch kleinen Kindern.

Wie sieht ein idealer freier Tag aus? 
Die Natur genießen und dabei wahrscheinlich wieder in den Beruf schlittern, weil wir immer nach Pflanzen Ausschau halten.

Bitte begrüßt Katharina und Max ganz herzlich auf dem Kanal!

 

Sunday, July 27, 2025

Das Potenzial psychedelischer Substanzen in der Psychiatrie! Adrian Kind ist jetzt bei Real Scientists DE!

Potraätfoto Adrian Kind

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Adrian Kind (@philpsy.bsky.social)! Adrian ist promovierter Philosoph mit einem Schwerpunkt in der Philosophie des Geistes und der Psychiatrie. Er studierte Psychologie (B.A., M.A.) und Philosophie (M.A.) in Berlin und wurde in einem Kooperationsprojekt der Universität Magdeburg und der Berlin School of Mind and Brain promoviert. Derzeit ist er Postdoktorand an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, wo er zu Themen der Philosophie der Psychiatrie arbeitet und empirisch an einem qualitativen Forschungsprojekt zur psychedelikagestützten Therapie in der Psychiatrie mitwirkt. Zudem befindet er sich in der Weiterbildung zum tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeuten und engagiert sich berufspolitisch in der Deutschen Gesellschaft für Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (DFT) sowie der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). Gelegentlich schreibt er in seinem Blog „3D-Chess: An ISTDP Blog“ über intensive psychodynamische Kurzzeittherapie.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich habe mich sehr früh in die Idee verliebt, viel zu lesen, nachzudenken und zu diskutieren. Als dieser Wunsch dann auf mein Interesse an dieser komplett verrückten Sache – dem menschlichen Geist – stieß, die mich bis heute nicht loslässt, war für mich klar, dass ich, solange man es mir erlaubt und es jemand als nützlich genug erachtet, versuchen möchte, mich damit zu befassen. Ich kann dabei nicht verschweigen, dass ich den Sprung aber nie versucht hätte ohne die Menschen auf dem weg die mich immer wieder ermutigt haben. Ich habe eine Legasthenie und komme aus einem nicht-akademischen Elternhaus. Nicht problemlos lesen und schreiben zu können und so wenig über das Akademische zu wissen, dass ich bis zum Studienbeginn nicht wusste, dass nicht jeder, der einen Dr.-Titel trägt, auch Arzt ist – das macht es nicht leichter an der Uni. Ohne gewisse LehrerInnen und ProfessorInnen hätte ich mir das selbst wohl nicht zugetraut – bzw. hätte ich auf diejenigen Profs gehört, die mich als „bildungsfern“ und „zu faul, um ordentlich zu schreiben“ bezeichnet haben. 


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Was ist eigentlich mein Feld? Ich habe mit einem Psychologiestudium begonnen und dabei schnell gemerkt, dass mich vor allem die theoretischen Fragen interessieren. Diese Neigung, zusammen mit einem bereits bestehenden Interesse an Philosophie, hat mich schließlich in die Philosophie geführt. Allerdings nicht mehr zu Hegel und Adorno, mit denen mein philosophisches Interesse ursprünglich begann, sondern zur analytischen Philosophie des Geistes.

Das Philosophiestudium hat mich sehr fasziniert. Mit Beginn der Promotion habe ich dann gemerkt, dass manche Fragen, die mich zunehmend beschäftigen, wieder an der Grenze zur empirischen Forschung liegen. Deshalb bin ich inzwischen auch wieder stärker in diesen Bereich involviert.

Immer wieder bleibe ich an bestimmten Aspekten rund um den menschlichen Geist „hängen“. Manchmal deshalb, weil sie – wenn man lange über sie nachdenkt – auf eine eigentümliche Weise mysteriös erscheinen, obwohl sie uns zunächst ganz selbstverständlich vorkommen. Manchmal aber auch, weil ich das Gefühl habe, dass etwas unnötig kompliziert dargestellt wird und ich mich frage, ob man es nicht klarer und einfacher fassen kann.

Je nachdem, welcher Aspekt mich gerade beschäftigt, glaube ich, dass unterschiedliche Zugänge hilfreich sein können: eine genauere phänomenologische Erfassung (etwa durch qualitative Forschung), eine experimentelle Überprüfung theoretischer Annahmen (quantitative Forschung), oder eine philosophische Erschließung, also eine präzise, oft alltagsnahe Analyse und die Entwicklung eines theoretischen Modells. All diese Wege können helfen, Aspekte des menschlichen Geistes, Handelns – und auch des sozialen Handelns – besser zu verstehen.

Für mich gehören die Fragen, die der menschliche Geist aufwirft, zur gleichen Größenordnung wie Fragen nach dem Leben, nach Gott oder nach dem berühmten „Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich arbeite derzeit an der Charité – Universitätsmedizin Berlin in einem philosophisch-empirischen Forschungsprojekt, das gemeinsam mit der National Yang Ming Chiao Tung University in Taiwan durchgeführt wird. Unsere Projekt-Website ist psytrans.com. Wir interessieren uns für das Potenzial psychedelischer Substanzen, die Persönlichkeit und Weltsicht von Menschen zu verändern – sowohl im medizinischen als auch im nicht-medizinischen Kontext. Besonders interessiert uns dabei ein kulturvergleichender Zugang: Wie unterscheiden sich die Erwartungen und Erfahrungen von PatientInnen und NutzerInnen in Taiwan und Deutschland? 

Im Projekt führe ich einerseits qualitative Interviews mit Patient*innen, transkribiere und kodiere diese Daten. Andererseits arbeite ich an philosophischen Publikationen rund um Themen wie persönliche Transformation, Psychotherapie und Einsicht, Emotionserleben und andere Fragestellungen, die mit unseren empirischen Daten und theoretischen Überlegungen verknüpft sind. Zu meinen Aufgaben gehört außerdem die Betreuung von fünf Studierenden, die im Rahmen des Projekts Daten erheben und analysieren – etwa für ihre Abschlussarbeiten oder Promotionen. Ansonsten tue ich, was viele befristet beschäftigte Early-Career-Wissenschaftler*innen tun: Ich versuche, Drittmittel für Anschlussprojekte einzuwerben, und organisiere wissenschaftliche Veranstaltungen und Konferenzen. Im vergangenen Jahr war ich zudem als Open-Access-Botschafter für die Berlin University Alliance tätig – eine besonders spannende und bereichernde Aufgabe. Wer über meine Arbeit auf dem Laufenden bleiben möchte, kann auch meine persönliche Website besuchen: adriankind.de


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Ich glaube, dass Fragen rund um den menschlichen Geist uns alle betreffen. Zurzeit arbeite ich zum Beispiel an einem Artikel über gemischte Gefühle: Was heißt es eigentlich, wenn wir sagen, wir hassen und lieben etwas zugleich? Ist das nur eine verwirrende Redensart – oder erleben wir tatsächlich beides gleichzeitig in Bezug auf dieselbe Sache? Und wenn ja, wie lässt sich das überhaupt denken, wo es doch auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint?
Solche Fragen sind typisch für die Philosophie des Geistes. Ich denke, meine Arbeit kann helfen, etwas besser zu verstehen, das uns selbst oder andere betrifft.

Meine Arbeit in der Philosophie der Psychiatrie ist in diesem Zusammenhang besonders relevant. Statistisch gesehen hat wahrscheinlich jede Person, die diesen Text liest, entweder selbst schon einmal unter einer psychischen Erkrankung gelitten oder kennt eine enge Freundin oder einen engen Freund, auf den das zutrifft. Meine Forschung zielt darauf, besser zu verstehen, was psychische Erkrankungen sind – und was im Rahmen ihrer Behandlung geschieht.

Das kann ganz praktische Bedeutung haben: Ich habe zum Beispiel mehrere Jahre daran gearbeitet zu verstehen, wie Psychiater*innen zu ihren Diagnosen kommen. Wie funktioniert diagnostisches Schlussfolgern eigentlich? Für Betroffene und deren Angehörige ist das keine bloß theoretische Frage, sondern eine, die ganz konkret betrifft, wie mit ihnen umgegangen wird und wie ihre Erfahrungen eingeordnet werden.

Natürlich richtet sich meine Arbeit auch an ein Fachpublikum – also an PhilosophInnen, PsychiaterInnen und PsychotherapeutInnen, die sich beruflich mit dem menschlichen Geist und seinen Abweichungen von typischen Zuständen befassen. Aber ich bin überzeugt, dass es auch für interessierte Laien lohnend sein kann, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Denn letztlich geht es um etwas, das uns alle betrifft.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich arbeite als Psychotherapeut in Weiterbildung mit PatientInnen und engagiere mich berufspolitisch für eine bessere psychotherapeutische Versorgung.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Seit acht Jahren habe ich einen Hund. Ich würde ihn nicht als „Hobby“ bezeichnen, aber wir teilen einige gemeinsame Hobbys – die, wenig überraschend, viel mit „Stöckchen“ und Spaziergängen zu tun haben.

Außerdem mache ich gern und viel Sport. Laufen ist nicht so mein Ding – mich hat eher das sogenannte „Iron Game“, also das Hanteltraining gepackt. Dazu habe ich sogar ein wenig aus philosophischer Perspektive gearbeitet und zusammen mit SportwissenschaftlerInnen publiziert … (manchmal kann man eben doch nicht aus seiner Haut).


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Ich schlafe aus und trinke den ersten Kaffee im Bett. Dann lese ich Zeitung auf dem Balkon – beim zweiten Kaffee. Danach packe ich meinen Campingstuhl und einen Stapel Bücher, die ich noch nicht gelesen habe, und fahre an einen Waldsee. Dort verbringe ich den Tag mit Schwimmen und Lesen. Zwischendurch treffe ich FreundInnen, mit denen ich mich in den Lesepausen unterhalte. Am Abend grillen wir, sitzen am Lagerfeuer und sprechen über Dinge, die uns etwas bedeuten.



Bitte begrüßt Adrian ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, July 20, 2025

Wie Unterschiede zwischen Personen und Kulturen Entscheidungsprozesse beeinflussen! Rima-Maria Rahal ist jetzt bei Real Scientists DE!

Porträitfoto von Rima-Maria Rahal
Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Rima-Maria Rahal (‪@rimamrahal.bsky.social)! Rima-Maria promovierte an der Universität Leiden zu kognitiven Entscheidungsprozessen in sozialen und moralischen Dilemmata, die sie am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn erforschte. Nach Stationen in Frankfurt, Tilburg, Bonn und Heidelberg arbeitet sie nun an der Wirtschaftsuniversität Wien. Sie engagiert sich im Bereich Open Science, ist Alumna des Fellowship-Programms Freies Wissen und war Mitglied der Lenkungsgruppe des German Reproducibility Networks.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Bei dieser Frage habe ich gespickt und mir meine Antwort bei meinem Twitter-Takeover bei realsci.de vor 4 Jahren angeschaut. Da stand irgendwas mit “ich löse gern Rätsel” und das stimmt natürlich weiterhin. In den letzten 4 Jahren ist aber noch einiges passiert. Für meine aktuelle Antwort würde ich ergänzen: Meine Landung in der Wissenschaft hat auch mit Glück und Durchhaltevermögen zu tun, und mit starkem Rückhalt bei meiner Familie und Freunden. 

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Ich bin Psychologin und arbeite an interdisziplinären Themen an der Schnittstelle zu VWL/BWL, Recht und Soziologie. Dabei finde ich vor allem spannend, was „meine Methode”, also das Erforschen von Zusammenhängen durch Experimente, oft mit Prozessmaßen wie Eye-Tracking, sinnvoll beisteuern kann. So ergeben sich oft neue (Arten von) Fragestellungen. 

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit! Ich forsche zu Entscheidungsprozessen. 

Mich interessiert, welche Informationen benutzt werden, um Entscheidungen vorzubereiten und was gerne mal ignoriert wird. Oft will ich auch wissen, ob jemandem eine Entscheidung schwerfällt, ob sie überlegt abläuft oder eher spontan und (zu) kurz gedacht. Dabei interessieren mich insbesondere Entscheidungen im normativen Kontext, bei denen es also irgendwie um richtig und falsch geht. Meine aktuelle Arbeit beschäftigt sich damit, wie Unterschiede zwischen Personen und Kulturen die Entscheidungsprozesse beeinflussen. 

 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Entscheidungen stecken überall - manchmal fallen sie uns gar nicht auf und manchmal sind sie monumental wichtig. Besser zu verstehen, wie Entscheidungen ablaufen, bietet einen Ansatz für Interventionen, um die Entscheidungen an sich zu verbessern. Besser ist natürlich ein großes Wort und kann unterschiedliche Bedeutungen haben. Dabei kann es um individuelle Verbesserungen gehen, oder um Implikationen für größere Zusammenhänge, wie wir als Gesellschaft besser zusammenleben können, oder wie Interaktionen über Gruppen und Nationen hinweg kooperativer gestalten können. 

 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? 

Ich beschäftige mich gerade damit, wie Forschungsförderung und Drittmittelvergabe eigentlich funktioniert und was man da besser machen könnte.

 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest? 

Ich bin eine richtige Pflanzentante und hege im Garten und Indoor eine kleine (okay große) Anzahl an verschiedenen Pflanzen, von Tomaten bis zur seltenen Monstera.

 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Ich schreibe die Antwort auf den Fragebogen gerade im Urlaub, die Frage passt also wie die Faust aufs Auge. Ideale freie Tage starten für mich mit einem leckeren Frühstück - hat da jemand Waffeln gesagt? Dann geht’s bei schönstem Sonnenschein raus, ob in den Garten, auf den Berg oder aufs Pferd. Abends dann müde aber irgendwie mit mehr Energie als vorher zur Erfrischung in ein kühles Gewässer. Sterne und Glühwürmchen gucken, das macht den Tag dann perfekt. 



Bitte begrüßt Rima ganz herzlich bei Real Scientists DE!