Sunday, February 19, 2017

Sprich mit mir, Baby - Christina Bergmann ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Begeisterung wollen wir euch unsere neue Kuratorin vorstellen: Christina Bergmann (@chbergma) ist Postdoc an der historischen Ecole Normale Supérieure, Laboratoire des Sciences Cognitives et Psycholinguistique mitten in Paris, Frankreich. Sie erforscht, wie Babies zwischen ihrer Geburt und den ersten Worten ihre Muttersprache lernen und welche Umweltfaktoren darauf Einfluss nehmen. In ihrer Forschung bedient sie sich verschiedenster Methoden, von Augenbewegungsmessungen bei Kleinkindern bis zu Computermodellen, die Lernen und Verhalten simulieren. 


Ihren Doktor hat sie 2014 in Nijmegen in den Niederlanden verteidigt, ihre Dissertation beschäftigt sich mit Computermodellen des frühen Spracherwerbs. Ihre ersten Schritte in der Wissenschaft hat sie in Deutschland gemacht und im beschaulichen Osnabrück Kognitionswissenschaften studiert, unterbrochen von einem Erasmus Semester in Lissabon.



Hier ist Christina in ihren eigenen Worten:

Ich komme aus einer Akademikerfamilie und hatte deswegen quasi keine Wahl. Es war zumindest schon immer klar dass ich Abitur mache und dann studiere. Mit den Kognitionswissenschaften und der Frage, wie das Gehirn und Denken so funktionieren, habe ich dann aber auch direkt ein Thema gefunden, das mich seit nun über 10 Jahren begeistert. Ich glaube, ohne die Unterstützung aus meinem Umfeld hätte ich diesen Schritt nie gewagt, ein Fach zu studieren, bei dem es ausserhalb der Forschung keinen klar definierten Beruf wie etwa Psychologe oder Mediziner gibt. Dank einer guten Portion Glück habe ich bisher auch immer wieder einen weiteren Schritt in der Wissenschaft machen können. Derzeit bin ich aber wieder auf Jobsuche, drückt mir die Daumen, dass es auch weiterhin in der Wissenschaft klappt. Sonst muss ich halt ein Café am Meer aufmachen.  

Ich bin da ein bisschen reingerutscht, allerdings mit weit offenen Augen. Ich habe viel ausprobiert, auch künstliche Intelligenz und Philosophie, aber hatte am meisten Spass an der Frage, wie Sprache verarbeitet werden kann. Das habe ich dann auch in meiner Bachelorarbeit untersucht. Im Master stiess ich dann auf widerspruechliche Theorien wie Kinder ihre Muttersprache lernen, und ich hatte eine Idee, wie sich ein besonderer Diskussionspunkt testen lassen könnte. Dabei habe ich dann auch direkt die Erfahrungen aus meinem Bachelorprojekt anwenden können. Und schon war ich Teil eines grossartigen Babylabs und einer Gemeinschaft von Sprachforschern. Es ist mittlerweile fast wie ein Klassentreffen, wenn ich auf bestimmte Konferenzen fahre und Leute, die ich vor 8 Jahren kennengelernt habe, wiedersehe. 
Ein weiterer Reiz ist die Vielfältigkeit der Arbeit. Manchmal bin ich Sprachwissenschaftlerin, manchmal Psychologin oder Computerlinguistin. Ich kann somit meine Ausbildung in verschiedenen Gebieten der Kognitionsforschung immer wieder Anwenden und Erkenntnisse aus verschiedenen Methoden kombinieren, um neue Einsichten oder Forschungsideen zu erhalten. 
Meine Arbeit ist durch ihren interdisziplinären Charakter sehr vielfältig. Manchmal sitze ich viel vor dem Computer und programmiere und/oder schreibe (man muss ja auch seine Programme vernünftig kommentieren!), dann wieder habe ich viele Projekte mit Kollegen und treffe mich mit ihnen (meist via Skype und co) um sicher zu stellen, dass die Arbeit weitergeht. Ich teste auch Kleinkinder im Babylab und interagiere dabei viel mit Familien, das ist ein ganz besonderer Aspekt meiner Arbeit, der mich sehr inspiriert und mir viel Spass macht. Natürlich ist es auch anstrengend, weil man kleinen Kindern schwer sagen kann, dass sie jetzt doch bitte 5 Minuten stillsitzen. Es ist mein Job als Versuchsleiter, das Experiment so spannend und kurzweilig wie möglich zu gestalten, damit der Besuch für die ganze Familie angenehm ist und ich gleichzeitig ein paar Daten erheben kann. 
Dann halte ich auch wieder Vorträge und besuche Konferenzen und Workshops, wo ich zumeist mit andern Forschern interagiere und sowohl deren neueste Projekte sehe als auch Feedback auf meine Arbeit und Ideen einhole. 

Das wird jetzt viele überraschen: Es ist noch überhaupt nicht geklärt, wie genau Babies Sprache lernen. Es gibt also noch viele offene Fragen. Wir wissen allerdings schon einige Dinge, die wichtig sind, etwa dass man schon früh viel mit Kindern interagiert. Diese werden aber zu wenig kommuniziert. 
Ich rede immer wieder mit interessierten Eltern, und beide Seiten lernen viel von diesen Interaktionen. Eltern haben heutzutage eine Wahnsinnsaufgabe und sind so vielen Erwartungen und gutgemeinten Ratschlägen ausgesetzt; nicht alle sind wirklich wissenschaftlich fundiert. Ausserdem ändert sich die Einstellung zum Elternsein (ist es etwa Lebensmittelpunkt, Pflicht, oder eine Art Hobby) kontinuierlich, so dass es schwer ist, von den Erfahrungen der eigenen Eltern zu lernen. Dazu kommen noch kulturelle Unterschiede, Kinder haben in den Niederlanden zum Beispiel schon einen anderen Status als in Deutschland. Dies Alles beeinflusst, wie wir mit Kindern (den eigenen wie auch fremden) und Eltern umgehen. Es kann also nur helfen, wenn wir zum einen besser verstehen was für Kinder gut und wichtig ist, und zum anderen wissen, wo man vielleicht auch etwas entspannter rangehen kann. 
Was ich nicht kann, ist Diagnosen zur Sprachentwicklung stellen, sei es via Twitter oder im Labor. Ich habe weder die entsprechende Ausbildung, noch sind meine Experimente auf solche Aussagen ausgelegt. Da ich Grundlagenforschung betreibe, sind meine Ergebnisse zum "typischen" Erwerbsverlauf langfristig auch für Diagnosen relevant, dazu bedarf es aber noch einiger Jahre an Studien. 
Neben meiner Forschung habe ich noch mit meiner Kollegin Sho einen Blog names CogTales, wo wir regelmaessig ueber Wissenschaft und das Leben als weibliche Juniorwissenschaftlerinnen schreiben.  Hier blogge ich auch über meine extrakurrikulären Aktivitäten, wie etwa die Organisation der monatlichen R-Ladies Treffen (hier schreibe ich mit meiner Kollegin Page, warum wir das tun) oder die erfolgreiche #barbarplots Kickstarter Kampagne.
Dann leite ich einmal pro Woche eine Deutschgruppe für Kollegen, die gern besser die Sprache sprechen möchten.

Meine Hobbies sind vielleicht etwas langweilig, aber ich bin stolz darauf, mir Zeit nehmen zu können um ihnen nachzugehen. Zum einen backe ich sehr gern, manchmal auch etwas experimenteller. Leider gibt es in Frankreich nicht alle Zutaten für mein Lieblingsrezept: Schokomuffins mit Quarkfüllung. Mein anderes Hobby kann ich auch oft mit dem Beruf verbinden, denn ich reise unheimlich gern und dank verschiedener Konferenzen habe ich schon so manchen spannenden Ort besucht, an den es mich sonst nicht so schnell verschlagen hätte. Mein Fernweh ist aber auch schon mit dem Leben im Ausland gut bedient, auch nach 3 Jahren noch entdecke ich neue Ecken in Paris und Umgebung, es wird also nie langweilig. 

Mein idealer freier Tag besteht entweder aus einem Tag am Meer, natürlich im Strandkorb und mit viel Sonne, oder einer Stadterkundung, am Liebsten mit Brunch und vielen spannenden Ecken, die man entdecken kann. Das überrascht jetzt sicher nicht bei meiner Reiselust.   

Bitte heißt Christina ganz herzlich bei Real Scientists DE willkommen!



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