Diese Woche begrüßen wir Jacob Birken auf dem Kanal! Jacob (jbirken.bsky.social) ist Medientheoretiker und Kulturhistoriker. Nach Anstellungen am ZKM Karlsruhe, der Universität Heidelberg, der KHS und Universität Kassel und der Hochschule Düsseldorf ist er seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter für Nordamerikanische Geschichte an der Universität zu Köln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Dar- und Vorstellungen des Geschichtlichen zwischen Utopien, Dystopien und anderen Ausnahmezuständen; 2018 promovierte er zu Bildern des Erdbebens 1906 in San Francisco.
Als Medientheoretiker beschäftigt er sich mit den technischen und ästhetischen Bedingungen des digitalen Bilds. Zuletzt veröffentlichte er 2022 in der Buchreihe Digitale Bildkulturen des Wagenbach Verlags den Band «Videospiele» und 2023 den Essay «Vom Pixelrealismus» beim Schlaufen Verlag.
Als Medientheoretiker beschäftigt er sich mit den technischen und ästhetischen Bedingungen des digitalen Bilds. Zuletzt veröffentlichte er 2022 in der Buchreihe Digitale Bildkulturen des Wagenbach Verlags den Band «Videospiele» und 2023 den Essay «Vom Pixelrealismus» beim Schlaufen Verlag.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe nach dem Studium in Kunstwissenschaft & Medientheorie erst ein paar Jahre im Kultur- und Kunstbetrieb wie z.B. am Haus der Kulturen der Welt in Berlin und dem ZKM Zentrum für Kunst und Medientheorie in Karlsruhe gearbeitet, bin danach aber 2012 als akademischer Mitarbeiter zu einem Forschungsprojekt zu Katastrophenbildern an der Uni Heidelberg gekommen - zu diesem Thema habe ich dann eine medienhistorische Dissertation geschrieben, in der ich Darstellungen des Erdbebens & der Großbrände in San Francisco 1906 untersucht habe. Auch danach habe ich weiter an Hochschulen gearbeitet, teils als künstlerischer, teils als wissenschaftlicher Mitarbeiter, so dass 'Forschung und Lehre' mittlerweile den Großteil meines beruflichen Lebenslaufs ausmacht.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Meine Dissertation entstand noch sehr aus meinem Studienfach heraus, aber die Fallstudien hatten sehr viel mit US-amerikanischer Geschichte zu tun - das war für mich zuvor nie ein Thema gewesen, aber danach hatte ich das Gefühl, dass sehr viele aktuelle geopolitische und soziokulturelle Fragen mit der Geschichte des 'Fernen Westens' zu tun haben: Das war also etwas, mit dem ich mich aus politischen Gründen und einfach einem Interesse daran beschäftigen wollte, warum unsere Gesellschaft heute so (nicht) funktioniert, wie sie es eben tut. Darunter kann ich aber auch viele meiner etwas spezifischeren wissenschaftlichen Fragen unterbringen: Katastrophenforschung, Utopian Studies oder die unterschiedlichen ästhetischen und politischen Phänomene von Repräsentation. Gerade aktuelle digitale Bildkulturen haben so z.B. viel mit der sogenannten 'Kalifornischen Ideologie' zu tun, also einem bestimmten, oft radikalen Verständnis von technologischem Fortschritt.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Als wissenschaftlicher Mitarbeiter kann ich gerade (noch) auf eine für mich tatsächlich ideale Weise Lehre und Forschung verbinden. Ich halte pro Semester eine Lehrveranstaltung (meistens im Master), betreue Abschlussarbeiten und arbeite ansonsten an meinen eigenen Projekten - das wäre z.B. konkret eine Habilitation zu Raumvorstellungen experimenteller Gemeinschaften in den USA Mitte des 19. Jahrhunderts, worunter ich sehr unterschiedliche Gruppen wie radikale christliche Sekten oder ebenso radikale junge Fabrikarbeiterinnen zähle. Das ist eine 50%-Stelle und in dem Sinne praktisch um die Lehre her strukturiert, während der Rest der Zeit in Recherche und Schreiben aufgeht.
Wie wohl viele Geisteswissenschaftler:innen kann ich dabei nicht sagen, wann die Arbeitsstunden aufhören und ich selbständig weiter an meinen Themen arbeite - schließlich dient jeder Text & Vortrag irgendwie der Weiterqualifikation. Mir ist dabei wichtig, möglichst die ganze Bandbreite zwischen Fachartikeln, Sachliteratur und feuilletonistischen Essays abzudecken, und das in einem breiten kulturwissenschaftlichen & gesellschaftspolitischen Themenspektrum. Ich schreibe z.B. für https://54books.de/, Cargo und https://pop-zeitschrift.de/ und habe letztes Jahr ein kleines Buch zu 3D-Graphik als spätkapitalistischer Bildpraxis veröffentlicht.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ich arbeite viel zu Themen, die an sich öffentlich sehr präsent sind, aber selten als Gegenstand akademischer Diskurse wahrgenommen werden - selbst wenn sich Wissenschaftler:innen schon seit Jahrzehnten damit beschäftigen! Das gilt für Katastrophenforschung ebenso wie für Videospiele. Flapsig gesagt geht es mir weniger darum, dass sich Menschen für meine Themen interessieren, sondern *wie* sie es tun ... sowohl innerhalb und außerhalb von Hochschulen. Eine Naturkatastrophe und ein anderes Extremereignis wird für eine Weile die Medien und die Aufmerksamkeit der Menschen beherrschen, aber möglichst schnell wieder vergessen werden - was wiederum kaum dabei hilft, eine nächste Katastrophe zu verhindern. Zu meiner eigenen Arbeit gehört entsprechend, die (oft falschen) Vorstellungen und Darstellungen von Katastrophen zu analysieren.
Auch digitale Bilder und Videospiele sind allgegenwärtig, und viele Menschen werden dazu starke Meinungen, aber oft wenige belastbare Informationen haben. Hier ist es mir beispielsweise wichtig, Medienphänomene in einen größeren Kontext zu stellen: Was heute neu und vielleicht überwältigend scheint (denken wir an die Bilder, die generative KI erzeugt) hat sowohl technisch wie ästhetisch eine lange Vorgeschichte. Gerade hinter einfachen Fragen können komplexe Probleme stehen, wenn wir zum Beispiel danach fragen, warum Videospiele heute so aussehen, wie sie aussehen (und zwar wie wirklich alles mögliche!).
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Seit kurzem bin ich im Vorstand vom Arbeitskreis Geisteswissenschaften und Digitale Spiele (AKGWDS).
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich schreibe seit ein paar Jahren an einem Fortsetzungsroman, von dem ich - nach einer andere Schreibprojekte bedingten längeren Pause - in der vorlesungsfreien Zeit jetzt endlich die letzten Kapitel abschließen möchte.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus? (Forschende sind ja auch nur Menschen)
Mein fachlicher Hintergrund in Kunstwissenschaft & Umweltgeschichte prägt mich ja sehr dafür vor, angesichts der Erhabenheit der Natur zu erschauern. In diesem Sinne würde ich an einem idealen freien Tag einfach sehr gerne am Meer oder in den Bergen spazieren gehen. Vielleicht wird das in den nächsten Jahren sogar irgendwann klappen!
Bitte begrüßt Jacob ganz herzlich auf dem Kanal!
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