Sunday, March 30, 2025

Der Weg des Stickstoffs - Tina Sanders ist jetzt bei Real Scientists DE!


Diese Woche freuen wir uns auf Tina Sanders. Tina (nitrogentina@bsky.social) hat Biologie und politische Wissenschaften in Oldenburg (Oldb) und Hamburg studiert und am Institut für Bodenkunde der Uni Hamburg im Excellenzcluster CLISAP über Ammoniakoxidierende Mikroorganismen aus Permafrostböden promoviert. Ihre wissenschaftlichen Arbeiten sind eng verbunden, sie fokussiert sich auf den Stickstoffkreislauf mit all seinen Facetten. Seit 2011 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin, erst als #ichbinHanna mit viele befristeten Verträgen und seit 2019 entfristet am Helmholtz-Zentrum Hereon (früher Helmholtz Zentrum Geesthacht für Material und Küstenforschung) und untersucht hauptsächlich die Veränderungen des Transportes von Stickstoff vom Land über den Fluss ins Meer. Die Elbe ist dabei ihr Freiland Labor. Seit 2018 ist sie auch Mitglied des Betriebsrates am Hereon vor allem um den vielen #ichbinHannas auch eine Stimme in der betrieblichen Interessenvertretung zu geben. Dabei ist ihr ihre Gewerkschaftsmitgliedschaft bei verdi sehr wichtig, denn nur mit einer starken Organisation können wir unsere Interessen durchsetzen.


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe in Oldenburg angefangen Biologie zu studieren und wollte auf keinen Fall „so einen Ökologiescheiß“ machen, sondern mein Plan war mich in die Gentechnik-Überwachung einzubringen. Es kam dann irgendwie anders. Nachdem Wechsel nach Hamburg, wo ich auch politische Wissenschaft im Nebenfach studiert habe, bin ich eher durch Zufall studentische Hilfskraft in einer Arbeitsgruppe in der Mikrobiologie geworden, die sich mit Nitrifikation beschäftigt und auch Proben aus Sibirien untersucht hat. Am Anfang brauchte ich einfach einen Job und dann kam die Leidenschaft dazu. Dann ergab sich nach meinem Diplom die Möglichkeit am Thema weiterzuarbeiten und in der Bodenkunde zu promovieren. Das Angebot kam per SMS. Sie suchten jemanden, die schon Erfahrung mit dem Stickstoffkreislauf hatte und bereit war mehrere Wochen auf Expedition nach Sibirien zu gehen. War ich und dann wurde es doch dieser Ökologiescheiß! Die Arbeit in der Arktis war eins meiner besten Erfahrungen

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Alle reden von Kohlenstoff und CO2, ich aber immer über Stickstoff und Lachgas (N2O). Der Stickstoff hat es mir angetan und lässt mich nicht wieder los.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Arbeit ist eine Mischung aus Feldarbeit, also Probenahmen in unterschiedlichen Ökosystemen, wie z.B.  der Elbe, aber auch eher entlegene Orte wie der Indische Ozean und die Arktis.  Dazu kommt Laborarbeit, wir untersuchen neben der Konzentration verschiedener Stickstoffverbindungen auch ihre chemischen Zusammensetzung in Bezug auf ihre stabilen Isotopen Signaturen, die geben Hinweise wo der Stickstoff herkommt und durch welche Prozesse er verändert wurde. Was das genau heißt, erfahrt Ihr später. Dazukommt kommt natürlich noch die Schreib- und Büroarbeit.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Stickstoff ist ein lebensnotweniger Nährstoff für alle Lebewesen, also auch für den Menschen. Dadurch, dass wir als Menschheit mit der immensen Düngung, den Stickstoffkreislauf ordentlich durcheinandergebracht haben, aber auch viele Millionen Menschen ernähren können, ist es wichtig zu verstehen, wie wir diesen Kreislauf auf eine  gute ökologische Weise am Laufen halten und nicht die ganze Welt überdüngen. Die Überdüngung führt auch zu hohen Emissionen an Lachgas, einem sehr Klimawirksamen Treibhausgas, auch das müssen wir reduzieren.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Meine Arbeit im Betriebsrat ist mir sehr wichtig, denn nur wenn die Arbeitsbedingungen stimmen, können wir auch Spitzenforschung betreiben, dafür ist eine wirksame Interessenvertretung notwendig und die Einhaltung vom Arbeitsrecht. Außerdem bin ich seit letzten Jahr auch als Gast in der Bundestarifkommission öffentlicher Dienst von Verdi für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen entsand. Gute Wissenschaft bracht eben auch gute Arbeitsbedingungen.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Zum Ausgleich und um den Kopf freizubekommen, fliege ich Gleitschirm, am liebsten in den Alpen. Sobald meine Füße vom Boden abheben, denke ich nicht mehr über die Arbeit und Wissenschaft nach, sondern genieße das Leben und die Natur.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Wenn im Wetterbericht gemeldet wird, es kommt zu einen „Einsickern eines Kaltlufttroges aus Nordwest in die Norddeutsche Tiefebene“. Dann weiß ich, dass es ein wunderbarer Flugtag am Rammelsberg in Goslar im Harz geben wird. Dann muss ich auch mal spontan frei nehmen.

Bitte begrüßt Tina ganz herzlich auf dem Kanal!


Monday, March 24, 2025

Sprache und Macht - Derya Gür-Seker ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Derya Gür-Şeker (@deryaguerseker.bsky.social)! Derya hat einen Dr. und eine Habilitation in Germanistischer Linguistik/Medienlinguistik, und ist seit Oktober 2023 Professorin an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Fachbereich Sozialpolitik und soziale Sicherung. Das klingt erstmal ungewöhnlich, denn was hat Linguistik mit Sozialpolitik zu tun? Und was macht eine Germanistin auf einer Professur für Kommunikation und Gesellschaft mit dem Schwerpunkt Social Media? Dass das alles sehr gut zusammenpasst und wie interdisziplinäre Forschung und Transfer Deryas Forschungsschwerpunkte bereichern und für Synergien sorgen, die in Zeiten digitaler Diskurse wichtiger denn je sind, das erfahrt ihr in dieser Woche. 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe nach meinem Studium der Germanistik, Politik- und Medienwissenschaft (2006) zunächst als externe Doktorandin begonnen, parallel bei Siemens im Bereich interne Kommunikation in Duisburg gearbeitet und dann den Weg in die Wissenschaft geschafft.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
In der germanistischen Linguistik hat mich immer die Frage umgetrieben, wie Sprache und Medien Gesellschaften prägen und beeinflussen, wer auf welche Weise — und ob mehr oder weniger — sichtbar ist. Bei mir dreht sich vieles also um Sprache und Macht. Nach Weiterbildungen zur Social Media Managerin und Online Marketing Managerin habe ich erkannt, dass neue Kommunikationsplattformen unser Verständnis von Öffentlichkeit und Kommunikation grundlegend verändern. Das war auch der Startschuss für mich, eine kleine Social Media Agentur zu gründen und auch außerhalb der Wissenschaft Erfahrungen zu sammeln. Mit der Professur an einer HAW hat sich dann alles thematisch und fachlich gefügt, weshalb ich immer sagen würde, dass das eigene Interesse an Themen und auch die Neugierde auf neue Wege in der Wissenschaft wichtig sind.



Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Seit Oktober 2023 bin ich Professorin für Kommunikation, Gesellschaft mit dem Schwerpunkt Social Media an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Fachbereich Sozialpolitik und soziale Sicherung. Meine Professur konzentriert sich in Forschung und Lehre auf die Bereiche digitale Kommunikation, Social Media und transferorientierte Ansätze, die digitale Zugänge auf Kommunikation und Gesellschaft verknüpfen. Dabei verbinde ich neben Diskurs- und Medienanalyse insbesondere Online und Social Media Marketing, um Studierenden praxisnahe Kompetenzen u.a. in den Bereichen Social-Media-Kommunikation oder digitales Storytelling zu vermitteln. So lernen Studierende, wie sie (sozial)politische Themen und Reformmaßnahmen öffentlich und zielgruppenspezifisch kanalisieren können. 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ich möchte nicht nur die Chance nutzen, meine Forschungsthemen zu Diskursen, kulturwissenschaftliche KI-Forschung, Flucht, Rechtspopulismus und auch neuere Social-Media-Analysen zu präsentieren, sondern zeigen, dass interdisziplinäre Zugänge und Transfer wichtig sind. Wissenschaftskommunikation spielt dabei für mich eine zentrale Rolle. Ich sehe hier noch großes Potenzial — insbesondere, wenn es um die Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen als Expertinnen geht. Auch zum Thema Frauen und Mütter in der Wissenschaft wird es sicher das ein oder andere spannende Posting geben.



Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Seit Mai 2024 bin ich Vertrauensdozentin der Hans Böckler Stiftung. Als Arbeiterkind ist es mir eine besondere Ehre und auch persönliche Pflicht, Wege für junge Menschen und zukünftige Wissenschaftler:innen aufzuzeigen, weil ich weiß, wie schwierig es ist, eine Wissenschaftskarriere überhaupt in Erwägung zu ziehen. Gleichzeitig bin ich auch Speakerin, moderiere Veranstaltungen und führe Workshops rund um die Themen Social Media oder Medienerziehung durch. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Wenn ich Zeit dafür finde, zeichne ich gerne (leider viel zu selten). Meist sind es abstrakte Bilder oder aber auch Comic-Figuren. Vor meiner Wissenschaftskarriere wollte ich immer Künstlerin werden – vielleicht zeige ich euch auch ein zwei Bilder, die ich gemalt habe.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Meinen idealen freien Tag verbringe ich mit meiner Familie und meinen Kindern, mit denen ich aktuell oft Fußball spiele, weil alle drei im Fußballverein aktiv sind.

Bitte begrüßt Derya ganz herzlich auf dem Kanal!


Monday, March 17, 2025

Von der Biomedizin zur Wissenschaftspolitik - Tobias Hoffmann ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Tobias Hoffmann (@tobias1hoffmann.bsky.social)!
Tobias hat einen PhD in Biomedizin, und hat in Barcelona zu einem Regulator des mRNA splicing geforscht, der in Blasenkrebs häufig mutiert 
ist. Die Corona-Pandemie und eine Summer-School zu Science Diplomacy weckten in ihm dann aber den Wunsch in die Wissenschaftspolitik zu 
schnuppern. Das hat ihm dann so gut gefallen, dass er schlussendlich in einer Behörde in der Wissenschaftspolitik (bzw. Science Policy) gelandet 
ist. Jetzt wirbt er leidenschaftlich dafür, dass sich die akademische Forschung und die Politik aufeinander einlassen und die gegenseitigen Logiken und Denkweisen kennenlernen, sodass wir dann bei besserer (und Evidenz-basierter) Politik rauskommen. Er glaubt, dass es dafür auch mehr Menschen braucht, die (immer mal wieder) die Seiten wechseln.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich glaube wie bei vielen Naturwissenschaftlern war es ein Interesse daran, wie Dinge funktionieren. Ich fand in der Schule die Kombination aus Bio und Chemie super spannend, am Ende geht es ja dabei darum wie 
Leben funktioniert. Darum habe ich Biochemie in Halle/Saale studiert. Über Praktika wurde dann immer klarer, dass ich die Krebsforschung am spannendsten fand, dabei geht es auch noch ein bisschen um Evolution. Das war mein Lieblingsthema aus dem Bio-LK.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Obwohl ich mein Promotionsprojekt super spannend fand, waren die Ergebnisse nicht ganz so leicht in Publikationen umzumünzen. Nach dem PhD habe ich daher gemerkt, dass ich für einen Postdoc wieder ein ganz neues Projekt von Grund auf starten müsste. Das hat sich irgendwie so angefühlt, als würde man das Gleiche noch einmal von vorne machen. Daher 
war ich, glaube ich, offen für neue Impulse. Darum habe ich auch eine Summer School in Science Diplomacy gemacht und bin da auf Menschen 
gestoßen, die ebenfalls nach Wegen gesucht haben Wissenschaft in andere Richtungen und globaler zu denken. Das war extrem inspirierend und es tat richtig gut mal wieder herauszuzoomen und statt ein einzelnes 
Protein zu studieren mal wieder die Wissenschaft als Ganzes wahrzunehmen. Außerdem war ich zur Zeit der Pandemie in Spanien und fand den Kontrast beim Umgang mit der Pandemie zwischen Spanien und 
Deutschland extrem krass. Seitdem immer mehr darüber nachgedacht, wie man wissenschaftliche Erkenntnisse effektiv in die Politik einbringen 
kann.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Am Ende ein Bürojob. Das war schon eine Umgewöhnung, aber wenn man ein bisschen sucht ist man immer in der Nähe von Wissenschaft und coolen 
Ergebnissen. Außerdem ermöglicht es der Job ganz neu über Wissenschaft nachzudenken. Lohnt sich Förderung von Wissenschaft volkswirtschaftlich? 
Warum ist es sinnvoll, dass möglichst viele Forschende internationale Erfahrungen sammeln? Außerdem haben immer mehr gesellschaftliche Probleme eine ganz explizite Wissenschaftskomponente? Dabei ist die 
Klimakrise nur die offensichtlichste. Das gleiche gilt bei Fragen von neuen Technologien oder wenn es um Daten oder Medizin geht. Die Wissenschaft möchte dabei gerne mehr gehört werden, nicht immer lässt 
sie sich dabei aber auf die Funktionsweisen von Politik ein. Daran mitzuwirken, dass diese Science-Policy-Dialog besser wird, finde ich 
super spannend.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ganz viel Information geht verloren, weil Wissenschaft und Politik nicht dieselbe Sprache und Geschwindigkeit haben. Wo Wissenschaft sich hütet 
vorschnelle Schlüsse oder absolute Aussagen zu treffen, muss die Politik das manchmal tun. Manche Erkenntnisse von Wissenschaft haben erst 
Jahrzehnte später Impact, dann aber massiv. Viele fordern mehr Evidenz in der Politik, gleichzeitig wäre eine Technokratie wohl etwas was die wenigsten wollen. Zum Glück gibt es viel Raum dazwischen, aber manchmal müssen Entscheidungen getroffen werden, ohne das definitive Evidenz vorliegt. Es ist also ein konstantes Abwägen und Aushandeln. Das kann 
anstrengend sein, aber genau deshalb täte es uns gut, wenn wir uns mehr aufeinander einlassen.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Wer Citizen Science mag, kann sich im April die City Nature Challenge anschauen. Dabei machen sich weltweit Menschen an einem Wochenende in ihrer Stadt mit Kamera auf die Suche nach wildlebenden Tieren, Pilzen und Pflanzen und dokumentieren diese. Über inaturalist.com können die Beobachtungen dann hochgeladen und bestimmt werden. Ich finde das immer wieder eine gute Art einerseits die Nachbarschaft kennenzulernen, draußen zu sein, andererseits aber auch global gemeinsam von der 
Biodiversität begeistert zu werden. Ich mache da bestimmt wieder mit. Dieses Jahr ist die Challenge vom 25.4. bis zum 28.4. Viele Städte 
machen auch in Deutschland mit (u.a. Berlin, Hamburg, Osnabrück, Kiel). Hier der Link: https://www.citynaturechallenge.org/ (Wenn Deine Stadt nicht mitmacht, gibt es auch auf iNaturalist ein globales Projekt für alle Interessierten ohne teilnehmende Stadt).

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Morgens wandern, ein schönes Picknick bei Sonnenschein und dann abends ein Kaltgetränk auf einer Terasse mit Sommerfrüchten.

Bitte begrüßt Tobias ganz herzlich auf dem Kanal!


Sunday, March 9, 2025

Neurobiologie unter dem Mikroskop! Sebastian Markert ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Sebastian Markert (@scibastian.bsky.social)! Man erkennt Sebastian, aka sci_bastian, immer sofort an der Fliege. Er ist YouTuber, angestellter Spezialist für Mikroskopie und Professor für Neurobio. Nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge! Alle drei Jobs verbindet aber der Spaß daran, Wissenschaft anschaulich zu machen. Er erklärt unheimlich gern komplexe Zusammenhänge so, dass sie jede/r verstehen kann und er macht Wissenschaft buchstäblich anschaulich, wenn er mit seinen Mikroskopen Fotos von Biologie schießt.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich war schon immer in der Wissenschaft. Wollte schon als kleines Kind alles wissen und Professor werden.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Neurobio ist doch einfach das spannendste Feld, weil es da um unser Gehirn geht und warum wir so sind, wie wir sind. Gibt es ein spannenderes Objekt im Universum als das menschliche Gehirn?


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich bin Nachwuchsprofessor. Das bedeutet, ich arbeite nur halb als Professor und arbeite die andere Hälfte der Zeit in einer Firma. Für eine HAW (früher hat man FH gesagt) Professur muss man mehrere Jahre praktische Berufserfahrung außerhalb des Hochschulbereichs vorweisen, und das hole ich gerade nach. Duale Professur, quasi. Ich darf also bei der Firma ZEISS ganz viel mit Mikroskopen spielen und an der htw saar darf ich Professor spielen, also Vorlesungen halten und forschen. Ein guter Deal!


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ich mache Bilder mit Mikroskopen! Das sind ganz anschauliche, aber nicht unbedingt alltägliche Einblicke. Wer würde nicht gerne mal ein Tintenfischbaby direkt nach dem Schlüpfen sehen wollen? Oder den Rüssel einer Biene im Elektronenmikroskop? Oder Bakteriophagen, wie sie ein Bakterium infizieren, ein Schwarm todbringender schlechter Nachrichten? Und das sind nur die Bilder. Dann kann man ja auch noch viel über (Neuro-) Biologie lernen, wenn man mir zuhört. Und darüber, was ich als Neurobiologe von KI wie ChatGPT halte (Spoiler Alert: Weniger, als man vielleicht erwartet).


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Nun ja, ich betreibe einen YouTube-Kanal, in den ich ab jetzt wieder mehr Energie reinstecken möchte. Videos über Pilze sind gerade in der Pipeline und ich bin schon sehr auf die Resonanz gespannt :) Wie immer werde ich versuchen, das Thema aus einem Blickwinkel zu betrachten, den man so vielleicht noch nie hatte. Und natürlich alles in das große Ganze der Evolution und des Stammbaums des Lebens einordnen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich backe gerne! Auch da wird es manchmal wissenschaftlich. Um zu testen, welches Klebereismehl für mein neues Lieblingswaffelrezept das Beste ist, habe ich dem Letzt eine doppelt verblindete Studie daraus gemacht, denn man kann sich ja viel einbilden! Jetzt weiß ich genau, mit welchem Mehl die besten Waffeln am besten werden. Wissenschaftlich erwiesen.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?
Selbstgemachte Pizza im Ofen, Freunde sind da, man spielt Brettspiele, unterhält sich über das Leben, und dann gibt es einen von mir gebackenen Nachtisch. Vielleicht meine berühmte Himbeertorte. Oder meine neuen Lieblingswaffeln.



Bitte begrüßt Sebastian ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, March 2, 2025

Wie Kindheitsbelastungen die Darm-Hirn-System beeinflussen! Julia Ditzer ist jetzt bei Real Scientists DE!

Julia Ditzer Porträtforo
Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Julia Ditzer (@juliaditzer.bsky.social)! Julia ist Doktorandin in Klinischer Kinder- und Jugendpsychologie an der TU Dresden. Sie erforscht, wie frühe Lebenserfahrungen – insbesondere Misshandlung, Vernachlässigung oder Trennung von Bezugspersonen – die Entwicklung des Darm-Hirn-Systems beeinflussen. Ihr Promotionsprojekt ist international ausgerichtet, und sie arbeitet sowohl mit Prof. Dr. Anna-Lena Zietlow in Dresden als auch mit Prof. Dr. Bridget Callaghan an der UCLA zusammen.

Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Rolle des Darmmikrobioms für die interozeptive Wahrnehmung – also darauf, wie wir innere Körpersignale spüren und interpretieren. Da interozeptive Prozesse eine Schlüsselrolle für Emotionen, Stressverarbeitung und psychische Gesundheit spielen, bietet ihre Forschung neue Einblicke in die langfristigen Auswirkungen früher Belastungen. Ziel ist es, biologische Mechanismen zu identifizieren, die psychische Gesundheit nach belastenden Kindheitserfahrungen beeinflussen, um langfristig bessere Interventionsmöglichkeiten zu entwickeln.

Julia Ditzer studierte Psychologie (B.Sc. und M.Sc.) in den USA und Deutschland. Ihren Masterabschluss machte sie an der Universität Leipzig. Während ihres Studiums sammelte sie umfangreiche Forschungserfahrung in den Bereichen Entwicklungspsychologie, Neurobiologie von Stress und interozeptive Prozesse. Sie absolvierte Forschungsaufenthalte an der UCLA, Stanford University und Yale University und ist in mehreren internationalen Forschungsnetzwerken aktiv. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit engagiert sie sich in Mentoring-Programmen und Initiativen für Frauen, Erstakademiker:innen und Studierende mit Migrationshintergrund.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

An meinem ersten Tag an der MLU Halle hatte ich ein Gespräch mit Dr. Kay Brauer, der damals selbst promoviert hat und Dozent für eins meiner belegten Seminare war. In diesem Gespräch hat Kay mit mir ganz selbstverständlich über das Leben in der Wissenschaft gesprochen als wäre offensichtlich, dass ich das ja auch anstrebe. Irgendwie war für mich ab diesem Gespräch klar: Ich werde auch promovieren und in die Wissenschaft gehen. Die restliche Studienzeit (immerhin 5,5 Jahre) habe ich eigentlich nur darauf gewartet, dass ich endlich mit der Promotion starten darf.

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Ich habe mich schon sehr lange für Psychotraumatologie interessiert. Auf das Thema Kindesmisshandlung bin ich dann während eines Praktikums in der Kinderpsychiatrie gekommen. Fast alle, wenn nicht sogar alle, Kinder, mit denen ich dort gearbeitet habe, hatten Misshandlung und/oder Vernachlässigung in ihrem Leben erlebt. Das war für mich sehr eindrücklich.

Zur gleichen Zeit bin ich auf eine Ausschreibung von Dr. Anat Talmon an der Stanford University gestoßen, die zu den Folgen von Kindesmisshandlung forschte und ihr Team verstärken wollte. Ich habe mich beworben – und der Rest ist Geschichte. 😊 Seitdem lässt mich das Thema nicht mehr los.

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich forsche dazu, wie frühe Belastungen – etwa Misshandlung oder Vernachlässigung – die Entwicklung von Interozeption und die Darm-Hirn-Achse beeinflussen. Da Interozeption zentral für Emotionen und psychische Gesundheit ist, möchte ich verstehen, welche biologischen Mechanismen hier eine Rolle spielen.
Neben meiner inhaltlichen Leidenschaft für das Thema liebe ich es, Meta-Analysen durchzuführen. Leider haben sie den Ruf nicht besonders viel Spaß zu machen. Viele finden sie trocken – für mich sind sie das Gegenteil! Ich mag sie wirklich sehr. In meiner Promotion kombiniere ich deshalb Meta-Analysen mit experimentellen Methoden, um ein umfassenderes Bild der langfristigen Folgen früher Belastungen zu gewinnen.

 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Etwa jedes dritte Kind erlebt Misshandlung oder Vernachlässigung – mit gravierenden Folgen. Die Hälfte aller psychischen Erkrankungen lässt sich darauf zurückführen und auch viele körperliche Erkrankungen werden dadurch begünstigt. Trotzdem wird in unserer Gesellschaft erstaunlich wenig über dieses Thema gesprochen. Es fehlt an Aufmerksamkeit, Prävention und vor allem an adäquater Hilfe für betroffene Kinder.

 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich engagiere ich mich in verschiedenen Organisationen (z.B. International Society for Developmental Psychobiology, Society for Psychophysiological Research) und Mentoring-Programmen (z.B. ApplicAid, Senkrechtstarter, Legmon) für Bildungsgerechtigkeit und bessere Bedingungen für Minderheiten im akademischen Betrieb.

 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich mache gerne (wenn auch noch eher als Anfängerin) Kampfsport: Besonders Muay Thai und Kickboxen. Davon abgesehen liebe ich alles, was mit Wasser zutun hat. Meine Bucket List besteht fast ausschließlich aus verschiedenen Wal- und Haiarten, die ich gern mal ganz aus der Nähe sehen und mit ihnen schwimmen möchte.

 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

An meinem idealen freien Tag gehe ich morgens zu meinem Lieblingskurs in meinem Fitnessstudio, der eher einer großen, lauten Party ähnelt. Danach Brunch mit Freunden und unseren Kindern in einem der vielen großartigen Cafés in Leipzig. Und dann sitzen wir einfach nur stundenlang rum und reden über das Leben. Es gibt guten Kuchen und Iced Chai Latte.


Bitte begrüßt Julia ganz herzlich bei Real Scientists DE!