Wir freuen uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Manuela Weber (@manulawe) vorstellen zu dürfen! Manuela hat an der Universität Bern Ur- und Frühgeschichte, Medienwissenschaft und Archäologie der Römischen Provinzen studiert und mit dem Lizentiat zu einem frühmittelalterlichen Gräberfeld abgeschlossen. Nach dem Studium arbeitete sie während eines Jahres auf einer Großgrabung in Zürich. Danach beschäftigte sie sich im nachfolgenden Forschungsprojekt während 3 Jahren mit jungsteinzeitlicher Keramik aus der sogenannten Horgener Kultur. Seit knapp 7 Jahren ist sie bei der Kantonsarchäologie Aargau tätig, in der archäologischen Sammlung und in der Öffentlichkeitsarbeit. 2015 absolvierte sie die Weiterbildung zur Wissenschaftsjournalistin an der Schweizer Journalistenschule MAZ. Seit Anfang 2018 leitet sie nun das Ressort Vermittlung, Öffentlichkeitsarbeit, Medien in der Kantonsarchäologie Aargau und beschäftigt sich tagtäglich damit, wie man wissenschaftliche Erkenntnisse an die Öffentlichkeit vermittelt.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Nach meinem Studium der Ur- und Frühgeschichte und der Medienwissenschaft bin ich als erstes auf einer archäologischen Ausgrabung gelandet. Das war 2010, eine spektakuläre Ausgrabung in Zürich direkt vor dem Opernhaus. Es galt, die Überreste einer Pfahlbausiedlung aus der Zeit von 3200 bis 2700 v. Chr. auszugraben und zu dokumentieren, bevor an diesem Platz eine Tiefgarage gebaut wurde. Auf der 9-monatigen Ausgrabung habe ich im sogenannten Fundlabor gearbeitet und dort die Fundobjekte gereinigt, bestimmt, in der Datenbank erfasst und sachgerecht verpackt. Nach der Ausgrabung habe ich aufgrund dieser Arbeitserfahrung direkt eine Anstellung gefunden bei der Kantonsarchäologie Aargau. Auch hier arbeitete ich mit Fundobjekten im Bereich archäologische Sammlung: ich inventarisierte die Funde der laufenden Ausgrabungen. Die Fundobjekte stammten aus allen Epochen: von der Steinzeit über die Bronzezeit und Römerzeit bis ins Mittelalter und die Neuzeit. Parallel zu dieser Teilzeittätigkeit erhielt ich dann die Möglichkeit, die jungsteinzeitliche Keramik der Ausgrabung in Zürich, wo ich dabei gewesen war, auszuwerten. Das war mein erstes großes Forschungsprojekt, in dem ich rund 3 Jahre arbeitete.
Neben der Forschung interessierte ich mich aber immer für die Vermittlung der Forschungsergebnisse an die Bevölkerung, sei es direkt im persönlichen Kontakt mit Führungen und Workshops, vor allem aber auch in der Kommunikation via verschiedene Kanäle. So absolvierte ich schließlich eine Weiterbildung zur Wissenschaftsjournalistin. Dies führte dann Anfang dieses Jahres dazu, dass ich mich ganz der Wissenschaftskommunikation verschrieb und in der Kantonsarchäologie Aargau die Leitung des Ressorts Vermittlung, Öffentlichkeitsarbeit, Medien übernahm. Hier forsche ich zwar nicht mehr im wissenschaftlichen Sinn, beschäftige mich aber natürlich intensiv mit Vermittlungsformaten und Kommunikationsformen.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Die Beschäftigung mit archäologischen Fundobjekten, hat mir immer gefallen. Die Vergangenheit bzw. deren Erforschung, die Archäologie an sich, übt einfach eine Faszination aus. Durch die Fundobjekte kommt man manchmal auch ganz nah an die Menschen aus dieser Vergangenheit heran, zum Beispiel wenn ich ihre Fingerabdrücke auf der 5000 Jahre alten Keramik entdeckte. Hühnerhautmoment, tatsächlich. Manchmal war diese Forschungstätigkeit aber auch eine einsame und versteckte Angelegenheit. Und ist es wirklich relevant für unsere Gesellschaft, ob ein Keramikgefäß nun eine Wanddicke von 15,5 mm oder 14,2 mm hat? Für die Keramikspezialistinnen natürlich schon, denn da liegen rund 200 Jahre Entwicklung dazwischen, und diese Erkenntnis ist wichtig. Aber für die Bevölkerung, die Menschen da draußen, ist nicht die Wanddicke der Keramik interessant, sondern wie die Menschen damals gelebt haben. Und diese Begeisterung der Menschen für die Vergangenheit spürt man! Deshalb widme ich mich nun auch dieser Aufgabe: das Wissen weiterzuvermitteln. Und dies nicht nur, weil es auch die gesetzliche Aufgabe der Kantonsarchäologie ist, sondern weil ich überzeugt bin, dass die Gesellschaft, letztendlich der Steuerzahler, der die Forschung auch bezahlt, ein Recht darauf hat, daran teilzuhaben. Und zum Schluss: es macht einfach Spaß!
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Arbeit ist äußerst vielseitig, ganz grob geht es aber um die Bereiche Vermittlung und Kommunikation. In der Vermittlung organisiere ich mit meinem kleinen Team zusammen Veranstaltungen der Kantonsarchäologie. Dieses Jahr gibt es beispielsweise vier große Erlebnistage in vier Regionen des Aargaus, die sogenannten Kulturerbe-Tage. Da gehen wir vor Ort zur Bevölkerung hin, in eine kleine Gemeinde und zeigen Ihnen ihr kulturelles Erbe. Also die Funde von Ausgrabungen, es gibt Führungen zu Baudenkmälern, wir veranstalten Workshops für Kinder und zeigen mit Demonstrationen, zum Beispiel einem experimentalarchäologischen Bronzeguss, wie die Dinge in der Vergangenheit funktioniert haben. Natürlich gibt es neben diesen Großevents auch regelmäßig Grabungsführungen, Vorträge, Buchvernissagen zu organisieren. Zum Bereich Vermittlung gehören auch Ausstellungen, aktuell beraten wir das Museum Aargau bei der Realisierung einer Archäologie-Ausstellung. Im Bereich Kommunikation pflege ich unsere Webseite und unseren Instagram-Kanal und ich verfasse Medienmitteilungen zu unseren neusten Entdeckungen oder Forschungsresultaten. Mein Team ist auch zuständig für die wissenschaftlichen Publikationen, das heißt unsere Zielgruppe sind auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, indem wir unsere Ausgrabungs- und Forschungsresultate publizieren, dies selbstverständlich open access. So beschäftige ich mich tatsächlich mit vielen verschiedenen Facetten der Archäologie und bleibe dadurch trotzdem, auch wenn ich nicht mehr aktiv forsche, auf dem Laufenden.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Die Öffentlichkeit hat sich schon immer für Archäologie interessiert! Aber oft schwirren da natürlich Klischees herum: Indiana Jones lässt grüßen. Wir, ich und mein Team, wollen genau diese Klischees aus dem Weg räumen. Die Öffentlichkeit soll also sehen, was wir Archäologen und Archäologinnen wirklich tun, und zwar authentisch. Dass wir nicht Schatzgräber sind, sondern nach wissenschaftlichen Standards arbeiten. Grundsätzlich ist die Öffentlichkeit ja schon sehr an Wissenschaft interessiert, und in der Archäologie sind in den letzten Jahren auch große Schritte gemacht worden, neue naturwissenschaftliche Methoden, zum Beispiel DNA-Analysen, oder neue Dokumentationsmethoden wie 3D-Modelle. Da ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Dadurch haben wir ein immer besseres Bild der Vergangenheit. Die Öffentlichkeit, also jedermann, aber auch die Gesellschaft als Ganzes, kann so plastisch erfahren, woher wir kommen und was unsere Geschichte ist.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Nebenamtlich engagiere ich mich noch in einem Verein, der Gesellschaft Pro Vindonissa. Hier bin ich Redaktorin des Jahresberichts, der jährlich erscheint. Er beinhaltet wissenschaftliche Artikel zur Archäologie, wir versuchen aber, diese verständlich und reich bebildert zu realisieren, sodass auch die Laienmitglieder des Vereins die Artikel (hoffentlich) lesen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
In meiner Freizeit, also in den Ferien, reise ich gerne. Einmal pro Jahr findet man mich auf einem Trekking, wo ich am liebsten möglichst einfach im Zelt in der Natur übernachte. Mein Arbeitsalltag ist oft recht turbulent, so dass ich diese Abgeschiedenheit und Einfachheit auf meinen Reisen liebe. Kein Handy, kein Internet, aber auch keine Dusche und kein Federbett.
Ansonsten geh ich gern ins Kino, lese gern und pflege meinen kleinen Garten. Unkrautjäten ist das beste Mittel gegen Alltagsstress!
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen selbstverständlich. Ausgiebig frühstücken. Und dann schauen, was passiert.
Bitte begrüßt Manuela ganz herzlich bei Real Scientists DE!
No comments:
Post a Comment