Mit großer Vorfreude möchten wir euch Anna-Lena Schuberg (@AnnaLSchubert) als unsere neue Kuratorin vorstellen! Anna-Lena hat an der Universität Heidelberg Psychologie (B.Sc./M.Sc.) studiert und dort anschließend zum Thema „The relationship between mental speed and mental abilities“ promoviert. Im Anschluss an ihre Promotion hat sie sich für einen viermonatigen Forschungsaufenthalt im Department of Cognitive Sciences der University of California, Irvine, in Kalifornien aufgehalten und dort an einem Modell zur Integration neuraler Daten, mathematischer Modelle und Intelligenztestdaten gearbeitet. Zurück in Heidelberg ist sie derzeit als akademische Rätin auf Zeit in der Abteilung für Persönlichkeitsforschung und Psychologische Diagnostik tätig und beschäftigt sich dort mit den neurokognitiven Grundlagen der Intelligenz.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?Ursprünglich wollte ich Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus studieren, habe mich dann aber doch mit Psychologie für die vernünftigere Alternative entschieden – schließlich muss man ja irgendwann doch mal Geld verdienen. Während meines Psychologiestudiums habe ich mich recht schnell für (grundlagen-) wissenschaftliche Fragestellungen begeistert. Die Herausforderung, durch neue methodische Ansätze und Perspektivwechsel Antworten auf offene Fragen zu entwickeln, hat mich schon während meines Studiums sehr gereizt und motiviert mich auch heute noch stark. Ich hatte das große Glück, als studentische Hilfskraft während meines Studiums in zwei Abteilungen arbeiten zu dürfen, in denen ich bereits als Studentin stark in die Planung, Auswertung und Interpretation von Experimenten miteinbezogen wurde. Als mein Doktorvater mir dann anbot, im Anschluss an meine Masterarbeit bei ihm zu promovieren, war ich überglücklich, meinen Forschungsdrang weiter verfolgen zu können.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich habe mich schon immer gefragt, warum Menschen häufig schlechte Entscheidungen treffen und oft entgegen ihrer eigenen Interessen handeln. Es ist nur konsequent, dass ich mich in meiner Forschung mit den Determinanten rationalen Schlussfolgerns und individuellen Unterschieden in der Intelligenz beschäftige. Gerade Intelligenzforschung ist ein unglaublich spannendes Feld, weil wir mit Intelligenztests – anders als häufig behauptet – sehr viele wichtige Erfolgsvariablen wie Bildungs- und Berufserfolg, aber auch Lebenszufriedenheit und Gesundheit vorhersagen können. Obwohl Intelligenz also ein mächtiges Konstrukt ist, das wir mit klassischen Intelligenztests auch sehr gut messen können, wissen wir relativ wenig darüber, warum sich Menschen in ihrer Intelligenz unterscheiden. Um die kognitiven Prozesse und neuronalen Korrelate zu identifizieren, die Intelligenzunterschieden zugrunde liegen, muss man viele verschiedene methodische Herangehensweisen vereinen: Klassische Laborexperimente, bildgebende Verfahren, Erblichkeitsstudien, mathematische Modellierung, … Es macht mir großen Spaß, diese Forschungsfrage aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und Teile zur Entschlüsselung des großen Rätsels menschlicher Intelligenz beizutragen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Arbeit besteht zu gleichen Teilen aus Lehre und Forschung (und ein paar administrativen Tätigkeiten, mit denen ich hier aber niemanden langweilen will). Meine Lehrveranstaltungen stammen meist aus dem Bereich der Persönlichkeitspsychologie oder der Forschungsmethoden. Außerdem betreue ich Bachelor- und Masterarbeiten sowie neuerdings auch meinen ersten Doktoranden. Es macht mir viel Spaß mit Studierenden zu arbeiten, die sich für unsere Forschung begeistern können, und ihre wissenschaftliche, aber auch persönliche Entwicklung zu begleiten. Im Rahmen meiner Forschungstätigkeit leite ich das EEG-Labor unserer Abteilung und programmiere und analysiere elektrophysiologische Experimente. Derzeit schreibe ich außerdem an mehreren Manuskripten, in denen Ergebnisse aus bereits abgeschlossenen Forschungsprojekten berichtet werden. Ich stelle meine Forschung auch regelmäßig auf nationalen und internationalen Konferenzen vor und habe großen Spaß am Austausch mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Fast jede Person, die ich treffe, fragt mich erst einmal zu den grundlegenden Fakten zu Intelligenz und Intelligenzunterschieden aus, wenn ich von meinem Forschungsthema erzähle. Wir alle wissen, dass wir uns alle auf vielen verschiedenen Dimensionen der Persönlichkeit (nicht nur in der Intelligenz) unterscheiden, und ich glaube, dass es sehr spannend sein kann, ein wissenschaftlich fundiertes Verständnis für diese Persönlichkeitsunterschiede zu entwickeln. Dass Intelligenzforschung in der Öffentlichkeit vor allem dann diskutiert wird, wenn gerade wieder ein politisch motiviertes Buch mit polemischen Thesen zu Intelligenzunterschieden veröffentlicht wurde, macht mich persönlich traurig. Wenn wir als Intelligenzforscherinnen und -forscher die Öffentlichkeit mehr an unserer Forschung teilhaben ließen, würden viele dieser öffentlichen Diskussionen sicherlich reflektierter ausfallen. Letztlich hat die Identifikation der neurokognitiven Grundlagen der Intelligenz natürlich auch klare gesellschaftliche Relevanz und umfassende ethische Implikationen, wenn wir irgendwann auf Basis unserer Forschungsergebnisse in der Lage sein sollten Interventionen zu entwickeln, mit deren Hilfe wir möglicherweise die menschliche Intelligenz steigern können. So kann unsere Forschung auch jetzt schon helfen, Mythen zur Intelligenzsteigerung durch „Gehirntrainings“ oder „Intelligenzpillen“ zu widerlegen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich engagiere mich als stellvertretende Jungwissenschaftlervertreterin für die Anliegen der Jungwissenschaftlerinnen und Jungwissenschaftler in der Deutschen Gesellschaft für Psychophysiologie und ihre Anwendung (DGPA). Zusammen mit den Jungwissenschaftlervertretern der Fachgruppe Biologische Psychologie und Neuropsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPS) wollen wir die Vernetzung unter Jungwissenschaftlerinnen und Jungwissenschaftlern fördern und veranstalten dazu Workshops und Retreats.
Außerdem engagiere ich mich für die Stiftung für Effektiven Altruismus, die es sich zum Ziel gesetzt hat, nach wissenschaftlichen Prinzipien und rationalen Kriterien so viel Gutes wie möglich auf der Welt zu tun. Mir ist dabei besonders wichtig, dass wir nicht nur wohltätig sind, weil es uns ein gutes Gefühl gibt, sondern dass wir aus vielen verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen und ihren Interventionen diejenigen zur Förderung auswählen, die nachweislich besonders effektiv sind.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich habe eine große Leidenschaft für Film, Theater, Musik und Kultur. Als Persönlichkeitspsychologin begeistern mich fein gezeichnete Charakterportraits in Romanen, Theaterstücken oder Film und Fernsehen, und gelegentlich schlüpfe ich auch selbst im Rahmen von Improvisationstheater und Erzählspielen in andere Rollen. Ich bin außerdem begeisterte Brettspielerin und habe einen ganzen Schrank voller Strategie-, Denk- und Kartenspiele. Am liebsten mag ich strategische, kooperative Spiele, in denen man gemeinsam als Gruppe komplexe Probleme lösen oder eine strategische Herausforderung bestehen muss.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen (bis 9 Uhr), ausgiebig frühstücken, lesen, etwas in der Natur unternehmen oder in eine andere Stadt fahren, sich abends gemeinsam mit Freunden zum Kochen und/oder zum Brettspielen treffen, ein Konzert besuchen, einen guten Film oder ein gutes Theaterstück sehen. Guter Kaffee ist ein essentieller Bestandteil jedes idealen Tages, sei es ein Arbeitstag oder ein freier Tag.
Bitte begrüßt Anna-Lena ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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