Mit großer Vorfreude möchten wir euch Victoria Grinberg (@vicgrinberg) als unsere neue Kuratorin vorstellen! Victoria hat ihr Diplom in Physik an der LMU München und ihren Doktor in Astrophysik an der Universität Erlangen-Nürnberg gemacht, genauer gesagt an dem Erlangen Centre for Astroparticle Physics und der Dr. Karl Remeis-Sternwarte, Bamberg. Danach war sie für drei Jahre am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA und eineinhalb Jahre bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Noordwijk, den Niederlanden. Seit Juli 2018 ist sie zurück in Deutschland und schreibt ihre Habilitation an der Universität Tübingen.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich wollte tatsächlich schon immer forschen! Es gab zwar zum Teil recht lange Phasen dazwischen, wo ich eher etwas anderes machen wollte als Physik - Psychologie war dabei, aber auch Linguistik und Literaturwissenschaften - aber es war immer Forschung und Wissenschaft.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Physik und Kosmologie haben mich schon immer fasziniert - ich habe schon als Kind sehr viel Science Fiction gelesen (von den Science Fiction Büchern, die die Augsburger Stadtbücherei hatte, ist keins ungelesen geblieben!), das hat das Interesse sicher stark mitgeprägt.
Am Anfang des Physikstudiums habe ich allerdings versucht, mich auf was handfesteres zu konzentrieren - die Jobaussichten in der reinen Forschung sind ja sehr schlecht und als jemand, die mit Hartz IV aufgewachsen ist, wollte ich auf keinen Fall Arbeitslosigkeit riskieren. Diese Vernunftsentscheidung hat mich aber sehr unglücklich gemacht - das Studium machte erst dann wieder Spaß als ich die Vernunft über Bord geworfen und die Astrophysikvorlesungen vorgezogen habe. Später kamen dann die ersten Forschungserfahrungen mit Forschungspraktika und Hilfswissenschafler-Jobs. So bin ich auch in mein Forschungsfeld reingerutscht - zuerst eine Sommerakademie, dann ein Forschungspraktikum, dann ein HiWi-Job, dann ein Auslandssemester, in dem ich mich auf ein Forschungsprojekt konzentrieren konnte ... Mit den Leuten, mit denen ich damals als Studentin zu tun hatte, arbeite ich zum Teil heute, mehr als 10 Jahre später, immer noch zusammen!Mich hält wirklich das faszinierende Thema - und tolle Leute! Ohne gute Kollegen und Freunde ist der Job nämlich nicht zu schaffen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich mache beobachtende Hochenergieastrophysik, mit einem Schwerpunkt auf Röntgendoppelsternen - das sind Systeme, die aus einem schwarzen Loch oder Neutronenstern und einem normalen Begleiterstern bestehen. Material von diesem Begleiter fällt auf das schwarze Loch oder den Neutronenstern und erzeugt dabei elektromagnetische Strahlung, viel davon im Röntgenbereich. Diese Strahlung beobachte ich mit Weltraumteleskopen (auf der Erde geht das nicht, weil unsere Atmosphäre uns zum Glück vor Röntgenstrahlung aus dem Weltraum abschirmt!).
Wenn ich Leute abschrecken will bzw. auf den Boden der Tatsachen holen, sage ich immer, dass ich einfach stundenlang am Computer arbeite und Code und Text schreibe. Aber natürlich ist der Teufel im Detail: mein Code liest nämlich Informationen über tatsächlich gemessene Photonen ein, die in der unmittelbarer Nähe eines schwarzen Lochs oder eines Neutronensterns entstanden sind, und vergleicht sie mit theoretischen Modellen. Und aus dem Vergleich kann ich dann Aussagen darüber treffen, was tatsächlich in der Nähe eines schwarzen Lochs passiert. Oder wie sich die Winde von Sternen, die 50 mal massereicher und Millionen mal leuchtkräftiger sind als unsere Sonne, verhalten. Und die Texte, die ich schreibe, fassen dann meine Entdeckungen zusammen. Oder es sind Anträge (sehr, sehr viele Anträge, sie verschlingen auch unheimlich viel Zeit), die dafür Sorgen, dass die Teleskope überhaupt Quellen, die ich spannend finde, beobachten - oder aber dass mir jemand das Geld gibt, damit ich oder meine Studenten und Doktoranden die Beobachtungen auch auswerten können (weil Wissenschaft ist toll, aber ohne Bezahlung können wir halt auch nicht leben).
Dazu kommen noch andere Aufgaben dazu: Lehre ist immer dabei (und nimmt gerade recht viel Zeit in Anspruch), Studierende und Promovierende betreuen, im kommenden Jahr organisiere ich eine Special Session bei einer Konferenz und bin im wissenschaftlichen Organisationskomitee einer anderen Konferenz, außerdem beteilige ich mich an der Planung neuer Weltraummissionen im Bereich der Röntgenastrophysik ...
Foto:Friedhelm Albrecht/Universität Tübingen |
Physik und Kosmologie haben mich schon immer fasziniert - ich habe schon als Kind sehr viel Science Fiction gelesen (von den Science Fiction Büchern, die die Augsburger Stadtbücherei hatte, ist keins ungelesen geblieben!), das hat das Interesse sicher stark mitgeprägt.
Am Anfang des Physikstudiums habe ich allerdings versucht, mich auf was handfesteres zu konzentrieren - die Jobaussichten in der reinen Forschung sind ja sehr schlecht und als jemand, die mit Hartz IV aufgewachsen ist, wollte ich auf keinen Fall Arbeitslosigkeit riskieren. Diese Vernunftsentscheidung hat mich aber sehr unglücklich gemacht - das Studium machte erst dann wieder Spaß als ich die Vernunft über Bord geworfen und die Astrophysikvorlesungen vorgezogen habe. Später kamen dann die ersten Forschungserfahrungen mit Forschungspraktika und Hilfswissenschafler-Jobs. So bin ich auch in mein Forschungsfeld reingerutscht - zuerst eine Sommerakademie, dann ein Forschungspraktikum, dann ein HiWi-Job, dann ein Auslandssemester, in dem ich mich auf ein Forschungsprojekt konzentrieren konnte ... Mit den Leuten, mit denen ich damals als Studentin zu tun hatte, arbeite ich zum Teil heute, mehr als 10 Jahre später, immer noch zusammen!Mich hält wirklich das faszinierende Thema - und tolle Leute! Ohne gute Kollegen und Freunde ist der Job nämlich nicht zu schaffen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich mache beobachtende Hochenergieastrophysik, mit einem Schwerpunkt auf Röntgendoppelsternen - das sind Systeme, die aus einem schwarzen Loch oder Neutronenstern und einem normalen Begleiterstern bestehen. Material von diesem Begleiter fällt auf das schwarze Loch oder den Neutronenstern und erzeugt dabei elektromagnetische Strahlung, viel davon im Röntgenbereich. Diese Strahlung beobachte ich mit Weltraumteleskopen (auf der Erde geht das nicht, weil unsere Atmosphäre uns zum Glück vor Röntgenstrahlung aus dem Weltraum abschirmt!).
Wenn ich Leute abschrecken will bzw. auf den Boden der Tatsachen holen, sage ich immer, dass ich einfach stundenlang am Computer arbeite und Code und Text schreibe. Aber natürlich ist der Teufel im Detail: mein Code liest nämlich Informationen über tatsächlich gemessene Photonen ein, die in der unmittelbarer Nähe eines schwarzen Lochs oder eines Neutronensterns entstanden sind, und vergleicht sie mit theoretischen Modellen. Und aus dem Vergleich kann ich dann Aussagen darüber treffen, was tatsächlich in der Nähe eines schwarzen Lochs passiert. Oder wie sich die Winde von Sternen, die 50 mal massereicher und Millionen mal leuchtkräftiger sind als unsere Sonne, verhalten. Und die Texte, die ich schreibe, fassen dann meine Entdeckungen zusammen. Oder es sind Anträge (sehr, sehr viele Anträge, sie verschlingen auch unheimlich viel Zeit), die dafür Sorgen, dass die Teleskope überhaupt Quellen, die ich spannend finde, beobachten - oder aber dass mir jemand das Geld gibt, damit ich oder meine Studenten und Doktoranden die Beobachtungen auch auswerten können (weil Wissenschaft ist toll, aber ohne Bezahlung können wir halt auch nicht leben).
Dazu kommen noch andere Aufgaben dazu: Lehre ist immer dabei (und nimmt gerade recht viel Zeit in Anspruch), Studierende und Promovierende betreuen, im kommenden Jahr organisiere ich eine Special Session bei einer Konferenz und bin im wissenschaftlichen Organisationskomitee einer anderen Konferenz, außerdem beteilige ich mich an der Planung neuer Weltraummissionen im Bereich der Röntgenastrophysik ...
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ganz utilitaristisch könnte hier mit all den Anwendungen argumentiert werden, die aus der astronomischen Forschung entstanden sind. Aber auch ohne das würde es nichts an Wert verlieren. Weil Grundlagenforschung dazu beiträgt, dass wie eben die Grundlagen unserer Welt besser verstehen! Und die Welt zu verstehen ist ein genauso grundsätzliches Streben wie Kunst zu machen; das macht uns erst wirklich menschlich.
Und ganz ehrlich: schwarze Löcher! Röntgenstrahlen aus dem Weltraum! Sternwinde! Das sind alle Extremen des Universums, das ist einfach total faszinierend!
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin gerade dabei, mich da neu zu orientieren - ich war drei Jahre in den USA und eineinhalb in den Niederlanden und bei jedem Umzug muss gerade das soziale/ehrenamtliche Engagement neu aufgebaut werden. Ich habe in der Vergangenheit verschiedene Dinge gemacht, hauptsächlich in den Bereichen Frauen in den Naturwissenschaften und (Jugend-)Bildung: ich war (eine der) Frauenbeauftragte(n) meiner Fakultät, ich habe einen Kurs bei der Schülerakademie organisiert (kann ich übrigens jedem nur empfehlen, ist total klasse!), einen Volkshochschulkurs über Astronomie gegeben, als Referentin bei Seminaren für interessierte Schüler mitgemacht, öffentliche Vorträge gehalten. Mal schauen, welche neue Aufgabe ich jetzt finde - ein paar öffentliche Vorträge wird es von mir in nächster Zeit auf jeden Fall geben, aber mehr dazu unter der Woche.
Mein anderes großes Interesse sind Sprache und Literatur. So bin ich zum Beispiel Mitglied im "Erlangen Centre for Literature and Natural Science (ELINAS)", das versucht die zwei verschiedenen Felder der Literatur und der Naturwissenschaften zusammen zu bringen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Also die Sache mit Sprache/Literatur ist schon ein Hobby, auch wenn es durch ELINAS einen Schnittpunkt zur Arbeit hat. Sehr viel lesen - ich habe nach fünf Jahren im Ausland endlich, endlich meine ganze Bibliothek zurück. Ansonsten kochen und gut Essen, Wandern, gerne auch auf Reisen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Oh, nur den einen idealen freien Tag gibt es nicht! Ein freier Tag daheim beinhaltet spät aufstehen, eine tolle Ausstellung oder einen Ausflug, etwas leckeres kochen und zu lange wach bleiben, weil das Buch, das ich gerade lese, so gut ist. Auf Reisen gibt es dann die Variante mit gutem Frühstück (und viel Kaffee!) am Anfang, einer langen Wanderung oder einem guten Roadtrip-Tag und schönem Essen zum Abschluss. Oder aber einfach nur einen Tag mit und bei Freunden, die mittlerweile auf der ganzen Welt verstreut sind und die ich daher nur sehr selten sehe - da ist es auch egal, was genau wir unternehmen.
Bitte begrüßt Victoria ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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