Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Tim Williams (@_tim_williams_). Tim ist Konfliktforscher und arbeitet als Postdoc am Zentrum für Konfliktforschung an der Uni Marburg in Lehre und Forschung. Sein Fokus liegt auf der Untersuchung von Völkermord und Täter*innen, sowie die Politik der Erinnerung nach Völkermord - an diesen verschiedenen Themen arbeitet er zusammen mit Kolleg*innen in Marburg, Lund, Stockholm, Durham, Glasgow, Bern und Phnom Penh. Vor allem basiert seine Forschung auf Feldforschung: in Kambodscha und neuerdings auch Ruanda hat er Daten in Form von Interviews, ein Survey, Beobachtungen usw. gesammelt. Von Haus aus ist er Politikwissenschafter, hat an der Uni Mannheim und London School of Economics studiert und sich an der Uni Marburg zum Thema ’The Complexity of Evil. Modelling Perpetration in Genocide’ promoviert. Wenn mal sein Laptop zu ist, findet man ihn meistens im Theater, wo er Hobby-Regisseur und -Schauspieler ist.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Eigentlich wollte ich Schauspieler werden, aber nachdem die Aufnahmeprüfungen an Schauspielschulen nicht so ganz liefen, wie ich mir das vorgestellt hatte, schrieb ich mich für Politikwissenschaft ein - und war begeistert. Ich hatte direkt ab dem ersten Semester so viel Spaß daran Hausarbeiten zu schreiben und Forschungsprojekte zu machen, dass mir schnell klar wurde: das will ich Vollzeit machen.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Innerhalb der Politikwissenschaft hatte ich im Bachelor schon ein paar Seminare zu Konflikt, sodass ich mich für einen Master mit diesem Schwerpunkt entschied. Es sind die sozialen und politischen Prozesse, die dem Gewaltkonflikt unterliegen, die mich so sehr faszinieren und da sind am unergründesten eben die Täter*innen von Massengewalt - sie machen das Unsäglichste und das möchte ich eben verstehen!
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich forsche zu Massengewalt, Völkermord und Täter*innen - sowohl zu den Dynamiken während der Gewalt und den Motivationen, sich zu beteiligen, wie auch zu der Aufarbeitung und Erinnerung danach. Meine Arbeit ist vor allem durch Feldforschung informiert, wo ich viel Zeit in Kambodscha und seit letztem Jahr auch in Ruanda verbringe, Interviews führe, Veranstaltungen beobachte, Gespräche führe, Orte mir anschaue. Diese Daten und Einsichten analysiere ich dann und versuche die Welt der Gewalt und der Erinnerung daran aus verschiedenen Blickwinkeln besser zu verstehen. Ich rede nicht nur mit den Eliten, sondern ganz bewusst auch mit den Täter*innen und Opfer, die die Gewaltdynamiken aus nächster Entfernung kennen, und versuche, ihre Perspektiven auf die Vergangenheit und das Jetzt zu verstehen und nachzugehen.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Jede*r hat sich mal gefragt, warum Menschen Böses tun, warum Menschen andere quälen und töten. Manche werden sich bestimmt auch gewundert haben, wie ein Zusammenleben mit Überlebenden danach möglich sein kann. Diesen Fragen gehe ich auf unterschiedlicher Art nach und bekomme immer wieder mit, wie sehr diese Themen auch andere bewegen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich habe mal mit einem Freund die NGO Beyond Violence gegründet, welche Informations- und Kommunikationstechnologien nützt, um Kampagnen für gewaltlose Konflikttransformation durchzuführen - ich leite die Organisation seit ein paar Jahren nicht mehr, helfe aber noch als Berater aus. Ich bin auch Section Editor für ein Journal (Journal of Perpetrator Research) und im Vorstand der International Association of Genocide Scholars.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Meiner großen Leidenschaft gilt dem Theater - ich bin ganz froh, das nicht professionell verfolgt zu haben, so habe ich das als Hobby: am liebsten führe ich zurzeit Regie, aber stehe auch regelmäßig selber auf der Bühne. Am liebsten inszeniere ich Stücke eher modern und liebe es Element von Bewegungstheater zu integrieren.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Nach einem gemütlichen Aufstehen sollte es zum Sekt-Brunch mit Freund*innen gehen, dann gemütlich ein Brettspiele-Nachmittag auf der Terrasse und dann ab ins Theater, um eine abgefahrene, moderne Inszenierung zu schauen.
Bitte begrüßt Tim ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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