Sunday, June 30, 2019

Wissen auf YouTube und Virtual Reality im Museum - Andrea Geipel ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Andrea Geipel (@AndreaGeipel) vorstellen! Andrea ist Sportwissenschaftlerin und promoviert derzeit am MCTS der Technischen Universität München zum Themenfeld Wissenschaftskommunikation auf YouTube. In ihrem Studium hat sie sich schwerpunktmäßig mit sportwissenschaftlichen Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Neuropsychologie und Lernforschung beschäftigt. Seit Januar 2018 ist sie Projektkoordinatorin am Deutschen Museum und beschäftigt sich mit dem Einsatz von Virtual Reality sowie weiteren 3D-Technologien in der musealen Vermittlung.
Neben ihrer Forschungsarbeit ist sie auch in der Lehre tätig. Derzeit gibt sie Workshops zu den Themen Projektmanagement und Netzwerken am Karlsruher Institut für Technologie sowie für Wissenschaftskommunikation in sozialen Medien an der Technischen Universität München.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Eigentlich wollte ich da gar nicht unbedingt hin. Ich habe mich damals für das Sportstudium entschieden, weil ich mehr über den Einfluss von Bewegung auf den Körper erfahren wollte - und weil es mir so viel Spaß gemacht hat Muskeln, Knochen und Gehirne zu zeichnen. Während dem Studium habe ich viel ausprobiert, ich hatte Kurse in Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik. Auch im Sportstudium selbst habe ich viel ausprobiert, habe in der Sportpsychologie, in der Bewegungswissenschaft und in der Trainingswissenschaft als studentsiche Hilfskraft gearbeitet. In der Sportpsychologie und in der Arbeit mit dem Elektroenzephalogram hatte ich am meisten Gefallen gefunden und wollte dann noch etwas mehr darüber lernen. Als ich dann aber eine Promotion zum Einfluss kurzzeitiger Belastungen auf neuroelektrische Marker von Daueraufmerksamkeit begonnen hatte, wurde mir plötzlich bewusst, dass mich gerade die Vielfalt in Kombination mit der Lehre und dem Präsentieren von neuen Inhalten so gereizt hat. Es hat dann noch etwas gedauert, bis ich gemerkt habe, dass es mich ins Museum zieht, dass ich wissenschaftliche Inhalte vermitteln möchte. Erst dann habe ich mich für die Promotion im Fach Science and Technology Studies entschieden. Jetzt arbeite ich in der Forschungsabteilung am Deutschen Museum und damit sehr praxisnah und für mich genau das Richtige.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Nach meinem Studium habe ich mich erst mal hingesetzt und überlegt, was mir Spaß macht, was ich schon als Kind gerne gemacht habe und so weiter. Also ganz strategisch. Und da ist mir aufgefallen wie gerne ich Museen mag - die Atmosphäre, die Schautafeln, die Exponate - und wie viel es mir macht zu unterrichten. Danach war es irgendwie ganz einfach. Ich habe mir eine Professorin gesucht, die mir zutraut auch ohne tiefergehendes sozialwissenschaftliches Vorwissen eine Promotion zum Thema Wissenschaftskommunikation zu machen. Und ich bin mit der Wahl immer noch sehr zufrieden. Es macht mir Spaß, jetzt sehr praktisch und gleichzeitig forschend tätig zu sein. Ich vermittle gerne Wissen und mache mir Gedanken darüber, wie man Methoden der digitalen Vermittlung in unterschiedliche Lernkontexte integrieren kann. Am meisten gefällt mir aber, dass ich so viel Einblick in so unterschiedliche Themengebiete und Forschungskontexte bekomme in meinem Feld. Die Science and Technology Studies behandeln alle möglichen Themen an der Schnittstelle Technik, Wissenschaft und Gesellschaft und auch im Museum habe ich es mit Kunsthistoriker*innen, Ingenieur*innen und Naturwissenschaftler*innen zu tun. Es macht mir Spaß jeden Tag etwas Neues zu lernen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Seit 1,5 Jahren bin ich als Projektkoordinatorin am Deutschen Museum tätig. Ich arbeite im Team Deutsches Museum Digital (https://digital.deutsches-museum.de / @dmdmuc) in der Forschungsabteilung. Das Projekt, das ich betreue, ist ein Teilprojekt von museum4punkt0 (www.museum4punkt0.de / @museum4punkt0). Darin untersuchen insgesamt 6 Museen wie man digitale Technologien in den musealen Alltag integrieren kann. In unserem Teilprojekt am Deutschen Museum geht es z.B. darum, wie man 3D-Technologien im Museum sinnvoll einsetzen kann. Dazu gehören Fragen zum Einsatz von Virtual Reality oder Augmented Reality (in all ihren Facetten) in Ausstellungsräumen genauso wie das Testen von 3D-Scan-Verfahren zur Digitalisierung der Sammlungen - zur Nachnutzung in der Forschung oder zur Verwendung in der Vermittlung. Um die ganzen Fragen rund um das Thema 3D-Technologien im Museum nachhaltig zu erfassen, testen wir verschiedene Szenarien, erstellen Angebote für die Besucher*innen (z.B. unser VRlab im Deutschen Museum), evaluieren und dokumentieren vor allem. Ziel des Verbundprojekts ist es unsere Erfahrungen anderen Museen nachnutzbar zur Verfügung zu stellen - in Form von Handlungsempfehlungen, Prototypen, Source Code und Evaluierungsmethoden. Meine Aufgabe als Projektkoordinatorin umfassen quasi alles was so anfällt - ich bin zuständig für die Finanzplanung, das Projektmanagement, die Umsetzung der Teilprojekte, den Betrieb und die Evaluation des VRlabs im Deutschen Museum sowie die Dokumentation. Das ist manchmal anstrengend, aber auch sehr spannend, weil ich in ganz viele Bereiche Einblicke bekomme (z.B. Mittelabrufe beim Projektträger oder die Kommunikation mit den Werkstätten im Haus).

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Für meine Promotion sollte sich die Öffentlichkeit interessieren, weil ich versuche herauszufinden, welchen Einfluss digitale bzw. soziale Plattformen auf unsere Kommunikation von Wissen bzw. Wissenschaft haben. Also eben welchen Einfluss YouTube und die Regeln dort (z.B. Vorschlagsalgorithmen) sich darauf auswirken, wie Wissen(schafts)-Videos produziert werden, wie über Wissen(schaft) gesprochen und wie Wissen(schaft) rezipiert wird. Gerade am aktuellen Fall des Videos von Rezo vor der Europawahl konnte man ganz deutlich sehen, wie interessant das Thema der Rezeption von Videoinhalten in sozialen Medien ist. Verändert sich hier die Zuschreibung von Expertise und verschiebt sich möglicherweise die Bedeutung von den präsentierten Inhalten zu der Frage wie diese präsentiert werden? Das sind Fragen, die mich interessieren und die auch für die Gesellschaft spannend sind.
Aber auch die Frage der Integration von 3D-Technologien in Museen ist eine interessante für die Öffentlichkeit. Gerade in Museen stellt sich die Frage des Bewahrens des gesammelten Wissens, der Objekte, der Dokumente, der Bücher. Wie geht man das auf Dauer digital an, wie muss Digitalisierung in Kultureinrichtungen integriert werden, damit dies gelingen kann, wie können Schnittstellen geschaffen werden, um das digitale Wissen über Institutsgrenzen hinweg für die Gesellschaft und die Forschung zugänglich zu machen? Gerade im Hinblick auf den Brand in Notre Dame oder auch im brasilianischen Nationalmuseum zeigen, wie wichtig es ist sich über die nachhaltige Bewahrung kulturellen Wissens Gedanken zu machen.  

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Neben der Arbeit im Museum und der Promotion bin ich auch weiterhin in der Lehre aktiv, weil mir schon immer die Vermittlung und der Austausch mit Studierenden Spaß gemacht hat. Am Karlsruher Institut für Technologie unterrichte ich Projektmanagement und Netzwerken im beruflichen Umfeld. Außerdem halte ich seit kurzem auch Workshops für Promovierende zum Thema Wissenschaftskommunikation in sozialen Medien. Generell bin ich im Bereich Wissenschaftskommunikation auch über meine Promotion hinaus aktiv - mit zwei Freundinnen planen wir derzeit die Wissenschaftskommunikations-Szene in München noch besser zu vernetzen, evtl. auch Workshops zu organisieren.
Außerdem interessiere ich mich seit meiner Schulzeit für Wale und Delfine - und in diesem Rahmen für Meeresbiologie. Vor zwei Jahren war ich zum ersten Mal als Citizen Scientist auf einem Forschungsboot in Italien und habe selbst für eine Woche Daten über Wale und Delfine erhoben. Gerne würde ich mich hier noch mehr mit meiner eigenen Expertise einbringen oder über das Thema Citizen Science bzw. Science Tourism forschen - aber dazu fehlt dann doch die Zeit.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ähnlich wie im Beruf habe ich auch privat eigentlich viel zu viele Hobbies, um sie in meiner freien Zeit unterzubringen. Ich spiele Volleyball und singe in zwei Chören. Ich lese sehr viel und gerne (meist auf den langen S-Bahn-Fahrten in die Arbeit). Außerdem male und zeichne ich sehr gerne Dinge aus der Neuroanatomie, der Meeresbiologie oder einfach der Natur.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich kann ausschlafen und dann ganz in Ruhe in den Tag starten, in dem ich lese oder Yoga mache. Danach gibt es ein gutes Frühstück bevor es raus geht zum Fotografieren, spazieren, malen oder um ein Museum zu besuchen. Nachmittags ein Kaffee in der Stadt, ein kurzer Einkaufsbummel durch diverse Buchläden und abends gut kochen.

Bitte begrüßt Andrea ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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