Sunday, August 15, 2021

Die Welt im Videospiel - Anh-Thu Nguyen ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Anh-Thu Nguyen (@Kayde_Nuen) vorstellen zu dürfen! Anh-Thu, eigentlich aus dem Ruhrpott, schließt derzeit ihr Masterstudium an der Universität zu Köln in Medienkulturwissenschaften und English Studies ab. Seit Beginn ihres Studiums war sie an verschiedenen Game Studies Projekten beteiligt, wie in etwa als wissenschaftliche Hilfskraft am Sammelband “Game | World | Architectonics” (2021 Marc Bonner), oder nahm mit Vorträgen an der Clash of Realities Konferenz 2019 und 2020 teil. Zwischenzeitlich ging es auch für einen Austausch nach Japan an der Sophia University in Tokio und 2020 durfte sie kurz mit einem (virtuellen) Praktikum die Wissenschaftskommunikation im New Yorker Büro der Universität zu Köln kennenlernen. Der Austausch in Japan, sowie die Game Studies haben Anh-Thu nie losgelassen und so wird sie Ende 2021 nach Kyoto ziehen und 2022 als Doktorandin an der Ritsumeikan University weiter an Videospielen in einem globalen Kontext forschen.

 
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Die Wissenschaft um und über Videospiele ist noch sehr jung – so jung, dass ich über die Jahre selbst quasi die Entwicklung auf nationaler und internationaler Ebene miterleben durfte. Meine eigene Verbundenheit zum Medium selbst und die Begeisterung dafür, sich auf verschiedensten Weisen mit einem der wichtigsten Medien unserer Zeit auseinanderzusetzen, hat eine große Rolle gespielt, warum ich zukünftig weiterhin in der Disziplin sein möchte. Für mich war es auch dank einiger Dozierenden an meiner Universität, die mir so eine kultur- und medienwissenschaftliche Perspektive auf Videospiele offenbart haben, die tolle und spannende Kurse in meinem Studium angeboten haben. Die Kombination aus einer Disziplin, die sich teilweise auch noch jetzt noch selbst zu definieren versucht, sowie meine eigene Begeisterung für Videospiele gestützt durch mein Studium haben mich nun dazu geführt, dass ich bald in Japan in Kyoto weiter an Videospielen forschen werde.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Obwohl es primär meine eigene Begeisterung für das Medium ist, sind Videospiele längst Mainstream geworden. Dadurch, dass die Forschung an, über und mit Videospielen noch so jung ist, ist sehr viel was gemacht wird, sehr zugänglich. Für ein Medium, dass für so viele Menschen auf der Welt eine Relevanz hat, ist das sehr wichtig: vor allem (medien)kulturwissenschaftliche Perspektiven sollten zugänglich sein, um so kritische Perspektiven aufzeigen zu können. Warum das wichtig ist, sehen wir in etwa in Deutschland an der mittlerweile eher abgeflachten Diskussion über Gewalt in Videospielen und der ab und an wieder aufflimmenden Diskussion über Videospielsucht. Dennoch ist die Videospielindustrie, auch in Deutschland, einer der größten Industrien weltweit. Ihre Omnipräsenz braucht also kritische Perspektiven, die sich damit auseinandersetzen kann. Mit was für einem Medium haben wir hier zu tun? Wie funktioniert es, wie involviert es Spieler*innen? Was können wir von diesem Medium lernen? Das Spannende ist auch, das meine medienkulturwissenschaftliche Perspektive nur eine von vielen ist. Das Medium lebt von Interdisziplinarität, ob in der Psychologie oder AI-Computing. Für mich ist das alles sehr spannend und man hat viel von anderen Forscher*innen und Disziplinen zu lernen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit! 

Für mich ist an Videospielen vor allem eins spannend: die Beziehung vom Medium zum Tourismus. Große Videospielentwickler wie EA, Ubisoft oder CD Projekt Red versprechen vor allem großartige Erlebnisse und Abenteuer in ihren Spielen. Oft werden digitale Städte und Landschaften zu virtuellen Reiseorten und mit der derzeitigen Videospieltechnologie immer detaillierter. Die Beziehung zwischen solchen Orten, wie in etwa die Nachstellungen des antiken Griechenlands in einer der Assassin’s Creed Spiele ist in etwa für einige Forscher*innen in Deutschland und international von Interesse gewesen.

Hier kommen wir dann konkret zu meiner Forschung. Ich interessiere mich vor allem für diese Beziehung zwischen Videospielen und Tourimus im Kontext von Japan. Das Land ist ebenfalls geprägt von der Videospielindustrie und das schon mindestens seit den 80er Jahren. Wer die Olympischen Spiele mitverfolgt hat, wird vielleicht gemerkt haben, dass das Land sich vor allem durch ihre popkulturellen Erfolge präsentiert hat – in der Eröffnungszeremonie liefen in etwa Lieder von bekannten japanischen Videospielen, während die Athleten der jeweiligen Länder in das Stadion liefen. Hier zeichnet sich eine Beobachtung ab: das Land nutzt mittlerweile sehr bewusst ihr popkulturelles Image um sich selbst so bewerben und wirkt sich auf zwei Ebenen aus: Videospiele selbst, unabhängig davon ob sie aus Japan kommen oder nicht, sind fasziniert von japanischen Ästhetiken (Samurai, die Edo-Zeit, japanische Architektur und so weiter) und bringen diese in das Medium für einen gewissen virtuellen Tourismus. Gleichzeitig ist es der eigentliche Tourismus selbst der im Land so beworben wird. Damit möchte ich mich näher in meinem Doktorandenstudium in Kyoto beschäftigen.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Videospiele sind überall und für jeden. Und dennoch stehen sie in einem sehr ambivalenten Verhältnis, wie in etwa zu der Frage, wieviel Energie die Technik braucht, um sie überhaupt zu spielen. Oder dass sie Produkte einer Industrie sind, die primär Profit schlagen möchte und immer neue Strategien sucht, um Gewinne zu erzielen. Vor allem in den letzten Jahren häufen sich Meldungen über die sexistischen Arbeitsbedingungen bei Spieleentwicklern, sowie dutzende unbezahlte Überstunden, die direkte psychische Konsequenzen für Miterarbeiter*innen haben. Als eine Industrie, die vor allem Produkte schafft, die einzigartige Erlebnisse versprechen, steckt sie in vielen Widersprüchlichkeiten. Es geht also schon viel mehr als um das Medium selbst, sondern direkte, kulturelle und soziale Konsequenzen, die mit dem Medium kommen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Es sollte keine Überraschung sein, dass ich selbst viele Videospiele spiele. Manchmal streame ich meine Abenteuer auf Twitch! Wer da mal vorbeischauen möchte, kann es gerne auf twitch.tv/kayde_nuen tun.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Lange Gespräche auf Discord mit meinem Partner in Australien, Streams auf Twitch schauen, und wenn ich bei meinen Eltern bin, mich von meiner Mama mit vietnamesischen Essen verwöhnen lassen.


Bitte begrüßt Anh-Thu ganz herzlich auf Real Scientists DE!
 

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