Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Franziska Briest (@F_I_Briest) vorstellen! Franziska, geboren 1982, lebt mit ihrer Familie in Berlin und arbeitet an der Charité. Sie studierte Biochemie/Molekularbiologie mit Schwerpunkt molekulare Medizin an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, bevor sie 2009 nach Berlin wechselte. Nach der Elternzeit mit dem ersten Kind promovierte sie 2016 an der Freien Universität Berlin zu seltenen Tumoren. Nach einem thematischen Wechsel und der Elternzeit mit dem zweiten Kind forscht und lehrt sie seit 2018 u.a. zu den genetischen Ursachen der Blutkrebsentstehung.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Forschen war schon ganz früh mein Berufsziel. Als Kind habe ich tote Insekten „seziert“ oder Stühle übereinander gestellt, um an die Haushaltschemikalien zu kommen, die ich dann miteinander gemischt habe (heute weiß ich, dass das grundsätzlich keine so gute Idee ist, weder das mit den Stühlen, noch das Mischen von Haushaltschemikalien). Zwischendurch kam mal das Thema Archäologie auf (weshalb ich dann in der Mittelstufe einen Sprachfokus gewählt habe und mich – zu lange – mit Altgriechisch und Latein gequält habe). Später kamen dann die Naturwissenschaften zurück und dabei ist es dann letztlich auch geblieben. Seit einem Schülerpraktikum am Max-Planck-Institut, in dem ich meine erste DNA isoliert und PCR angesetzt habe, war klar, wohin die Reise für mich geht.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich hatte schon immer den Wunsch, etwas zum Wohl der Allgemeinheit zu tun, anstatt z.B. ein Unternehmen reicher zu machen (wobei sich das grundsätzlich nicht ausschließt, aber gerade in der Medizin durchaus den ethischen Grundsätzen widersprechen kann). Daher war öffentliche, medizinische Forschung ganz oben auf der Liste. Das schwankte dann lange zwischen HIV-Forschung und Krebsforschung, letztlich fand ich letztere spannender.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Forschung klingt erstmal viel spannender, als es letztlich ist: unsere Arbeit ist sehr stark geprägt von Planungen, Auswertungen und Wiederholungen. Die eigentlichen Experimente nehmen, zumindest wenn man mit fortschreitender Erfahrung immer mehr Supervision übernimmt, gar nicht so viel Zeit ein. Dazu kommt eine unfassbare Menge an Bürokratie, die manchmal den letzten Nerv raubt.
Typisch für naturwissenschaftliche Forschung ist auf jeden Fall ein sehr hoher Anteil an Fehlversuchen. In unserem Beruf muss man eine hohe Frustrationstoleranz haben, bis ein Versuch optimiert ist oder ein System etabliert. Da kann die Vorbereitung eines Experimentes schon mal viele Monate in Anspruch nehmen, ohne dass man einen einzigen Messwert erhoben hat. Aber wenn dann das System steht und dann auch die Experimente Ergebnisse liefern, ist die Belohnung umso größer. Man muss aber auch den Mut haben, eine Hypothese irgendwann gehen zu lassen, um sich nicht in ressourcenaufwendigen Sackgassen zu verrennen. Die Kunst liegt sicher darin, zu erkennen, wann man am Ball bleiben sollte und wann man umdenken muss.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Fast jeder zweite Mensch in Deutschland erkrankt, statistisch gesehen, in seinem Leben an Krebs. Eine Krebserkrankung ist immer eine Ausnahmesituation für die Betroffenen und ihre Familien. Da muss vieles gleichzeitig bewältigt werden. Die Patient:innen suchen natürlich nach Information und Rat und das Internet ist da leider nicht immer der beste Ratgeber. Zusätzlich treffen viele auf ein Gesundheitssystem, in dem die Zeit für ausführliche Beratung knapp ist. Die Pandemie zeigt derzeit auch, dass gerade Risiken und Relationen von vielen Menschen über- oder unterschätzt werden. Da ist es hilfreich, wenn Patienten gut informierte Entscheidungen treffen können, weil auch ein gutes Vorwissen vorhanden ist. Dazu kommt, dass gerade bei der Frage, was kann ich tun, um Krebs vorzubeugen oder früh zu erkennen, auch viel Leid durch bessere gesundheitliche Bildung verhindert werden könnte.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich war 6 Jahre lang Mitglied im Kommunalparlament in Berlin Mitte und 5 Jahre davon eine von 2 Fraktionsvorsitzenden. Dabei bekommt man einen tiefen Einblick, wie Verwaltung funktioniert, wie politische Akteure arbeiten und wie man selbst Menschen führt. Man lernt Kompromisse zu schließen, pragmatisch zu denken und vor allem weg von einer naturwissenschaftlichen Analytik, auf einer Metaebene zu denken. Politik und Wissenschaft haben viel gemeinsam: beides sind sehr kompetitive Felder, oft immer noch von Männern dominiert, wer nicht dauerhaft „liefert“ verliert schnell den Anschluss. Aber die Denkweisen unterscheiden sich fundamental. Leider ist beides, zumal mit zwei Kindern und einem Beruf der viel zusätzliche Flexibilität abverlangt, sehr schwierig zu stemmen. Ich habe, hochschwanger mit dem zweiten Kind, parallel Koalitionsverhandlungen geführt und meine Dissertation verteidigt. Das hält kein Mensch dauerhaft durch.
Heute mache ich Gremienarbeit an der Charité als stellvertretendes Mitglied des Fakultätsrates. Das ist zeitlich besser mit Familie, Forschung und Lehre zu vereinbaren.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Es bleibt leider wenig Zeit für regelmäßige Hobbies. Ich laufe regelmäßig und wenn Zeit ist, tobe ich mich gerne kreativ aus, das reicht von Lyrik, über kleine Klavierkompositionen bis hin zu Fotografie. Ich habe auch schon ein Kinderbuch veröffentlicht.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Die Pandemie ist vorbei. Ausschlafen, eine Runde laufen gehen oder noch besser: schwimmen, gutes Essen irgendwo mit Blick aufs Meer und Zeit mit der Familie.
Bitte begrüßt Franziska ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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