Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Bernhard Wener (@BernhardWerner) vorstellen zu dürfen! Bernhard ist Mathematiker und aktuell wissenschaftlicher Mitarbeiter und Materialentwickler an der School of Social Science and Technology der Technischen Universität München. Das sagt Bernhard über sich in seinen eigenen Worten:
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Schon als Jugendlicher wusste ich, dass ich einmal Mathematik studieren will. Natürlich wusste ich nicht, was genau das bedeutet, aber trotzdem. Erst war der Plan, dass ich auf Lehramt studiere. Da ich mir aber nicht ganz sicher war, meinte mein Vater, dass es vermutlich leichter ist, von einem "normalen" Mathestudium ins Lehramt zu wechseln, als andersherum. Also habe ich mit einem "normalen" Mathematikstudium begonnen.
Obwohl ich Physik als Nebenfach hatte, hab' ich mich während meines Studiums zunehmend mit Programmieren beschäftigt und dort mehr Interessen entwickelt. Darum habe ich gegen Ende des Studiums angepeilt, mich irgendwo als Softwareentwickler zu bewerben. Auf eine echte akademische Karriere mit Endziel Professor hatte ich nicht wirklich Lust. Und selbst schon für eine Promotion hielt ich mich nicht auch nur ansatzweise gut genug. Meine damalige Betreuerin meiner Masterarbeit hat mir dann aber, für mich sehr unerwartet, eine Promotionsstelle angeboten. Und da ich bei großen Entscheidungen immer viel zu wenig nachdenke, habe ich sofort Ja gesagt.
Leider musste ich die Promotion nach eineinhalb Jahren dann abbrechen. Im Anschluss bin ich zu meinem ursprünglichen Plan zurückgekehrt und hab' mich auf diverse Softwareentwicklerstellen beworben und hab' auch einige Einladungen für Vorstellungsgespräche bekommen. Dann dachte ich mir aber auch, dass eine Promotion schon toll wäre, wenn ich ein Thema fände, das besser zu mir passt. Also bin ich einmal zu einem Professor, dessen Vorlesungen mir immer besonders gut gefallen hatten. Ich wollte ihn eigentlich nur fragen, ob er mir ein paar Professor'innen und Arbeitsgruppen nennen kann, die sich mit ähnlichen Themen wie er selbst beschäftigen. Da hat er mir dann aber ein neues Projekt von sich vorgestellt, in dem es um die Entwicklung eines interaktiven Schulbuchs für iPads gehen sollte. Und da das super zu meinen Softwareentwicklerplänen passte, habe ich mich dann auf die freie Stelle in diesem Projekt beworben und konnte dort im zweiten Anlauf meinen Doktor machen.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden,
und/oder was hält dich dort?
Im Moment arbeite ich an einer Lernplattform für
Lehramtsstudierende. (Unten mehr dazu.) Ich darf/soll mathematische
und naturwissenschaftliche Kurstexte schreiben und interaktive
Visualisierungen programmieren. Das ist genau die Kombination aus
Mathematik, Unterrichten und Programmieren, die ich mir schon immer
gewünscht hatte, auch wenn es mir vielleicht nicht immer klar war.
Die Entscheidung dafür war also recht leicht und offensichtlich.
Halten tut mich hier allerdings tatsächlich nichts bzw. nicht viel.
Unser Projekt ist drittmittelfinanziert und läuft Ende nächsten
Jahres aus. Im Anschluss hätte ich noch zwei Jahre unter dem
WissZeitVG übrig; bin mir aber im Moment noch überhaupt nicht
sicher, ob ich eine akademische Karriere in dem jetzigen System will
oder schaffe.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Hier in Bayern lernen Lehramtsstudierende diverse Themen der
Erziehungswissenschaft, der Fachdidaktik und der Fachwissenschaft
ihrer Fächer. Diese Themen werden meist von Dozent'innen
verschiedener Fakultäten unterrichtet und sind oft wenig bis gar
nicht aufeinander abgestimmt. Am Ende müssen die Lehrer'innen im
Unterricht aber natürlich alles gleichzeitig können und machen. Um
diesem Problem entgegenzuwirken, wurde an der TUM 2016 die Toolbox
Lehrerbildung gestartet. Dies ist eine kostenlose, frei
zugängliche Lernplattform für Lehramtsstudierende (und Lehrkräfte),
in der sie ausgewählte Themen der drei Disziplinen
Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und Fachwissenschaft
miteinander verschränkt lernen können. Dies geschieht hauptsächlich
durch den Einsatz gescripteter Unterrichtsvideos, in denen wir
zeigen, wie die Themen in Unterrichtssituationen zusammenspielen
(können).
Ich habe 2018 in der Toolbox Lehrerbildung als
Materialentwickler für die Fachwissenschaft angefangen. Das heißt,
ich schreibe die Texte für die Kursseiten zu den
fachwissenschaftlichen Themen wie Graphen & Bäume
(Informatik), Dynamische Prozesse in Ökosystemen
(Mathematik/Biologie) oder gerade jetzt zur Chemie der Farben
(Chemie). Zudem zeichne ich Illustrationen, erstelle
Selbstlernaufgaben und programmiere interaktive
Visualisierungen/Diagramme, mit denen die Themen im wahrsten Sinne
des Wortes (be)greifbar gemacht werden.
Mit der Zeit habe ich außerdem noch weitere Aufgaben übernommen, die
sich unter Technikverwaltung zusammenfassen lassen: Ich bin
Kontaktperson zu einer externen Softwarefirma, die das Backend der
Lernplattform betreut, ich koordiniere unsere Zusammenarbeit mit
anderen Unterrichtsvideoportalen und ich designe und betreue die
Website unseres Projekts.
In den letzten 10 Jahren habe ich auch parallel sehr viel Zeit in
die Lehre gesteckt und als Tutor und Übungsleiter gearbeitet.
Momentan habe ich allerdings eine 100%-Stelle in der Toolbox
Lehrerbildung, sodass ich in absehbarer nicht mehr
unterrichten werde. Zum richtigen Forschen komme ich, vielleicht
wenig überraschend, kaum. Ich versuche, wann immer ich Zeit habe,
über ein, zwei mathematische Probleme nachzudenken und etwas
Verwertbares dazu aufzuschreiben. Aber das Meiste ist im Moment
nicht erwähnenswert.
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine
Forschung/Arbeit interessieren?
Unsere Kinder verbringen einen Großteil ihres Lebens in der Schule.
Deswegen ist es wichtig, dass unsere Lehrkräfte gut ausgebildet
werden. Und trotz all der Theorie, die wichtig ist, sollte ein
größerer Praxisbezug im Vordergrund stehen. Mit unseren
Unterrichtsvideos und verschränkten Disziplinen bilden wir dabei
vielleicht nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Aber wir zeigen
eine erfolgreiche Möglichkeit auf, wie die Lehrer'innenbildung in
Zukunft aussehen kann.
Außerdem sind ALICE:Bruchrechnen, der Name des Buchprojekts
meiner Promotion, und die Toolbox Lehrerbildung gute
Beispiele dafür, wie Digitalisierung in der Schule und Hochschule
aussehen kann.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen
Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Schatzmeister im Bayerischen Go-Verein. Go ist ein ca. 4000
Jahre altes Brettspiel. Es entstand in China und wurde in Japan in
die heutige Form entwickelt. Seit ein-, zweihundert Jahren
verbreitet es sich zunehmend auch in Europa. Als ich etwa 18 Jahre
war, hab' ich dieses Spiel über den Manga Hikaru no Go
kennengelernt; so wie viele andere auch zu dieser Zeit. Nachdem ich
nach München gezogen bin, habe ich oft die örtlichen Spieleabende
besucht und an Wochenendturnieren teilgenommen. Eine kurze Zeit
leitete ich auch eine Go AG bei mir an der Uni. Leider habe ich
für Go immer weniger Zeit und Energie: Promotion, Arbeit, Corona,
Familiengründung, etc. Da ich aber unbedingt etwas für die Community
hier in Deutschland und insbesondere Bayern tun will, hab' ich mich
vor ein paar Jahren dazu bereit erklärt, im Verein als Schatzmeister
und Mitgliedsverwalter mitzuarbeiten. Da wir dann aber doch sehr
viel kleiner sind als andere Sportvereine, hält sich die Arbeit sehr
in Grenzen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns
erzählen möchtest?
Das interessanteste Hobby ist vermutlich Go, zu dem ich oben ja schon ein bisschen was geschrieben hab'. Ansonsten hab' ich das Problem, dass ich zu viele Interessen hab'. Bin immer ein paar Wochen/Monate von etwas besessen und wechsle dann plötzlich zu etwas anderem.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch
nur Menschen)?
Bitte begrüßt Bernhard ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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