Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Es ist einfach das, was mir am besten liegt. Ich war schon immer sehr gut im Umgang mit Sprache und interessiert an Literatur. Wir haben ja auch eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, indem wir in der Germanistik sehr viel Lehramtsausbildung machen. Natürlich wäre das alleine für mich nicht mehr recht erfüllend. Ich bin immer auf der Suche nach neuen Aufgaben und Herausforderungen - daher auch das hochschulpolitische Engagement. Deshalb ist es gut, dass ich jetzt auf der Vertretungsprofessur auch endlich Führungs- und Leitungsaufgaben übernehmen kann, die ich als absolute Bereicherung empfinde. Außerdem ist Stuttgart ein sehr angenehmer Standort für meinen Fachbereich, nicht zuletzt wegen der Nähe zum Deutschen Literaturarchiv in Marbach.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Im Augenblick vertrete ich die Professur von Sandra Richter an der Universität Stuttgart. Dabei übernehme ich alle Aufgaben, die mit einer Professur verbunden sind: Neben Forschung und Lehre leite ich die Abteilung Neuere Deutsche Literatur I. Ich habe da also die Haushaltsverantwortung und bin die Fachvorgesetzte aller dortigen Mitarbeiter*innen. Ich unterschreibe also die Dienst- und Urlaubsanträge, treffe aber auch viele Entscheidungen, organisiere Arbeitstreffen und bin in dieser Funktion auch im Fakultätsrat.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Zum einen: Es ist ein faszinierendes Fach. Viele Menschen laufen mit bestimmten Vorstellungen von der deutschen Literatur herum, die z. T. Schulunterricht stammen, der aber dann auch schnell lange her ist. Wenn sie die Gelegenheit haben, punktuell tiefer einzutauchen, stellen sie meist schnell fest, dass es doch alles etwas anders ist, als sie es in Erinnerung hatten. Wenn ich während meiner Gastwoche etwas davon vermitteln kann, wäre das schön. Im Alltag kommt es ja schnell zu unterkomplexen Weltbildern, weil natürlich niemand Zeit hat sich mit allen Dingen intensiv auseinanderzusetzen. Aber erst die Einblicke schaffen Verständnis und die Möglichkeit der Wertschätzung. Geisteswissenschaftliche Fächer sind ohnehin geradezu prädestiniert dazu, vorhandene Deutungen zu hinterfragen und auf komplexe Zusammenhänge hinzuweisen. Sie stören natürlich auch immer ein bisschen, weil es einfacher ist, eindeutige Antworten zu haben. Aber wir müssen immer wieder stören, denn nur auf dieser Basis des differenzierten Denkens kann Demokratie, die eigenverantwortliches kompetentes Handeln und Urteilen voraussetzt, funktionieren.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Gerade im letzten Jahr bin ich vor allem durch mein hochschulpolitisches Engagement gut beschäftigt. Ich habe mit Amrei Bahr und Sebastian Kubon zusammen im Juni 2021 die Twitter-Aktion #IchBinHanna gestartet, die auf die prekären Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft sowie viele weitere strukturelle Missstände in diesem Arbeitsumfeld aufmerksam macht. Im März 2022 ist bei Suhrkamp unser Buch zur Aktion erschienen. Auch hier sind viele lange unhinterfragte Narrative im Spiel - etwa, dass Befristung Innovation fördere und der Wissenschaftsfreiheit diene. Für beides gibt es keine wissenschaftliche Grundlage, die man bei Wissenschaftler*innen eigentlich unterstellen müsste. Darauf immer wieder hinzuweisen und die argumentativen Widersprüche dieser Perspektive herauszustellen, damit sich hier endlich etwas verbessert, ist eine wichtige Aufgabe, der wir uns deshalb intensiv widmen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Hobbies langweilen mich im Allgemeinen schnell, ich möchte lieber etwas bewirken - insbesondere weil ich ja auch der privilegierten Position heraus agieren kann, recht viel Zeit und Energie zu haben. Das möchte ich dann auch nutzen. Das heißt aber nicht, dass ich meine Grenzen nicht kennen würde. Ich überarbeite mich nie und achte immer auf Ruhezeiten. So bleiben die Batterien voll und alle haben etwas davon.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Da ich zur Zeit zwischen Paderborn und Stuttgart pendle, ist das auf jeden Fall ein Tag ohne Zugfahrten, den ich alleine zu Hause verbringe. Ich habe mich während der Homeoffice-Zeit doch sehr an das Essen gewöhnt, das ich selbst koche und nutze das also soweit wie möglich aus.
Bitte begrüßt Kristin ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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