Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Dr. Lara Kirfel (larakirfel.bsky.social)! Lara ist Kognitions- und Verhaltenswissenschaftlerin am Max Planck Institute for Human Development in Berlin. Sie erhielt ihren Ph.D. in Kognitionspsychologie 2021 am University College London (UCL) und war danach zwei Jahre an der Stanford University beschäftigt. Ihre Forschungsthemen befassen sich mit Moral- und Kognitionspsychologie sowie Ethik der KI.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Mit 12 Jahren ist mir das Buch "Sofies Welt" von Jostein Gaarder in die Hände gefallen — eine Art Einführung in die Philosophie für Kinder und Jugendliche — und der Grundstein war gelegt. Seitdem habe ich mich langsam aber kontinuierlich über die Philosophie in die Psychologie, und dann weiter in die Kognitionswissenschaft bewegt — und dabei meine Liebe zur Philosophie nie aufgegeben.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält
dich dort?
Kognitionswissenschaften sind ein einzigartiges Spielfeld, auf dem sich eine Vielzahl von Forschungsthemen, Methoden und Disziplinen tummeln. Allgemein ausgerichtet auf Fragen nach der Natur und den Mechanismen des menschlichen Geistes (das englische Wort "mind" ist hier passender), darf man sich hier je nach Bedarf und Expertise unterschiedlichster Ansätze und Werkzeuge aus Psychologie, Linguistik, Informatik, Neurowissenschaft, Philosophie etc. (you name it...) bedienen. Wie funktioniert Wahrnehmung, wie entwickelt sich unser Verständnis von Kausalität, welche Modelle beschreiben das menschliche Gedächtnis am besten? Nimm dazu noch die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz, und man hat ein faszinierendes Tätigkeitsfeld, das einen nicht nur zu einer forschenden Persönlichkeit mit Weitblick ausbildet, sondern auch zahlreiche relevante Skills an die Hand gibt.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der sogenannten "higher level cognition", d.h. komplexe mentale Prozesse, die über die grundlegenden Funktionen wie Wahrnehmung oder motorische Reaktion hinausgehen. Konkret interessiert mich dabei, wie Menschen über Moral denken, was sie als moralisch gut oder schlecht beurteilen, wie sie Verantwortung zuschreiben, und wie bei all dem unser Nachdenken über Möglichkeiten und Alternativen ("counterfactual reasoning") eine Rolle spielt. Mit dem rasanten Einzug der Large Language Models (LLMs, "große Sprachmodelle") wie ChatGPT oder Bard in unseren Alltag und dem generellen Boom der generativen KI verschiebt sich meine Forschung immer mehr: Dahin, wie Menschen KI nutzen und mit ihr interagieren, aber auch zu den kognitiven Prozessen von KI selbst, also wie KI "denkt und entscheidet". Die Fusion von menschlichem und künstlichem Denken und Handeln ethisch und human zu gestalten ist mir dabei ein Hauptanliegen als Wissenschaftlerin.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit
interessieren?
Unser Denken über uns selbst und die Welt liegt an der Schnittstelle zwischen Philosophie und Psychologie und berührt gleichzeitig den Kern unseres menschlichen Selbstverständnisses. Wir erleben uns als Wesen mit Verstand und freiem Willen, denken nach über die großen Fragen der Welt und bemühen uns dabei gleichzeitig, die Grundlagen und Mechanismen unserer eigenen kognitiven Fähigkeiten zu verstehen. Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, ob er in seinen Entscheidungen gänzlich frei ist, ob das eigene Selbst unveränderlich ist, oder ob ChatGPT uns genauso versteht, wie wir andere Menschen? Ich glaube, kaum eine andere Forschung berührt unser Selbstempfinden und Nachdenken über uns selbst so sehr wie die Kognitionswissenschaft. Die zentralen Fragen der Philosophie und Psychologie werden sich uns dabei immer stellen. Lediglich die Methoden, mit denen wir sie untersuchen, und die Antwortversuche, die wir geben, ändern sich.
Bitte begrüßt Lara ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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