Diese Woche freuen wir uns auf Natalie Schaworonkow. Natalie (@nschawor.bsky.social) hat Kognitionswissenschaften und Computational Neuroscience studiert und ist derzeit Postdoktorandin in Frankfurt am Main. Sie nutzt Elektroenzephalographie und Magnetoenzephalographie-Aufnahmen und arbeitet an neuen Analysemethoden, um die Rolle von Rhythmen im Gehirn besser zu verstehen.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich wollte am liebsten Alles auf einmal studieren, und bin dann durch langes Rumgoogeln auf einen tollen Studiengang gestoßen: Kognitionswissenschaften (eine Kombo aus Mathe, Informatik, Philosophie, Psychologie, Biologie) an der Uni Osnabrück, das war einer der wenigen Orte wo man dieses obskure Fach studieren konnte. Dort gab es eine Menge andere hochmotivierte Leute, die genau für dieses Fach aus ganz Deutschland hergezogen waren. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir quantitative Methoden, aka Sachen, die man konkret ausrechnen kann, mehr liegen als philosophische Argumente, und hab dann einen Master in Computational Neuroscience am Bernstein Center in Berlin gemacht, eine Mischung aus Maschinellem Lernen & Analyse von neuronalen Daten aller Art.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Den Ausschlag gab meine Masterarbeit, da konnte ich zum ersten Mal live neuronale Oszillationen im menschlichen Gehirn sehen. Ich fand diese Hirnwellen wunderschön & mysteriös und bin seitdem mit elektrophysiologischen Daten beschäftigt. Darauf folgten eine Doktorarbeit in dem Kontext und dann später ein Forschungsaufenthalt in San Diego. Hatte einige tolle Betreuer und immer sehr nette Kolleg*innen, so etwas hält einen dann in dem Feld. :)
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Mein Spezialgebiet ist die Analyse von elektrophysiologischen Daten. Oft analysiere ich große Datensätze, die andere Leute mit mir oder der Welt geteilt haben. Also tagtäglich hauptsächlich Buchstaben in einen Computer tippen und damit entweder Code oder Texte schreiben. Aber gerade nehmen wir auch wieder selbst Daten auf, mithilfe von Magnetoenzephalographie (MEG): ein Gerät, das winzige Magnetfelder, die das Gehirn produziert, messen kann. Die Probanden hören dabei Töne oder Sprachlaute und wir versuchen nachzuvollziehen, wie diese Reize im Gehirn verarbeitet werden. Ich finde gerade spannend zu verstehen, warum Hirnsignale von verschiedenen Menschen so unterschiedlich ausschauen. Im Kern geht es um die Frage, welche Informationen die MEG-Signale über Sinnesreize haben und wie Information durch verschiedene Gehirnregionen geschleust wird.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wir alle tragen ein Gehirn mit uns herum, aber wie es genau funktioniert, ist noch ziemlich unklar. Ich mache Grundlagenforschung, also nichts, was direkt klinisch verwertbar ist. Aber wenn man etwa versteht, welche Faktoren zu individueller Variation beitragen, wäre das auf lange Sicht ein wichtiges Fundament, zum Beispiel um Muster aus Hirnsignalen zu erkennen, die mit bestimmten neurologischen oder psychischen Erkrankungen zusammenhängen. Das ist Voraussetzung, um in Zukunft vielleicht früher und genauer diagnostizieren zu können.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich habe gerne Events für die wissenschaftliche Gemeinschaft mitorganisiert, zum Beispiel eine dezentrale Konferenz, die überall auf der Welt verteilt war (und damit zB umweltschonender ist, als Konferenzen, zu denen man hinfliegen muss), oder an einer großen virtuellen summer school für computational neuroscience (die Interessierte auf der ganzen Welt belegen können) mitgewirkt. Zusammenarbeit mit tollen Leuten macht Spaß, und im Hintergrund schwingt dabei auch die Motivation mit, Wissenschaft ein Stück nachhaltiger und gerechter zu machen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Nichts Ungewöhnliches, zum Entspannen Retro-Nintendo-Spiele spielen, und blinkenden Quatsch aus Elektronikteilen basteln. Ein Thema, das mich auch in der Freizeit beschäftigt, ist, wie man Mathe für Kinder zugänglicher & spannender macht. Und natürlich immer noch querfeldein lesen, Thema egal!
Wie sieht dein idealer freier Tag aus?
Unspektakulär, Hauptsache keine Verpflichtungen haben.
Bitte begrüßt Natalie ganz herzlich auf dem Kanal!