Sunday, June 15, 2025

Rhythmen im Gehirn - Natalie Schaworonkow ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Natalie Schaworonkow. Natalie (@nschawor.bsky.social) hat Kognitionswissenschaften und Computational Neuroscience studiert und ist derzeit Postdoktorandin in Frankfurt am Main. Sie nutzt Elektroenzephalographie und Magnetoenzephalographie-Aufnahmen und arbeitet an neuen Analysemethoden, um die Rolle von Rhythmen im Gehirn besser zu verstehen.



Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich wollte am liebsten Alles auf einmal studieren, und bin dann durch langes Rumgoogeln auf einen tollen Studiengang gestoßen: Kognitionswissenschaften (eine Kombo aus Mathe, Informatik, Philosophie, Psychologie, Biologie) an der Uni Osnabrück, das war einer der wenigen Orte wo man dieses obskure Fach studieren konnte. Dort gab es eine Menge andere hochmotivierte Leute, die genau für dieses Fach aus ganz Deutschland hergezogen waren. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir quantitative Methoden, aka Sachen, die man konkret ausrechnen kann, mehr liegen als philosophische Argumente, und hab dann einen Master in Computational Neuroscience am Bernstein Center in Berlin gemacht, eine Mischung aus Maschinellem Lernen & Analyse von neuronalen Daten aller Art.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Den Ausschlag gab meine Masterarbeit, da konnte ich zum ersten Mal live neuronale Oszillationen im menschlichen Gehirn sehen. Ich fand diese Hirnwellen wunderschön & mysteriös und bin seitdem mit elektrophysiologischen Daten beschäftigt. Darauf folgten eine Doktorarbeit in dem Kontext und dann später ein Forschungsaufenthalt in San Diego. Hatte einige tolle Betreuer und immer sehr nette Kolleg*innen, so etwas hält einen dann in dem Feld. :)


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Mein Spezialgebiet ist die Analyse von elektrophysiologischen Daten. Oft analysiere ich große Datensätze, die andere Leute mit mir oder der Welt geteilt haben. Also tagtäglich hauptsächlich Buchstaben in einen Computer tippen und damit entweder Code oder Texte schreiben. Aber gerade nehmen wir auch wieder selbst Daten auf, mithilfe von Magnetoenzephalographie (MEG): ein Gerät, das winzige Magnetfelder, die das Gehirn produziert, messen kann. Die Probanden hören dabei Töne oder Sprachlaute und wir versuchen nachzuvollziehen, wie diese Reize im Gehirn verarbeitet werden. Ich finde gerade spannend zu verstehen, warum Hirnsignale von verschiedenen Menschen so unterschiedlich ausschauen. Im Kern geht es um die Frage, welche Informationen die MEG-Signale über Sinnesreize haben und wie Information durch verschiedene Gehirnregionen geschleust wird.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Wir alle tragen ein Gehirn mit uns herum, aber wie es genau funktioniert, ist noch ziemlich unklar. Ich mache Grundlagenforschung, also nichts, was direkt klinisch verwertbar ist. Aber wenn man etwa versteht, welche Faktoren zu individueller Variation beitragen, wäre das auf lange Sicht ein wichtiges Fundament, zum Beispiel um Muster aus Hirnsignalen zu erkennen, die mit bestimmten neurologischen oder psychischen Erkrankungen zusammenhängen. Das ist Voraussetzung, um in Zukunft vielleicht früher und genauer diagnostizieren zu können.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich habe gerne Events für die wissenschaftliche Gemeinschaft mitorganisiert, zum Beispiel eine dezentrale Konferenz, die überall auf der Welt verteilt war (und damit zB umweltschonender ist, als Konferenzen, zu denen man hinfliegen muss), oder an einer großen virtuellen summer school für computational neuroscience (die Interessierte auf der ganzen Welt belegen können) mitgewirkt. Zusammenarbeit mit tollen Leuten macht Spaß, und im Hintergrund schwingt dabei auch die Motivation mit, Wissenschaft ein Stück nachhaltiger und gerechter zu machen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Nichts Ungewöhnliches, zum Entspannen Retro-Nintendo-Spiele spielen, und blinkenden Quatsch aus Elektronikteilen basteln. Ein Thema, das mich auch in der Freizeit beschäftigt, ist, wie man Mathe für Kinder zugänglicher & spannender macht. Und natürlich immer noch querfeldein lesen, Thema egal!


Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 

Unspektakulär, Hauptsache keine Verpflichtungen haben.


Bitte begrüßt Natalie ganz herzlich auf dem Kanal!



Sunday, June 8, 2025

Wie Ionen die Zellmembran durchqueren - Dominik Lenz-Schwab ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Dominik Lenz-Schwab. Dominik (@astrolenni.bsky.social) ist Laboringenieur im Praktikum der Physiologie an der Philipps-Universität Marburg. Sein Studium der Chemie hat er an der FU Berlin absolviert, danach folgte die Promotion am Universitätsklinikum Jena. Seit 2018 war er als PostDoc in Marburg, seit 2023 arbeitet er dort als Laboringenieur.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Nach meinem Chemie-Studium wollte ich auf jeden Fall eine Promotion dranhängen, habe mich aber für ein eher lebenswissenschaftliches Thema entschieden. Während der Schreibphase habe ich aufgrund der (nicht vorhandenen) Karriere-Perspektiven zwar versucht, auch außerhalb der Wissenschaft Fuß zu fassen, aber manchmal sind die besten Optionen auch einfach die verfügbaren, und so wurde es eine PostDoc-Stelle in Marburg, aus der dann mit viel Glück eine entfristete Stelle als Laboringenieur wurde.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Anfangs war es eher Zufall bzw. ein Fehler im Bewerbungsprozess – ich hatte mich eigentlich für eine andere Promotions-Stelle am gleichen Institut beworben, die etwas näher an meinem Studium dran gewesen wäre. Im Vorstellungsgespräch stellte sich das dann erst so richtig heraus, aber das Thema, das ich dann bekommen habe, war auch sehr interessant und methodisch anspruchsvoll.
Mit der Zeit hat mich die Faszination für Ionenkanäle und -Transporter dann immer mehr gepackt, weswegen ich dann auch noch eine PostDoc-Stelle gesucht habe. Das thematische Spektrum, das jetzt in unserer Arbeitsgruppe abgedeckt wird, reicht da von reiner Grundlagenforschung und Untersuchung von Pathomechanismen über pharmazeutische Therapien bis hin zu modernen Gentherapien.
Neben der Forschung war aber auch immer die Lehre, in erster Linie die Betreuung von Laborpraktika, Teil meiner Aufgaben, und das hat mir auch immer Spaß gemacht, weswegen meine jetzige Stelle dann ein echter Glücksfall geworden ist.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Primär bin ich im Hintergrund tätig im Praktikum der Physiologie. Ich bin für den Auf-, Um- und Abbau der Praktikumsversuche zuständig, den Einkauf (sowohl von Verbrauchsmaterialien als auch neuen Geräten), aber eben auch die Weiterentwicklung der Versuche, wenn z.B. neue Software oder Geräte angeschafft werden, oder es in Zukunft neue Richtlinien für das Medizinstudium geben sollte (die Änderung der Approbationsordnung wurde aber erstmal wieder verschoben). Daneben bin ich für die studentischen Hilfskräfte verantwortlich, die eine wertvolle Unterstützung der Dozierenden sind.
Ich versuche aber auch immer wieder mal selber im Labor zu stehen. Ich forsche an Anionen-Transportern, also Membranproteinen, die negativ geladene Teilchen durch die eigentlich undurchlässige Zellmembran transportieren, primär mithilfe elektrophysiologischer Methoden. Ein paar Details dazu kommen im Laufe der Woche.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Meine Forschung ist in erster Linie reine Grundlagenforschung, aber die ist nun mal auch notwendig, um die Mechanismen zu verstehen, die krank machen können und dann therapiert werden sollen.
Ich finde dabei die Frage sehr interessant, warum strukturell so ähnliche Proteine aus der Familie der SLC26-Transporter so unterschiedliche Funktionen haben, weshalb ich auch Teil der DFG-Forschungsgruppe FOR5046 bin. In Hinblick auf die Lehre ist es vielleicht ganz spannend zu sehen, welche Rollen es da im Hintergrund auch gibt.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin seit etwa 10 Jahren bei den Jungen Physiologen, der Tochtergesellschaft unserer Fachgesellschaft (Deutsche Physiologische Gesellschaft, DPG). Dabei habe ich u.a. mehrere unserer jährlichen Symposien (mit-)organisiert und vertrete unsere Perspektiven als Teil des Sprecher:innen-Teams auch gegenüber dem Vorstand der DPG. Momentan planen wir ein Prä-Symposium bei der IUPS-Tagung, einer großen internationalen Konferenz in Frankfurt im September sowie das nächste Symposium der Jungen Physiologen in Berlin im nächsten Jahr.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich gehe einigermaßen regelmäßig laufen, habe letztes Jahr auch meinen ersten Halbmarathon absolviert. Dieses Jahr stehen noch ein paar Läufe bis 10 km an, vor allem werde ich wieder Teil der Instituts-Staffel beim Nachtmarathon sein.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Morgens gehe ich eine Runde laufen, dann wird mit Frau und Kind gefrühstückt. Ein wenig spielen mit dem Kleinen, während seines Mittagsschlafs entspannen oder selber was spielen (z.B. Assassins Creed oder Flügelschlag), nachmittags noch ne Runde an der Lahn spazieren gehen und abends den Tag bei Pizza, Wein & Netflix ausklingen lassen.

Bitte begrüßt Dominik ganz herzlich auf dem Kanal!


Sunday, June 1, 2025

Von Mikrotechnik und Ultrakurzpulslasern! Sandra Stroj ist jetzt bei Real Scientists DE!

 

Dr. Sandra Stroj Foto

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Dr. Sandra Stroj (@sstroj.bsky.social)! Sandra Stroj beschäftigt sich seit dem Jahr 2001 mit dem Thema der Laserbearbeitung mit Ultrakurzpuls- und UV-Laserquellen. Zur selben Zeit begann sie ihr Promotionsstudium am Institut für Photonik der Technischen Universität Wien unter der Leitung von Ao.Univ.Prof. Mag. Dr. G.A. Reider. Im Jahr 2005 verlegte sie ihre Forschungsaktivitäten als Marie-Curie-Stipendiatin an das „Institute of Electronic Structure and Laser“ der Foundation of Research and Development (FORTH) auf Kreta / Griechenland. 2008 schloss sie ihr Doktoratsstudium an der Technischen Universität Wien ab. Neben ihrer Tätigkeit im Forschungszentrum Mikrotechnik war sie von 2008 bis 2010 für Marketingaktivitäten und Publikationen der HighQLaser Innovation GmbH (jetzt Spectra Physics Rankweil) verantwortlich. Im April 2010 wurde sie mit dem „Sonderpreis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ des Landes Vorarlberg ausgezeichnet.

Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit als Senior Researcher ist sie an der FHV in der akademischen Ausbildung tätig und hält Vorlesungen für Masterstudenten auf den Gebieten Laserphysik, Angewandte Optik und Mikrooptik.

In den Jahren 2013-2018 trug sie die Leitung des „Josef-Ressel-Zentrums für Materialbearbeitung mit ultrakurz gepulsten Laserquellen“. Im Jahr 2022 erhielt sie den CDG Preis für Forschung und Innovation der Christian Doppler Forschungsgesellschaft.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Eigentlich habe ich aus Neugier ein technisches Studium angefangen und gleich Feuer gefangen. Nach dem Studium habe ich mich dann für ein Doktorat entschieden, da ich mich mehr für wissenschaftliche Fragestellungen als technische Problemlösung begeistern konnte. Diese Entscheidung habe ich nie bereut.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Ich habe mich schon während meines Doktorates mit der Anwendung von Ultrakurzpulslasern beschäftigt. Das Thema hat sich aus einer Kooperation des Forschungszentrum Mikrotechnik mit der Firma HighQLaser, einer der führenden Hersteller von Ultrakurzpulslasern, ergeben. Das Thema hält mich fest, da ich das Arbeiten mit dem Laser immer noch spannend finde. Gerade im Bereich Mikrotechnik hat die Arbeit etwas Schöpferisches, da es meist um die Umsetzung von Problemstellungen handelt, die mit den Standardmethoden nicht machbar sind.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich habe das Glück, in der Nähe meines Heimatortes, an dem Thema, das mich am meisten interessiert, zu arbeiten. Das Forschungszentrum Mikrotechnik wird getragen von einer interdisziplinären Gruppe, welche sich mit den verschiedensten Themen beschäftigt. Das macht die Arbeit immer spannend. Meine Tätigkeit ist ein Mix aus Forschung, Prozessentwicklung, Lehre und natürlich auch viel Projektmanagement. Hier arbeite ich in Projekten mit vielen Partnern aus den verschiedensten Ländern, mit denen ich ständig im Austausch bin. Was mir sehr viel Spaß macht, ist das Vortragen der neuesten Ergebnisse auf Konferenzen und der Austausch mit anderen Forschenden. Gerade auch die Kooperation mit anderen Fachbereichen wie beispielsweise die Quantenoptik ist eine stetige Herausforderung.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Ich finde es schön, wenn die Welt der Wissenschaft so präsentiert wird, dass jeder den es interessiert einen Einblick bekommen kann. Manche Themen sind etwas schwer zu erklären, andere aber faszinieren einfach. Beispielsweise die Herstellung von wasserabweisenden Oberflächen mit dem Ultrakurzpulslaser. Die Videos dazu sehen einfach super aus und machen neugierig.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ehrlich gesagt habe ich neben meiner Familie und der Arbeit als Wissenschaftlerin momentan relativ wenig Restfreizeit.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

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Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Mein idealer freier Tag findet entweder in meinem Garten oder auf dem See statt. Wenn man wie ich am Bodensee aufgewachsen ist, hat man eine spezielle Bindung zum Wasser. Eine Runde auf dem Standup paddle board zu drehen ist schon sehr entspannend. Und das gute dabei ist, das Telefon bleibt dabei in der Tasche oder gleich zu Hause.



Bitte begrüßt Sandra ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 25, 2025

Wie rechte Bewegungen online soziale Bewegungen bilden und politische Ideologien verbreiten! Roxana Münster ist jetzt bei Real Scientists DE!

Porträtfoto Roxana Münster

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Roxana Mika Münster (@oxanamuenster.bsky.social)! Roxana Mika Münster arbeitet als PhD-Kandidatin am Institut für Kommunikationswissenschaften an der Cornell University in Ithaca, NY. Ihre Forschung befasst sich mit digitalen rechten Bewegungen, mit einem Fokus auf der Verbreitung und Erscheinung von Politik und politischer Ideologie in der Kultur oder Lifestyles - Bereiche die auf den ersten Blick nicht immer klar “politisch” wirken. Derzeit untersucht sie die Beziehung zwischen Gesundheits- und politischer Ideologie auf E-Commerce- und Social Media-Plattformen, so genannte “Alt-tech” soziale Medien, sowie die Tradwife-Bewegung. 

Roxana absolvierte ihren Masterstudium in Politik & Kommunikation an der London School of Economics und ihr Bachelorstudium der Englischen Philologie und Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin. Sie ist ein Graduate Affiliate des Center for Information, Technology, and Public Life (CITAP) an der Universität von North Carolina. Zuvor war sie als Journalistin tätig, etwa als Marjorie Deane Fellow beim Economist, sowie als COMPASS Tech and Media Policy Fellow bei Brookings in Washington, DC. Ihre Aussagen zu ihrem Forschungsthema wurden unter anderem von der Associated Press, der Washington Post, sowie dem Wall Street Journal veröffentlicht. Ursprünglich stammt sie aus Bremen. 

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Meine Familie lacht noch heute darüber, wie viele Fragen ich als Kind gestellt habe, was ich alles verstehen wollte. Das hat sich nie wirklich geändert. Zwischenzeitlich schlug ich eine andere Art des Fragenstellens ein, im Journalismus. Letztlich ist es aber die Wissenschaft, die mir ermöglicht, tagtäglich Neues zu lernen, neues Wissen zu generieren, und Antworten auf die Fragen zu finden, zu denen ich noch keine Antwort finden kann. 

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Die Kommunikationswissenschaft ist ein enorm interdisziplinäres Feld, welches Theorien und Ideen von einer Vielzahl anderer Disziplinen integriert und diese nutzt, um, grob gesagt, all die verschiedenen Erscheinungsarten von Kommunikation zu erforschen. Als solches ist es unheimlich vielseitig und immer neu - es ist ein Feld, welches sehr nah an den jeweiligen heutigen Gegebenheiten arbeitet. Innerhalb dieses Felds war es immer die politische Kommunikation, die mich am meisten fasziniert. Mir gefällt hier, dass ich den Fokus auf zahlreiche Akteure oder Phänomene legen kann - sei es top-down politische Kommunikation, etwa von Amtskandidat*innen in Reden, oder die tatsächliche Bürgerschaft in Form von Protestbewegungen auf der Straße. 

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich befasse mich damit, wie rechte Bewegungen online soziale Bewegungen bilden und politische Ideologien verbreiten - insbesondere in digitalen Räumen und zu Themen, die nicht auf den ersten Blick politisch wirken. Das beinhaltet etwa Bewegungen rund um Ernährung, Wissensverbreitung, oder Lifestyles, wie etwa das Tradwife-Phänomen. 

 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Die amerikanische Präsidentschaftswahl des vergangenen Jahres wird manchmal als “Podcast election” bezeichnet oder aber als “vibes election.” Viele beschwerten sich noch vor der Wahl, dass handfeste Politikvorhaben eine vergleichsweise kleine Rolle spielten. Die Wahl machte endgültig klar, dass die Art, wie Wähler*innen ihre Wahlinformationen beziehen vollkommen anders ist, als selbst vor 8 Jahren. Und auch die Art, wie wir politische Identitäten kreieren, verhandeln, und ausdrücken hat sich geändert. Gerade wenn nicht nur hierzulande die Regierung versucht die Wissenschaft auszuhöhlen ist es enorm wichtig zu verstehen, wie und auf welche Weise rechte Ideologie heute verbreiten werden kann. 

 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

N/A

 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Während meines fünfjährigen Promotionsstudium hier bereisen wir gerne schönen und für uns neue Orte in den USA und machen gerne Roadtrips. 

 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Im ländlichen Upstate-New York verbringe ich meinen idealen Tag mit meinem Partner und meinen Freund*innen, gerne auf einer Wanderung, an einem der vielen schönen Seen oder zu Besuch bei einem Weingut (die Finger Lakes sind tatsächlich für Riesling bekannt). Mein tatsächlicher idealer Tag ist dann aber doch eher in der Stadt mit meinen liebsten Menschen, gerne mit gutem Essen, einem tollen Buch, oder einem der vielen wundervollen Museen in New York City. 

Bitte begrüßt Roxana ganz herzlich bei Real Scientists DE!

 

Sunday, May 18, 2025

Diplomatische, kulturelle und materielle Verflechtungen zwischen dem Horn von Afrika und Europa im Spätmittelalter! Verena Krebs ist jetzt bei Real Scientists DE!

 

Verena Krebs vor einem Mosaik der St. Verina

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Verena Krebs (@krebsverena.bsky.social)!

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Über den direkten Umweg: Eigentlich wollte ich Journalistin werden. Ich habe in Konstanz Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften studiert, mit Nebenfach Geschichte, und währenddessen in verschiedenen Redaktionen gearbeitet. Bis ich irgendwann gemerkt habe: Für die Art von tiefgehender Recherche, die ich machen wollte, gibt es im tagesaktuellen Journalismus immer weniger Platz. Aber in den Geschichtswissenschaften! Und dann bin ich irgendwie … hängen geblieben. Als Bildungsaufsteigerin, die als erste in ihrer Familie ein Gymnasium besuchen durfte, erscheint mir das alles bis heute manchmal ein wenig surreal.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Nach dem Bachelor habe ich in England und Deutschland Geschichtswissenschaft mit dem Schwerpunkt Mittelalter studiert – und mich dann in ein Thema verbissen: In einem Seminar zu den Kreuzzügen aus nicht-europäischer Perspektive bin ich auf ein Buch des äthiopischen Historikers Taddesse Tamrat über das christliche Äthiopien im Spätmittelalter gestoßen. In einem Kapitel beschreibt er Gesandte, die ab 1402 im Auftrag der äthiopischen Könige verschiedene Höfe in Europa besuchten. Ich war irritiert: Ist das nicht genau die andere Richtung, als es die gängige Schulversion vom Zeitalter der europäischen Entdeckungen nahelegt? Ich jedenfalls hatte noch nie etwas von diesen sehr frühen afrikanischen Gesandtschaften nach Rom, Venedig oder Valencia gehört – schon gar nicht Jahrzehnte vor den portugiesischen Expeditionen und ‚Entdeckungsfahrten‘ nach Afrika.

Aber ich hatte Glück: Viele der Quellen, in denen diese Gesandtschaften auftauchen, waren in Sprachen, die ich bereits lesen konnte: Latein, Italienisch, Katalanisch, Portugiesisch, Französisch, sogar Deutsch. Also habe ich meine MA-Arbeit dazu geschrieben – und schnell gemerkt, dass es auf dem Gebiet noch einige Forschungslücken zu schließen und gängige Annahmen kritisch zu hinterfragen gab. Viele Quellen — Schriftquellen in mehreren Sprachen, Ikonen, Buchmalereien und archäologische Überreste — waren lange in der Mediävistik wie auch Afrikanistik außen vor gelassen worden. Und sie widersprachen nicht nur dem, was ich über das Mittelalter und Afrika gemeinhin zu wissen glaubte, sondern auch lange etablierten Forschungsmeinungen. So wurde aus der Masterarbeit eine Dissertation, dann ein Buch, dann noch eins – und schließlich eine Professur.

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich arbeite zu den diplomatischen, kulturellen und materiellen Verflechtungen zwischen dem christlichen Hochland des Horns von Afrika – insbesondere dem christlichen Königreich der Dynastie der Salomoniden – und Europa im Spätmittelalter. Meine Arbeit bewegt sich zwischen Diplomatie-, Kultur- und Politikgeschichte, Kunstgeschichte, Quellenkritik und Wissenschaftsgeschichte – und versucht, vermeintlich Randständiges ins Zentrum zu rücken. Ein Teil davon ist auch die Auseinandersetzung mit kolonialen Forschungstraditionen und deren Auswirkungen bis heute.  


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Weil sie zeigt, dass Geschichte (in meinem Fall afrikanische Geschichte) nicht einfach „so war“, sondern „so erzählt wurde“. Jede Erzählung ist immer das Produkt einer bestimmten Zeit, oft unter bestimmten ideologischen Vorzeichen, und häufig mit langfristiger Wirkung bis in die Gegenwart. Wer denkt, im „Mittelalter“ — oder genauer: in den Jahrhunderten zwischen ca. 500 und 1500 — gebe es für alles südlich der Sahara kaum Quellen oder etwas zu erzählen, wird durch meine Forschung vielleicht ins Staunen geraten. Meine Perspektive — vom Hochland des Horns von Afrika auf die spätmittelalterliche Welt zwischen Europa, Asien und Afrika blickend — stellt viele vertraute Vorstellungen von Königtum, Macht und Kulturkontakten gründlich auf den Kopf. 


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich bin stellvertretende Direktorin des Zentrums für Mittelmeerstudien in Bochum und organisiere gemeinsam mit Kolleg:innen aus Äthiopien und Eritrea eine Online-Vortragsreihe zur Geschichte des mittelalterlichen Horns von Afrika. Außerdem habe ich in den letzten zehn Jahren mit Kolleg:innen aus Afrika, Europa und Nordamerika Panels zur afrikanischen Geschichte auf internationalen Mittelaltertagungen ausgerichtet.  


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich koche sehr gern, gehe mit unserem Labrador auf lange Streifzüge durch die Grünflächen des Ruhrgebiets — und bin früher viel gejoggt und habe Thai-Boxen gemacht, bis mir die Knie einen Strich durch die Rechnung gemacht haben.  


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Draußen sein. Zeit mit meinem Mann und Hund, idealerweise auch mit der Familie im ländlichen Hessen. Kein Handy, keine E-Mails, keine Deadlines — ein Tag, an dem nichts muss.

 

Bitte begrüßt Verena ganz herzlich bei Real Scientists DE!