Sunday, April 8, 2018

Kinder, Kinder - Janna Gottwald ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns sehr, euch Janna M. Gottwald als neue Kuratorin vorstellen zu dürfen! Janna ist Postdoc und wissenschaftliche Mitarbeiterin in Entwicklungspsychologie an der Universität Durham, Vereinigtes Königreich.
Sie hat Psychologie an den Universitäten Kiel und Potsdam studiert und hat als Marie-Curie Stipendiatin an der Universität Uppsala, Schweden in der Entwicklungspsychologie promoviert.
In ihrer Doktorarbeit hat sie sich mit motorischer Handlungsplanung und frühen kognitiven Prozessen im Säuglingsalter beschäftigt. Derzeit forscht sie hauptsächlich zur Entwicklung von Körperrepräsentation und Bewegung im Kindesalter.

Mehr über Janna erfahrt ihr in ihren eigenen Worten hier:


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich habe Psychologie studiert mit dem klaren Ziel, Psychoanalytikerin zu werden.
An der Psychoanalyse reizte mich damals das analytische Denken und die Haltung, die menschliche Psyche in ihrer Komplexheit grundlegend verstehen zu wollen.
An der Uni erschien mir dann die Entwicklungspsychologie am ehesten mit psychoanalytischen Ansätzen vereinbar. Besonders spannend fand ich die Säuglingsforschung, die sich schließlich die Bedeutung der ersten Lebensjahre für die menschliche Entwicklung beschäftigt! Ich habe daher meine Diplomarbeit an der Uni Potsdam in dem Bereich geschrieben und mich mit frühkindlichen Aufmerksamkeitsprozessen und deren neuropsychologischen Korrelaten beschäftigt. Der ganze Prozess, von Planung und Literaturrecherche über Datenerhebung und Datenanalyse bis hin zum Aufschreiben, hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich mich für die Wissenschaft entschieden habe. Ich hatte außerdem Glück mit meiner Diplomarbeitsbetreuerin (Prof Birgit Elsner), die mich gefördert und unterstützt hat, und mir direkt nach dem Diplom eine Stelle angeboten hat.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ursprünglich bin ich über mein Interesse an der Psychoanalyse zur Entwicklungspsychologie gekommen. Durch mein Psychologie-Studium und meine Diplomarbeit habe ich meine Liebe zur Grundlagenforschung und Methodik entdeckt. Insbesondere die Säuglingsforschung und ihre Möglichkeiten, komplexe Entwicklungsprozesse untersuchen (und hoffentlich verstehen!) zu können hat mich gereizt. Außerdem finde ich es spannend, die vorsprachliche Zeit direkt (und nicht retrospektiv) untersuchen zu können und dabei Verzerrungen durch sozial erwünschtes Verhalten der Versuchsteilnehmer_innen vermeiden zu können. Persönlich gefällt mir auch sehr der Kontakt mit Eltern und ihren Kindern. Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich schon Säuglinge sind! Es gefällt mir, Studien mit Aufgaben zu planen, die möglichst spannend und unterhaltsam für die Kinder sind.
Mein Doktorarbeitsprojekt in Schweden an der Uni Uppsala hat mich weiterhin in meiner Wahl bestätigt. Ich habe dort im Babylab Zusammenhänge von sensu-motorischer und kognitiver Entwicklung untersucht. Und wieder hatte ich Glück mit einem sehr inspirierenden Betreuer (Prof Gustaf Gredebäck), der meine Begeisterung für die Entwicklungspsychologie (und die Wissenschaft allgemein) weiter befördert hat.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich bin seit drei Monaten in Durham, England, und arbeite im Bereich sensu-motorische Entwicklung, nun mit etwas älteren Kindern (4- bis 12-Jährige). Zusammen mit Dr Dorothy Cowie untersuche ich, wie Kinder ein Gefühl für ihren eigenen Körper entwickeln. Woher wissen wir, dass zum Beispiel die eigene Hand zum eigenen Körper gehört? Wie verändert sich diese sogenannte Körperrepräsentation im Laufe der Zeit und wie unterscheidet sie sich von der von Erwachsenen? Dabei schaue ich, wie die verschiedene Sinne, wie Sehen und Fühlen, zusammenspielen, und inwiefern Kinder die verschiedenen Sinneseindrücke miteinander integrieren. Zusätzlich interessiere ich mich dafür, welche Rolle eigene Bewegung dabei spielt. Zurzeit arbeite ich viel mit dem experimentellen Paradigma der Rubber Hand Illusion, d.h. die Kinder sehen, wie eine künstliche Hand mit einem Pinsel gestrichen wird, während ihre eigene Hand (nicht sichtbar!) ebenso gestrichen wird. Nach einer Weile geben die meisten Kinder an, das Gefühl zu haben, dass die künstliche Hand zu ihnen gehört, und wenn sie gefragt werden mit geschlossenen Augen zu zeigen, wo ihre Hand ist, zeigen sie eher in Richtung der künstlichen Hand als in Richtung der eigenen Hand. Zur Zeit testen wir gerade viele Schulkinder, was sehr praktisch und effizient ist! Wir besuchen die Schulen tageweise und testen viele Kinder einzeln hintereinander.
Zudem leite ich ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Uni Uppsala in Schweden. In dem Projekt untersuche ich, inwiefern motorische Planung von Greifhandlungen mit der Entwicklung der exekutiven Funktionen in den ersten zwei Lebensjahren zusammenhängt. Hängen motorische und kognitive Planung miteinander zusammen? Und welche Rolle spielt der elterliche Einfluss? Dazu werde ich eine Längsschnittsstudie mit vielen Säuglingen durchführen, die nächstes Jahr anläuft.



Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Meine Hoffnung ist, dass meine Forschung dazu beiträgt, die körperliche und kognitive Entwicklung von Kindern tiefergehend zu verstehen. Wenn wir besser erklären können, wie Kinder ein Gefühl für den eigenen Körper entwickeln und welche Rolle Bewegung und multisensorische Prozesse dabei spielen, könnte eventuell Menschen mit Körperbildstörungen oder Menschen mit Prothesen geholfen werden. Wenn wir besser erklären können, wie sich unsere exekutiven Funktionen entwickeln, könnten darauf aufbauend eventuell Trainings entwickelt werden, um Kinder mit Schwierigkeiten in diesem Bereich (z.B. Kindern mit ADHS) zu unterstützen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich habe eine Weile zusätzlich als externe Gutachterin für eine norwegische Universität gearbeitet, und habe Gastvorlesungen gehalten. Dabei haben mir meine Schwedisch-Kenntnisse sehr geholfen.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich fotografiere sehr gern und teile meine Begeisterung dafür auf Instagram (@kvinnalene). Ähnlich wie auf Twitter bin ich dort umgehen von vielen anderen mit den gleichen Interessen. Ich treffe viele von meinen Instagram-Followern im analogen Leben zu Fotowalks und zum Teil haben sich Freundschaften daraus entwickelt. Fotografieren ist ein toller Ausgleich zum manchmal etwas stressigen Forscherinnenleben und ich nutze jede Konferenzreise zur Dokumentation der neuen Umgebung. Am liebsten fotografiere ich jedoch Hunde.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ein idealer freier Tag beginnt mit frisch geröstetem Kaffee und hält gutes Fotowetter bereit. Mein Freund und ich spazieren den ganzen Tag durch die Stadt (Berlin oder Stockholm) und fotografieren. Zwischendurch gehen wir schwedisch Kaffeetrinken. Abends gehe ich zum Yoga. Am nächsten Arbeitstag habe ich dann Inspiration für neue Projekte.

Bitte begrüßt Janna ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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