Sunday, April 1, 2018

Wissen kommunizieren - Annette Leßmöllmann ist jetzt bei Real Scientists DE!


Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Annette Leßmöllmann (@annetteless) vorstellen! Genauer gesagt, Prof. Dr. Leßmöllmann - Annette ist Professorin für Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Studiert hat sie Allgemeine Sprachwissenschaft, Germanistische Linguistik, Geschichte und Philosophie in Wien und an der Humboldt-Universität zu Berlin, gefolgt von einer Promotion über die Adjektivsemantik. Ihre Wissenschaftsjournalismussporen verdiente sie sich in Hamburg u.a. bei der ZEIT, NDR Info und Technology Review, und wurde 2004 Redakteurin bei Gehirn&Geist/Spektrum der Wissenschaft. 2006 übernahm sie die Professur für Wissenschaftsjournalismus an der Hochschule Darmstadt, bevor sie 2013 ans KIT wechselte. Dort leitet sie die Abteilung Wissenschaftskommunikation des Instituts für Germanistik und forscht unter anderem zu vernachlässigten Zielgruppen in der Wissenschaftskommunikation, partizipativen Formaten, zum Berufsfeld Hochschulkommunikation und über die Integration von Wissenschaftskommunikation in die universitäre Lehre.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe Linguistik, Philosophie und Geschichte studiert, weil mich Denken, Handeln und Sprechen interessiert: Wann kann man z.B. berechtigterweise davon sprechen, dass Handlung A den Vorgang B ausgelöst hat? Gibt es diese Form der Kausalität in der Geschichte, können Historiker*innen diese rekonstruieren und wenn ja, wie begründen sie das - wenn es doch letztlich um Vorgänge geht, die hinter den Stirnen von handelnden Menschen verborgen sind? Und wie ist es mit der Sprache - woher weiß man eigentlich, dass eine bestimmte Formulierung präziser ist als eine andere? Und, Denken: Wie begründe ich, dass eine bestimmte Schlussfolgerung gerechtfertigt ist - ist diese Rechtfertigung nicht wiederum etwas, was ich begründen muss, und wie komme ich aus diesem infiniten Regress heraus (gar nicht, klar - aber ist das nicht ein echtes Problem für empirische Wissenschaften)? Das klingt vielleicht ein bisschen schwurbelig, aber mich hat das interessiert - wie man als Forscher*in überhaupt zu seinen Schlussfolgerungen kommt, und wie man sie wirklich valide begründet. Vielleicht bin ich deswegen Wissenschaftsjournalistin geworden, damit ich andere Leute mit diesen Fragen löchern kann. In die Lehre und Forschung bin ich gegangen, weil es mir Spaß macht, solche Fragen mit Studierenden zu diskutieren, und weil man ganz grundsätzliche Fragen immer wieder auch in empirische Forschungen einfließen lassen kann. (Und sollte.)

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich bin über den Wissenschaftsjournalismus zur Wissenschaftskommunikation gekommen, die ich als Dachbegriff verstehe: Er umfasst  für mich - und für viele andere, die in diesem Bereich tätig sind - Wissenschaftsjournalismus, Wissenschaft-PR und alle anderen Formen der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Mich sticht da manchmal der Hafer, und ich denke: Bei all den vielen Statements und Forderungen, dass Wissenschaftler*innen unbedingt mit der Öffentlichkeit kommunizieren sollten (wogegen nichts zu sagen ist, finde ich im Prinzip auch) sollten wir doch ab und zu einen Schritt zurücktreten und uns fragen: Wissen wir eigentlich schon so ganz genau, was passiert, wenn Wissenschaft und Öffentlichkeit kommunizieren? (Antwort: Wir haben eine Menge Einzel-Forschungsergebnisse, aber von einem etablierten Wissen können wir noch nicht sprechen.) Umgekehrt gefragt: Können wir erklären, warum die Kommunikation in manchen Fällen scheitert? Ich glaube z.B., dass wir mehr über das Verhältnis Wissenschaft - Öffentlichkeit wissen werden werden, wenn wir das Scheitern nachvollziehen können.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich mache sehr viel Management: Personalentwicklung, Projektmanagement, Studiengangsmanagement. Wir haben in den vergangenen Jahren zwei ganz neue Studiengänge an den Start gebracht, die sehr gut angenommen werden. Ich freue mich über die ersten Masterarbeiten, und wir haben bereits wissenschaftlicher Mitarbeiter*innen, die bei uns studiert haben. In der Forschung interessiert mich Berufsfeld-Relevanz: Können wir etwas herausfinden, das die Menschen da draußen irgendwie weiterbringt? Wir untersuchen z.B. das sich immer mehr entwickelnde und ausdifferenzierende Berufsfeld der Hochschulkommunikation, außerdem schauen wir uns an, wie digitale Darstellungsformen im Wissenschaftsjournalismus von Rezipienten wahrgenommen werden (z.B. im Vergleich mit Printmedien), und wir beschäftigen uns mit der Frage, wie man eigentlich diejenigen Zielgruppen erreicht, die man mit Wissenschaftskommunikation bislang nicht erreicht hat.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Es wird viel über "die Medien" und "die Wissenschaft" und auch manchmal "die Wissenschaftskommunikation" gesprochen, und da halte ich es für wichtig, dass die Forschung über Wissenschaftskommunikation sichtbar und zugänglich ist und das, was sie an Wissen erzeugt, zugänglich macht und diskutiert. Das können auch mal Fragen sein, die man in den Raum wirft, um gefühlte Wahrheiten darüber nicht einfach so stehen zu lassen. Wenn zum Beispiel alle behaupten, das Vertrauen in die Wissenschaft lasse nach, dann sollte man diskutieren, ob wir für diese Behauptung (oder eigentlich: Befürchtung) überhaupt ausreichende Evidenz haben.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Zusammen mit Wissenschaft im Dialog und dem NaWik betreibe ich die Plattform wissenschaftskommunikation.de, auf der wir unter anderem auch über die Forschung über Wissenschaftskommunikation berichten. Ich bin im Beirat der Tagung Wissenswerte - Bremer Forum für Wissenschaftsjournalismus tätig, in dem wir jährlich die aktuellen Herausforderungen diskutieren und über Tagungsinhalte beraten. Gefühlt sause ich ständig durch die Republik und bin in zahlreichen Gremien tätig, u.a. 2017 in der Jury für den Preis für Hochschulkommunikation der HRK.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich segle gerne mit meinem Mann über die Ostsee - und weil die Küsten gespickt sind mit Naturwundern, Museen und Handelsstädten mit viel Geschichte und Architektur, kann ich in allem schwelgen, was mich interessiert. Und ich bin dabei an der frischen Luft. Außerdem gilt es, Abenteuer zu bestehen, wenn man z.B. zu zweit durch die Nacht schippert, an den großen Schifffahrtsrouten entlang. Oder durch Nebel. Danach will man nie wieder segeln. Oder erst recht.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Freie Tage gibt es eigentlich nicht, denn ich kann nicht Nein sagen (z.B. hatte ich die lustige Idee, ab Ostermontag für euch zu twittern, das muss man seiner Familie schon ein bisschen verklickern) - richtig Pause mache ich nur beim Segeln, s. voriger Punkt. Sonst gibt es freie Stunden: Abschalten kann ich in einem Museum, das mich begeistert, beim Spaziergang durch eine unbekannte - oder sehr bekannte - Stadt, oder, mit dem Fernglas in der Hand, in der Natur. Außerdem lese ich mit großer Begeisterung Zeitung, analog oder digital.

Bitte begrüßt Annette ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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