Sunday, January 5, 2020

Schlaf, Gedächtnis und Registered Reports — Juli Tkotz ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns ganz außerordentlich, Juli Tkotz (@einGlasRotwein) als neue Kuratorin begrüßen zu dürfen. Juli ist Doktorandin im Bereich Psychologie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, im Department Klinische Psycholgie in der Arbeitsgruppe Psychologie und Neurobiologie von Schlaf und Gedächtnis. Neben ihrem deutschsprachigen Twitter-Account tweetet sie auch auf Englisch über Statistik, das Statistik-Programm R und noch andere Dinge unter @juli_tkotz.

Natürlich haben wir Juli gleich mit unseren üblichen Fragen überhäuft, mit dem folgenden Ergebnis:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich wollte eigentlich irgendwas mit Design oder Kunst machen. In der Schule hatte ich aber das Glück, dass Psychologie als Unterrichtsfach angeboten wurde (sogar als Abiturfach!) - da habe ich Blut für Naturwissenschaften geleckt und wollte Psychologie auf Lehramt studieren. Quasi bei der Vergabe des Abiturzeugnisses riet mir meine Direktorin (und Psychologielehrerin) aber zu einem Vollstudium. Begründung: Wenn ich danach ins Lehramt will, kann ich mir die Kurse anrechnen lassen. Umgekehrt aber nicht. Das hat mich überzeugt und es war die richtige Entscheidung - danke, Frau Peters! Bereits im ersten Semester hat mich die Physiologie- und Neurovorlesung so begeistert (danke, Tobi!), dass ich mir eine Hilfskraftstelle im Labor gesucht habe und Forschungspraktika gemacht habe. Von da an stand der Weg in die Forschung fest.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Mein Feld hat verschiedene Aspekte: Die Psychologie gefällt mir, weil sie verschiedene Naturwissenschaften vereint: Biologie, Mathe, manchmal auch etwas Chemie und Physik. Die neurowissenschaftliche Sparte hat mir mit ihrem biologischen Schwerpunkt immer besonders gefallen - und wer findet das Gehirn denn nicht spannend?!
Meine Doktorandenstelle dreht sich nun um Schlaf und Gedächtnis. Besonders Schlaf finde ich - wie die meisten Menschen - extrem interessant, aber ganz unter uns: Nach diesem spezifischen Thema hatte ich in der Bewerbungsphase gar nicht gesucht. Was ich wollte war eine Stelle mit netten Leuten und Neuro-Schwerpunkt, wo ich meine Programmierfähigkeiten einsetzen kann, wo ich mit komplexen Datenstrukturen arbeiten kann und wo Wissenschaftskommunikation unterstützt wird. Das habe ich in meiner jetzigen Arbeitsgruppe gefunden - also bin ich jetzt Schlafforscherin.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich bin erst seit September 2019 Doktorandin. In einer beinahe ebenso frischen Arbeitsgruppe. Das bedeutet, dass ich mich gerade am Ende der Planungsphase meines ersten Experiments befinde, in dem es um den Einfluss von Schlaf aufs Gedächtnis geht. Wir wollen das Projekt als sogenannten Registered Report durchführen, bei dem man das wissenschaftliche Pferd ein wenig von hinten aufzäumt: Ich schreibe ERST das Paper mit Einleitung und genauem Experimentalplan. Dann reiche ich es bei einem Journal ein - und wenn das mit meinem Plan zufrieden ist, darf ich Daten erheben und erhalte das Versprechen, dass meine Ergebnisse später veröffentlicht werden. Auch dann, wenn "nichts rauskommt". Das ist super, weil es gegen den "Publication Bias" hilft, also das Problem, dass die Literatur dadurch verzerrt ist, dass "positive" Ergebnisse bevorzugt veröffentlicht werden. Der persönliche "Nachteil" für mich ist, dass ich als frische Doktorandin schon mein Manuskript schreiben muss, was andere mit deutlich mehr Erfahrung gegen Ende ihrer Promotion tun.
Mehr dazu in meinen Tweets, aber die Quintessenz ist: Gerade plane ich mein Experiment und die Datenanalyse, wühle mich durch die Literatur und schreibe mein Manuskript - das demnächst auch eingereicht werden soll.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Meiner Erfahrung nach interessieren sich Leute sowieso für Schlaf und Gedächtnis - beides betrifft schließlich jeden. Um das Thema Schlaf ranken sich auch viele Mythen wie z.B. bestimmte Schlafrhythmen, die besonders effizient sein sollen. Manche "Ratschläge" sind nicht nur wirkungslos, sondern sogar schädlich - allein deswegen finde ich es wichtig, da in den Dialog zu treten.
Zuletzt hoffe ich, dass auch das Handwerk rund um "Open Science" (z.B. die erwähnten Registered Reports) interessant ist, denn aktuell findet ein Umbruch in der Forschung statt, der im Idealfall auch dazu führt, dass Nicht-Wissenschaftler mehr mit Wissenschaft in Berührung kommen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Als "ein Glas Rotwein" habe ich schon während des Studiums begonnen, über Wissenschaft zu schreiben (auf meinem Blog einglasrotwein.de, Facebook und Instagram) und Science Slams zu halten. Durch die neue Stelle ist es dort ein wenig stiller geworden, aber die Sache mit der Wissenschaftskommunikation läuft eigentlich immer mit. Aktuell zum Beispiel in Form der Real-Scientist-Kuration :-)

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Von allem ein bisschen. Ich bin manchmal als Singersongwriter unterwegs, zeichne gerne, gehe laufen und ins Fitnessstudio und reite Western. Programmieren mit der Sprache R ist ein Hobby, das sich aus der Wissenschaft in den Alltag geschlichen hat.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich bin eher eine Lärche und stehe gerne früh auf. Dann muss Kaffee her! Und Bewegung: Wandern, Klettern, Sport - irgendwas in die Richtung. Eine nerdy Unternehmung wie ein Museumsbesuch oder Science Slam sind super, aber ich bin auch mit Serien gucken oder einem Controller in der Hand zufrieden. Wichtig auch: Was Leckeres Kochen oder backen!

Bitte begrüßt Juli ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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