Diese Woche begrüßen wir unsere neue Kuratorin begrüßt Lea Schönberger. Lea (@leaschoenberger.bsky.social) studierte Informatik mit Nebenfach Latein an der Universität Münster, Informatik an der Technischen Universität Dortmund, wo sie bis August 2023 auch promovierte, und ist derzeit zudem als Studentin der Komparatistik und klassischen Philologie an der Ruhr-Universität Bochum eingeschrieben. Seit Anfang 2024 verfolgt sie als freie Wissenschaftskommunikatorin das Ziel, Informatik und neue Technologien für neugierige und interessierte Menschen verständlich zu machen, damit sie diese als Werkzeug nutzen können, um gesellschaftliche Probleme zu lösen und die digitale Transformation aktiv zu gestalten.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Dass ich mal in der Wissenschaft lande, war für mich eigentlich schon klar, als ich 2011/12 feststellte, dass mein damaliges Lehramtsstudium (Latein und Informatik) nicht zielführend ist, denn eigentlich wollte ich nie Lehrerin werden, sondern nur die beiden Fächer studieren. Damals war ich allerdings noch fest davon ausgegangen, dass ich einmal im Bereich der klassischen bzw. der mittel- und neulateinischen Philologie forschen würde. Den Master in Informatik hatte ich ursprünglich begonnen, um mir später keine Sorgen um meinen Lebensunterhalt machen zu müssen, und wollte mich danach wieder den alten Sprachen widmen - aus dem Plan wurde aber offensichtlich nicht so viel. Durch das breite Lehrangebot in Dortmund konnte ich 'meine' Nische in der Informatik finden und bin dort gewissermaßen hängengeblieben. Zur Promotion kam ich, indem ich den Betreuer meiner Masterarbeit damals einfach mal gefragt habe, ob er eine Stelle für mich hat. Hatte er.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden und/oder was hält dich da?
In den ersten Semestern des Masterstudiums hatte ich eine ziemliche Krise, weil alles, von dem ich eigentlich gedacht hatte, es würde mir Spaß machen und mich interessieren, sich als (für mich) äußerst langweilig entpuppte. Glücklicherweise belegte ich dann eine Veranstaltung in einem Bereich, mit dem ich vorher noch keine Berührungspunkte hatte, und da hat es mich einfach gepackt. Ich kann gar nicht wirklich begründen, warum das so war, aber es machte mir auf einer fachlichen Ebene einfach irrsinnig viel Spaß, mich mit Fragestellungen aus diesem Bereich zu beschäftigen.
Damals habe ich mich noch nicht so sehr mit dem 'großen Ganzen' befasst, also damit, welche Relevanz die Probleme, in die ich meine Zeit investiere, eigentlich haben, doch das wurde im Laufe der Promotion dann leider immer mehr zum Problem. Ich hatte zwischenzeitlich die Betreuung meiner Promotion gewechselt, um mich mit praxisnäheren Problemen zu befassen, allerdings hat das nicht gut funktioniert. Für mich ist es wichtig, dass die Dinge, die ich tue, auch einen Einfluss auf das reale Leben haben und nicht nur dazu dienen, publiziert zu werden und irgendeinen h-Index zu erhöhen. Auch möchte ich hinter dem stehen, was ich tue - wenn Forschungsergebnisse bestenfalls in der Automobilindustrie Anwendung finden, dann ist das einfach nicht mit meinen Werten vereinbar. Insofern kann man sagen, dass mich meine Beigeisterungsfähigkeit in mein (ehemaliges) Feld hineingezogen hat, aber mein Idealismus mich nicht darin halten konnte.
Erzähl uns etwas über deine Arbeit!
Auch wenn ich mit dem Ende meiner Tätigkeit an der TU Dortmund im Sommer 2023 die Forschung (zumindest temporär und in jenem Bereich) verlassen habe, noch ein paar Worte dazu: Während meiner Promotion habe ich mich mit eingebetteten und verteilten Systemen, insbesondere mit Echtzeitsystemen beschäftigt. Eingebettete Systeme sind gewissermaßen kleine Computer, die in anderen Gegenständen drinstecken, zum Beispiel im Auto oder in der Waschmaschine. Von einem verteilten System spricht man, wenn so ein Computer in irgendeiner Form auch mit anderen Systemen verbunden ist bzw. kommuniziert, wie man es auch von Smart-Home-Geräten kennt. Von einem Echtzeitsystem spricht man, wenn es für so einen Computer nicht nur wichtig ist, richtige Ergebnisse zu liefern, sondern er dies auch rechtzeitig tun muss, also innerhalb einer vorgegebenen Zeit. Bei einer Waschmaschine beispielsweise ist es eher unproblematisch, wenn etwas mal ein wenig länger dauert, für ein autonomes Fahrzeug hingegen kann ein verspätetes Ergebnis fatal sein: Man möchte ja nicht nur erkennen "Vorsicht, Hund!", sondern auch noch in der Lage sein, rechtzeitig zu bremsen. In diesem Zusammenhang habe ich mir ganz unterschiedliche Probleme angeschaut.
Seit Anfang 2024 bin ich nun als Wissenschaftskommunikatorin aktiv und versuche mir, in diesem Bereich eine Selbstständigkeit aufzubauen, von der ich leben kann. Entsprechend sind meine Tätigkeiten aktuell ziemlich vielfältig: Ich plane und führe Workshops zu unterschiedlichen Themen durch, z.B. künstliche Intelligenz für Geisteswissenschaftler*innen, halte Vorträge und - mein ganz besonderes Herzensprojekt - ich produziere den Podcast "Informatik für die moderne Hausfrau", in dem ich mit Frauen, die sich im weitesten Sinne mit Informatik beschäftigen, über Themen mit Informatikbezug spreche.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wenn jemand das Wort "Informatik" hört, denkt die Person höchstwahrscheinlich an Programmierung, kompliziertes Zeug und sozialinkompetente Nerds, Maskulinum. Das ist allerdings eine Vorstellung, die absolut nicht repräsentativ ist und der Informatik nicht gerecht wird. Dass die meisten Menschen, die medial sichtbar sind und über Informatik sprechen, männlich sind, macht die Sache nicht besser und ist nicht gerade hilfreich, um solche Klischees abzubauen.
Ich möchte mit dem, was ich tue, dazu beitragen, dass alle Menschen die Möglichkeit erhalten, Zugang zu Informatikwissen zu bekommen, damit sich niemand überfordert oder vom technologischen Fortschritt abgehängt fühlen muss. Spätestens mit der zunehmenden Verbreitung KI-basierter Tools ist es dringend nötig, dass die Gesellschaft informatische Kompetenzen und ein tiefergehendes Verständnis aufbaut, das über die Frage "wie schreibe ich einen Prompt in ChatGPT?" hinausgeht. Ich denke allerdings, dass die gängigen Klischees und Vorurteile dazu führen, dass für viele Personen die Hemmschwelle, sich mit Informatik zu beschäftigen, besonders hoch ist. Möglicherweise haben sie den Eindruck, Informatik sei nichts für sie, weil sie eben nicht diesen stereotypischen Informatikerbildern [sic] entsprechen und auch nicht so werden möchten. Das ist etwas, das ich ändern möchte.
Vor diesem Hintergrund ist es mir übrigens auch sehr wichtig, explizit als nicht-männliche Person in Erscheinung zu treten, denn diese Eigenschaft, die mir in meiner Laufbahn schon so oft als Defizit ausgelegt wurde, ist eigentlich ein riesiger Vorteil. Übrigens, schon die Informatik-Pionierin Grace Hopper war der Ansicht, Frauen seien die besseren Informatiker*innen...
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
In meiner Freizeit quizze ich sehr gerne und bin daher auch Mitglied im Deutschen Quiz-Verein (https://www.quizverein.de/), für den ich hier gerne etwas Werbung machen möchte. Der DQV richtet unterschiedliche Quiz-Formate aus, zum Beispiel den Deutschland-Cup, ein Turnier, das einmal im Monat dezentral an über 40 Standorten in Deutschland ausgetragen wird, oder die DQV Online-Liga, eine Art Bundesliga des Quiz. Mitquizzen kann man übrigens auch, ohne Mitglied zu sein, also schaut doch einfach mal vorbei.
Wie sieht für dich ein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?
Ich bin, ehrlich gesagt, nicht so gut im Nichtstun. Wenn ich mich aber doch mal darin übe, sitze ich idealerweise mit einem Buch auf dem Sofa oder im Garten, lese und trinke (viel) Kaffee. Alternativ fahre ich mit Backpack und Interrail-Ticket in einem klapprigen Zug durch Europa und schaue, wohin es mich verschlägt.
Bitte begrüßt Lea ganz herzlich auf dem Kanal!
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