Portrait-Foto von Judith Purkarthofer © UDE |
Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Judith Purkarthofer (@jupurkarthofer.bsky.social)! Judith arbeite seit 2020 als Juniorprofessorin der Germanistischen Linguistik an der Universität Duisburg-Essen. Ihr Studium der Allgemeinen und angewandten Sprachwissenschaft hat sie an der Universität Wien mit der Promotion 2014 abgeschlossen. Danach hat sie bis 2019 am Center for Multilingualism in Society across the Lifespan an der Universität Oslo in Norwegen gearbeitet, bevor sie für einige Monate nach Berlin an die Humboldt Universität gewechselt ist. Ihr erster Schwerpunkt waren Sprachen im Lauf der Lebens, als Teil von biographischer Forschung: zunächst Sprachwahl im Freien Radio und Vorstellungen von ‚guter‘ Sprache bei Jugendlichen in einem Vergleich von Frankreich und Österreich. Danach hat sie zu Mehrsprachigkeit in Schulen und Kitas gearbeitet und erforscht, wie nicht nur der Unterricht, sondern auch die sprachliche Gestaltung der Orte und Begegnungen (als social space) sich auf die Kinder und Erwachsenen auswirken. In Norwegen hat ich begonnen, zu mehrsprachigen Familien zu forschen – immer wieder auch im Kontakt mit Bildungseinrichtungen - und diese Richtung verfolgt sie immer noch.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich hab als Kind eine Biographie von Marie Curie gelesen und fand das damals schon wahnsinnig faszinierend. Ich glaube, sowohl diese Hingabe an ein Projekt als auch die Neugierde haben mich inspiriert. Das war wohl mein innerer Nerd, die mirch da gewunken hat, und dann hat es mich nach verschiedenen Berufserfahrungen (dazu während der Woche mehr) doch an der Uni gehalten – inzwischen sogar mit einer relativ langfristigen Perspektive.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält
dich dort?
Sprecher*innen sind einfach interessant und die Linguistik hat mich damit begeistert, dass sie uns Werkzeuge, Modelle und vor allem Fragen anbietet, mit denen wir soziale Zusammenhänge verstehen können – aber immer mit einem Blick für (teilweise ziemlich abstrakte) Systeme. Auf einer anderen Ebene genieße ich die breite Anwendbarkeit: Es gibt tatsächlich kaum ein Thema, das man nicht irgendwie mit Sprache(n) zusammenbringen kann – aber das geht wahrscheinlich vielen so, die sich entsprechend in ihr Feld vertiefen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Was erfahren wir über Menschen, wenn sie sprechen? Nicht nur durch das, was sie sagen, sondern wie sie es tun. Mit welchen Worten, welcher Sprache – und wodurch wird das eigentlich beeinflusst? Ich forsche in der Soziolinguistik und Mehrsprachigkeitsforschung und das heißt, ich möchte wissen, warum Sprecher*innen welche Teile ihres sprachlichen Repertoires nutzen, das sich im Lauf ihrer Biografie verändert. Aktuell arbeite ich vor allem mit Familien, also Kindern und Erwachsenen, die mehrsprachig miteinander leben – oft über mehrere Länder verteilt – und ihren Sprachgebrauch aushandeln. Das passiert nicht nur nach den Vorlieben der Beteiligten, sondern ist auch davon abhängig, was in der Gesellschaft, in den Medien und Freundeskreisen über bestimmte Sprachen gedacht wird. Während des Semesters bin ich aktiv in der Lehre und trage hoffentlich dazu bei, dass Studierende, die später Deutsch unterrichten möchten, möglichst gut ausgestattet sind und die mehrsprachige Realität in den Schulen gut nutzen können.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Spracherleben ist an sich sehr persönlich – Sprache ist schließlich eine der wichtigsten Verbindungen zwischen dem Individuum und seiner Umgebung. Zugang zu (neuen) Sprachen ist wahnsinnig schön und ermächtigend – aber Sprachen haben eben auch das Potenzial, sehr mächtige Ausschlüsse bis hin zu traumatischen Erfahrungen zu produzieren. Damit sind die Ergebnisse unserer Forschung Eltern und Lehrende, für Schulen und Kitas relevant, aber auch dort, wo Menschen Demokratie verhandeln, spielt der Zugang zu Information und die Möglichkeit mitzureden eine entscheidende Rolle. Es erstaunt und fasziniert mich immer wieder, wie diese minimalen Verschiebungen, die dazu führen, dass man sich in manchen Situationen ganz entspannt und in anderen ganz fehl am Platz fühlt, unser Leben prägen und dann auch dazu beitragen, in welchen Tätigkeiten und welcher Gesellschaft man sich einbringt.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen
Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin an unserer Fakultät gemeinsam mit einem kleinen Team Gleichstellungsbeauftragte, d.h. wir begleiten Berufungsverfahren, organisieren Workshops und beraten manchmal auch Mitarbeiter*innen und Studierende. Außerdem bin ich aktuell im Vorstand des Interdisziplinären Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung unserer Uni, was sehr gute Verbindungen zu netten Kolleg*innen in anderen Fakultäten mit sich bringt – und immer wieder feine Veranstaltungen (aber auch dazu diese Woche noch mehr).
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Lesen, schwimmen und beklagen, dass nicht mehr Zeit ist. Außerdem versuche ich mich gern als Gärtnerin, indem ich den Balkon beackere und Samen einpflanze. Erfolgreich gekeimt sind u.a. Avocado, Datteln, Erdäpfel, Mandarinen, Zitronen und Orangen – weniger Glück hatte ich mit Äpfeln und Kokosnüssen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur
Menschen)?
Gerne auf einer Reise, zuerst beim
Erkunden neuer Cafés und lustiger Aussichten, dann mit Eintauchen in einen See
und als Abschluss in einer abstrus-weltverändernden Diskussion mit guten
Freund*innen…
Bitte begrüßt Judith ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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