Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Oliver Jennrich (@OliverJennrich) vorzustellen! Oliver ist in der Region Hannover aufgewachsen und hat an der Uni Hannover Physik studiert und seine Promotion abgeschlossen. Nach Postdoc-Stationen in den USA (Jila, University of Colorado) und Großbritannien (Universität Glasgow) verschlug es ihn zur Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) in Noordwijk, wo er sich seit 2002 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im wesentlichen mit den LISA Pathfinder und LISA Missionen zur Gravitationswellenastronomie beschäftigt. Nebenbei betreut er kleinere Projekte, wie die Studie zur Quantum Physics Platform, oder eXTP, ein chinesisches Röntgenstrahlteleskop, an dem sich die ESA eventuell beteiligt. Er durfte den ESA-Astronauten einen Schnellkurs in Kosmologie und allgemeiner Relativitätstheorie geben und eines seiner “Wochenendprojekte” schaffte es bis zum “Astronomy Picture of the Day”.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Das hat sich so ergeben :) Ich bin keiner von denen gewesen, die “schon immer” Wissenschaft betreiben wollte und schon als “kleiner Junge” wusste, dass ich mal Physik studieren will. Mir sind die MINT-Fächer in der Schule immer leichter gefallen als z.B. Sprachen oder Musik und ich habe mich dann kurz vor dem Abitur bei einer “Woche der offenen Tür” in der Uni umgeschaut und da haben mir die Mathematik und Physik-Vorlesungen am besten gefallen. Und seitdem ist es eigentlich immer ein Frage der Neugier bzw. der Dickköpfigkeit bezüglich der Frage “wie funktioniert das eigentlich?” gewesen.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Wie so häufig spielte der Zufall sicher eine Rolle. Als ich mit der Diplomarbeit (die es damals noch gab) fertig war und nach einer Promotionsstelle suchte, war gerade die Entscheidung gefallen, in Hannover einen Gravitationswellendetektor (GEO600) zu bauen, und mein späterer Doktorvater, Karsten Danzmann, suchte Leute die mit ihm das Projekt aufziehen. Das war (und ist) mit Abstand das spannendste Thema, das ich mir vorstellen konnte.
Viele Jahre später arbeite ich jetzt schon seit längerer Zeit bei der ESA daran, einen solchen Detektor in den Orbit zu bringen und ich sitze an der Schnittstelle zwischen den Wissenschaftlern die später einmal die Daten benutzen werden, um Astrophysik zu betreiben, den Wissenschaftlern, die Präzisionsinstrumente entwerfen und bauen und den Ingenieuren die es möglich machen, dass diese Instrumente dann auch irgendwann einmal in den Orbit kommen. Das ist noch immer einer der spannendsten Jobs die ich mir vorstellen kann. Zum einen wegen der ständig neuen intellektuellen Herausforderung (ein neuer Tag, ein neues Problem), sondern auch wegen der vielen verschiedenen Disziplinen mit denen ich in Kontakt komme, der sehr internationalen Umgebung (ich arbeite mit Kollegen aus über 20 Mitgliedsstaaten der ESA zusammen) und nicht zuletzt wegen der sehr interessanten Menschen mit denen ich im Rahmen meiner Arbeit in Kontakt komme - vom Nobelpreisträger bis zum Astronauten.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine typische Arbeit als Study Scientist besteht zu einem großen Teil darin, mit anderen Leuten zu sprechen, die jeweiligen Anforderungen der Wissenschaftler und der Ingenieure der jeweiligen “anderen” Gruppe zu erklären und zu vermitteln. Im Moment beschäftige ich mich zusammen mit einem Team von externen und internen Forschern mit der Frage, wie man testen kann, dass die Instrumente die auf dem Satelliten eingebaut sind, funktionieren und welche Diagnosemöglichkeiten man dazu vorsehen muss und wie man das am besten macht. Das hört sich einfach an, aber nicht alle Instrumente funktionieren vollständig unter Schwerkraft. Manche brauchen die Schwerelosigkeit und man kann nur sehr begrenzt etwas über die “Gesundheit” der Instrumente lernen, wenn man sie am Boden einschaltet.
Weil man sich nicht mit allen Instrumenten gleich gut auskennen kann, lese ich dann viel in den Designbeschreibungen der Instrumente, überlege zusammen mit den Ingenieuren was von den Instrumenten noch zugänglich sind, wenn sie auf dem Satelliten sind und versuche mit den Wissenschaftlern herauszufinden, wie man aus “ihrem” Instrument möglichst viel Information herauslocken kann.
Im Moment bedeutet das viele Stunden Telefonkonferenz pro Tag.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Weil sie super-spannend ist :) Ernsthaft: Gravitationswellen sind ein noch relatives “junges” Feld der Astronomie und sie können uns viel über die Antworten auf Fragen wie “Wie entstehen Galaxien?”, “”Wie haben sich die großen Strukturen im Universum gebildet?”, “Was passiert eigentlich am Rand eines Schwarzen Loches?”, “Wie war die Situation im sehr frühen Universum?”, und der Klassiker “Hatte Einstein Recht?” - genauer, “Beschreibt die Relativitätstheorie die Physik auch in extremen Situationen korrekt?”. Die Antwort auf die klassische Frage “gibt es dafür eine Anwendung?” ist die gleiche wie bei jeder Grundlagenforschung “Wer weiß…."
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich habe mich bis vor kurzem um die Einstellung junger Wissenschaftler (PostDocs) in unserem Direktorat gekümmert. Das war eine sehr interessante (und auch anstrengende) Arbeit die sehr viel Spass gemacht hat. Außerdem habe ich ein “hobbymäßiges” Interesse and der Frage, wie Quantenmechanik mit makroskopischen Körpern funktioniert und werde gelegentlich gebeten, entsprechende ESA-Studien zu betreuen oder daran mitzuwirken.
Outreach darf ich auch machen, soviel ich möchte (bzw. die Zeit es erlaubt) :)
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich fotografiere gerne. Ich habe nicht immer genug Zeit, um “große” Projekte abzuschließen (oder gar eine Ausstellung zu arrangieren) aber im Moment versuche ich gerade die Corona-Krise mit dem Bild einer blühenden Pflanze (#afloweraday) auf für meine Follower auf Twitter aufzulockern.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen(!), im Garten sitzen und ein Buch lesen, ein bisschen Fahrrad fahren und abends im Kreise meiner Lieben lecker essen. Wenn ein Glas Rotwein dabei ist, sage ich auch nicht nein.
Bitte begrüßt Oliver ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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