Nach Wochen voller Mikroorganismen machen wir einen Ausflug in eine ganz andere Richtung: Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Sandra Schwab (@ScribblingSandy) vorstellen! Sandra ist promovierte Anglistin und arbeitet zur Zeit als freiberufliche Übersetzerin und Coverdesignerin. Am liebsten "verwurschtelt" sie ihre wissenschaftliche Forschung zu Literatur, Geschichte und Kulturgeschichte in kreativen Werken.
Sie schreibt unter anderem Unterhaltungsliteratur für den nordamerikanischen Markt - ihr Debüt "The Lily Brand" wurde 2005 für einen Romantic Times Reviewers' Choice Award nominiert - und hat sich zu einer Expertin für die viktorianische Zeitschrift "Punch" entwickelt. Wenn sie gerade nicht zu Punch-Archivbesichtigungen eingeladen oder von der BBC zu den Brüdern Grimm interviewt wird, beschäftigt sich Sandra mit dem Ausbau ihrer Bibliothek (inklusive rund 140 Kilo "Punch"!) und verbringt Zeit bei Miss Hetty, ihrem Wohnwagen.
Hier ist Sandra in ihren eigenen Worten:
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich wollte schon immer irgendetwas mit Literatur machen und hatte ursprünglich vor, zu versuchen, einen Job in einem Verlag zu bekommen. Aus diesem Grund fing ich nach dem Abi ein Magisterstudium in Mainz an, und zwar in Germanistik, Anglistik und Buchwissenschaft. Mir wurde dann aber schnell klar, dass mir die Anglistik besser lag, was auch damit zu tun hatte, dass die Mainzer Germanistik zu diesem Zeitpunkt recht konservativ war, und irgendwann hatte ich halt die Nase voll von Lessing, Goethe und Schillers Fantasien von sterbenden Frauen (Mensch, Emilia Galotti, hättste den blöden Prinzen nicht einfach abmurksen können?!?!). Ich wechselte also noch einmal die Fächer und blieb schließlich bei Anglistik, Germanistik und Kulturanthropologie hängen.
Kultur-was? mag sich manch einer jetzt fragen. Kulturanthropologie ist das Fach, das früher mal "Volkskunde" hieß, doch diese Bezeichnung war nicht nur etwas angestaubt, sondern auch recht belastet, weshalb sich die Institute in Deutschland in den 1980er und 90er Jahren umbenannten. Das Fach ist extrem spannend und behandelt Aspekte des Alltagslebens. Traditionelle Themenbereiche sind Brauchtumsforschung und Märchenforschung, die es mir besonders angetan hatte. (Mit anderen Worten: Die Brüder Grimm sind dran schuld...)
Nach meinem Auslandsjahr in Galway, Irland (mit Dauerregen) bekam ich eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft im Bereich der British Studies in Mainz und hatte das Glück, dass eine Mitarbeiterstelle frei war, als ich mit dem Studium fertig war. Und so kam es, dass ich die nächsten zwölf Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni verbracht habe. Leider lernte ich dabei auch die Schattenseiten des deutschen Unisystems kennen (Stichwort #metoo) und fand zudem die Arbeitsbedingungen und Arbeitsatmosphäre zunehmend problematisch. Erschwerend kam hinzu, dass meine Forschung zwar im Ausland sehr gut ankam, dass sie jedoch in Deutschland als zu bodenständig angesehen wurde.
Aus diesen Gründen entschloss ich mich dazu, nach Ablauf meines letzten Vertrags nicht weiter eine Unikarriere zu verfolgen. Stattdessen machte ich mich im Frühjahr 2016 als Übersetzerin und Coverdesignerin selbständig. Forschen tue ich allerdings immer noch - aber jetzt ausschließlich für meine kreativen Werke.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich habe über das Drachentöten promoviert (echt jetzt) und bin bei den Recherchen zu diesem Thema über den viktorianischen Illustrator Richard Doyle gestolpert, der in den 1840er Jahren für die satirische Zeitschrift "Punch" arbeitete. Von seinen Kollegen wurde er "Professor of Mediæval Design" genannt, da viele seiner Zeichnungen die Mittelalterromantik des 19. Jahrhunderts aufs Korn nahmen. Genau darüber hielt ich 2010 einen Vortrag an der Yale University bei der Konferenz der Research Society for Victorian Periodicals.
Und diese Konferenz haute mich schlichtweg um. Nicht nur, dass die Vorträge alle sehr, sehr gut waren oder dass es sich bei den anwesenden Wissenschaftlern um eine extrem nette Truppe handelte, nein, es war auch das Forschungsfeld selbst, das mich in seinen Bann schlug: ein weites Forschungsfeld, interdisziplinär, eng verbunden mit Kultur- und Alltagsgeschichte, in Teilen leicht skurril - einfach perfekt! Nach meiner Rückkehr nach Deutschland fing ich sofort an, AbeBooks zu durchwühlen und wurde auch schnell fündig: Schon wenige Wochen später zogen 70 Kilo Mr. Punch bei mir ein, nämlich die Bände der Zeitschrift von 1841-91. Und naja, wenn man so viel Mr. Punch in seinem Wohnzimmer sitzen hat, muss man ja einfach über "Punch" forschen. :-)
Wenige Jahre später kam mir dann die Idee, dass ich meine wissenschaftliche Forschung mit meiner kreativen Arbeit als Schriftstellerin verbinden könnte, und so entstand meine Serie über die fiktive viktorianische Zeitschrift "Allan's Miscellany".
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich übersetze Bücher ins Deutsche (oder lektoriere bestehende Übersetzungen), erstelle Buchcover und Figurenporträts und schreibe nebenbei noch eigene Romane und Kurzromane, die im 19. Jahrhundert oder in der Römerzeit spielen. (Twitter hat mich zu den Römern überredet. Das kommt davon, wenn man auf Twitter kundtut, dass man in der Nähe der Saalburg wohnt...)
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Spätestens seit "Game of Thrones" sind Drachen wieder in aller Munde. Und was die Zeitungen und Zeitschriften des 19. Jahrhunderts angeht - wer sich für Geschichte und Literatur der Zeit interessiert, kommt eigentlich an den Periodika nicht vorbei. Man hat in den letzten Jahren dank der Forschung auf diesem Gebiet viele spannende neue Erkenntnisse zum Buchmarkt, Literaturproduktion und Alltagsleben gewonnen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich schreibe seit 2000 Unterhaltungsliteratur für den nordamerikanischen Markt und bin seit 2005 veröffentlichte Autorin.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
2011 habe ich urban sketching für mich entdeckt und renne seitdem gerne auch einmal mit Skizzenbuch durch die Gegend. Das hat den Vorteil, dass man lernt, ganz genau hinzuschauen und auf Details zu achten. Da ein zeichnender Mensch in freier Wildbahn einen ziemlich ungewöhnlichen Anblick darstellt, kommt man immer schnell mit fremden Menschen ins Gespräch und es ergeben sich häufig ganz wunderbare Begegnungen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Meinen idealen freien Tag verbringe ich bei meinem Wohnwagen auf dem Campingplatz. Bei Sonnenschein lässt es sich faul ausgestreckt auf einer Liege unter einem Baum hervorragend lesen, und bei Regenwetter ist es im Wohnwagen gleich doppelt gemütlich. Ich habe dort weder Handyempfang (es sei denn, ich stehe am Stein neben dem kleinen Baum vor dem Vorzelt und halte das Handy in Richtung Süden - dann funktioniert es manchmal mit dem Empfang) noch eine Internetverbindung - was einfach himmlisch ist!
Bitte begrüßt Sandra ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Monday, October 30, 2017
Sunday, October 22, 2017
Virales Tweeten - Björn Meyer ist jetzt bei Real Scientists DE!
Wir freuen uns sehr, euch Björn Meyer (@meyerbjoern) als neuen Kurator vorstellen zu dürfen!
Björn ist gebürtiger Rheinländer, hat aber früh Reißaus genommen: Zum Studium der Mikrobiologie ging es zuerst nach Liverpool, dann zog es ihn für seine Promotion in Virologie in den Norden an die University of St. Andrews in Schottland. Nach einem kurzen Abstecher ans Institut der Virologie der Universität Marburg ging es über den großen Teich, wo er an der University of Minnesota seine Forschung an Arenaviren fortsetzte. Seit März diesen Jahres hat Björn wieder europäischen Boden unter den Füßen und beschäftigt sich am ehrwürdigen Institut Pasteur in Paris mit viralen Populationen und Pathogenese.
Hier ist Björn in seinen eigenen Worten:
Ich bin aufgewachsen in Grevenbroich, im Rheinland. Zum Studium hat es mich nach zunaechst nach England vertrieben, wo ich meinen Bachelor in Microbiologie in Liverpool als Jahrgangsbester absolviert habe. Daraufhin habe ich ein Stipendium vom Medical Research Council (MRC) bekommen, um meinen PhD in Virologie and der University of St Andrews in Schottland zu unternehmen und ich habe ein Projekt zur Erforschung von Arenaviren angestrebt. Waehrend dieser Zeit habe ich den Centenary Travel Award vom MRC erhalten und konnte meine bisher einzige Zeit in einem deutschen Labor im Institut der Virologie an der Universitaet in Marburg verbringen. Nach meinem PhD im Zuhause des Golfs, verschlug es mich dann ueber den Teich und ich habe meine Arbeit an Arenaviren an der University of Minnesota weitergefuehrt. Nach etwa zwei Jahren in den USA konnte ich eine weitere Postdoc Stelle zurueck in Europa annehmen und bin seit Maerz am Imstitut Pasteur in der viralen Populationen und Pathogenese Gruppe von Marco Vignuzzi in Paris taetig.
Ich habe mich schon immer für Biologie interessiert, genauer wie kleine (für uns normaler Weise unsichtbare) Mikroorganismen uns krank machen können. Ich wollte eine gute und interessante Herausforderung, die kein 9-5-Job war, und wollte daran beteiligt sein, neue Dinge herauszufinden.
Ich arbeite in der Virologie, oder für viele Freunde und Bekannte “ich arbeite mit Viren”. Ich behaupte, dass ich vor kurzen mein Feld gewechselt habe, aber Ihr könnt selbst urteilen: Bis zum Anfang des Jahres habe ich an Viren gearbeitet, die wir als Modelle für hämorrhagische Fieberviren benutzen (es ist einfacher mit diesen Viren zu arbeiten als mit den eigentlich hochpathogenen Viren – mehr dazu diese Woche). Dabei war mein Schwerpunkt in der molekularen Virologie, oder wie bestimmte virale und zelluläre Moleküle miteinander interagieren und die Viren somit dem Immunsystem entkommen oder andere “Sicherheitssysteme” umgehen.
Seit diesem Jahr habe ich einen Teil meines Schwerpunktes gewechselt. Der Schwerpunkt hier liegt in viraler Evolution, mit meinen (mir) neuen Enteroviren. Jetzt schauen wir, wie sich solche Viren über die Zeit verändern und sich an bestimmte Bedingungen anpassen und welche Auswirkungen diese Veränderungen haben, z.B. bessere Anpassung an menschliche Zellen, Übertragbarkeit, Pathogenese etc. Gleichzeitig schauen wir, ob wir bestimmte “Fehler” in den Viren als Ansatzpunkt für neue Therapien nutzen können (mehr dazu während der Woche).
Ich denke es ist ein neues Feld – was meint ihr?
Ich habe mich nie wirklich gefragt, warum ausgerechnet dieses Feld. Zum Teil kam es einfach von “weil ich die Möglichkeit hatte” und zum anderen, weil “oh, das ist so interessant, das will ich auch versuchen”. Also persönlich eher ein No-Brainer und ich glaube, ihr alle seht es ganz genau so und seid jetzt auch interessiert.
Wie schon kurz in meiner letzten Antwort beschrieben, ich arbeite an der Evolution von Viren, mit dem Schwerpunkt an Enteroviren (spezifisch Enterovirus 71 – oder für die mit Kindern, Nichten, Neffen im Kindergartenalter – “Hand-, Fuss- und Mund-Virus”). Dieses Virus ist normalerweise nicht wirklich zu schlimm bei den meisten Kindern. Es verursacht oft nur einen juckenden Ausschlag mit kleinen Bläschen and den, wie der Name vermuten lässt, Händen, Füssen und im Mund. In Südostasien verursacht dieses Virus allerdings viel mehr Komplikationen und kann das Zentralnervensystem angreifen, Gehirnschwellungen verursachen und sogar tödlich sein. Jedoch wissen wir momentan nicht, warum es dort so problematisch ist und hier nicht – etwas, dass ich versuche, mir in den nächsten Jahren mal genauer anzusehen.
Unser momentanes Hauptprojekt (irgendwo muss das Geld für die interessanten Projekte herkommen) ist unterstützt von der DARPA (der Forschungsarm des US-Militärs – ja, kaum zu glauben, die investieren nicht nur in Krieg, sondern auch in zukünftige Technologien und biomedizinische Forschung). Wir leiten ein multidisziplinäres Projekt mit momentan 9 Gruppen, an 4 Instituten in 3 Ländern, das Molekularbiologen, Virologen und Mathematiker zusammenbringt. Die Aufgabe ist, nach sogenannten “defective interfering particles” (auf deutsch: defekten störenden Partikeln) zu suchen, die bei der Vermehrung von Viren in den Zellen entstehen, aber den Effekt haben, das eigentliche Virus zu behindern (mehr dazu diese Woche). Wir sollen dann diese Partikel für ihre Tauglichkeit als Therapieoption untersuchen. Der erhoffte Vorteil einer solchen Therapie ist, dass diese Partikel sich mit den eigentlichen Viren mitentwicklen und somit keine Resistenzen entstehen, wie man dies bei antiviralen Molekülen hat. ….Daumen drücken und mal schauen was wir da machen können.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Die Frage sollte eher lauten “warum nicht”! Ich glaube ich bin ein wenig voreingenommen mit meiner Meinung, aber denke dennoch, dass Viren cool sind. Stellt euch immer die Frage “wie können kleine und so einfache Organismen uns eigentlich krank machen und was machen wir, um uns dagegen zu wehren?”. Da Viren von Hause aus ansteckend sind, um sich zu vermehren und zu verbreiten, ist das Thema im Sinne von Gesundheit und Öffentlichkeit sehr wichtig. Ich glaube, ich muss den meisten hier nicht sagen – lasst euch impfen. – Ich mach es dennoch: “Geht und holt euch eure Impfungen!” Tut mir einen weiteren Gefallen, sagt es euren Bekannten, Verwandten, Freunden und sogar den Leuten in eurer Umgebung, die ihr nicht leiden könnt.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich glaube mein Job hält mich genügend beschäftigt. Aber falls ihr dennoch Fragen habt, greift zu Twitter um euch in Verbindung zu setzen. Falls ihr mal in Paris seit und mich mal zu nem Kaffee einladen wollt, dann ist das auch ok.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich habe zwar einen Sporthintergrund, leider aber nicht genügend Zeit dafür – Zumindest erzähl ich mir das, wenn ich mal wieder auf dem Sofa sitze. Ansonsten versuche ich soviel Zeit wie möglich mit meiner besseren Hälfte (keine Wissenschaftlerin) zu verbringen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Idealer freier Tag ist ein netter Tag bei meiner Schwiegerfamilie in Trinidad mit einem kalten Bier, viel Sonne und vielleicht ein wenig Strand.
Ansonsten nehm ich Gänsebraten zu Weihnachten in Deutschland.
Bitte begrüßt Björn ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Björn ist gebürtiger Rheinländer, hat aber früh Reißaus genommen: Zum Studium der Mikrobiologie ging es zuerst nach Liverpool, dann zog es ihn für seine Promotion in Virologie in den Norden an die University of St. Andrews in Schottland. Nach einem kurzen Abstecher ans Institut der Virologie der Universität Marburg ging es über den großen Teich, wo er an der University of Minnesota seine Forschung an Arenaviren fortsetzte. Seit März diesen Jahres hat Björn wieder europäischen Boden unter den Füßen und beschäftigt sich am ehrwürdigen Institut Pasteur in Paris mit viralen Populationen und Pathogenese.
Hier ist Björn in seinen eigenen Worten:
Ich bin aufgewachsen in Grevenbroich, im Rheinland. Zum Studium hat es mich nach zunaechst nach England vertrieben, wo ich meinen Bachelor in Microbiologie in Liverpool als Jahrgangsbester absolviert habe. Daraufhin habe ich ein Stipendium vom Medical Research Council (MRC) bekommen, um meinen PhD in Virologie and der University of St Andrews in Schottland zu unternehmen und ich habe ein Projekt zur Erforschung von Arenaviren angestrebt. Waehrend dieser Zeit habe ich den Centenary Travel Award vom MRC erhalten und konnte meine bisher einzige Zeit in einem deutschen Labor im Institut der Virologie an der Universitaet in Marburg verbringen. Nach meinem PhD im Zuhause des Golfs, verschlug es mich dann ueber den Teich und ich habe meine Arbeit an Arenaviren an der University of Minnesota weitergefuehrt. Nach etwa zwei Jahren in den USA konnte ich eine weitere Postdoc Stelle zurueck in Europa annehmen und bin seit Maerz am Imstitut Pasteur in der viralen Populationen und Pathogenese Gruppe von Marco Vignuzzi in Paris taetig.
Ich habe mich schon immer für Biologie interessiert, genauer wie kleine (für uns normaler Weise unsichtbare) Mikroorganismen uns krank machen können. Ich wollte eine gute und interessante Herausforderung, die kein 9-5-Job war, und wollte daran beteiligt sein, neue Dinge herauszufinden.
Ich arbeite in der Virologie, oder für viele Freunde und Bekannte “ich arbeite mit Viren”. Ich behaupte, dass ich vor kurzen mein Feld gewechselt habe, aber Ihr könnt selbst urteilen: Bis zum Anfang des Jahres habe ich an Viren gearbeitet, die wir als Modelle für hämorrhagische Fieberviren benutzen (es ist einfacher mit diesen Viren zu arbeiten als mit den eigentlich hochpathogenen Viren – mehr dazu diese Woche). Dabei war mein Schwerpunkt in der molekularen Virologie, oder wie bestimmte virale und zelluläre Moleküle miteinander interagieren und die Viren somit dem Immunsystem entkommen oder andere “Sicherheitssysteme” umgehen.
Seit diesem Jahr habe ich einen Teil meines Schwerpunktes gewechselt. Der Schwerpunkt hier liegt in viraler Evolution, mit meinen (mir) neuen Enteroviren. Jetzt schauen wir, wie sich solche Viren über die Zeit verändern und sich an bestimmte Bedingungen anpassen und welche Auswirkungen diese Veränderungen haben, z.B. bessere Anpassung an menschliche Zellen, Übertragbarkeit, Pathogenese etc. Gleichzeitig schauen wir, ob wir bestimmte “Fehler” in den Viren als Ansatzpunkt für neue Therapien nutzen können (mehr dazu während der Woche).
Ich denke es ist ein neues Feld – was meint ihr?
Ich habe mich nie wirklich gefragt, warum ausgerechnet dieses Feld. Zum Teil kam es einfach von “weil ich die Möglichkeit hatte” und zum anderen, weil “oh, das ist so interessant, das will ich auch versuchen”. Also persönlich eher ein No-Brainer und ich glaube, ihr alle seht es ganz genau so und seid jetzt auch interessiert.
Wie schon kurz in meiner letzten Antwort beschrieben, ich arbeite an der Evolution von Viren, mit dem Schwerpunkt an Enteroviren (spezifisch Enterovirus 71 – oder für die mit Kindern, Nichten, Neffen im Kindergartenalter – “Hand-, Fuss- und Mund-Virus”). Dieses Virus ist normalerweise nicht wirklich zu schlimm bei den meisten Kindern. Es verursacht oft nur einen juckenden Ausschlag mit kleinen Bläschen and den, wie der Name vermuten lässt, Händen, Füssen und im Mund. In Südostasien verursacht dieses Virus allerdings viel mehr Komplikationen und kann das Zentralnervensystem angreifen, Gehirnschwellungen verursachen und sogar tödlich sein. Jedoch wissen wir momentan nicht, warum es dort so problematisch ist und hier nicht – etwas, dass ich versuche, mir in den nächsten Jahren mal genauer anzusehen.
Unser momentanes Hauptprojekt (irgendwo muss das Geld für die interessanten Projekte herkommen) ist unterstützt von der DARPA (der Forschungsarm des US-Militärs – ja, kaum zu glauben, die investieren nicht nur in Krieg, sondern auch in zukünftige Technologien und biomedizinische Forschung). Wir leiten ein multidisziplinäres Projekt mit momentan 9 Gruppen, an 4 Instituten in 3 Ländern, das Molekularbiologen, Virologen und Mathematiker zusammenbringt. Die Aufgabe ist, nach sogenannten “defective interfering particles” (auf deutsch: defekten störenden Partikeln) zu suchen, die bei der Vermehrung von Viren in den Zellen entstehen, aber den Effekt haben, das eigentliche Virus zu behindern (mehr dazu diese Woche). Wir sollen dann diese Partikel für ihre Tauglichkeit als Therapieoption untersuchen. Der erhoffte Vorteil einer solchen Therapie ist, dass diese Partikel sich mit den eigentlichen Viren mitentwicklen und somit keine Resistenzen entstehen, wie man dies bei antiviralen Molekülen hat. ….Daumen drücken und mal schauen was wir da machen können.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Die Frage sollte eher lauten “warum nicht”! Ich glaube ich bin ein wenig voreingenommen mit meiner Meinung, aber denke dennoch, dass Viren cool sind. Stellt euch immer die Frage “wie können kleine und so einfache Organismen uns eigentlich krank machen und was machen wir, um uns dagegen zu wehren?”. Da Viren von Hause aus ansteckend sind, um sich zu vermehren und zu verbreiten, ist das Thema im Sinne von Gesundheit und Öffentlichkeit sehr wichtig. Ich glaube, ich muss den meisten hier nicht sagen – lasst euch impfen. – Ich mach es dennoch: “Geht und holt euch eure Impfungen!” Tut mir einen weiteren Gefallen, sagt es euren Bekannten, Verwandten, Freunden und sogar den Leuten in eurer Umgebung, die ihr nicht leiden könnt.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich glaube mein Job hält mich genügend beschäftigt. Aber falls ihr dennoch Fragen habt, greift zu Twitter um euch in Verbindung zu setzen. Falls ihr mal in Paris seit und mich mal zu nem Kaffee einladen wollt, dann ist das auch ok.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich habe zwar einen Sporthintergrund, leider aber nicht genügend Zeit dafür – Zumindest erzähl ich mir das, wenn ich mal wieder auf dem Sofa sitze. Ansonsten versuche ich soviel Zeit wie möglich mit meiner besseren Hälfte (keine Wissenschaftlerin) zu verbringen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Idealer freier Tag ist ein netter Tag bei meiner Schwiegerfamilie in Trinidad mit einem kalten Bier, viel Sonne und vielleicht ein wenig Strand.
Ansonsten nehm ich Gänsebraten zu Weihnachten in Deutschland.
Bitte begrüßt Björn ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Sunday, October 15, 2017
Das große Protein-Puzzle - Matthias Stahl ist jetzt bei Real Scientists DE!
Mit großer Vorfreude stellen wir euch unseren neuen Kurator Matthias Stahl (@bioschema) vor! Matthias hat an der TU München Biochemie studiert und promoviert dort aktuell am Lehrstuhl für Organische Chemie II. Auf der Arbeit steht er im Maschinenraum von Bakterien, Viren und menschlichen Zellen: Die Welt der Proteine hat es ihm angetan.
Wenn er gerade nicht am Massenspektrometer sitzt, erklärt er Laien, wie man multiresistenten Keimen die Laserschwerter abnehmen kann. Wir sind gespannt, was er sich diese Woche noch alles einfallen lässt!
Hier ist Matthias in seinen eigenen Worten:
Meine Eltern schenkten mir einmal zu Weihnachten einen Chemiekasten. Es war die Explosion auf den ersten Blick. Ich experimentierte teils nächtelang. Doch so spannend diese Erfahrung am Anfang auch war, irgendwann stellte ich fest, dass wir Menschen ja auch zu einem beträchtlichen Teil aus Chemie bestehen. An Menschen konnte ich nun schlecht experimentieren, deswegen fing ich mit Bakterien an, die ich aus dem Spüllappen meiner Mutter isolierte. Aus Wald- und Wiesenpflanzen konnte ich Antibiotika extrahieren und deren Wirkung auf die Bakterien, die in Einmachgläsern meiner Oma wuchsen, beobachten.
Antibiotika interessierten mich also schon fast immer, deswegen arbeite ich heute noch damit. Besser gesagt arbeite ich mit den Bakterien, die einen Weg gefunden haben, den Antibiotika auszuweichen. Das ist ein Hauptgrund dafür, warum wir in Deutschland mehrere Tausend Tote im Jahr haben, die sterben, weil es keine wirksame Antibiotika gibt. In meiner Forschergruppe versuchen wir Wege zu finden, um die Bakterien abermals auszutricksen.
Vor etwa vier Jahren begann ich meine Promotion mit dem Fokus auf ein einzelnes Protein in Bakterien, das wir versuchten zu verstehen. Proteine sind gewissermaßen die Arbeiter in einer Bakterienzelle. Sie sorgen dafür, dass chemische Reaktionen ablaufen oder angehalten werden. Heute jedoch sieht die Laborwelt ganz anders aus. Mittlerweile schauen wir so gut wie alle Proteine der Zelle gleichzeitig an. Ds ist das Feld der Proteomik. So kann man größere Zusammenhänge verstehen und genau beobachten, wie die Zelle zum Beispiel auf die Gabe eines Antibiotikums reagiert. Man hat also jede Menge Daten. Meine Arbeit dreht sich dann auch zu einem Großteil darum, diese Daten zu verstehen. So konnten wir kürzlich die Wirkweise eines neuartigen Antibiotikums beobachten, dass die Bakterien nicht tötet, wie es Antibiotika tun, sondern sie lediglich entwaffnet. Warum das sinnvoll sein kann, darum wird es diese Woche auch gehen.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Nun ja, die Öffentlichkeit steht vor der Herausforderung immer weniger wirksame Medikamente gegen bakterielle Infektionen zu haben. Das ist aber nicht der Hauptgrund. Vielmehr genieße ich den Fachwörter-freien Dialog mit Nicht-Wissenschaftlern. Es ist mir mehr als einmal passiert, dass mich jemand in der Pause eines Science Slams auf eine ganz neue Idee gebracht hat.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Science Slammer und werde ab November auch an Schulen einzelne Unterrichtsstunden zu meinem Forschungsthema gestalten.
Ich habe zwei Hobbys, die sich in einem steten Rhythmus abwechseln. Mein Tag ist gewöhnlich voller Evidenzen und Wissen, deshalb schreibe ich ab und zu Kurzgeschichten, damit meine Fantasie nicht ganz so beleidigt ist. Wird das eintönig, hole ich meinen Raspberry Pi raus und baue irgendwelche elektronischen Schaltungen auf. Meistens ist man davon aber sehr schnell frustriert, dann wird wieder geschrieben.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Meine Frau und ich werden von unseren Kindern geweckt und dann backe ich mit unserer ältesten Tochter Brötchen. Die Kinder haben dann meistens die besten und spontansten Ideen für einen abenteuerlichen Tag. So kann mich der morgendliche Hefeteig nicht wieder an die Biochemie der Gärung erinnern...
Bitte begrüßt Matthias ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Wenn er gerade nicht am Massenspektrometer sitzt, erklärt er Laien, wie man multiresistenten Keimen die Laserschwerter abnehmen kann. Wir sind gespannt, was er sich diese Woche noch alles einfallen lässt!
Hier ist Matthias in seinen eigenen Worten:
Meine Eltern schenkten mir einmal zu Weihnachten einen Chemiekasten. Es war die Explosion auf den ersten Blick. Ich experimentierte teils nächtelang. Doch so spannend diese Erfahrung am Anfang auch war, irgendwann stellte ich fest, dass wir Menschen ja auch zu einem beträchtlichen Teil aus Chemie bestehen. An Menschen konnte ich nun schlecht experimentieren, deswegen fing ich mit Bakterien an, die ich aus dem Spüllappen meiner Mutter isolierte. Aus Wald- und Wiesenpflanzen konnte ich Antibiotika extrahieren und deren Wirkung auf die Bakterien, die in Einmachgläsern meiner Oma wuchsen, beobachten.
Antibiotika interessierten mich also schon fast immer, deswegen arbeite ich heute noch damit. Besser gesagt arbeite ich mit den Bakterien, die einen Weg gefunden haben, den Antibiotika auszuweichen. Das ist ein Hauptgrund dafür, warum wir in Deutschland mehrere Tausend Tote im Jahr haben, die sterben, weil es keine wirksame Antibiotika gibt. In meiner Forschergruppe versuchen wir Wege zu finden, um die Bakterien abermals auszutricksen.
Vor etwa vier Jahren begann ich meine Promotion mit dem Fokus auf ein einzelnes Protein in Bakterien, das wir versuchten zu verstehen. Proteine sind gewissermaßen die Arbeiter in einer Bakterienzelle. Sie sorgen dafür, dass chemische Reaktionen ablaufen oder angehalten werden. Heute jedoch sieht die Laborwelt ganz anders aus. Mittlerweile schauen wir so gut wie alle Proteine der Zelle gleichzeitig an. Ds ist das Feld der Proteomik. So kann man größere Zusammenhänge verstehen und genau beobachten, wie die Zelle zum Beispiel auf die Gabe eines Antibiotikums reagiert. Man hat also jede Menge Daten. Meine Arbeit dreht sich dann auch zu einem Großteil darum, diese Daten zu verstehen. So konnten wir kürzlich die Wirkweise eines neuartigen Antibiotikums beobachten, dass die Bakterien nicht tötet, wie es Antibiotika tun, sondern sie lediglich entwaffnet. Warum das sinnvoll sein kann, darum wird es diese Woche auch gehen.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Nun ja, die Öffentlichkeit steht vor der Herausforderung immer weniger wirksame Medikamente gegen bakterielle Infektionen zu haben. Das ist aber nicht der Hauptgrund. Vielmehr genieße ich den Fachwörter-freien Dialog mit Nicht-Wissenschaftlern. Es ist mir mehr als einmal passiert, dass mich jemand in der Pause eines Science Slams auf eine ganz neue Idee gebracht hat.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Science Slammer und werde ab November auch an Schulen einzelne Unterrichtsstunden zu meinem Forschungsthema gestalten.
Ich habe zwei Hobbys, die sich in einem steten Rhythmus abwechseln. Mein Tag ist gewöhnlich voller Evidenzen und Wissen, deshalb schreibe ich ab und zu Kurzgeschichten, damit meine Fantasie nicht ganz so beleidigt ist. Wird das eintönig, hole ich meinen Raspberry Pi raus und baue irgendwelche elektronischen Schaltungen auf. Meistens ist man davon aber sehr schnell frustriert, dann wird wieder geschrieben.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Meine Frau und ich werden von unseren Kindern geweckt und dann backe ich mit unserer ältesten Tochter Brötchen. Die Kinder haben dann meistens die besten und spontansten Ideen für einen abenteuerlichen Tag. So kann mich der morgendliche Hefeteig nicht wieder an die Biochemie der Gärung erinnern...
Bitte begrüßt Matthias ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Sunday, October 8, 2017
Astronomie für alle - Markus Pössel ist jetzt bei Real Scientists DE!
Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Markus Pössel vorstellen zu dürfen! Markus hat in Hamburg Physik studiert und am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam promoviert. Nach einem einjährigen Zwischenstop in New York als Senior Science Advisor des ersten World Science Festivals verschlug es ihn 2009 nach Heidelberg, wo er das Haus der Astronomie am Max-Planck-Institut für Astronomie leitet. Sein Herz schlägt nicht nur für Gravitationswellen, sondern vor allem auch für die Kommunikation von Wissenschaft: Unter anderem hat er das Online-Portal Einstein Online ins Leben gerufen, bloggt auf Relativ Einfach der Spektrum SciLogs und schreibt für die Zeitschrift Sterne und Weltraum.
Hier ist Markus in seinen eigenen Worten:
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe schon als Kind viele Sachbücher zu Physik und Astronomie gelesen. Insbesondere Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, aber auch die Teilchenphysik fand ich von Anfang an sehr spannend. Und wie so oft haben auch gute Lehrer eine wichtige Rolle gespielt: Richard Geißler, der mich in der 8. oder 9. Klasse für Mathe und Physik begeisterte, und Dr. Dr. Olaf Störmer in der Oberstufe – damals, also etwa 1989, erfuhr ich, soweit ich das erinnere, auch das erste Mal von Gravitationswellen. Über die hatte Störmer nämlich eine seiner beiden Doktorarbeiten geschrieben.
Ich bin in mein aktuelles Feld, also das was im englischen "Science Outreach" heißt, breite Schnittstellen zur Physikdidaktik hat und im deutschen mit "wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit" nur sehr ungenau beschrieben wird, eher so hineingerutscht. Meine Doktorarbeit habe ich zu einem Thema aus der Quantengravitation am Albert-Einstein-Institut angefertigt, dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. Als ich mit meiner Promotion fertig war, stand das Einstein-Jahr 2005 vor der Tür – und das Institut suchte jemanden, der bei den Vorbereitungen helfen konnte. Ich hatte vorher schon einiges in Richtung Outreach gemacht, von öffentlichen Vorträgen bis zu Kurzartikeln in "Spektrum der Wissenschaft" – das hatte mir immer schon großen Spaß gemacht, und vor dem Einstein-Jahr bin ich dann ganz in diese Richtung umgeschwenkt.
Als Outreach-Scientist (wie gesagt, es gibt kein richtiges deutsches Wort) mache ich wissenschaftliche Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehören zwar auch klassische PR-Tätigkeiten, etwa das Abfassen von Pressemitteilungen, und als Leiter des Hauses der Astronomie natürlich auch Organisatorisches. Aber ein Großteil der Arbeit sind tatsächlich Variationen über Wissenschaft – vereinfachte Modelle finden, fachdidaktische Forschung, Elementarisierung, Lehre. Derzeit habe ich gerade drei Praktikanten, die versuchen, mit einfachem mathematischen Werkzeug aus den Originaldaten die Masse des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße zu bestimmen.
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Das Schöne an der Astronomie ist ja: die meisten Menschen interessieren sich von vornherein für Exoplaneten, Schwarze Löcher oder den Urknall! Was konkrete Elementarisierungen angeht: Die halte ich in den Zeiten von Fake News für wichtiger denn je, weil sie eine Brücke zwischen Popularisierungen (wie man sie z.B. in Zeitungen und Publikumszeitschriften) und der Fachliteratur schlagen. Mit einer guten Elementarisierung kann man ein wissenschaftliches Ergebnis zumindest einigermaßen selbst nachprüfen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Nein, das was bei Vollzeit-Forschern externe Aufgaben wären, ist bei mir alles Teil des Jobs!
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Gemütlich lesen! Aber wahrscheinlich lande ich dann nach einiger Zeit doch am Computer. Mache daran aber nur diejenigen Dinge, die mir wirklich Spaß machen!
Bitte begrüßt Markus ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Sunday, October 1, 2017
Ein offenes Ohr für Ameisen - Volker Nehring ist jetzt bei Real Scientists DE!
Mit großer Vorfreude stellen wir euch unseren neuen Kurator Volker Nehring (@VolkerNehring) vor! Volker hat in Münster und Freiburg Biologie studiert und an der Universität Kopenhagen promoviert. 2012 zog es ihn zurück an die Universität Freiburg, wo er sich seither am Zoologischen Institut der Interaktion zwischen Arten oder zwischen Individuen der selben Art widmet - zum Beispiel in Form von Ko-Evolution oder (chemischer) Kommunikation. Dabei kreucht es gerne mal: Volkers Versuchsteilnehmer sind meistens Insekten. Die Hauptfrage ist immer, wie in der Evolution die heute zu beobachtenden Anpassungen der interagierenden Parteien entstanden sind und wie schnell sie sich ändern können.
Hier ist Volker in seinen eigenen Worten:
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe relativ früh (spätestens im Hauptstudium) gewusst, dass ich das machen will. Ich fand es einfach klasse, Sachen rauszufinden. So jedenfalls die Legende, die ich mir da bilde.
Zur Biologie bin ich sehr früh gekommen, vielleicht sogar schon im Kindergartenalter. Ich habe einfach immer schon alles gesammelt, was kreucht und fleucht. Irgendwann habe ich dann Gerald Durell's Buch “Naturführer für die ganze Familie” geschenkt bekommen und bin das Ganze dann auch relativ systematisch (für einen Acht- oder Zwölfjährigen) angegangen. Dann viel Fabre (absolut empfehlenswert!) gelesen. Rückblickend war mein Schaffen dann aber doch zu konfus, als dass wirklich mal brauchbare Daten rausgekommen wären. Da hätte ein bisschen richtige wissenschaftliche Anleitung wahrscheinlich Wunder gewirkt. Ich habe mich dann im Grundstudium in Münster von Nico Michiels (jetzt in Tübingen) für die Kombination von Verhaltens- und Evolutionsbiologie begeistern lassen. In seiner Vorlesung ging es – wie könnte es anders sein – um Sexuelle Selektion.
Heute denke ich, dass die Biologie nur Zufall war und es genausogut Physik oder Chemie hätten sein können.
In der Forschung beschäftige ich mit drei Themengebieten: 1) Der Kommunikation innerhalb und zwischen Arten, vorzugsweise chemische Kommunikation bei Ameisen, 2) Koevolution ganz allgemein, aber meistens zwischen bestimmten Milben und bestimmten Käfern, und 3) Altern bei sozialen Insekten. Das ist alles total interessant, aber ich verrate erst nächste Woche, warum. Im Alltag sitze ich den ganzen Tag vor dem Bildschirm und drücke irgendwelche Knöpfe. Manchmal rede ich auch mit Leuten.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Das finde ich eine wahnsinnig schwierige Frage, vielleicht ist das ein gutes Thema für Twitter, oder ein ganz schlechtes. Meine Antwort schwankt je nach Laune zwischen „sollen sie gar nicht, dürfen sie“ und „weil meine Arbeit dazu beiträgt, irgendwann Krebs oder Haarausfall zu heilen“. Keine der Antworten ist gut und ich würde das gerne irgendwann differenzierter erklären:). Kern der Sache ist aber wohl, dass man ziemlich schnell alt aussieht, wenn keiner versucht, die Welt zu verstehen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Hmm, ich bin bei der Deutschen Zoologischen Gesellschaft einer von drei Sprechern für den Fachbereich Evolutionsbiologie. Die Hauptaufgabe ist es, das wissenschaftliche Programm auf den Jahrestagungen zuorganisieren und Ansprechpartner für alles Mögliche zu sein.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Theoretischer Ausdauersport und Analysen von Sachen, die gerade wirklich nicht wichtig sind und weder die Wohnung sauberkriegen noch dazu beitragen, dass das Paper fertig wird.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich schlafe bis um zehn, kleines Frühstück auf dem Balkon, Kaffee, 1-3 Stündchen laufen oder Radfahren oder Langlauf, wenn ich/wir wiederkommen wachen die Kinder auf und ziehen sich selbstständig an, grooßes Mittagessen, Mittagsschlaf während die Kinder ruhig in der Ecke sitzen
und lesen, Kaffee, paar Stunden Spielplatz oder Wald mit Kindern, ich kann nicht widerstehen und gucke aufs Handy, wo ich eine Email a la “The Editor is now happy to accept your paper for publication..” finde. Sektchen. Hängematte & Lesen (optional mit Kind (wichtig: Singular)). Abendessen, Kinder ins Bett, ich/wir gehen aus und komme(n) irgendwann gegen Morgen nach Hause (an anderen Tagen irgendwas nicht für die Öffentlichkeit Bestimmtes mit meiner Frau). Die Kinder schlafen natürlich ganz lange und wachen nachts nie auf. So oder so ähnlich könnte ich mir das vorstellen, Ihr seht, auch Wissenschaftler haben Phantasie.
Bitte begrüßt Volker ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Subscribe to:
Posts (Atom)