Sunday, January 27, 2019

Der Kampf gegen Krebs - Marlene Heckl ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Marlene Heckl (@MarleneHeckl) vorstellen! Marlene studiert Medizin an der Technischen Universität München und ist momentan im Praktischen Jahr am Institut für Pharmakologie und Toxikologie, wo sie E-Learning-Projekte zur allgemeinen und speziellen Pharmakologie entwickelt. Ihre Doktorarbeit schreibt sie am Pathologischen Institut der LMU München über molekulare Entstehungsmechanismen bei Eierstock- und Gebärmutterkrebs.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Schon in der Schule lagen mir eher die wissenschaftlichen Fächer. Ich habe auch ein paar Mal an Wettbewerben wie Jugend forscht teilgenommen und Praktika bei Forschungsunternehmen und in Kliniken gemacht. Ich wollte den Dingen immer gerne genauer auf den Grund gehen und wissen warum etwas so ist wie es ist. Die Laborarbeit gefiel mir sehr gut, sodass ich dann auch im Rahmen meines Medizinstudiums Wahlfächer in diesem Bereich (z.B. am Institut für Neurophysiologie) belegt habe. Nach dem ersten ärztlichen Staatsexamen entschied ich mich dann eine experimentelle Doktorarbeit im Labor von Prof. Mayr zu beginnen, die auf dem Gebiet der gynäkologischen Pathologie arbeitet.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Jeder kennt Menschen in seiner Familie oder in seinem Umfeld, die schon einmal mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurden. Mich interessiert schon lange wie es eigentlich dazu kommt, dass eine normale gesunde Körperzelle plötzlich entartet. Meine Doktorarbeit bot mir die ideale Gelegenheit hier einmal etwas in die Tiefe zu gehen und die molekularen Entstehungsmechanismen von Eierstock- und Gebärmutterkrebs genauer zu untersuchen. Was mich in der Wissenschaft hält ist vor allem meine Neugier...

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich untersuche verschiedene Tumorsuppressoren (Proteine, die normalerweise dafür sorgen, dass wir keinen Krebs bekommen) in Eierstock- und Gebärmutterkrebs. Ich versuche herauszufinden, ob man für ganz bestimmte Tumorarten charakteristische Muster aus funktionierenden/defekten Proteinen erkennen kann und setze das anschließend in Korrelation mit bestimmen Parametern wie Aggressivität des Tumors, Überleben, Rückfallrate, usw. Im Prinzip möchte ich damit die Tumoren der betroffenen Frauen genauer charakterisieren. Als zweites Gebiet untersuche ich außerdem noch den Zusammenhang zwischen Gebärmutterkrebs und Endometriose, da einige Daten daraufhin deuten, dass es Verbindungen zwischen den zwei Erkrankungen geben könnte.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Meine Arbeit ist im Prinzip Grundlagenforschung. Es ist aber sehr wichtig, dass wir Forscher Tumoren immer besser untersuchen und herausfinden was zu ihrer Entstehung und Entwicklung beiträgt, um daraus irgendwann zielgerichtete Therapien entwickeln zu können. Das große Ziel ist es maßgeschneiderte Medikamente für Krebspatienten entwickeln zu können (Stichwort: personalisierte Medizin). Jedes Jahr erkranken in Deutschland 400.000 (weltweit 10 Millionen) Menschen neu an Krebs. Und obwohl wir Behandlungen wie die Chirurgie, Strahlentherapie und Chemotherapie haben, sterben immer noch knapp die Hälfte aller Tumorpatienten. Deswegen ist es wichtig neue, spezifischer ausgerichtete Behandlungsansätze zu entwickeln.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Praktischen Jahr hat es mich momentan an das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der TU München verschlagen, wo ich mich vor allem in der Lehre engagiere. Ich entwickle hier sogenannte Pharmacases (realitätsnahe Fallbeispiele aus dem klinischen Alltag), die im E-Learning-Format von Medizinstudenten zur Erlernung praxisrelevanter Aspekte der allgemeinen und speziellen Pharmakologie genutzt werden.

Nebenbei betreibe ich einen Blog (Marlenes Medizinkiste), bei dem ich regelmäßig Artikel über Medizin, Gesundheit und Forschung veröffentliche. Das Schreiben und Berichten über wissenschaftliche Themen macht mir unglaublich viel Spaß und bietet eine gute Abwechslung vom normalen Studienalltag. Letztens ist auch noch ein dazu passender youtube-Kanal (MediTutor) hinzugekommen, bei dem ich mich filmerisch in der Wissenschaftskommunikation ausprobiere.

Ansonsten engagiere ich mich noch ehrenamtlich im Verein „Aufklärung gegen Tabak“ - eine Gruppe von jungen Ärzten & Medizinstudenten, die mit Schulkindern über die Gefahren des Rauchens spricht.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Interessant könnte sein, dass ich neben dem Klavierspielen und (im Chor-)Singen auch selber komponiere. Vor allem Stücke für Klavier, ich habe aber auch schon ein paar Orchesterstücke geschrieben. Das gibt mir Gelegenheit mich ein wenig kreativ auszutoben und nach einem anstrengenden Arbeitstag runterzukommen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Auf jeden Fall ausschlafen – ich bin eine echte Langschläferin, wenn man mich lässt. Dann gemütlich brunchen, etwas in der freien Natur unternehmen (z.B. mit meinem Hund spazieren/wandern gehen), abends ein paar Freunde treffen und den Abend dann gemütlich in einer Bar oder einem schönen Film ausklingen lassen.


Bitte begrüßt Marlene ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, January 20, 2019

Lieblingswörter - Lena Ackermann ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Lena Ackermann (@masterwahnsinn) vorstellen! Lena studierte in Bonn, Paris und Marburg Französisch und germanistische Sprachwissenschaft. Ein Praktikum am Language Acquisition Research Center des Hunter College in New York weckte ihre Leidenschaft für die Spracherwerbsforschung. Seit 2016 promoviert sie in Göttingen an der Schnittstelle von Linguistik und Psychologie mit einem Projekt zum kindlichen Wortlernen. Insbesondere interessiert sie sich hierbei für individuelle Unterschiede im frühkindlichen Wortschatz sowie den Einfluss von Neugier und Interesse auf das Lernen neuer Wörter.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Kurz gesagt: Durch Neugier und Wissensdurst. Ich habe im Bachelor Germanistik und Französisch studiert und hoffte zu Beginn meines Studiums, eines Tages in der Literaturwissenschaft zu promovieren. Dann lernte ich die Sprachwissenschaft kennen und lieben und habe mich für einen forschungsorientierten Linguistik-Master in Marburg entschieden. Während des Masterstudiums wollte ich gerne tiefer ins Thema Spracherwerb einsteigen, weswegen ich mich bei mehreren Forschungsgruppen für ein Praktikum beworben habe. 2014 habe ich 10 Wochen am Language Acquisition Research Center in New York verbracht, in denen sich mein Wunsch festigte, in dem Bereich auch zu promovieren. Nach meiner Masterarbeit, die ich zu deutschen Dialekten geschrieben habe, habe ich mich nach PhD-Stellen umgesehen und so in der Wissenschaft gelandet.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Dass Kinder ihre Muttersprache in der Regel scheinbar mühelos erwerben, hat mich schon früh fasziniert. Leider wurden in meinem Bachelor und Master keine Kurse explizit zum Thema Spracherwerb angeboten, sodass meine Neugier darauf nur größer wurde. Nach meinem Praktikum in dem Bereich war mir klar, dass ich gerne in dem Feld forschen und promovieren würde. Die Spracherwerbsforschung kombiniert viele Aspekte, die mich interessieren und begeistern: Linguistik, Kognitionswissenschaften, Statistik und nicht zuletzt die Arbeit mit Kindern.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
In meinem Promotionsprojekt untersuche ich individuelle Unterschiede im kindlichen Wortschatz: Warum können manche Kinder alle Tiere im Zoo benennen, während andere jedes Fahrzeug auf der Baustelle kennen? Welche Rolle spielen Neugier und Interesse hierbei? Um der Antwort auf diese Fragen näher zu kommen, führe ich Studien zum Wortlernen durch. Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren besuchen uns in unserem Lab, der WortSchatzInsel. Sie schauen kurze Filme, in denen sie neue Wörter lernen, während ihre Augenbewegungen mit einem Eye-Tracker aufgezeichnet werden. Die so gesammelten Daten geben mir Aufschluss darüber, wie Kinder neue Wörter verarbeiten. So konnte ich zeigen, dass das Interesse für Kategorien und Gegenstände das Wortlernen fördert. Interessiert sich ein Kind zum Beispiel für Tiere, lernt es neue Wort-Objekt-Paare aus dieser Kategorie besonders gut. Zusätzlich forsche ich auch dazu, ob und wie Kinder von einer Touchscreen-App neue Wörter lernen können. Hierbei steht das aktive Lernen im Vordergrund: Lernen Kinder besser, wenn sie sich ihre Lerninhalte selber aussuchen dürfen?

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Eltern sind immer wieder fasziniert davon, dass ihre Kinder in so kurzer Zeit so viele neue Wörter lernen können, insbesondere während des sogenannten Wortschatzspurts im zweiten und dritten Lebensjahr. Gleichzeitig sind sie oft verunsichert, ob sie den Spracherwerb ihrer Kinder ausreichend fördern. Meine Forschung liefert mögliche Erklärungen für das rasante Wortschatzwachstum und zeigt auf, welche Faktoren sich positiv auf Lernprozesse auswirken. Zudem ist unsere Grundlagenforschung zur Sprachverarbeitung auch wichtig für angewandte Disziplinen wie Sprachtherapie und klinische Linguistik.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich teile die Ergebnisse meiner Forschung gerne mit anderen Menschen und mache sie einem breiteren Publikum zugänglich: Ich verwalte die Facebook-Seite meiner Arbeitsgruppe, auf der wir unter anderem unsere Studienergebnisse präsentieren, ich nehme an Science Slams teil und ich bin als Kursleiterin bei der Deutschen SchülerAkademie tätig. Außerdem bin ich gerade dabei, mit anderen Doktorandinnen einen Göttinger Ableger der R Ladies aufzubauen, einer Organisation für Frauen und geschlechtliche Minderheiten, die mit der Statistik-Software R arbeiten.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich spiele seit vier Jahren Lacrosse, zuerst bei den Marburg Saints, inzwischen bei Göttingen Lacrosse. Der Sport bietet mir die Möglichkeit, mich nach einem langen Tag am Schreibtisch richtig auszupowern. Auch neben dem Spielfeld engagiere ich mich für Göttingen Lacrosse, indem ich unsere Social-Media-Kanäle betreue, Spieltage plane und jedes Jahr in die Organisation eines großen Lacrosse-Turniers eingebunden bin.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Der Tag beginnt mit gutem Wetter und einem ausgiebigen späten Frühstück im Garten meiner Sechser-WG. Danach steht eine Lacrosse-Trainingseinheit inklusive Schnack mit meinen Teamkameradinnen auf dem Programm. Nachmittags setze ich mich mit einem Iced Coffee und einem Buch in den Schatten unseres Apfelbaums, während mein Kater Brezel durchs Unterholz streunt. Zum Abendessen habe ich ein paar Leute eingeladen, mit denen ich danach zum Open-Air-Kino im nahegelegenen Freibad gehe. Wir schwimmen eine Runde, gucken einen guten Film und teilen uns eine Flasche Weißwein.





Bitte begrüßt Lena ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, January 13, 2019

Hatschi! - Florian Krammer ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns sehr, euch unseren neuen Kurator Florian Krammer (@florian_krammer) vorstellen zu dürfen! Florian studierte Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur Wien, graduierte mit einer Doktorarbeit über Influenzaimpfstoffe und begann 2010 als PostDoc an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York im Labor von Peter Palese zu arbeiten. Seit 2014 leitet er sein eigenes Labor und ist seit ist er 2018 'full professor with tenure'. Seine Arbeitsgruppe hat sich der Entwicklung universeller Influenzaimpfstoffe verschrieben, die vor allen Influenzaviren (inklusive Schweine- und Vogelgrippe) schützen. Des weiteren forscht er auch an Hantaviren und Arenaviren und interessiert sich für Antikörper die diese Viren neutralisieren können.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich war immer schon an Natur und Biologie interessiert und wusste bereits im Gymnasium was ich studieren wollte und dass ich in die Forschung gehen würde.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Viren sind faszinierend, extrem divers und abwechslungsreich und bereiten gleichzeitig viele Probleme. Impfstoffe und Therapien für virale Infektionen zu Entwickeln ist aufregend, hilft Menschen und man lernt sehr viel über die Biologie der einzelnen Viren dabei. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich versuche einen Impfstoff zu entwickeln, der nur 2-3 mal im Leben verabreicht werden muss aber gegen jegliche Form von Influenzavirus schützt. Das ist eine große Herausforderung. Wir haben sehr gute Kandidaten, auch schon in klinischen Studien, aber man kann noch nicht sagen ob es am Ende funktionieren wird oder nicht. Zusätzlich arbeite ich auch an Antikörpern gegen Hanataviren, Arenaviren, Zika und Ebola. Aber das ist eher ein Hobby. Influenza ist der wirkliche Fokus meines Labors.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Influenzaviren verursachen etwa 650,000 Todesfälle und 3-5 Millionen Krankenhausaufenthalte jedes Jahr weltweit. Die Impfstoffe die wir gegen Influenza haben funktionieren (lasst euch impfen, Leute!), aber nicht immer weil sich das Virus ständig verändert. Und dann sind da noch Influenzapandemien die auftreten wenn Vogel- oder Schweinegrippeviren anfangen sich in Menschen auszubreiten. 1918 hat das zu 40 Millionen Toten gefürht. Wir haben noch immer keine gute und schnelle Antwort auf neueauftretende pandemische Viren. Ein universeller Impfstoff gegen Influenza würde all diese Probleme beseitigen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Nichts interessantes, leider. Ich bin Editor für ein paar Journals, ich helfe Konferenzen zu organisieren.....eher fad.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Nichts außergewöhnliches. Laufen, Wandern, Schifahren und Radfahren mag ich gerne, ist aber nichts außergewöhnliches. Außergewöhnlich ist, dass ich sehr gerne Angle, vor allen im Antlantik, obwohl ich Veganer bin. Mein Frau mag Fisch ;)

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Mh, lange nicht mehr gehabt. Sport, Kaffee, Lesen, Kochen und eine Flasche guter Rotwein.

Bitte begrüßt Florian ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, January 6, 2019

Das Private ist online - Tobias Dienlin ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns sehr, euch unseren neuen Kurator Tobias Dienlin (@tdienlin) vorstellen zu dürfen! Tobias ist gelernter Psychologe, sein Diplom legte er 2012 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ab. Seitdem arbeitet er im Team von Prof. Sabine Trepte im Bereich Medienpsychologie; inhaltliche Schwerpunkte sind Privatsphäre und Wohlbefinden im Kontext von Online-Medien. 2013 war Tobias für einen zweimonatigen Forschungsaufenthalt an der Ohio State University, 2014 für drei Monate an der University of California in Santa Barbara. Seine Dissertation zum Thema "The Psychology of Privacy" wurde 2016 veröffentlicht (und ist hier frei verfügbar). Aktuell arbeitet Tobias an der Universität Hohenheim am Fachgebiet Kommunikationswissenschaft insb. Medienpsychogie. Dort betreut er unter anderem das Projekt "Strukturwandel des Privaten", gefördert von der VW-Stiftung.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Eigentlich recht einfach: Das wissenschaftliche Arbeiten macht mir viel Spaß, und darüber hinaus empfinde ich es auch noch als ziemlich sinnstiftend. Ich hatte früher aber nie das Ziel, "Wissenschaftler" zu werden. Es war vielmehr so, dass ich einfach bei dem geblieben bin, was mir am meisten Spaß gemacht hat. Bereits in der Schule habe ich mich schon sehr für psychologische Themen interessiert, entsprechend später dann Psychologie studiert. Die Diplomarbeit hat mir dann so viel Freude bereitet, dass ich mir gedacht hatte, warum nicht mit einer Doktorarbeit weitermachen? Und hier war es dann letztlich genau das gleiche: Hey, das macht ja weiterhin Spaß, warum also aufhören ... ? 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ganz allgemein fasziniert mich die Psyche des Menschen. Ich finde es schon immer spannend herauszufinden, wie dieser tickt und warum er sich so erfrischend absurd verhält. Und Medien fand ich -- wie so viele andere ja auch -- ebenso schon immer spannend. Ich kann mich erinnern, dass ich im Geschichtsunterricht mal freiwillig ein Referat zum Thema Propaganda im Dritten Reich gehalten hatte. Ich war fasziniert von der Macht der Bilder, insbesondere den Aufnahmen Leni Riefenstahls. In der Diplomarbeit habe ich mich dann später mit der Gestaltung und Wirkung von Werbung beschäftigt. Mich interessiert einfach ganz allgemein, wie Medien auf Menschen wirken und, anders herum, wie Menschen Medien nutzen.
Was mich in der Forschung hält und motiviert, ist nicht zuletzt die Tatsache, dass sie die Möglichkeit bietet, etwas Sinnvolles zur Gesellschaft beizutragen. (Und Werbung zähle ich nicht dazu.) Ich finde es schon ziemlich cool, dass ich mich hauptberuflich Fragen widmen kann, die Menschen tatsächlich interessieren, die eigentlich jedem zugänglich sind, und die auch eine gewisse Relevanz haben. In unserer sinnsuchenden, automatisierten und spezialisierten Gesellschaft empfinde ich das durchaus als Privileg.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Forschung lässt sich grob in zwei übergeordnete Themenbereichen einteilen: Privatheit und Wohlbefinden im Zusammenhang mit Online-Medien, bspw. auch Twitter. Ich interessiere mich zum einen dafür, was Privatheit eigentlich genau ist. Zum anderen versuche ich, besser zu verstehen, warum Menschen persönliche Informationen online teilen. Konkret untersuche ich hier das sogenannte Privacy Paradox und den Privacy Calculus. Das Privacy Paradox besagt, dass die Privatheitssorgen von Menschen nicht deren Online-Verhalten beeinflussen. Der Privacy Calculus-Ansatz hingegen vertritt mehr oder weniger das Gegenteil und postuliert, dass sowohl Privatheitssorgen als auch die zu erwartenden Vorteile doch einen signifikanten Einfluss nehmen. Spoiler Alert: Ich denke, dass der Privacy Calculus Ansatz die Wirklichkeit um einiges besser widerspiegelt.
Darüber hinaus interessiert mich, inwiefern Medien unser Wohlbefinden und Verhalten beeinflussen. Stimmt es, dass Smartphones uns einsam machen, dass wir weniger miteinander sprechen? Hat das einen Einfluss auf unsere Lebenszufriedenheit? Obwohl wir in einer eigenen Studie sogar einen kleinen positiven Effekt der Nutzung von sozialen Netzwerkseiten auf die Lebenszufriedenheit finden konnten, kristallisiert sich zunehmend heraus, dass dieser wahrscheinlich eher leicht negativ ist. Das große Problem ist allerdings, dass wir aktuell nur eine schlechte Datengrundlage haben und viele Fragen eigentlich noch gar nicht wirklich beantworten können. Zu diesem Thema habe ich entsprechend vergangenes Jahr meinen ersten Forschungsantrag eingereicht, in dem es unser Ziel ist, mittels einer App (welche  unter anderem die tatsächliche Nutzung trackt) und geeigneter statistischer Verfahren hier ein gutes Stück voran zu kommen.
Zuletzt interessiere ich mich für Meta-Science und Open Science. Was stellt eigentlich gute Forschung dar? Die Replikationskrise der Sozialwissenschaften zeigt, dass wir ein grundlegendes Problem haben. Ich denke, dass das Umsetzen von Open Science ein notwendiger Schritt zur Verbesserung der Forschungsergebnisse ist. In meiner eigenen Arbeit versuche ich das so gut es geht umzusetzen, bspw. indem wir Datensätze -- je nach Möglichkeit -- frei zur Verfügung stellen, den Code der Berechnungen darlegen und idealerweise alles zusammen in einem reproduzierbaren Manuskript veröffentlichen (sprich, der finale Fachartikel lässt sich anhand der Daten und des Codes vollständig replizieren). In einem jüngst erschienen Artikel haben wir das nun zum ersten Mal umgesetzt.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Als Medienpsychologen haben wir den allgemeinen Vorteil, dass die Forschungsthemen doch sehr alltagsnah sind. Letztlich hat jeder eine Meinung dazu, und irgendwie sind die Themen für alle relevant. Das zeigt sich auch darin, dass wir am Lehrstuhl recht viele Anfragen von Journalisten bekommen. Typische Fragen sind beispielsweise, warum wir eigentlich so viele Informationen online teilen, oder wie viel Smartphone-Nutzung noch gesund ist.
Klar: Auf diese Fragen kann es keine einfachen Antworten geben. Aber ich denke doch, dass wir zumindest etwas mehr wissen als nichts, und dass sich vorsichtige Empfehlungen zur Mediennutzung oder -gestaltung ableiten lassen. Ab und zu blogge ich übrigens auch über solche Themen -- beispielsweise, ob sich die Lebenszufriedenheit der Europäer in den letzten zwanzig Jahren eigentlich überhaupt geändert hat und welche Rolle die Medien dabei spielen können.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Nein, eigentlich nicht wirklich. Bis vor wenigen Jahren war ich noch recht aktiv im kirchlichen Bereich, bspw. als Jugendgruppenleiter oder bei der Planung von Veranstaltungen. Das mache ich mittlerweile aber kaum noch. Zum einen, weil arbeitsbedingt die Zeit fehlt und zum anderen, weil ich mittlerweile das dahinterstehende Erklärungsmodell doch für vergleichsweise unwahrscheinlich halte. Die zentralen christlichen Werten allerdings -- in meinen Augen Nächstenliebe und Vergebung -- sind mir weiterhin sehr wichtig, und ich würde mich durchaus freuen, wenn diese etwas mehr Raum in Gesellschaft und Kultur einnehmen könnten.
Ab und zu gibt es dann aber doch das ein oder andere interessante Nebenprojekt. Eines Tages bekam ich beispielsweise einen Anruf eines Richters aus Bayern. Es ging um einen Fall, in dem eine Person rechtsradikale Musik über ein Internetradio verbreitete. Diese stand allerdings nicht auf dem Index, und die Frage war, ob durch das Ausstrahlen Jugendliche dennoch nachhaltig negativ beeinflusst werden können. Ich wurde gebeten, hierzu ein Gutachten anzufertigen. Das war extrem spannend, da es zum einen eine Inhaltsanalyse der Liedtexte erforderte, und zum anderen eine Abschätzung über deren mögliche Wirkung. Im Prozess dann einem bekennenden Neonazi gegenüberzustehen und die eigene Position darzulegen, das war schon sehr spannend.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich bin ein großer Fußballfan und schon seit Kindheitstagen Anhänger von Borussia Dortmund. Ich finde den wissenschaftlichen und statistischen Zugang zu Fußball spannend (Stichwort expected goals oder goalimpact) und lese hier gerne Blogs und höre Podcasts. Ebenso habe ich das Lesen für mich wiederentdeckt, aktuell haben es mir dabei die Bücher von Karl-Ove Knausgaard sehr angetan. Lieblingsbücher sind bspw. "Narziss und Goldmund" von Hesse oder "Sapiens" und "Homo Deus" von Harari. Ansonsten mache ich noch recht viel Sport (Rennrad und low-key Fitness), treffe mich häufig mit Freunden und Familie, und gehe auch gerne mal Feiern.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Schlafen bis acht Uhr (ich will ja noch was vom Tag haben), langes Frühstück (inkl. frisch gemahlenem Kaffee und weich gekochtem Ei), 10 Minuten Workout (mit anschließender warmer Dusche), Lesen (klassisch, kein Kindle), 1-2 Alltagserledigungen (gegen das schlechte Gewissen), Nachmittagssnack (mittlerweile vegetarisch), Dortmundspiel (heja BVB), mit Freunden zum Essen/Kochen/Ausgehen treffen (Bier kein Wein), vorm Zubettgehen noch ggf. 10 Minuten meditieren und lesen (wenn's nicht zu viel Bier gab). Wichtig: Alles an der Seite meiner äußerst liebenswürdigen Frau!

Bitte begrüßt Tobias ganz herzlich bei Real Scientists DE!