Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Franca Parianen (@FParianen) vorstellen zu dürfen! Franca ist Neurowissenschaftlerin und Autorin. Zuletzt erforschte sie am Helmholtz Institut der Utrecht University soziale Kognition und den Einfluss, den Oxytocin und Testosteron darauf haben. Vorher ging es am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften um unsere Fähigkeiten, uns in andere einzufühlen und zu -denken und darum, wie die beiden Fähigkeiten zusammengehen. Lange vor den Neurowissenschaften hat sie in Münster und Utrecht mal Public Administration studiert, sich dann aber ziemlich schnell von der Hirnforschung zum Research Master Neuroscience and Cognition nach Utrecht locken lassen. Der war aufregend und informativ und beinhaltete diverse Praktika unter anderem an der Jacobs University in Bremen, zum Thema "lebenslange Neuroplastizität". Seit 2014 ist die Wahlberlinerin als Science-Slammerin aktiv und slamt u.a. auf medizinischen Kongressen, in Theatern und auf Messen. 2016 erschien ihr erstes Buch "Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage" beim Rowohlt Verlag. Anfang 2020 (und passend zum Lockdown) dann das nächste: "Hormongesteuert heißt immerhin selbstbestimmt".
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Wie alle Neurowissenschaftler:innen: Ich habe Oliver Sacks gelesen und dann hat mich das Thema nie losgelassen. Obwohl ich zwischendrin mal versucht habe Politik zu studieren.Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Als Mensch mit Entscheidungsschwierigkeiten liebe ich vernetzte Themen mit vielen Berührungspunkten. Hirnforschung ist an sich schon die Schnittstelle von Natur- und Geisteswissenschaften - eine Naturwissenschaft, die einen direkten Einfluss darauf hat, wie wir leben und entscheiden - besonders, wenn es um die sozialen Neurowissenschaften geht (da lohnt sich dann auch das Politikstudium). Das Thema Hirn und Hormon ist in gewisser Weise die Schnittstelle der Schnittstelle. Der Ort wo Körper und Geist aufeinander treffen und in Wechselwirkung miteinander tanzen (oder sich auf die Füße treten).
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Am Max-Planck Institut in Leipzig ging es vor allem darum, was passiert wenn zwei Gehirne aufeinander treffen. Wie verstehen wir anderer Leute Gedanken und Gefühle, und wo ist da der Unterschied? In Utrecht kamen dann die Hormone zur Fragestellung dazu: Wie beeinflussen Testosteron und Oxytocin unsere soziale Kompetenz; die Art, wie wir auf Erwachsene und Kinder reagieren? Am aufregendsten fand ich dabei immer die neuen Erkenntnisse darüber, wie die Epigenetik früh im Leben unser Hormonsystem formt und wie wir als Eltern so nicht nur ihre Gene sondern auch unsere Erfahrungen weitergeben.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Weil wir ohnehin ständig über Hormone reden! Über Schlaf und Stress und Kindererziehung, über Verhütung, Sex und Gender, oder darüber, wie viel Testosteron man haben sollte, um eine Land zu regieren. Blöderweise missverstehen wir die Hormone dabei ständig, machen uns ständig Sorgen darüber, was Hormone mit uns machen (von Stress bis Schwangerschaft), aber selten darüber, was wir mit ihnen anstellen (über Störstoffe und Co). Wenn es um Hormone geht, hängt die Theorie der Praxis immer ganz schön hinterher. Die Wissenschaft schreckt gern zurück vor lauten politischen Diskussionen, was aber nur zur Folge hat, dass sie noch lauter und uninformierter werden und irgendwann nur noch so wimmeln von Glücks- und Kuschelhormonen, "Testosteronboostern" und, in den dunkelsten Ecken, wirren Verschwörungstheorien über Soyboys und schwule Frösche. Denn natürlich sind Hormone viel zu spannend, um nicht darüber zu reden. Das ganze Hormon-Gebiet ist voller Vorurteile, Mythen und Mysterien und es ist höchste Zeit im Schrank unseres Hormon-Weltwissens aufzuräumen, sodass uns die ganzen Fehlinformationen nicht jedes Mal entgegen stürzen, wenn wir nach einer Erkenntnis suchen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Master habe ich mit Science Slams angefangen und das hat mich auch nie losgelassen. Mittlerweile schreibe ich Bücher und gebe Vorträge zu sozialen Neurowissenschaften (mit oder ohne Hormone).
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schwimmen mit Musik auf den Ohren. Oder Hörbücher. Wir haben die Technologie! Eine Weile unterzutauchen ist wunderbar entspannend und außerdem die Art, wie ich die meisten Programmierprobleme gelöst habe.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich wohne seit einem Jahr in Berlin und immer noch sehr froh, einfach das Stadtgefühl zu genießen. Irgendwo zu sein, wo interessante Leute an einem vorbei laufen und in Cafés sitzen. Der perfekte freie Tag ist nicht geplant und ich kann mich einfach treiben lassen (wahlweise im Meer).
Bitte begrüßt Franca ganz herzlich bei Real Scientists DE!