Wir freuen uns ganz außerordentlich, euch diese Woche Dr. Anja Buttstedt (@bienenanja) vorzustellen. Anja studierte Biologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 2011 promovierte sie im Institut für Biochemie und Biotechnologie über die Fibrillenbildung von Proteinen. Von 2012 bis 2013 ging sie für ihren ersten Postdoc an die Universität für Landwirtschaft und Veterinärmedizin nach Cluj-Napoca, Rumänien. Dort fand sie zu den Honigbienen. Wieder zurück in Halle an der Martin-Luther-Universität, diesmal im Institut für Zoologie, war sie von 2013 - 2017 Mitarbeiterin im DFG-Projekt “Die Rolle der major royal jelly Proteine für die Kastendeterminierung der Honigbiene Apis mellifera”. Seit November 2017 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dresden (@tudresden_de) am Center for Molecular Bioengineering (B CUBE) (@BCUBE_TUDresden). Dort beschäftigt sie sich mit der Evolution und den vielseitigen Funktionen der major royal jelly Proteine, die nicht nur in Honigbienen, sondern auch in anderen Hautflüglern (andere Bienen, Wespen, Ameisen, Pflanzenwespen,… ) vorkommen.
Hier ist ihre Uni-Seite: http://www.bcube-dresden.de/research-groups/schlierf/open-topic-postdoc-anja-buttstedt/
Abgesehen davon haben wir Anja natürlich unsere üblichen Fragen gestellt. Und das haben wir dabei gelernt:
Meine Interessen sind ärgerlich vielfältig und so hatte ich am Ende meiner Schulzeit die verschiedensten Ideen, was ich denn beruflich so machen könnte. Ich wollte einen Beruf ergreifen, der möglichst vielfältig ist, und so stand die Wissenschaft und hier die Biologie recht weit oben auf meiner Berufswunschliste. Letztendlich dafür entschieden Biologie zu studieren, habe ich mich aufgrund meines Chemielehrers. Dieser meinte nämlich, dass ich viel zu schlecht in Chemie wäre und die Sache mit dem Biologiestudium sollte ich doch lieber lassen. Da dachte ich mir “Jetzt erst recht!” und habe angefangen Biologie zu studieren. Als unser Professor in anorganische Chemie dann als erstes sagte “Wer von ihnen hatte denn Chemie-Leistungskurs in der Schule? Aha! Vergessen sie gleich mal, was sie da gelernt haben, das meiste davon ist sowieso falsch.” musste ich sehr grinsen und habe dann meine Chemie-Vordiplomsprüfung mit Bestnote abgelegt.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich bin in meinem ersten Postdoc eher zufällig zu meinem aktuellen Feld gekommen. Ich war auf der Suche nach einer Stelle und dann ergab sich zwischen mir und einem Professor für Bienengenetik folgendes (stark vereinfachtes) Gespräch. Professor: “Und, was hast du in deiner Doktorarbeit gemacht?” Ich: “Ich habe hauptsächlich Proteine gereinigt, gefaltet und hinsichtlich ihrer Funktion untersucht.” Professor: “Aha. Bienen haben ja auch Proteine.” Ich (grinsend): “Ja, davon gehe ich aus.” Professor: “Und sogar sehr interessante. Also es gibt Proteine im Futter von Honigbienen, die in dieser Form nur bei den Honigbienen so vorkommen und niemand weiß was die machen.” Ich: “Warum reinigt ihr die dann nicht einfach auf und guckt mal nach?” Professor: “Ach das kannst du?” Und genau so bin ich bei den major royal jelly Proteinen gelandet und beschäftige mich, weil es ein in vieler Hinsicht unglaublich interessantes Thema ist, immer noch damit. Vor allem fasziniert mich die Vielseitigkeit: Ich bin im Labor, beschäftige mich dort mit sehr diversen Methoden; gehe auf Sammlungsexpeditionen und kläre auch auf über Honig- und Wildbienen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Wie bereits erwähnt, gibt es die Proteine der major royal jelly Familie nur in Hautflüglern (Bienen, Wespen, Ameisen, Pflanzenwespen), aber weder in anderen Insekten (Fliegen, Käfer, Schmetterlinge, usw…), geschweige denn außerhalb der Insekten. Während die meisten Hautflügler nur eine Kopie eines major royal jelly Gens besitzen, hat sich dieses Gen in einigen Arten, z. B. in der sozialen Honigbiene Apis mellifera (9 Kopien) und der parasitischen Juwelwespe Nasonia vitripennis (10 Kopien), multipliziert. Es ist bisher völlig unklar, warum diese Genvervielfältigung in einigen Arten passiert, in anderen Arten aber nicht. Auch konnte bisher kein Zusammenhang zwischen vielen major royal jelly Genen und einer bestimmten Verhaltens- oder Lebensweise der betreffenden Arten hergestellt werden. Ich versuche nun herauszufinden, in welchen Arten überhaupt Vervielfältigungen gefunden werden, wie konserviert die Gene sind und welche Funktionen die Proteine haben. Für die Funktionsaufklärung konzentriert sich meine Forschung bisher auf die Honigbiene. Hier konnten wir unter anderem zeigen, dass eines der major royal jelly Proteine für die Aufzucht neuer Königinnen notwendig ist. Und zwar kleben Honigbienen die Königinnenlarven mit diesem Protein einfach in ihren nach unten geöffneten Königinnenzellen fest. Mehr dazu erfahrt ihr hier:
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Na weil es einfach mal super spannend ist! ☺ Zudem ist das Thema Bienensterben mittlerweile in aller Munde. Also habe ich es mir unter anderem mit zur Aufgabe gemacht, die Öffentlichkeit zum Bienensterben zu informieren und auch viele Fehlinformationen aus der Welt zu schaffen. So geht es beim Bienensterben eben eigentlich gerade nicht um die Honigbiene, sondern hauptsächlich um die mehr als 500 anderen Bienenarten, die in Deutschland heimisch sind. Mehr dazu erfahrt ihr dann auf Twitter. (Dazu kommt noch, dass es sich um ein allgemeines Insektensterben handelt. Da wir Menschen aber diese interessante Eigenschaft haben Lebewesen in nützlich und schön sowie unnütz und hässlich einzuteilen, eignen sich die Honigbienen halt besonders gut, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Würde man über Mücken reden, dann wären die meisten Menschen doch eher desinteressiert bzw. würden sich über weniger Mücken wahrscheinlich sogar freuen.)
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Siehe vorherige Frage. Es liegt mir auch sehr am Herzen den Mythos der freundlichen und guten Honigbiene etwas geradezurücken. So habe ich im Oktober letzten Jahres mit der Literaturwissenschaftlerin Dr. Solvejg Nitzke (@NitzkeSolvejg) [Anm. d. Red.: Solveig hat letztes Jahr im Juni den Real Scientists DE Account geleitet!] eine Abendveranstaltung im Deutschen-Hygienemuseum Dresden (@DHMDresden) zum Thema “Die dunkle Seite des Bienenstaats” organisiert.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Einen idealen freien Tag gibt es bei mir nicht. Das kommt auf die Gesamtsituation an und variiert zwischen “Ich möchte einfach nur hier liegen und lesen.” und “Lass uns mal schnell auf den Berg da wandern, da können wir schön runtergucken.”.
Einen idealen freien Tag gibt es bei mir nicht. Das kommt auf die Gesamtsituation an und variiert zwischen “Ich möchte einfach nur hier liegen und lesen.” und “Lass uns mal schnell auf den Berg da wandern, da können wir schön runtergucken.”.
Bitte heißt Anja ganz herzlich bei Real Scientists DE willkommen!