Mit großer Vorfreude möchten wir euch unseren neuen Kurator Sven Kochmann (@indianalytics) vorstellen! Sven hat Analytische Chemie an der Universität Regensburg studiert. Nach seiner Promotion und seinem ersten, kurzen Postdoc-Aufenthalt an der selben Uni, ist er nun Postdoktorand an der York University in Toronto, Kanada. Dort beschäftigt er sich mit mikrofluidischen 2D-Trennverfahren (u.a. Freiflusselektrophorese), Wechselwirkungen zwischen Molekülen und chemoinformatischen Auswerteverfahren. Im Moment ist er in einer heißen Bewerbungsphase für seine erste Fakultätsstelle als eigenständiger
Gruppenleiter (drückt ruhig die Daumen!).
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Die Wahrheit ist: ich löse einfach gerne Puzzles. Die Naturwissenschaft ist voll davon. So kam eins zum anderen.
Dass ich in die Chemie gehe, wurde erst klar als ich bei der Einschreibung an der Uni war und ich irgendwas in das rosa Formular eintragen musste. Mathe und Chemie waren meine beiden Leistungskurse (Grüße an meine beiden LK-Leiter, die sicher nicht unschuldig an meinem Fortgang sind!) und da habe ich mich spontan entschlossen, Chemie zu studieren! Ich erzähle immer, dass ich gewürfelt habe, was auch nicht
ganz unwahr ist...
14 Jahre nach der Einschreibung bereue ich diese Entscheidung und meine Werdegang nicht eine Sekunde. Die Chemie macht mir soviel Spaß, ist jeden Tag neu und aufregend und hat mich sogar bis ins schöne Kanada gebracht.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden?
Während dem Studium an der Universität Regensburg, die als einige der wenigen Universitäten ein großes und eigenes Institut für Analytische Chemie hat, hat mich die Begeisterung im zweiten Semester dafür gepackt: Analysen, sowohl chemisch als auch mathematisch und informatisch, das war genau mein Ding und genau das was ich später machen wollte! Super!
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Während meiner Laufbahn habe ich an den unterschiedlichsten, coolen Dingen gearbeitet: Dermatologische Hautsensoren, Graphen als Sensormaterial, zweidimensionale Trennverfahren (Ionenchromatographie × Kapillarelektrophorese; Freiflusselektrophorese), verschiedene Detektionsmethoden (Massenspektrometrie, Fluoreszenzspektroskopie),
Wechselwirkungsanalysen zwischen verschiedenen Spezies (z.B. kleinen organischen Molekülen und Proteinen), Mikrofluidik und verschiedenen chemoinformatischen Auswerteverfahren. Während meiner Twitterwoche werde ich zu einigen Sachen genaueres erzählen!
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Lebensmittel- und Medikamentenkontrolle, Schadstoff- und Gewässeranalysen, medizinische Untersuchungen, Forensik, biologische Forschung und vieles mehr: Die Analytische Chemie ist omnipräsent, aber nicht omnipotent. In Serien und Filmen wird sie oft interessant aber überdramatisch gut (oder manchmal auch schlecht) dargestellt. Da finden gaschromatographische Analysen oft nicht nur heraus welche Zigarettenmarke am Tatort gefunden wurde, sondern auch wo diese zu welchem Zeitpunkt an welchem noch-so-kleinen Kiosk erstanden wurde. Dementsprechend verzerrt ist das Bild der Analytischen Chemie in der Öffentlichkeit. Deswegen is es wichtig sich mit der "richtigen" Analytischen Chemie zu beschäftigen, mit den Chemikerinnen und Chemikern, die tagtäglich mit solchen Dingen zu tun haben, zu sprechen und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Analysen eigentlich ablaufen, wie die Ergebnisse aussehen und wie solche interpretiert werden können. Und vor allem: wo die Grenzen von Verfahren sind, wo Probleme auftauchen. Ich hoffe ich kann einen kleinen Beitrag dazu leisten!
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Wenn ich kann, dann engagiere ich mich ehrenamtlich in Vereinen wie z.B. damals der Fachschaft Chemie oder dem Alumniverein Chemie der Universität Regensburg bei dem ich auch Mitgründer und ein paar Jahre Vorstand war. Der Alumniverein veranstaltet bis heute die jährliche Absolventenfeier für alle Chemiker (Bachelor/Master/Doktoranden) - ein Projekt an dem ich auch tatkräftig mitgewirkt und in das ich viel Herzblut gesteckt habe.
Ansonsten programmiere ich zur Entspannung etwas, bastel an einem Elektronikprojekt (Raspberry, Arduino und co), oder mache etwas Grafikdesign.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
In koche und backe gerne (Mein Mantra: Jeder gute Chemiker kann kochen und/oder backen!). Außerdem reise ich sehr gerne spontan in andere Länder, um mir Land und Leute anzusehen, ein paar neue Eindrücke zu sammeln, etz. Auch eine gute Gelegenheit Postkarten zu schreiben (auch wenn das wohl nicht mehr alle machen)!
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
An freien Tagen schlafe ich meist etwas länger und mache dann je nach Lust und Laune etwas: Kochen, Zocken (Legend of Zelda, Civilization und Binding of Isaac), Serien anschauen, Bücher lesen oder an kleinen Nebenprojekten arbeiten. Manchmal besuche ich Veranstaltungen (davon gibt es in Toronto mehr als genug) wie z.B. Comicmessen oder verbringe den ganzen Tag im Museum. Manchmal bin ich auch einfach nur richtig faul und tue gar nichts. Auch das muss mal sein!
Bitte begrüßt Sven ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Sunday, September 30, 2018
Sunday, September 23, 2018
Pflanzen stoffwechseln auch - Rebekka Schröder ist jetzt bei Real Scientists DE!
Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratoring Rebekka Schröder (@BeckiSchnubiiii) vorstellen zu dürfen! Rebekka hat an der Universität Potsdam (Bachelor) und der Freien Universität Berlin (Master) Biologie studiert und ist aktuell Doktorandin an der Leibniz Universität Hannover am Institut für Pflanzenernährung. In ihrer Masterarbeit hat sie mit der Charakterisierung einer Ribokinase im Nukleosidabbau-Metabolismus begonnen. Für den PhD hat es sie an die Leibniz Universität Hannover verschlagen, wo sie ihr Masterthema in der Arbeitsgruppe weiter bearbeitet hat. Im Moment ist sie in den letzten Zügen ihrer Doktorarbeit, führt letzte Experimente durch und bereitet sich auf die heiße Phase des Schreibens vor.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Schon früh fand ich die naturwissenschaftlichen Fächer in der Schule am interessantesten. Nach dem Abitur in Biologie wollte ich zuerst Medizin studieren und habe mich dann aber für die Biowissenschaften entschieden. Ich mochte es schon immer Dinge auszuprobieren und ein bisschen zu knobeln.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich dachte immer Pflanzenwissenschaftler wären am entspanntesten. Ihre Versuchsobjekte laufen ihnen zumindest ja nicht weg.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich arbeite im großen, weiten Feld des RNA-Nukleotidabbaus. Die Grundbausteine der RNA bestehen aus der Nukleobase, des Phosphatrestes und einem Zucker, der D-Ribose. Ich arbeite daran herauszufinden, wie die Ribose aus den Nukleotiden nach dem Freisetzen wieder in den Stoffkreislauf der Pflanze zurück geführt wird.
Ich arbeite dabei in Arabidopsis thaliana, der Ackerschmalwand, einem der Modellorganismen der Pflanzenwissenschaftler und benutze alle möglichen Methoden von CrispR über Enzymtest bis hin zur Massenspektrometrie um meine vielen Fragen zu beantworten.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Grundlagenforschung kann sehr trocken und schwer zugänglich sein, dabei ist es extrem interessant etwas zu bearbeiten, was bis dato unbekannt oder unerforscht ist. Ich möchte den Spaß an der wissenschaftlichen Arbeit näher bringen und dass Wissenschaft in jedermanns Leben Platz hat. Ich möchte mit dem Twittern hier versuchen, Leute dazu anzuregen, Dinge zu hinterfragen wie zum Beispiel Superfood, Pseudomedizin, Esotherik, Homöopathie oder auch nur das tägliche Werbeversprechen aus dem Fernsehen. Ich möchte auch auf die grüne Gentechnik und ihre Chancen eingehen, da dieses Thema viele Menschen beschäftigt aber auch viel Halbwissen im Umlauf ist.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich versuche mir 3D-modelling und 3D-Grafikdesign beizubringen um das vielleicht später in der wissenschaftlichen Karriere nutzen zu können, bspw. zur Visualisierung von Enzymreaktionen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich gehe in einem Sportverein mehr oder weniger regelmäßig Bogenschießen. Ich fahre gerne Inline-Skates und Longboard darum trifft man mich auch oftmals auf der Skate by night in Hannover. Ich spiele sehr gerne Computerspiele in Moment habe ich World of Warcraft für mich entdeckt. Und nebenher diverse Handarbeiten: nähen, Modellbau, sowas zum Beispiel.
Ich versuche mich immer an Dingen, die ich noch nicht kann.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen, denn ich bin eher ein Nachtmensch. Dann Kaffee, meist kein Frühstück.Den Tag verbringe ich am Rechner beim Zocken. Regelmäßig die Katze kuscheln oder den Kampffisch Günnie füttern. Ich bin in der Freizeit ein relativ ,,fauler" Mensch.
Bitte begrüßt Rebekka ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Schon früh fand ich die naturwissenschaftlichen Fächer in der Schule am interessantesten. Nach dem Abitur in Biologie wollte ich zuerst Medizin studieren und habe mich dann aber für die Biowissenschaften entschieden. Ich mochte es schon immer Dinge auszuprobieren und ein bisschen zu knobeln.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich dachte immer Pflanzenwissenschaftler wären am entspanntesten. Ihre Versuchsobjekte laufen ihnen zumindest ja nicht weg.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich arbeite im großen, weiten Feld des RNA-Nukleotidabbaus. Die Grundbausteine der RNA bestehen aus der Nukleobase, des Phosphatrestes und einem Zucker, der D-Ribose. Ich arbeite daran herauszufinden, wie die Ribose aus den Nukleotiden nach dem Freisetzen wieder in den Stoffkreislauf der Pflanze zurück geführt wird.
Ich arbeite dabei in Arabidopsis thaliana, der Ackerschmalwand, einem der Modellorganismen der Pflanzenwissenschaftler und benutze alle möglichen Methoden von CrispR über Enzymtest bis hin zur Massenspektrometrie um meine vielen Fragen zu beantworten.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Grundlagenforschung kann sehr trocken und schwer zugänglich sein, dabei ist es extrem interessant etwas zu bearbeiten, was bis dato unbekannt oder unerforscht ist. Ich möchte den Spaß an der wissenschaftlichen Arbeit näher bringen und dass Wissenschaft in jedermanns Leben Platz hat. Ich möchte mit dem Twittern hier versuchen, Leute dazu anzuregen, Dinge zu hinterfragen wie zum Beispiel Superfood, Pseudomedizin, Esotherik, Homöopathie oder auch nur das tägliche Werbeversprechen aus dem Fernsehen. Ich möchte auch auf die grüne Gentechnik und ihre Chancen eingehen, da dieses Thema viele Menschen beschäftigt aber auch viel Halbwissen im Umlauf ist.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich versuche mir 3D-modelling und 3D-Grafikdesign beizubringen um das vielleicht später in der wissenschaftlichen Karriere nutzen zu können, bspw. zur Visualisierung von Enzymreaktionen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich gehe in einem Sportverein mehr oder weniger regelmäßig Bogenschießen. Ich fahre gerne Inline-Skates und Longboard darum trifft man mich auch oftmals auf der Skate by night in Hannover. Ich spiele sehr gerne Computerspiele in Moment habe ich World of Warcraft für mich entdeckt. Und nebenher diverse Handarbeiten: nähen, Modellbau, sowas zum Beispiel.
Ich versuche mich immer an Dingen, die ich noch nicht kann.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen, denn ich bin eher ein Nachtmensch. Dann Kaffee, meist kein Frühstück.Den Tag verbringe ich am Rechner beim Zocken. Regelmäßig die Katze kuscheln oder den Kampffisch Günnie füttern. Ich bin in der Freizeit ein relativ ,,fauler" Mensch.
Bitte begrüßt Rebekka ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Monday, September 17, 2018
Archäologische Zeitreise - Jens Notroff ist jetzt bei Real Scientist DE!
Wir freuen uns sehr, euch unseren neuen Kurator Jens Notroff (@jens2go) vorzustellen! Jens hat Prähistorische Archäologie, Geschichte und Kommunikationswissenschaft in Berlin studiert und ist derzeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Göbekli Tepe-Projekt des Deutsches Archäologischen Instituts tätig. Dort ist er u.a. an der Erforschung der ältesten bisher bekannten, am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren von Jägern und Sammlern erbauten Monumentalarchitektur beteiligt. Seine Forschungsschwerpunkte darüber hinaus liegen in Neolithikum und Bronzezeit, mit besonderem Interesse für die Repräsentation von Macht und Prestige, Kultplätze und deren archäologischem Kontext, sowie sog. Sonderbestattunge. Außerdem engagiert er sich für Wissenschaftskommunikation in der Archäologie, insbesondere in Sachen Aufklärung pseudoarchäologischer Falschinformationen.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Als ich gerade vier Jahre alt war, hat mein Vater mit mir nach und nach eine 'Grand Tour' durch nahezu alle Museen Ost-Berlins gemacht. Und die archäologischen Sammlungen (insbesondere das damalige Bode-Museum, und dort v.a. Dinge die Inszenierung früher Grabkammern (in den Fußboden eingelassene Bestattungen, Skelette samt Grabbeigaben)) haben einen nachhaltigen Eindruck auf mich hinterlassen. Als ich dann später in Großvaters Bücherschrank dann auch noch C. W. Cerams "Götter, Gräber und Gelehrte" entdeckte (das heute als eines der ersten populärwissenschaftlichen Sachbücher gilt), gab es schließlich kein zurück mehr.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich gebe zu, der man mit dem Filzhut und der Lederjacke war nicht ganz unbeteiligt, ausschlaggebender war aber am Ende die besondere Faszination schriftloser Kulturen und der damit verbundenen besonderen Aufmerksamkeit auf die materielle Kultur jener Epochen. Davon ist bis heute nichts eingebüßt.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Derzeit bin ich am Göbekli Tepe in der Südosttürkei tätig, wo das DAI (in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Museum Sanliurfa) gewaltige aus bis zu 5,5 m hohen T-förmigen Kalksteinpfeilern errichteten Kreisanlagen ausgräbt und erforscht. Diese Bauten gelten als die älteste bisher bekannte Monumentalarchitektur, und wurden im frühen Neolithikum vor etwa 12.000 Jahren von noch nicht vollends sesshaften Jägern und Sammlern errichtet, die sich dort für Rituale und große Feste trafen. Diese Feste spielten wohl überhaupt eine wichtige Rolle für die Errichtung der Monumentalbauten, denn nur so war es möglich die notwendige Arbeitskraft (die die Kapazitäten einer einzelnen Jägergruppe überschritten haben dürfte) vor Ort versammelt. Die Versorgung solcher Zusammenkünfte schließlich wird als einer der Auslöser für die bald folgende Nahrungsmittelproduktion und deren Konsequenzen - Sesshaftwerdung, Ackerbau und Viehzucht - angesehen, dürfte also wohl eine bedeutende Rolle in der Ausbildung unserer heutigen Lebensweise gespielt haben.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Archäologie ist mehr als Ton, Steine und Scherben. Der Blick in die Vergangenheit hilft uns, die langfristigen Auswirkungen menschlichen Schaffens und Handelns zu erkennen und verstehen. Wir können nur sehen wohin wir gehen, wenn wir wissen woher wir kommen. Ohne den Blick zurück, wüssten wir nicht einmal, dass wir uns voranbewegen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Mit zunehmendem öffentlichen Interesse für unsere Arbeit und Forschung am Göbekli Tepe haben auch Zuschriften, An- und Nachfragen zugenommen. Die Beantwortung dieser E-Mails und Briefe hat irgendwann einen großen Teil unserer Arbeitszeit in Anspruch genommen, so dass ein Kollege und ich beschlossen haben, die häufigsten Fragen zu sammeln und in kurzen Beiträgen auf einem Blog zu beantworten. Daraus ist in der Zwischenzeit ein regelechtes Kompendium mit Informationen, Kurzbeiträgen, Publikationshinweisen und Diskussionen zu aktuellen Forschungsfragen im Rahmen des Projekts geworden. Eine, wie wir den Besucherzahlen und Kommentaren entnehmen, gern und oft genutzte Ressource zu den Ausgrabungen am Göbekli Tepe: http://www.dainst.blog/the-tepe-telegrams
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Selten, im Grunde nie, packe ich meinen Seesack ohne Aquarellkasten und Skizzenbuch mitzunehmen. Unterwegs gesammelte Reiseskizzen sind mir oft Jahre später noch die bleibendsten Erinnerungen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Der Versuch auszuschlafen wird von meinem Sohn durchkreuzt. Nach dem gemeinsamen Frühstück verlagert sich die ganze Familie auf den Spielplatz (in meiner Tasche idealerweise ein Buch), bevor es in den Zoo oder Park geht. Abends wird auf dem Balkon gegrillt und bevor der Tag zu Ende geht, werden auch die beiden begonnen Artikel-Entwürfe irgendwie noch beendet.
Bitte begrüßt Jens ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Als ich gerade vier Jahre alt war, hat mein Vater mit mir nach und nach eine 'Grand Tour' durch nahezu alle Museen Ost-Berlins gemacht. Und die archäologischen Sammlungen (insbesondere das damalige Bode-Museum, und dort v.a. Dinge die Inszenierung früher Grabkammern (in den Fußboden eingelassene Bestattungen, Skelette samt Grabbeigaben)) haben einen nachhaltigen Eindruck auf mich hinterlassen. Als ich dann später in Großvaters Bücherschrank dann auch noch C. W. Cerams "Götter, Gräber und Gelehrte" entdeckte (das heute als eines der ersten populärwissenschaftlichen Sachbücher gilt), gab es schließlich kein zurück mehr.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich gebe zu, der man mit dem Filzhut und der Lederjacke war nicht ganz unbeteiligt, ausschlaggebender war aber am Ende die besondere Faszination schriftloser Kulturen und der damit verbundenen besonderen Aufmerksamkeit auf die materielle Kultur jener Epochen. Davon ist bis heute nichts eingebüßt.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Derzeit bin ich am Göbekli Tepe in der Südosttürkei tätig, wo das DAI (in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Museum Sanliurfa) gewaltige aus bis zu 5,5 m hohen T-förmigen Kalksteinpfeilern errichteten Kreisanlagen ausgräbt und erforscht. Diese Bauten gelten als die älteste bisher bekannte Monumentalarchitektur, und wurden im frühen Neolithikum vor etwa 12.000 Jahren von noch nicht vollends sesshaften Jägern und Sammlern errichtet, die sich dort für Rituale und große Feste trafen. Diese Feste spielten wohl überhaupt eine wichtige Rolle für die Errichtung der Monumentalbauten, denn nur so war es möglich die notwendige Arbeitskraft (die die Kapazitäten einer einzelnen Jägergruppe überschritten haben dürfte) vor Ort versammelt. Die Versorgung solcher Zusammenkünfte schließlich wird als einer der Auslöser für die bald folgende Nahrungsmittelproduktion und deren Konsequenzen - Sesshaftwerdung, Ackerbau und Viehzucht - angesehen, dürfte also wohl eine bedeutende Rolle in der Ausbildung unserer heutigen Lebensweise gespielt haben.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Archäologie ist mehr als Ton, Steine und Scherben. Der Blick in die Vergangenheit hilft uns, die langfristigen Auswirkungen menschlichen Schaffens und Handelns zu erkennen und verstehen. Wir können nur sehen wohin wir gehen, wenn wir wissen woher wir kommen. Ohne den Blick zurück, wüssten wir nicht einmal, dass wir uns voranbewegen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Mit zunehmendem öffentlichen Interesse für unsere Arbeit und Forschung am Göbekli Tepe haben auch Zuschriften, An- und Nachfragen zugenommen. Die Beantwortung dieser E-Mails und Briefe hat irgendwann einen großen Teil unserer Arbeitszeit in Anspruch genommen, so dass ein Kollege und ich beschlossen haben, die häufigsten Fragen zu sammeln und in kurzen Beiträgen auf einem Blog zu beantworten. Daraus ist in der Zwischenzeit ein regelechtes Kompendium mit Informationen, Kurzbeiträgen, Publikationshinweisen und Diskussionen zu aktuellen Forschungsfragen im Rahmen des Projekts geworden. Eine, wie wir den Besucherzahlen und Kommentaren entnehmen, gern und oft genutzte Ressource zu den Ausgrabungen am Göbekli Tepe: http://www.dainst.blog/the-tepe-telegrams
Selten, im Grunde nie, packe ich meinen Seesack ohne Aquarellkasten und Skizzenbuch mitzunehmen. Unterwegs gesammelte Reiseskizzen sind mir oft Jahre später noch die bleibendsten Erinnerungen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Der Versuch auszuschlafen wird von meinem Sohn durchkreuzt. Nach dem gemeinsamen Frühstück verlagert sich die ganze Familie auf den Spielplatz (in meiner Tasche idealerweise ein Buch), bevor es in den Zoo oder Park geht. Abends wird auf dem Balkon gegrillt und bevor der Tag zu Ende geht, werden auch die beiden begonnen Artikel-Entwürfe irgendwie noch beendet.
Bitte begrüßt Jens ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Sunday, September 9, 2018
Sprich mit mir! - Janina Wildfeuer ist jetzt bei Real Scientists DE!
Wir freuen uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Janina Wildfeuer (@neous) vorzustellen! Janina Wildfeuer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin für multimodale Linguistik im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Bremen. Nach einem Magisterstudium in Allgemeiner Sprachwissenschaft, Germanistik und Romanistik in Münster hat sie 2012 in Bremen zur linguistischen Analyse des Films als Text promoviert und arbeitet seitdem dort in verschiedenen Projekten zur Medienanalyse im Bereich der multimodalen und angewandten Linguistik. Sie beschäftigt sich gerne mit Filmen, Comics, sozialen Medien und neuerdings auch Computerspielen, die alle auch eine Rolle in ihrem Habilitationsprojekt zur Semantik von Medien spielen. Außerdem ist sie seit diesem Jahr Mitherausgeberin eines Journals und lernt dabei noch ganz andere Seiten des Wissenschaftsbetriebs kennen.
Hier ist Janina in ihren eigenen Worten...
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Die Faszination an Sprachen, ihrer Grammatik und ihren Strukturen, die ich während meiner Schulzeit erlebt habe, hat mich in ein klassisches Philologie-Studium mit sprachwissenschaftlichem Schwerpunkt an der Universität Münster geführt. Das Studium habe ich mit einem Magisterabschluss und einer Arbeit zur Anwendung textlinguistischer Strukturen auf Medien beendet und mich danach eigentlich ganz naiv und unwissend der akademischen Strukturen auf verschiedenste Ausschreibungen für Stipendien beworben. Ich bekam eine Zusage von einem neu eingerichteten DoktorandInnenkolleg an der Universität Bremen, das sich mit dem Film beschäftigte und mir drei Jahre die Möglichkeit gab, dies ebenfalls zu tun. Ich traf zum ersten Mal meinen Doktorvater und Mentor, mit dem ich bis heute zusammenarbeite und der mir eine ganz andere akademische Welt als die mir bis dahin bekannte zeigte. Obwohl ich mich mit unterschiedlichsten Sprachen beschäftigt hatte, hatte ich weder Hausarbeiten auf Englisch geschrieben noch Referate gehalten (und stattdessen eher französische Übersetzungen vorgenommen). Ich konnte fortan an Konferenzen im Ausland teilnehmen und die internationale Welt der Sprach- und Medienwissenschaft kennen lernen - in einem Bereich, der immer noch mit den Grundannahmen meines Fachs arbeitet, sie aber auf viele andere Kommunikationsformen (neben Sprache) überträgt und sich damit interdisziplinär zwischen unterschiedlichsten Fächern und Forchungsrichtungen bewegt. Die Möglichkeiten und Herausforderungen, die eine solche Forschung mit sich bringt, lassen mich bis heute den Spaß am wissenschaftlichen Arbeiten nicht verlieren.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Nach meinem Studium war es im Grunde das Stipendium und die Zielsetzungen der damit verbundenen KollegInnen und BetreuerInnen, die mich zu meinen heutigen Forschungsschwerpunkten gebracht haben. Das war zum einen also teilweise fremdbestimmt, zum anderen aber war mir von Anfang eine gewisse Flexibilität mitgegeben, die ich bis heute genießen darf und die mich eigenständige Projekte und Interessen verfolgen lässt - und mir so kaum noch ein Gefühl von Fremdbestimmtheit geben. Diese Flexibilität macht nämlich zum Beispiel möglich, mich in unterschiedlichen Disziplinen umzuschauen, mit ihnen zu arbeiten und meinen Forschungsschwerpunkt immer wieder neu zu definieren.
In meiner Zeit als Postdoc habe ich mich explizit für eine Mischung aus Sprach- und Medienwissenschaften entschieden, war und bin also etwas risikobereit, was die Zukunft meiner Beschäftigung an einer Universität betrifft: Professuren und Studiengänge für Multimodalität oder multimodale Kommunikation/Linguistik gibt es nur sehr, sehr wenige ujnd es braucht auch einen gewissen Optimismus, weiter in diesem Bereich arbeiten zu können. Neben diesem gab es eigentlich noch nie einen Moment, in dem ich mich in meiner Position als Wissenschaftlerin nicht wohlfühlte oder dachte, dass ich irgendwann einmal keine Lust mehr auf diese Art von Arbeit habe.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Eine der Hauptfragen, mit denen ich mich in Analysen und theoretischen Auseinandersetzungen beschäftige, ist, inwiefern Medien bzw. Medienprodukte wie Filme, Comics, soziale Medien, etc. Bedeutungen konstruieren, uns also Geschichten erzählen, Sachverhalte darstellen oder Argumente vorführen. Während wir dies für sprachliche Texte ziemlich genau beschreiben können, nutzen viele Medien neben Sprache ja noch ganz andere Äußerungsformen wie Bilder, Musik, Bewegung, Animationen, etc., für die wir Bedeutungen nicht in einem Nachschlagewerk (wie in einem Wörterbuch für Sprache) festhalten bzw. nachschauen können. In meiner Forschung geht es also darum, zu beschreiben, wie Bedeutung mit und durch diese Äußerungsformen entsteht und wie wir dies vielleicht auch mit uns bekannten Instrumentarien (aus der Sprach-, Literatur-, Medienwissenschaft und anderen Disziplinen) analysieren können.
Meine Arbeit ist also zu einem großen Teil theoretisch und analytisch, indem sie konkrete Medienbeispiele und -texte mit diesen Instrumentarien untersucht. Hierfür bedarf es natürlich auch einer theoretischen und methodologischen Auseinandersetzung, also einer kritischen Evaluation von Instrumentarien und Analyserastern und ihrer Erprobung an und mit Beispielen. Ergebnisse dieser ‚Denkarbeit‘ finden momentan vor allem Eingang in mein Habilitationsprojekt, an dem ich schon eine Weile arbeite. Außerdem sind ein paar wissenschaftliche Veröffentlichungen und Präsentationen auf Konferenzen in Arbeit. In der momentanen vorlesungsfreien Zeit schreibe ich unter anderem an einem Einführungstext für ein Studienbuch zur Comicanalyse und an einem einleitenden Beitrag zu einem Sammelband, den ich in Folge einer Konferenz zum Thema Multimodalität mit KollegInnen herausgebe.
In meiner Woche als Kuratorin werde ich auch einen Kongress besuchen und dort zwei Vorträge halten. Nebenbei will ich noch einen Förderantrag für Gelder der Universität Bremen stellen. Im nächsten Jahr steht dann auch eine weitere große Konferenz an, die ich organisiere. Hierfür gilt es in der nächsten Zeit Drittmittelgelder zu beantragen und den Call for Paper auszusenden.
Während des Semesters unterrichte ich in den Studiengängen unseres Fachbereichs, also im Bereich Anglistik, Linguistik und teilweise auch Literatur- bzw. Medienwissenschaft. Im letzten Semester ging es zum Beispiel um aktuelle TV-Serien, im kommenden Semester gebe ich unter anderem ein Seminar zur Kommunikation in den sozialen Medien.
Außerdem arbeite ich in einem Team von HerausgeberInnen eines internationalen Journals und bin als Gutachterin für weitere solcher Journals und Verlage tätig.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Dass sprachwissenschaftliche Forschung sich immer auch mit sozialen und kulturellen Strukturen beschäftigt und dabei sehr wertvolle Arbeit leistet, ist gerade aktueller denn je. KollegInnen vom Institut für deutsche Sprache in Mannheim haben zum Beispiel gerade erst die Sprache der AfD mit der anderer Parteien verglichen und interessante Ergebnisse erzielt, die für die aktuellen politischen Entwicklungen unheimlich wichtig sind.
Dass Sprachwissenschaft sich aber auch mit nicht- oder nur wenig sprachlichen Kommunikationsformen auseinandersetzt und dabei ebenso wichtige Ergebnisse erzielen kann, ist manchmal noch nicht so ganz akzeptiert, weder in den Geisteswissenschaften noch im Alltag. Ich will während meiner Zeit als Kuratorin versuchen, hier ein bisschen Überzeugungsarbeit zu leisten und zu zeigen, dass der Umgang mit den Medien in Kommunikationssituationen oft noch gar nicht so gut funktioniert und wir noch viel mehr darüber lernen müssen, was wir eigentlich genau ausdrücken, wenn wir Bilder oder Videos mit Text in einem Tweet oder Facebook-Beitrag verbinden und diesen in die Welt senden. Oft ist zum Beispiel die Rede von der Text-Bild-Schere, die mal wieder zugeschlagen hat, oder von einem falschen oder missglückten Einsatz von Werbebildern auf Webseiten, der auf Algorithmen aufbaut, die irgendwie noch nicht so gut funktionieren. Dahinter steckt fehlendes oder nicht ausreichendes Wissen über das Verstehen von nicht-sprachlichen Einheiten wie Bildern, Diagrammen, etc.., das wir erst noch viel systematischer erarbeiten müssen. Und für diese Erarbeitung bedarf es unter anderem auch sprachwissenschaftlicher Instrumentarien und Hypothesen sowie einer Menge empirischer Untersuchungen, mit denen wir noch eine ganze Weile beschäftigt sein werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden dann wertvolle Informationen liefern, die wir nicht nur unseren Kindern im Umgang mit den Medien mitgeben, sondern auf allen Ebenen der Kommunikation anwenden sollten.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Neben meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Bremen bin ich auch Herausgeberin des Journals „Visual Communication“. Das bedeutet, dass ich die dort eingereichten Manuskripte lese, sie in den meisten Fällen zum Review aussende und dafür also nach geeigneten GutachterInnen suche und diese kontaktiere. Das Journal hat soeben einen Relaunch erlebt, an dem das HerausgeberInnenteam eine ganze Weile gearbeitet hat. Auch hierfür waren Texte zu verfassen und zu editieren, Layoutfragen zu klären, etc. Die Arbeit als Herausgeberin eines solchen internationalen Journals ist besonders spannend, weil man immer neue Forschungsprojekte und Ergebnisse kennen lernt, mit den unterschiedlichsten KollegInnen und ForscherInnen kommuniziert und auch einen guten Einblick in das Verlagswesen bekommt.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Mein Mann ist Jäger und ich begleite ihn gerne auf seinen Ausflügen in die Natur, ohne selbst einen Jagdschein haben zu wollen. Wir haben das schon eine ganze Weile nicht mehr gemeinsam gemacht, weil wir auch seit einiger Zeit eine kleine Tochter haben, die auf eine ganz andere Art und Weise gerade Natur und Leben entdeckt. Das Leben mit einem Jäger ist also immer irgendwie besonders, sei es mit Blick auf unsere Ernährung, die Details des Wortschatz unseres Kindes, das die Tiere im Wald bald alle besser benennen kann als ich, den Umgang mit einem kranken Tier in der Nachbarschaft und im Garten oder im Streit um die Dekorationen im Haus.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Bevor meine Tochter geboren wurde, hätte ich diese Frage mit einem Serienmarathon oder guten Büchern und dem Austausch über solche mit Freunden beantwortet. Heute ist es ein Tag mit der Familie, an dem wir gemeinsam ohne Verpflichtungen und mit viel Abstand von der Arbeit einen Ausflug (vielleicht ans Meer oder in die Natur) machen und uns über die kleinen Dinge im Alltag freuen.
Bitte begrüßt Janina ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Hier ist Janina in ihren eigenen Worten...
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Die Faszination an Sprachen, ihrer Grammatik und ihren Strukturen, die ich während meiner Schulzeit erlebt habe, hat mich in ein klassisches Philologie-Studium mit sprachwissenschaftlichem Schwerpunkt an der Universität Münster geführt. Das Studium habe ich mit einem Magisterabschluss und einer Arbeit zur Anwendung textlinguistischer Strukturen auf Medien beendet und mich danach eigentlich ganz naiv und unwissend der akademischen Strukturen auf verschiedenste Ausschreibungen für Stipendien beworben. Ich bekam eine Zusage von einem neu eingerichteten DoktorandInnenkolleg an der Universität Bremen, das sich mit dem Film beschäftigte und mir drei Jahre die Möglichkeit gab, dies ebenfalls zu tun. Ich traf zum ersten Mal meinen Doktorvater und Mentor, mit dem ich bis heute zusammenarbeite und der mir eine ganz andere akademische Welt als die mir bis dahin bekannte zeigte. Obwohl ich mich mit unterschiedlichsten Sprachen beschäftigt hatte, hatte ich weder Hausarbeiten auf Englisch geschrieben noch Referate gehalten (und stattdessen eher französische Übersetzungen vorgenommen). Ich konnte fortan an Konferenzen im Ausland teilnehmen und die internationale Welt der Sprach- und Medienwissenschaft kennen lernen - in einem Bereich, der immer noch mit den Grundannahmen meines Fachs arbeitet, sie aber auf viele andere Kommunikationsformen (neben Sprache) überträgt und sich damit interdisziplinär zwischen unterschiedlichsten Fächern und Forchungsrichtungen bewegt. Die Möglichkeiten und Herausforderungen, die eine solche Forschung mit sich bringt, lassen mich bis heute den Spaß am wissenschaftlichen Arbeiten nicht verlieren.
Nach meinem Studium war es im Grunde das Stipendium und die Zielsetzungen der damit verbundenen KollegInnen und BetreuerInnen, die mich zu meinen heutigen Forschungsschwerpunkten gebracht haben. Das war zum einen also teilweise fremdbestimmt, zum anderen aber war mir von Anfang eine gewisse Flexibilität mitgegeben, die ich bis heute genießen darf und die mich eigenständige Projekte und Interessen verfolgen lässt - und mir so kaum noch ein Gefühl von Fremdbestimmtheit geben. Diese Flexibilität macht nämlich zum Beispiel möglich, mich in unterschiedlichen Disziplinen umzuschauen, mit ihnen zu arbeiten und meinen Forschungsschwerpunkt immer wieder neu zu definieren.
In meiner Zeit als Postdoc habe ich mich explizit für eine Mischung aus Sprach- und Medienwissenschaften entschieden, war und bin also etwas risikobereit, was die Zukunft meiner Beschäftigung an einer Universität betrifft: Professuren und Studiengänge für Multimodalität oder multimodale Kommunikation/Linguistik gibt es nur sehr, sehr wenige ujnd es braucht auch einen gewissen Optimismus, weiter in diesem Bereich arbeiten zu können. Neben diesem gab es eigentlich noch nie einen Moment, in dem ich mich in meiner Position als Wissenschaftlerin nicht wohlfühlte oder dachte, dass ich irgendwann einmal keine Lust mehr auf diese Art von Arbeit habe.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Eine der Hauptfragen, mit denen ich mich in Analysen und theoretischen Auseinandersetzungen beschäftige, ist, inwiefern Medien bzw. Medienprodukte wie Filme, Comics, soziale Medien, etc. Bedeutungen konstruieren, uns also Geschichten erzählen, Sachverhalte darstellen oder Argumente vorführen. Während wir dies für sprachliche Texte ziemlich genau beschreiben können, nutzen viele Medien neben Sprache ja noch ganz andere Äußerungsformen wie Bilder, Musik, Bewegung, Animationen, etc., für die wir Bedeutungen nicht in einem Nachschlagewerk (wie in einem Wörterbuch für Sprache) festhalten bzw. nachschauen können. In meiner Forschung geht es also darum, zu beschreiben, wie Bedeutung mit und durch diese Äußerungsformen entsteht und wie wir dies vielleicht auch mit uns bekannten Instrumentarien (aus der Sprach-, Literatur-, Medienwissenschaft und anderen Disziplinen) analysieren können.
Meine Arbeit ist also zu einem großen Teil theoretisch und analytisch, indem sie konkrete Medienbeispiele und -texte mit diesen Instrumentarien untersucht. Hierfür bedarf es natürlich auch einer theoretischen und methodologischen Auseinandersetzung, also einer kritischen Evaluation von Instrumentarien und Analyserastern und ihrer Erprobung an und mit Beispielen. Ergebnisse dieser ‚Denkarbeit‘ finden momentan vor allem Eingang in mein Habilitationsprojekt, an dem ich schon eine Weile arbeite. Außerdem sind ein paar wissenschaftliche Veröffentlichungen und Präsentationen auf Konferenzen in Arbeit. In der momentanen vorlesungsfreien Zeit schreibe ich unter anderem an einem Einführungstext für ein Studienbuch zur Comicanalyse und an einem einleitenden Beitrag zu einem Sammelband, den ich in Folge einer Konferenz zum Thema Multimodalität mit KollegInnen herausgebe.
In meiner Woche als Kuratorin werde ich auch einen Kongress besuchen und dort zwei Vorträge halten. Nebenbei will ich noch einen Förderantrag für Gelder der Universität Bremen stellen. Im nächsten Jahr steht dann auch eine weitere große Konferenz an, die ich organisiere. Hierfür gilt es in der nächsten Zeit Drittmittelgelder zu beantragen und den Call for Paper auszusenden.
Während des Semesters unterrichte ich in den Studiengängen unseres Fachbereichs, also im Bereich Anglistik, Linguistik und teilweise auch Literatur- bzw. Medienwissenschaft. Im letzten Semester ging es zum Beispiel um aktuelle TV-Serien, im kommenden Semester gebe ich unter anderem ein Seminar zur Kommunikation in den sozialen Medien.
Außerdem arbeite ich in einem Team von HerausgeberInnen eines internationalen Journals und bin als Gutachterin für weitere solcher Journals und Verlage tätig.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Dass sprachwissenschaftliche Forschung sich immer auch mit sozialen und kulturellen Strukturen beschäftigt und dabei sehr wertvolle Arbeit leistet, ist gerade aktueller denn je. KollegInnen vom Institut für deutsche Sprache in Mannheim haben zum Beispiel gerade erst die Sprache der AfD mit der anderer Parteien verglichen und interessante Ergebnisse erzielt, die für die aktuellen politischen Entwicklungen unheimlich wichtig sind.
Dass Sprachwissenschaft sich aber auch mit nicht- oder nur wenig sprachlichen Kommunikationsformen auseinandersetzt und dabei ebenso wichtige Ergebnisse erzielen kann, ist manchmal noch nicht so ganz akzeptiert, weder in den Geisteswissenschaften noch im Alltag. Ich will während meiner Zeit als Kuratorin versuchen, hier ein bisschen Überzeugungsarbeit zu leisten und zu zeigen, dass der Umgang mit den Medien in Kommunikationssituationen oft noch gar nicht so gut funktioniert und wir noch viel mehr darüber lernen müssen, was wir eigentlich genau ausdrücken, wenn wir Bilder oder Videos mit Text in einem Tweet oder Facebook-Beitrag verbinden und diesen in die Welt senden. Oft ist zum Beispiel die Rede von der Text-Bild-Schere, die mal wieder zugeschlagen hat, oder von einem falschen oder missglückten Einsatz von Werbebildern auf Webseiten, der auf Algorithmen aufbaut, die irgendwie noch nicht so gut funktionieren. Dahinter steckt fehlendes oder nicht ausreichendes Wissen über das Verstehen von nicht-sprachlichen Einheiten wie Bildern, Diagrammen, etc.., das wir erst noch viel systematischer erarbeiten müssen. Und für diese Erarbeitung bedarf es unter anderem auch sprachwissenschaftlicher Instrumentarien und Hypothesen sowie einer Menge empirischer Untersuchungen, mit denen wir noch eine ganze Weile beschäftigt sein werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden dann wertvolle Informationen liefern, die wir nicht nur unseren Kindern im Umgang mit den Medien mitgeben, sondern auf allen Ebenen der Kommunikation anwenden sollten.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Neben meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Bremen bin ich auch Herausgeberin des Journals „Visual Communication“. Das bedeutet, dass ich die dort eingereichten Manuskripte lese, sie in den meisten Fällen zum Review aussende und dafür also nach geeigneten GutachterInnen suche und diese kontaktiere. Das Journal hat soeben einen Relaunch erlebt, an dem das HerausgeberInnenteam eine ganze Weile gearbeitet hat. Auch hierfür waren Texte zu verfassen und zu editieren, Layoutfragen zu klären, etc. Die Arbeit als Herausgeberin eines solchen internationalen Journals ist besonders spannend, weil man immer neue Forschungsprojekte und Ergebnisse kennen lernt, mit den unterschiedlichsten KollegInnen und ForscherInnen kommuniziert und auch einen guten Einblick in das Verlagswesen bekommt.
Mein Mann ist Jäger und ich begleite ihn gerne auf seinen Ausflügen in die Natur, ohne selbst einen Jagdschein haben zu wollen. Wir haben das schon eine ganze Weile nicht mehr gemeinsam gemacht, weil wir auch seit einiger Zeit eine kleine Tochter haben, die auf eine ganz andere Art und Weise gerade Natur und Leben entdeckt. Das Leben mit einem Jäger ist also immer irgendwie besonders, sei es mit Blick auf unsere Ernährung, die Details des Wortschatz unseres Kindes, das die Tiere im Wald bald alle besser benennen kann als ich, den Umgang mit einem kranken Tier in der Nachbarschaft und im Garten oder im Streit um die Dekorationen im Haus.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Bevor meine Tochter geboren wurde, hätte ich diese Frage mit einem Serienmarathon oder guten Büchern und dem Austausch über solche mit Freunden beantwortet. Heute ist es ein Tag mit der Familie, an dem wir gemeinsam ohne Verpflichtungen und mit viel Abstand von der Arbeit einen Ausflug (vielleicht ans Meer oder in die Natur) machen und uns über die kleinen Dinge im Alltag freuen.
Bitte begrüßt Janina ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Sunday, September 2, 2018
Das soziale Netzwerk - Lisa Hehnke ist jetzt bei Real Scientists DE!
Wir freuen uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Lisa Hehnke (@DataPlanes) vorzustellen! Lisa arbeitet derzeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Arbeitsgruppe für Quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung der Uni Bielefeld. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich Computational Social Science, d. h. der Schnittstelle zwischen Informatik und den Sozialwissenschaften. Hier interessiert sich Lisa insbesondere für die Erhebung und Auswertung von webbasierten Daten sowie für Netzwerke und räumliche Analysen. Inhaltlich beschäftigt sie sich derzeit vor allem mit aktuellen Fragen der Wissenschaftsforschung und den Anwendungsmöglichkeiten von computergestützten Analyseverfahren auf interdisziplinäre gesellschaftliche Herausforderungen.
Hier ist Lisa in ihren eigenen Worten...
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Zu dieser Frage stehen zwei alternative Antworten zur Auswahl:
1. Vorherbestimmung. Um mal mein latent stereotypes kindliches Ich zu zitieren: „Ich denke, man kann gar nicht beurteilen, welches das beste Pony ist! Das ginge höchstens, wenn jemand schon alle geritten wäre, sonst mag man ja automatisch die Ponys, die man selbst geritten ist.“
2. Zufall. Eine damalige Kommilitonin hatte sich auf zwei ausgeschriebene Hilfskraftstellen an einem Lehrstuhl beworben und ich habe mich ihr kurzerhand angeschlossen. Letztlich habe leider nur ich eine Stelle dort angeboten bekommen, wofür mich das schlechte Gewissen noch heute plagt. Danach folgten einige Fach- und Uniwechsel und so bin ich über etwas verschlungene Wege an der Uni Bielefeld gelandet.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Diese Frage zu beantworten ist tatsächlich eine gewisse Herausforderung für mich, da ich teilweise selbst nicht exakt definieren kann, was mein „aktuelles Feld“ eigentlich ist. Wenn ich meine Forschungsinteressen stärker konkretisieren müsste, würde ich sie auf zwei (Teil-)Disziplinen herunterbrechen: Computational Social Science und Wissenschaftsforschung.
An Computational Social Science begeistert mich, dass dort klassische sozialwissenschaftliche Fragestellungen aufgegriffen und mit computergestützten Methoden analysiert werden, wodurch eine neue Perspektive auf Bewährtes eingenommen wird. Darüber hinaus ist der Bereich für mein Empfinden noch nicht so stark ausdifferenziert wie traditionellere Forschungsfelder, wodurch interdisziplinäres Arbeiten mit einem realen gesellschaftlichen Mehrwert ermöglicht wird.
Mein Interesse an der Wissenschaftsforschung hingegen ist eher persönlicher Natur, da ich mich hier vor allem mit geschlechterbezogener Diskriminierung und Open Science beschäftige. Beides sind Themen, die mich als Wissenschaftlerin direkt betreffen und mit denen ich in der Vergangenheit bereits selbst negative Erfahrungen gemacht habe. Hieraus entstand bei mir der Wunsch, einen eigenen Beitrag zu leisten, um konstruktiv mit Gender Bias und der Replikationskrise, die leider auch die Sozialwissenschaften verstärkt erreicht hat, umzugehen und auf diese Weise nachhaltige Veränderungen an den derzeitigen Wissenschaftsstrukturen anzustoßen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine alltägliche Arbeit ist für eine Sozialwissenschaftlerin vermutlich ungewöhnlich divers und interdisziplinär. Derzeit arbeite ich unter anderem an Projekten zu der Rezeption von US-amerikanischen Amokläufen auf YouTube, geschlechterbezogener Diskriminierung in der Wissenschaft, Open Science oder Stereotypen und Rassismus in sozialen Netzwerken. Ein verbindendes Element weisen jedoch (fast) alle genannten Projekte auf: Die verwendeten computergestützten Analyseverfahren, die von Netzwerkanalysen über Verfahren des Text Mining bis hin zu bibliometrischen Analysen von wissenschaftlichen Publikationen reichen.
Hinzu kommen bei mir noch die Lehre und Betreuung von Studierenden. Dieser Teil der Arbeit macht mir mitunter am meisten Spaß, da man eigenes Wissen und eigene Erfahrungen an die nächste Generation von potentiellen Wissenschaftler*innen weitergeben und gleichzeitig selbst von ihnen lernen kann.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Das ist eine Frage, die man als Sozialwissenschaftler*in tatsächlich häufiger gestellt bekommt. Mit Blick auf meine eigenen Forschungsgebiete würde ich sagen: Weil gesellschaftliche Herausforderungen wie Diskriminierung und Rassismus uns alle etwas angehen! Sozialwissenschaftliche Forschung zu diesen und ähnlichen Themen kann, sofern die Ergebnisse für ein breiteres Publikum verständlich aufbereitet und richtig kommuniziert werden, einen wichtigen Beitrag leisten, um neben dem wissenschaftlichen auch einen gesellschaftlichen Impact zu haben. Hierfür ist es jedoch auch wichtig, dass man sich als Sozialwissenschaftler*in – und insbesondere als weibliche Forscherin – dieser Stärke bewusst ist und sich sowohl in der Wissenschaftswelt als auch auf dem nicht-akademischen Arbeitsmarkt nicht unter Wert verkauft.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Neben meiner Tätitgkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin absolviere ich noch ein Psychologiestudium an der FernUniversität in Hagen und engagiere mich ehrenamtlich bei CorrelAid e.V., einem Netzwerk junger Datenanalyst*innen. Unser Ziel ist es, Organisationen mit sozialem Auftrag durch Analyse- und Beratungsprojekte dabei zu unterstützen, ihren gesellschaftlichen Impact zu vergrößern. Auf diese Weise wollen wir einen Dialog über den Wert und Nutzen von Daten(-analyse) für die Zivilgesellschaft anstoßen und eine Generation von gesellschaftlich denkenden Datenanalyst*innen fördern.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Mein Bücherregal besteht zu 1/3 aus klassischer Literatur, zu 1/3 aus Kunstbüchern und zu 1/3 aus Büchern über Flugzeugabstürze. Hinter letzterem Hobby steckt, auch wenn viele es anfänglich vermuten, jedoch keine Sensationsgier, sondern die Frage nach dem „Warum?“. Warum passieren Unfälle, welche Mechanismen stecken dahinter und welche Faktoren müssen zusammenspielen, damit es überhaupt zu solchen Abstürzen kommen kann? Denn nur wenn das Verständnis für die zunächst verborgenen kausalen Prozesse vorhanden ist, können ähnliche Unglücke zukünftig verhindert werden.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Natur, gute Gespräche, Dokus über Flugzeugabstürze. Alternativ Dokus über Serienkiller.
Bitte begrüßt Lisa ganz herzlich bei Real Scientists DE!
Hier ist Lisa in ihren eigenen Worten...
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Zu dieser Frage stehen zwei alternative Antworten zur Auswahl:
1. Vorherbestimmung. Um mal mein latent stereotypes kindliches Ich zu zitieren: „Ich denke, man kann gar nicht beurteilen, welches das beste Pony ist! Das ginge höchstens, wenn jemand schon alle geritten wäre, sonst mag man ja automatisch die Ponys, die man selbst geritten ist.“
2. Zufall. Eine damalige Kommilitonin hatte sich auf zwei ausgeschriebene Hilfskraftstellen an einem Lehrstuhl beworben und ich habe mich ihr kurzerhand angeschlossen. Letztlich habe leider nur ich eine Stelle dort angeboten bekommen, wofür mich das schlechte Gewissen noch heute plagt. Danach folgten einige Fach- und Uniwechsel und so bin ich über etwas verschlungene Wege an der Uni Bielefeld gelandet.
Diese Frage zu beantworten ist tatsächlich eine gewisse Herausforderung für mich, da ich teilweise selbst nicht exakt definieren kann, was mein „aktuelles Feld“ eigentlich ist. Wenn ich meine Forschungsinteressen stärker konkretisieren müsste, würde ich sie auf zwei (Teil-)Disziplinen herunterbrechen: Computational Social Science und Wissenschaftsforschung.
An Computational Social Science begeistert mich, dass dort klassische sozialwissenschaftliche Fragestellungen aufgegriffen und mit computergestützten Methoden analysiert werden, wodurch eine neue Perspektive auf Bewährtes eingenommen wird. Darüber hinaus ist der Bereich für mein Empfinden noch nicht so stark ausdifferenziert wie traditionellere Forschungsfelder, wodurch interdisziplinäres Arbeiten mit einem realen gesellschaftlichen Mehrwert ermöglicht wird.
Mein Interesse an der Wissenschaftsforschung hingegen ist eher persönlicher Natur, da ich mich hier vor allem mit geschlechterbezogener Diskriminierung und Open Science beschäftige. Beides sind Themen, die mich als Wissenschaftlerin direkt betreffen und mit denen ich in der Vergangenheit bereits selbst negative Erfahrungen gemacht habe. Hieraus entstand bei mir der Wunsch, einen eigenen Beitrag zu leisten, um konstruktiv mit Gender Bias und der Replikationskrise, die leider auch die Sozialwissenschaften verstärkt erreicht hat, umzugehen und auf diese Weise nachhaltige Veränderungen an den derzeitigen Wissenschaftsstrukturen anzustoßen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine alltägliche Arbeit ist für eine Sozialwissenschaftlerin vermutlich ungewöhnlich divers und interdisziplinär. Derzeit arbeite ich unter anderem an Projekten zu der Rezeption von US-amerikanischen Amokläufen auf YouTube, geschlechterbezogener Diskriminierung in der Wissenschaft, Open Science oder Stereotypen und Rassismus in sozialen Netzwerken. Ein verbindendes Element weisen jedoch (fast) alle genannten Projekte auf: Die verwendeten computergestützten Analyseverfahren, die von Netzwerkanalysen über Verfahren des Text Mining bis hin zu bibliometrischen Analysen von wissenschaftlichen Publikationen reichen.
Hinzu kommen bei mir noch die Lehre und Betreuung von Studierenden. Dieser Teil der Arbeit macht mir mitunter am meisten Spaß, da man eigenes Wissen und eigene Erfahrungen an die nächste Generation von potentiellen Wissenschaftler*innen weitergeben und gleichzeitig selbst von ihnen lernen kann.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Das ist eine Frage, die man als Sozialwissenschaftler*in tatsächlich häufiger gestellt bekommt. Mit Blick auf meine eigenen Forschungsgebiete würde ich sagen: Weil gesellschaftliche Herausforderungen wie Diskriminierung und Rassismus uns alle etwas angehen! Sozialwissenschaftliche Forschung zu diesen und ähnlichen Themen kann, sofern die Ergebnisse für ein breiteres Publikum verständlich aufbereitet und richtig kommuniziert werden, einen wichtigen Beitrag leisten, um neben dem wissenschaftlichen auch einen gesellschaftlichen Impact zu haben. Hierfür ist es jedoch auch wichtig, dass man sich als Sozialwissenschaftler*in – und insbesondere als weibliche Forscherin – dieser Stärke bewusst ist und sich sowohl in der Wissenschaftswelt als auch auf dem nicht-akademischen Arbeitsmarkt nicht unter Wert verkauft.
Neben meiner Tätitgkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin absolviere ich noch ein Psychologiestudium an der FernUniversität in Hagen und engagiere mich ehrenamtlich bei CorrelAid e.V., einem Netzwerk junger Datenanalyst*innen. Unser Ziel ist es, Organisationen mit sozialem Auftrag durch Analyse- und Beratungsprojekte dabei zu unterstützen, ihren gesellschaftlichen Impact zu vergrößern. Auf diese Weise wollen wir einen Dialog über den Wert und Nutzen von Daten(-analyse) für die Zivilgesellschaft anstoßen und eine Generation von gesellschaftlich denkenden Datenanalyst*innen fördern.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Mein Bücherregal besteht zu 1/3 aus klassischer Literatur, zu 1/3 aus Kunstbüchern und zu 1/3 aus Büchern über Flugzeugabstürze. Hinter letzterem Hobby steckt, auch wenn viele es anfänglich vermuten, jedoch keine Sensationsgier, sondern die Frage nach dem „Warum?“. Warum passieren Unfälle, welche Mechanismen stecken dahinter und welche Faktoren müssen zusammenspielen, damit es überhaupt zu solchen Abstürzen kommen kann? Denn nur wenn das Verständnis für die zunächst verborgenen kausalen Prozesse vorhanden ist, können ähnliche Unglücke zukünftig verhindert werden.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Natur, gute Gespräche, Dokus über Flugzeugabstürze. Alternativ Dokus über Serienkiller.
Bitte begrüßt Lisa ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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