Sunday, March 31, 2024

Wie man archäologische Erkenntnisse in die Köpfe bringt! Jens Notroff ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Jens Notroff (@jensnotroff.com)! Jens hat in Berlin Archäologie, Geschichte und Kommunikationswissenschaften studiert und anschließend seine Tätigkeit am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) aufgenommen. Als Prähistoriker auf die Stein- und Bronzezeit spezialisiert, hat er in verschiedenen Ausgrabungsprojekten- und Forschungsprojekten an der Orient-Abteilung des DAI u.a. in Jordanien und der Südosttürkei mitgewirkt, bevor er 2020 als Referent für Wissenschaftskommunikation an die Zentrale des Instituts gewechselt ist. Seine Forschungsinteressen umfassen vor allem die Repräsentation von Macht und Herrschaft in prähistorischen Gesellschaften, Kultstätten in ihrem archäologischen Kontext und Bestattungsbrauch sowie Totenritual. Außerdem ist er als Autor, Illustrator und Wissenschaftskommunikator tätig.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Der Wunsch, Archäologe zu werden, bestand tatsächlich schon ziemlich lange - und verfestigte sich dann mit dem größer werden immer mehr. Als folgte dann nach Schule und Abitur konsequenterweise das Archäologiestudium in Berlin ... und der Weg immer tiefer hinein ins Fach, Feldforschung inklusive.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Die Mischung aus Quellengewinnung im Feld mittels Ausgrabung und der einordnenden Forschung am Schreibtisch und in der Bibliothek macht einen, wie ich finde, ganz besonderen Reiz des Faches aus. Und dann kommt noch hinzu, dass man sich bei der Beschäftigung mit dem Leben von Menschen in der Vergangenheit immer wieder mit ganz grundlegenden Fragen konfrontiert sieht, die eigentlich zeitlos sind: Wie gehen Gesellschaften mit Veränderungen ihres Lebensraums um? Wie organisieren sie sich, wie werden Konflikte innerhalb der eigenen und zwischen unterschiedlichen Gruppen ausgehandelt? Welche kulturellen Eigenheiten entwickeln sich aufgrund unterschiedlicher äußerer Umstände - und wie entwickeln sie sich weiter? Welche Linien können wir bis ins hier und jetzt ziehen?

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Als Referent für Wissenschaftskommunikation am DAI besteht meine Aufgabe darin, die weltweiten Forschungsprojekte des Instituts und Forschungsergebnisse der Kolleginnen und Kollegen aufzubereiten und zu vermitteln. In Veranstaltungen oder in Wort- und Bildbeiträgen, in den klassischen und sozialen Medien z.B. oder auch in Form eines Magazins, das wir am Institut herausgeben.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Weil es in der Archäologie nicht nur um alten staubigen Kram geht, sondern wir uns vor allen Dingen für die Menschen früherer Epochen interessieren. Für deren Leben und Alltag, für die Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten - und die Lösungen, die sie dafür gemeinsam gefunden haben. Denn Klimafolgen, Umweltwandel und die Veränderung von Lebensräumen, soziale Konflikte, Krisen und der Umgang mit gesellschaftlicher Veränderungen - das alles sind ja Themen, die uns heute noch genauso umtreiben. Und die Archäologie macht es uns möglich diese Prozesse über sehr lange Zeiträume nachzuvollziehen. Das ist ein ungeheures Potential an Wissen, aus dem wir hier schöpfen können; Erfahrungen, die uns helfen können, Strategien auch für heutige Herausforderungen zu entwickeln. Nur wenn wir wissen, woher wir kommen, können wir erkennen, wohin wir gehen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich arbeite außerdem als Illustrator und setze beispielsweise Rekonstruktionen archäologischer Funde und Befunde und Lebensbilder der Vergangenheit um, visualisiere aber auch Forschungsprozesse und Ergebnisse. Außerdem bin ich als Dozent am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation tätig.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Es klang eben schon ein wenig an: Ich zeichne wahnsinnig gern und im Grunde bei (fast) jeder Gelegenheit. Selten, dass ich einmal ohne Skizzenheft und Stift aus dem Haus ginge. Und auch wenn meine Zeit es nicht mehr gar zu häufig erlaubt, genieße ich es jedes Mal sehr, im Kajak zu sitzen oder in den Bergen unterwegs zu sein.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Ausschlafen (ha, als ob die Kinder das zuließen), Zeitungslektüre bei ausgedehntem Frühstück mit zweitem Kaffee. Dann bin ich eigentlich auf alles vorbereitet, was da kommen mag.


Bitte begrüßt Jens ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, March 24, 2024

Was leitfähige Keramiken mit Batterien für das Energienetzwerk der Zukunft zu tun haben! Kerstin Neuhaus ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Kerstin Neuhaus (@microtopico.bsky.social)! Kerstin hat an der Universität Münster Geowissenschaften studiert und danach am Fraunhofer ISC in Würzburg ihr Masterprojekt abgeschlossen. Für ihre Doktorarbeit ging sie an das Institut für Anorganische und Analytische Chemie in Münster und blieb dort zunächst auch für ihr Postdoc-Stelle. Seit April 2020 ist sie nun Arbeitsgruppenleiterin am Helmholtz-Institut Münster, engagiert sich aber auch als Geschäftsführerin der Internationalen Forschungsschule für Batterie-Chemie, Charakterisierung, Analytik, Recycling und Anwendung (BACCARA) und unterstützt dort auch das Administrationsteam im Rahmen einer Elternzeitvertretung.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Forscherin werden wollte ich eigentlich schon immer, seit ich einen ernstzunehmenden Berufswunsch äußern konnte: Ich habe bereits in der Schule an Jugend forscht-Wettbewerben teilgenommen und war einfach neugierig. Besonders faszinierend fand ich dabei Prozesse, die in der Natur vorkommen und insbesondere Vulkane. Da mich alle Naturwissenschaften gleich stark interessierten, habe ich schon mit 14 beschlossen, dass ich als gute Mischung aus allem Geowissenschaften studieren möchte und habe das konsequent durchgezogen. Anfangs sah ich mich noch im Feld, mit Kompass und Hammer, aber ich habe mich während des Studiums in die Mikroskopie verliebt und bin dann schließlich doch im Labor gelandet.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Die Entscheidung war relativ pragmatisch. Nach meiner Bachelorarbeit in der Planetologie, wo ich über die Verwitterung von Meteoriten, sobald sie auf die Erde gefallen sind, geschrieben habe, habe ich festgestellt, dass das zwar wahnsinnig interessant ist, aber ich irgendwas Handfesteres machen möchte. Etwas, dass man vielleicht auch im Alltag anwenden können sollte. So habe ich zunächst in meinem Masterstudium versucht, das Ganze mehr Richtung Materialwissenschaften auszurichten und habe dann eine Promotion in Anorganischer Chemie mit einem Fokus auf leitfähigen Keramiken angeschlossen. Die ganze Zeit haben mich dabei mikroskopische Analysetechniken begleitet.

Meine Promotion ist inzwischen über zehn Jahre her und ich habe mich innerhalb des Forschungsfeldes der leitfähigen Keramiken weg von Hochtemperatur- und hin zu Batterieanwendungen bewegt. Das Feld ist extrem spannend, da es sehr dynamisch ist. Ständig gibt es neue Erkenntnisse, die Community ist weltweit vernetzt und sehr groß. Es gibt viele Möglichkeiten zur Kooperation und gerade in Münster extrem viele Möglichkeiten, an sehr aktuelle Fragestellungen anzuknüpfen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich baue derzeit eine Forschungsgruppe auf, d.h. ich verbringe tatsächlich noch relativ viel Zeit selbst im Labor. Einerseits sitze ich dabei an meinem Rasterkraftmikroskop und untersuche verschiedenste Proben mit ganz unterschiedlichen Fragestellungen (in den vergangenen Jahren gab es da auch Kooperationen in Richtung Implantatentwicklung oder für die Entwicklung von Katalysatoren) oder ich entwickele andererseits tatsächlich neue Keramiken. Das bedeutet dann zunächst klassische Laborarbeit mit Kolben und Bechergläsern und anschließend sehr viel Analytik im Sinne von Charakterisierung der Zusammensetzung, Mikrostruktur, Kristallstruktur und der ionischen und elektronischen Leitfähigkeit.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Energiespeicher sind ein wichtiger Bestandteil für die Transformation unseres Energienetzes und notwendig für das Gelingen der Energiewende. Darüber hinaus sind die Materialwissenschaften ein extrem innovatives, vielfältiges und interdisziplinäres Feld. Wenn man naturwissenschaftlich interessiert ist, gibt es da immer irgendwelche spannenden Entdeckungen, die man verfolgen kann.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ab dem nächsten Monat bin ich wegen einer Elternzeitvertretung wieder mit 5 Stunden pro Woche an der Internationale Forschungsschule für Batterie-Chemie (BACCARA) an der Uni Münster tätig und unterstütze das Administrationsteam. Ich habe die Schule seit ihrer Gründung 2020 bis 2022 geleitet – zunächst alleine, dann mit einem größer werdenden Team – und habe in dieser Zeit sehr viel über Wissenschaftsmanagement gelernt. Da ich das neben meiner Arbeit in der Forschung getan habe, war ich aber auch sehr froh, als ich nach Ende meiner Personalgestellung an die Uni wieder mehr Zeit für Laborarbeit und Forschung hatte. Wenn ich jetzt mit fünf Stunden wieder einsteige, ist das ein gutes Gleichgewicht zwischen Forschungsarbeit und den spannenden und vielfältigen Aufgaben, die die Administration einer Forschungsschule so mit sich bringt.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Eigentlich nichts sonderlich Ausgefallenes: ich koche und wandere gerne, gehe außerdem regelmäßig joggen und zum Cycling ins Fitnessstudio.

Einen Monat im Jahr, im September, bin ich außerdem im Moderationsteam des Mineral Cup tätig, einem Format zur Wissenschaftskommunikation im Bereich Mineralogie/Geowissenschaften, das zunächst auf Twitter entstand, seit dem letzten Jahr aber plattformüberspannend ausgetragen wird. 32 Minerale treten gegeneinander an, jeder kann mitmachen und etwas zu seinen Lieblingsmineralen posten. Jeden Tag gibt es eine Abstimmung bis Ende September der Sieger gekürt wird.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Ich mache morgens einen Ausflug mit meiner Familie, in den Tierpark, ins Museum oder einfach eine Runde spazieren an einem schönen Ort. Danach verbringen wir den Tag im Garten und kochen oder grillen abends mit Freunden.



Bitte begrüßt Kerstin ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, March 10, 2024

Mathe lernen wie man will - Bernhard Werner ist jetzt bei Real Scientists DE!

Bitte begrüßt unseren neuen Kurator Bernhard Werner. Bernhard (@.bsky.social) ist nach einem Studium der Mathematik mit Nebenfach Physik immer mehr in Richtung der Entwicklung von Lernsoftware abgedriftet: ein interaktives Schulbuch für Sechstklässler’innen, eine Onlineplattform für Lehramtsstudierende, ein interaktives Mathemärchen für Kinder und Jugendliche und einiges mehr. Es waren zwar immer unterschiedliche Schwerpunkte, aber seit zehn Jahren ditscht er so in dem Dreieck aus Mathematik, Unterrichten und Programmieren umher. Und seit Oktober 2023 ist er an der Hochschule München als Referent für Lerntechnologie angestellt und kann diese Arbeit jetzt dauerhaft machen.






Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

War bei mir fast ungewollt. Mathematik hat mir schon immer Spaß gemacht und es war früh klar, dass ich das einmal studieren werde. Auch wenn ich mit ca. zwölf Jahren natürlich nicht wusste, was das genau bedeutet. Im Laufe des Studiums hatte ich dann aber sehr zu kämpfen. Obwohl alles Spaß gemacht hat und ich hinten raus auch gute Noten hatte, hab’ ich mich immer irgendwie überfordert gefühlt. Über Promotionen haben meine Kommiliton’innen und ich natürlich viel geredet, hätt’ ich mir allerdings nie zugetraut. Die Betreuerin meiner Masterarbeit hat mir dann allerdings eine Promotionsstelle angeboten; da ich noch nicht viel über Alternativen nachgedacht hatte, hab’ ich zugesagt. Nachdem ich diese Promotion dann aber abbrechen musste, hat mich doch der Ehrgeiz ein wenig gepackt und ich es noch einmal versucht. Dann aber in einem Bereich, der sehr viel besser zu mir passt. Und, insbesondere, ein Bereich, in dem ich etwas beitragen konnte.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden und/oder was hält dich da?

Hm… Ein großer Punkt ist, dass ich zwar unglaublich gerne Dinge herausfinde, aber wenig Lust habe, das dann (als wissenschaftlichen Artikel) aufzuschreiben. Zudem macht mir Unterrichten sehr viel Freude. Gerade in der Mathematik — aber auch bei anderen Themen — interessiert mich weniger, warum etwas stimmt, sondern wie man es erklären kann.


Und bei der Entwicklung von Lernsoftware kann ich viele kleine Probleme lösen. Ich lerne sowohl über das Thema sehr viel Neues als auch über die Technologie, die ich zur Vermittlung einsetze. Und ich kann lange und intensiv darüber nachdenken, wie ich bestimmte Details denn vermitteln möchte.


Erzähl uns etwas über deine Arbeit!

Ich bin an der Fakultät für Informatik und Mathematik der Hochschule München als „Referent für Lerntechnologie“ angestellt. In dieser Rolle unterstütze ich die Lehre fakultätsweit mit einem Schwerpunkt auf den Einsatz von Hard- und Software. Ich sitze irgendwo zwischen den Dozent’innen und unseren technischen Mitarbeitenden und kümmere mich um Dinge wie:


Planung und Durchführung des Vorkurses für Erstsemester.

Mitarbeit in der Weiterentwicklung unserer Planungssoftware für Lehrveranstaltungen.

Aufbau und Betrieb eines kleinen Filmstudios, in dem (Lehr-)Video erstellt werden sollen.

Entwicklung von interaktiven Online-Kursen.

Weiterentwicklung von Lehrkonzepten und Werkzeugen im Bereich hybrider Lehre.

Und noch vieles mehr. Das meiste davon soll auch beforscht werden — im einfachsten Fall z. B. ob interaktives Zusatzmaterial für eine Lehrveranstaltung von den Studierenden angenommen wird und zu einem Lernzuwachs führt.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für eure Forschung/Arbeit interessieren?

Alle Menschen sollten so viel lernen können, wie sie wollen. Und unsere heutigen (Lern-)Technologien ermöglichen viele Wege dafür. Sie ermöglichen personalisierte Bildungserfahrungen, die auf individuelle Bedürfnisse, Fähigkeiten und Lerngeschwindigkeiten abgestimmt sind. Sie bieten Zugang zu Ressourcen und Expertenwissen über geographische und sozioökonomische Grenzen hinweg und machen Lernen damit inklusiver. Die Fortschritte in der Technologie, wie Künstliche Intelligenz und datenbasiertes adaptives Lernen, können zu tiefgreifenden Einsichten in Lernprozesse führen und die Wirksamkeit von Bildung erhöhen. Außerdem können Lehrpersonen mit den passenden Werkzeugen effizienter, nachhaltiger und kreativer unterrichten.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich spiele begeistert Go — ein asiatisches Brettspiel, dessen Namen man vielleicht aus Kreuzworträtseln oder Schlagzeilen von Artikeln über KI kennt. Allerdings komme ich zurzeit nicht wirklich zum Spielen. Um den Anschluss nicht ganz zu verlieren, bin ich seit ein paar Jahren Vorstandsmitglied im Bayerischen Go-Verein und engagiere mich dadurch ein bisschen.


Außerdem hab’ ich im Sommer 2022 einen YouTube-Kanal gestartet. Unter dem Namen “Sum and Product”, https://www.youtube.com/@sumandproduct, erzähle ich über ausgewählte Themen der Mathematik und vielleicht auch einmal über andere MINT-Themen. Mit zehn Videos in zwei Jahren und 2400 Abonnenten ist der jetzt nicht mega groß. Aber da ich den Kanal nicht professionell betreibe, bin ich ganz zufrieden damit.


Wie sieht für dich ein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Kommt darauf an: Ist unser Zweijähriger bei seinen Großeltern?

Falls ja, wären ein Kinobesuch und gemütliches Abendessen gehen etwas, das meine Partnerin und ich uns schon lange nicht mehr gegönnt haben. Und zuvor natürlich lange ausschlafen.


Bitte begrüßt Bernhard ganz herzlich auf dem Kanal! 

Sunday, March 3, 2024

Informatik ganz unkompliziert - Lea Schönberger ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche begrüßen wir unsere neue Kuratorin begrüßt Lea Schönberger. Lea (@leaschoenberger.bsky.social) studierte Informatik mit Nebenfach Latein an der Universität Münster, Informatik an der Technischen Universität Dortmund, wo sie bis August 2023 auch promovierte, und ist derzeit zudem als Studentin der Komparatistik und klassischen Philologie an der Ruhr-Universität Bochum eingeschrieben. Seit Anfang 2024 verfolgt sie als freie Wissenschaftskommunikatorin das Ziel, Informatik und neue Technologien für neugierige und interessierte Menschen verständlich zu machen, damit sie diese als Werkzeug nutzen können, um gesellschaftliche Probleme zu lösen und die digitale Transformation aktiv zu gestalten.





Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Dass ich mal in der Wissenschaft lande, war für mich eigentlich schon klar, als ich 2011/12 feststellte, dass mein damaliges Lehramtsstudium (Latein und Informatik) nicht zielführend ist, denn eigentlich wollte ich nie Lehrerin werden, sondern nur die beiden Fächer studieren. Damals war ich allerdings noch fest davon ausgegangen, dass ich einmal im Bereich der klassischen bzw. der mittel- und neulateinischen Philologie forschen würde. Den Master in Informatik hatte ich ursprünglich begonnen, um mir später keine Sorgen um meinen Lebensunterhalt machen zu müssen, und wollte mich danach wieder den alten Sprachen widmen - aus dem Plan wurde aber offensichtlich nicht so viel. Durch das breite Lehrangebot in Dortmund konnte ich 'meine' Nische in der Informatik finden und bin dort gewissermaßen hängengeblieben. Zur Promotion kam ich, indem ich den Betreuer meiner Masterarbeit damals einfach mal gefragt habe, ob er eine Stelle für mich hat. Hatte er.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden und/oder was hält dich da?

In den ersten Semestern des Masterstudiums hatte ich eine ziemliche Krise, weil alles, von dem ich eigentlich gedacht hatte, es würde mir Spaß machen und mich interessieren, sich als (für mich) äußerst langweilig entpuppte. Glücklicherweise belegte ich dann eine Veranstaltung in einem Bereich, mit dem ich vorher noch keine Berührungspunkte hatte, und da hat es mich einfach gepackt. Ich kann gar nicht wirklich begründen, warum das so war, aber es machte mir auf einer fachlichen Ebene einfach irrsinnig viel Spaß, mich mit Fragestellungen aus diesem Bereich zu beschäftigen.

Damals habe ich mich noch nicht so sehr mit dem 'großen Ganzen' befasst, also damit, welche Relevanz die Probleme, in die ich meine Zeit investiere, eigentlich haben, doch das wurde im Laufe der Promotion dann leider immer mehr zum Problem. Ich hatte zwischenzeitlich die Betreuung meiner Promotion gewechselt, um mich mit praxisnäheren Problemen zu befassen, allerdings hat das nicht gut funktioniert. Für mich ist es wichtig, dass die Dinge, die ich tue, auch einen Einfluss auf das reale Leben haben und nicht nur dazu dienen, publiziert zu werden und irgendeinen h-Index zu erhöhen. Auch möchte ich hinter dem stehen, was ich tue - wenn Forschungsergebnisse bestenfalls in der Automobilindustrie Anwendung finden, dann ist das einfach nicht mit meinen Werten vereinbar. Insofern kann man sagen, dass mich meine Beigeisterungsfähigkeit in mein (ehemaliges) Feld hineingezogen hat, aber mein Idealismus mich nicht darin halten konnte.


Erzähl uns etwas über deine Arbeit!

Auch wenn ich mit dem Ende meiner Tätigkeit an der TU Dortmund im Sommer 2023 die Forschung (zumindest temporär und in jenem Bereich) verlassen habe, noch ein paar Worte dazu: Während meiner Promotion habe ich mich mit eingebetteten und verteilten Systemen, insbesondere mit Echtzeitsystemen beschäftigt. Eingebettete Systeme sind gewissermaßen kleine Computer, die in anderen Gegenständen drinstecken, zum Beispiel im Auto oder in der Waschmaschine. Von einem verteilten System spricht man, wenn so ein Computer in irgendeiner Form auch mit anderen Systemen verbunden ist bzw. kommuniziert, wie man es auch von Smart-Home-Geräten kennt. Von einem Echtzeitsystem spricht man, wenn es für so einen Computer nicht nur wichtig ist, richtige Ergebnisse zu liefern, sondern er dies auch rechtzeitig tun muss, also innerhalb einer vorgegebenen Zeit. Bei einer Waschmaschine beispielsweise ist es eher unproblematisch, wenn etwas mal ein wenig länger dauert, für ein autonomes Fahrzeug hingegen kann ein verspätetes Ergebnis fatal sein: Man möchte ja nicht nur erkennen "Vorsicht, Hund!", sondern auch noch in der Lage sein, rechtzeitig zu bremsen. In diesem Zusammenhang habe ich mir ganz unterschiedliche Probleme angeschaut.


Seit Anfang 2024 bin ich nun als Wissenschaftskommunikatorin aktiv und versuche mir, in diesem Bereich eine Selbstständigkeit aufzubauen, von der ich leben kann. Entsprechend sind meine Tätigkeiten aktuell ziemlich vielfältig: Ich plane und führe Workshops zu unterschiedlichen Themen durch, z.B. künstliche Intelligenz für Geisteswissenschaftler*innen, halte Vorträge und - mein ganz besonderes Herzensprojekt - ich produziere den Podcast "Informatik für die moderne Hausfrau", in dem ich mit Frauen, die sich im weitesten Sinne mit Informatik beschäftigen, über Themen mit Informatikbezug spreche.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Wenn jemand das Wort "Informatik" hört, denkt die Person höchstwahrscheinlich an Programmierung, kompliziertes Zeug und sozialinkompetente Nerds, Maskulinum. Das ist allerdings eine Vorstellung, die absolut nicht repräsentativ ist und der Informatik nicht gerecht wird. Dass die meisten Menschen, die medial sichtbar sind und über Informatik sprechen, männlich sind, macht die Sache nicht besser und ist nicht gerade hilfreich, um solche Klischees abzubauen. 

Ich möchte mit dem, was ich tue, dazu beitragen, dass alle Menschen die Möglichkeit erhalten, Zugang zu Informatikwissen zu bekommen, damit sich niemand überfordert oder vom technologischen Fortschritt abgehängt fühlen muss. Spätestens mit der zunehmenden Verbreitung KI-basierter Tools ist es dringend nötig, dass die Gesellschaft informatische Kompetenzen und ein tiefergehendes Verständnis aufbaut, das über die Frage "wie schreibe ich einen Prompt in ChatGPT?" hinausgeht. Ich denke allerdings, dass die gängigen Klischees und Vorurteile dazu führen, dass für viele Personen die Hemmschwelle, sich mit Informatik zu beschäftigen, besonders hoch ist. Möglicherweise haben sie den Eindruck, Informatik sei nichts für sie, weil sie eben nicht diesen stereotypischen Informatikerbildern [sic] entsprechen und auch nicht so werden möchten. Das ist etwas, das ich ändern möchte.

Vor diesem Hintergrund ist es mir übrigens auch sehr wichtig, explizit als nicht-männliche Person in Erscheinung zu treten, denn diese Eigenschaft, die mir in meiner Laufbahn schon so oft als Defizit ausgelegt wurde, ist eigentlich ein riesiger Vorteil. Übrigens, schon die Informatik-Pionierin Grace Hopper war der Ansicht, Frauen seien die besseren Informatiker*innen...


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

In meiner Freizeit quizze ich sehr gerne und bin daher auch Mitglied im Deutschen Quiz-Verein (https://www.quizverein.de/), für den ich hier gerne etwas Werbung machen möchte. Der DQV richtet unterschiedliche Quiz-Formate aus, zum Beispiel den Deutschland-Cup, ein Turnier, das einmal im Monat dezentral an über 40 Standorten in Deutschland ausgetragen wird, oder die DQV Online-Liga, eine Art Bundesliga des Quiz. Mitquizzen kann man übrigens auch, ohne Mitglied zu sein, also schaut doch einfach mal vorbei.


Wie sieht für dich ein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Ich bin, ehrlich gesagt, nicht so gut im Nichtstun. Wenn ich mich aber doch mal darin übe, sitze ich idealerweise mit einem Buch auf dem Sofa oder im Garten, lese und trinke (viel) Kaffee. Alternativ fahre ich mit Backpack und Interrail-Ticket in einem klapprigen Zug durch Europa und schaue, wohin es mich verschlägt.


Bitte begrüßt Lea ganz herzlich auf dem Kanal!