Sunday, May 29, 2022

Was den Mensch im Innersten zusammenhält - Philipp Markolin ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Philipp Markolin (@philippmarkolin) vorstellen zu dürfen! Philipp ist promovierter Naturwissenschaftlerin im Bereich Biomedizin. Er hat in Graz, Österreich studiert und an der ETH in Zürich jahrelang geforscht. Zurzeit arbeitet er als Wissenschaftskommunikator für ein Start-up Unternehmen.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Als Kind war ich eine Leseratte und bin gerne in die Schule gegangen. Soweit ich mich zurückerinnern kann war ich schon immer ein Suchender, manchmal von der Neugierde gelockt, oft von ihr getrieben. Physik, Chemie, Philosophie, Psychologie, Literatur, alles was interessante Ideen und Konzepte beherbergte, dafür war ich zu haben. Manchmal seh ich mich immer noch als eine Faust’ische Gestalt, die wissen will, ‘Was die Welt im Innersten zusammenhält’. Ich studierte Chemie, danach Biochemie, dann kam das Doktorat in Biomedizin an der ETH in Zürich, darauf dann noch Postdoc in der Bioinformatik und maschinelles Lernen. Seit meiner PhD Zeit schreibe ich nebenbei einen Wissenschaftsblog. Vor einem Jahr habe ich mich dann dazu entschlossen, die universitäre Forschung zu verlassen und der Wissenschaftskommunikation professionell eine Chance zu geben. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich bin in der seltsamen Lage, dass ich kein wirkliches Feld besitze. Wenn mein akademischer Weg einen gemeinsamen Nenner hatte, dann war es mein ewiges Bestreben, „das menschliche Genom“, diesen fast mystischen Kern dessen, was uns menschlich macht, aus chemischer, biologischer, medizinischer und computergestützter Perspektive zu verstehen. Nachdem ich das nun halbwegs gemeistert habe, kommt als nächstes unser Gehirn dran… ich bin ein hoffnungsloser Fall in der Hinsicht. Irgendwann habe ich gemerkt, dass meine breite wissenschaftliche Aufstellung sich überraschend gut eignet, auch journalistisch an komplexe Probleme und Projekte die Wissenschaft und Gesellschaft betreffen, ranzugehen. Und dann bin ich (unter anderem) auch gleich mitten in die Kontroverse rund um die Ursprungs-Diskussion von SARS-COV-2 reingefallen, was ich anderen nicht empfehlen würde als Einstieg in öffentliche Wissenschaftskommunikation. Darüber werde ich sicherlich noch einiges von mir hören, aber professionell mache ich momentan was komplett anderes: Ich erstelle multimediale wissenschaftliche Inhalte für eine Firma.  

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Seit kurzem arbeite ich in einem ‘Deep Tech’ Startup Unternehmen namens 3Brain in der Schweiz, in einer der seltenen Positionen wo man für Wissenschaftskommunikation bezahlt wird. Ich sage selten, weil ich ein Jahr lang auf der Suche nach eben so einer Position gewesen bin und dazwischen als Freelancer an einigen Projekten und Workshops gearbeitet habe, und darüber werde ich sicherlich auch noch sprechen. Kurz zur momentanen Arbeit, es geht bei uns in der Firma um eine fundamentale Idee: Wie funktioniert unser Hirn, genauer: Wie interagieren unsere Neuronen individuell und zusammen in unserem neuronalen Netzwerk? Was sind die Dynamiken, wie hängt alles zusammen? Um eben dies zu untersuchen, entwickeln und bauen wir sogenannte “Brain-on-chip” Technologien, konkret Semi-Leiter Mikrochips mit tausenden winzigen Sensoren auf denen die elektrische Aktivität eines biologischen neuronales Netzwerk (Hirnschnitt oder Hirn-Organoid) beobachtet werden kann wie mit einer hochauflösenden Digitalkamera. Da die Technologie viele verschiedene Fachgebiete umfasst, von Elektronik zu Neurowissenschaft zu Bioinformatik (die Datenmengen sind enorm und das Prozessieren aufwendig) hat die Firma sich entschieden, einen Kommunikator einzustellen, der diese revolutionäre Technologie Wissenschaftlern und wirklich allen Menschen besser zugänglich machen kann. Da ich erst relativ kurz bei der Firma bin, kann ich noch nicht zu viel über den Alltag plaudern (ein wenig schon!), aber eines gleich vorweg: Meine momentanen Aufgaben umfassen alles kreuz und quer, von technische Protokolle für CE Zertifizierung schreiben zu populärwissenschaftlichen Artikel verfassen für Blogs, Websites und Social media Posts, und zusätzlich Wissenschaftsvideos machen, und eine Marketing Kampagne organisieren für einen neuen Produktlaunch, und natürlich ganz viel wissenschaftliche Studien lesen um Up-to-date zu bleiben. Chaotisch, aber so ist es im Start-up Leben, und dass passt mir ganz gut momentan. Vielleicht eines noch: Glück spielt eine grosse Rolle. Ohne mein “Freelancer” Jahr in welchem ich aktiv an meinem Wisskomm Portfolio gearbeitet habe, hätte ich diese Stelle wohl nie bekommen. Es führen, wie man so schön sagt, alle Flüsse irgendwann in den Ozean. Deshalb rate ich allen PhDs und Postdocs, einfach mal das zu machen, wofür man brennt, auch wenn man nicht weiss, was die Zwischenstationen sind und wo man schlussendlich landen wird.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ich bin der festen Überzeugung, dass Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen. Meiner Meinung nach ist die Wissenschaft das hoffnungsvollste, erfolgreichste und einzig wirklich globale Unterfangen dem sich die Menschheit je verschrieben hat und auf dem unsere moderne Welt sich stützt. Sie ist zweifelsfrei der Motor in eine bessere Zukunft. Aber ich rede nicht nur von Technologie und Fortschritt, sondern auch von sozialen Aspekten. Etwas, dass vielleicht weniger offensichtlich ist, aber ich glaube fest, dass wissenschaftliches Denken uns freier, vernünftiger und wenn wir gewillt sind, menschlicher macht als jede andere Form der Epistemologie. Wissenschaftler haben einen phänomenalen Weg, mit Unsicherheiten umzugehen, ohne zynisch, demotiviert oder depressiv zu werden, und davon kann jeder ganz persönlich profitieren.
Dennoch haben Menschen zu oft das Gefühl, Wissenschaft sei nichts für sie, oder misstrauen ihr gar und insbesondere den Wissenschaftlern, wenn diese einen scheinbar erhöhten Einfluss auf den öffentlichen Diskurs ausüben. Diesen Spalt des Misstrauens gilt es meiner Meinung nach zu schließen, und der beste Weg, dass zu machen, ist Wissenschaft zur Gesellschaft zu bringen, und die Gesellschaft zur Wissenschaft. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ja, aber diese sind momentan noch etwas unter Verschluss. Nur soviel: Meine journalistischen Tätigkeiten rund um die Ursprünge von SARS-CoV-2 haben einige Interessante Türen geöffnet die ich gerne weiterverfolge. Oh, und außerdem dann gibt es da noch ein Langzeitprojekt, Protagonist Science, das momentan im Aufbau ist. Da geht es dann darum, mit Wissenschaftlern zusammen postive Zukunftsszenarien zu entwickeln, um den allgegenwärtigen Dystopien der Gegenwart mit Wissenschaft und Future Forecasting Techniques Paroli zu bieten. Wenn etwas Zeit bleibt, sage ich auch gerne darüber etwas. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Interessant ist ja relativ :) Vielleicht dies: Ich schreibe liebend gerne Science Fiction um der menschlichen Dimension in unserer technologischen Zukunft mit Literatur auf die Schliche zu kommen. Wie behandeln wir intelligente Maschinen? Was wird es bedeuten, Mensch zu sein, wenn Wissenschaft uns scheinbar immer mehr entmystifiziert? Früher oder später wird es wohl mal ein Buch geben, vielleicht wenn ich das nächste mal ein kreatives Jahr nehme, zwischenzeitlich können Sci-fi Fans und Interessierte ja gerne mal bei mir nachfragen wenn sie Kurzgeschichten auch mögen. 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscherinnen sind ja auch nur Menschen)?
Definitiv ausschlafen, danach am Besten raus ins Abenteuer mit meiner jungen Tochter solange sie mich noch cool findet, Swimmen, Berge oder Wald, hauptsache Natur. Bald wird sie auch fleißig mit mir Karate trainieren, was ich schon seit über 20 Jahren mache und etwas unter den Tisch gefallen ist in letzter Zeit. Apropos Tisch, am Abend darf es auch gerne Mal wieder ein gutes Restaurent mit der Frau sein und eine gemütliche Netflix Serie, oder ein paar Runden zocken im Discord mit alten Freunden.

Bitte begrüßt Philipp ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 15, 2022

Ab ins All - Insa Thiele-Eich ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Insa Thiele-Eich (@astro_insa) vorstellen zu dürfen! Insa ist promovierte Meteorologin und Klimaforscherin.  Seit 2017 trainiert sie im Rahmen der Initiative „Die Astronautin“ als Wissenschaftsastronautin für eine zweiwöchige Mission auf der Internationalen Raumstation - und wäre damit die erste deutsche Frau im All. Neben dem Training geht sie hauptberuflich ihrem Job als wissenschaftliche Koordinatorin und Dozentin an der Universität Bonn nach, und forscht an den Zusammenhängen zwischen Klimawandel und Gesundheit.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Mir war immer klar dass ich gerne studieren möchte - vielleicht auch, weil mein Vater selbst begeisterter Naturwissenschaftler ist. Genauso logisch erschien mir deshalb auch die Entscheidung zur Promotion. Definitiv also eine sehr priviligierte Ausgangslage. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Meteorologie war und ist für mich die perfekte Mischung aus Mathe, Physik, Chemie und Informatik, mit einer idealen Kombination von Theorie und Anwendung. Auch die Möglichkeit zum interdisziplinären Austausch - nicht nur mit den Wissenschaften der angrenzenden Kompartimente der Atmosphäre (also Ozeanographie, Glaziologie, Bodenkunde, Pflanzenkunde, etc.), sondern insbesondere über die Naturwissenschaften hinaus finde ich absolut spannend. Auch Medizin und Meteorologie gehören für mich zusammen. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Aktuell baue ich hauptsächlich die Vernetzung der 10 Universitäten in Deutschland auf, an denen aktuell Meteorologie studiert werden kann: das University Partnership for Atmospheric Sciences (www.meteo-upas.de). "Nebenher" bin ich je nach Auslastung auch noch als Klimaforscherin an den Themen "Klimawandel und Gesundheit" interessiert, und als Wissenschaftskommunikatorin an allem was die Themen "Klimawandel und Raumfahrt" so beinhaltet.  

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 

Der Klimawandel wird auf alle von uns Auswirkungen haben, und nahezu jeden Bereich in der Gesellschaft verändern. Deshalb gehört es für mich zum absoluten Basiswissen "Mensch Sein 101" auch über den Klimawandel informiert zu sein.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich trainiere seit April 2017 mit meiner Kollegin Suzanna Randall (@astro_suzanna) als angehende Astronautin bei der Stiftung erste deutsche Astronautin, die zum Ziel hat eine Wissenschaftsastronautin zur Internationalen Raumstation zu schicken. Eine von uns wird nicht nur eine spannende 2-4 wöchige Forschungsmission absolvieren, sondern wäre damit auch - leider - die erste deutsche Frau im All.  

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Nö - aber als Astronautin darf ich vieles machen was als für andere als interessantes Hobby zählt: Fliegen, Tauchen, Höhlenforschung...

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscherinnen sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen, einen schönen Tagesausflug draussen mit der Familie und spät Abends müde aber glücklich ins Bett fallen. Mindestens ein guter Capuccino sollte enthalten sein, und eventuell würde ich auch noch etwas backen. 

Bitte begrüßt Insa ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 8, 2022

Mathe mal ganz interaktiv - Bernhard Werner ist jetzt bei Real Scientist DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Bernhard Wener (@BernhardWerner) vorstellen zu dürfen! Bernhard ist Mathematiker und aktuell wissenschaftlicher Mitarbeiter und Materialentwickler an der School of Social Science and Technology der Technischen Universität München. Das sagt Bernhard über sich in seinen eigenen Worten:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Schon als Jugendlicher wusste ich, dass ich einmal Mathematik studieren will. Natürlich wusste ich nicht, was genau das bedeutet, aber trotzdem. Erst war der Plan, dass ich auf Lehramt studiere. Da ich mir aber nicht ganz sicher war, meinte mein Vater, dass es vermutlich leichter ist, von einem "normalen" Mathestudium ins Lehramt zu wechseln, als andersherum. Also habe ich mit einem "normalen" Mathematikstudium begonnen.
Obwohl ich Physik als Nebenfach hatte, hab' ich mich während meines Studiums zunehmend mit Programmieren beschäftigt und dort mehr Interessen entwickelt. Darum habe ich gegen Ende des Studiums angepeilt, mich irgendwo als Softwareentwickler zu bewerben. Auf eine echte akademische Karriere mit Endziel Professor hatte ich nicht wirklich Lust. Und selbst schon für eine Promotion hielt ich mich nicht auch nur ansatzweise gut genug. Meine damalige Betreuerin meiner Masterarbeit hat mir dann aber, für mich sehr unerwartet, eine Promotionsstelle angeboten. Und da ich bei großen Entscheidungen immer viel zu wenig nachdenke, habe ich sofort Ja gesagt.
Leider musste ich die Promotion nach eineinhalb Jahren dann abbrechen. Im Anschluss bin ich zu meinem ursprünglichen Plan zurückgekehrt und hab' mich auf diverse Softwareentwicklerstellen beworben und hab' auch einige Einladungen für Vorstellungsgespräche bekommen. Dann dachte ich mir aber auch, dass eine Promotion schon toll wäre, wenn ich ein Thema fände, das besser zu mir passt. Also bin ich einmal zu einem Professor, dessen Vorlesungen mir immer besonders gut gefallen hatten. Ich wollte ihn eigentlich nur fragen, ob er mir ein paar Professor'innen und Arbeitsgruppen nennen kann, die sich mit ähnlichen Themen wie er selbst beschäftigen. Da hat er mir dann aber ein neues Projekt von sich vorgestellt, in dem es um die Entwicklung eines interaktiven Schulbuchs für iPads gehen sollte. Und da das super zu meinen Softwareentwicklerplänen passte, habe ich mich dann auf die freie Stelle in diesem Projekt beworben und konnte dort im zweiten Anlauf meinen Doktor machen. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Im Moment arbeite ich an einer Lernplattform für Lehramtsstudierende. (Unten mehr dazu.) Ich darf/soll mathematische und naturwissenschaftliche Kurstexte schreiben und interaktive Visualisierungen programmieren. Das ist genau die Kombination aus Mathematik, Unterrichten und Programmieren, die ich mir schon immer gewünscht hatte, auch wenn es mir vielleicht nicht immer klar war. Die Entscheidung dafür war also recht leicht und offensichtlich.
Halten tut mich hier allerdings tatsächlich nichts bzw. nicht viel. Unser Projekt ist drittmittelfinanziert und läuft Ende nächsten Jahres aus. Im Anschluss hätte ich noch zwei Jahre unter dem WissZeitVG übrig; bin mir aber im Moment noch überhaupt nicht sicher, ob ich eine akademische Karriere in dem jetzigen System will oder schaffe.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Hier in Bayern lernen Lehramtsstudierende diverse Themen der Erziehungswissenschaft, der Fachdidaktik und der Fachwissenschaft ihrer Fächer. Diese Themen werden meist von Dozent'innen verschiedener Fakultäten unterrichtet und sind oft wenig bis gar nicht aufeinander abgestimmt. Am Ende müssen die Lehrer'innen im Unterricht aber natürlich alles gleichzeitig können und machen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wurde an der TUM 2016 die Toolbox Lehrerbildung gestartet. Dies ist eine kostenlose, frei zugängliche Lernplattform für Lehramtsstudierende (und Lehrkräfte), in der sie ausgewählte Themen der drei Disziplinen Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und Fachwissenschaft miteinander verschränkt lernen können. Dies geschieht hauptsächlich durch den Einsatz gescripteter Unterrichtsvideos, in denen wir zeigen, wie die Themen in Unterrichtssituationen zusammenspielen (können).
Ich habe 2018 in der Toolbox Lehrerbildung als Materialentwickler für die Fachwissenschaft angefangen. Das heißt, ich schreibe die Texte für die Kursseiten zu den fachwissenschaftlichen Themen wie Graphen & Bäume (Informatik), Dynamische Prozesse in Ökosystemen (Mathematik/Biologie) oder gerade jetzt zur Chemie der Farben (Chemie). Zudem zeichne ich Illustrationen, erstelle Selbstlernaufgaben und programmiere interaktive Visualisierungen/Diagramme, mit denen die Themen im wahrsten Sinne des Wortes (be)greifbar gemacht werden.
Mit der Zeit habe ich außerdem noch weitere Aufgaben übernommen, die sich unter Technikverwaltung zusammenfassen lassen: Ich bin Kontaktperson zu einer externen Softwarefirma, die das Backend der Lernplattform betreut, ich koordiniere unsere Zusammenarbeit mit anderen Unterrichtsvideoportalen und ich designe und betreue die Website unseres Projekts.
In den letzten 10 Jahren habe ich auch parallel sehr viel Zeit in die Lehre gesteckt und als Tutor und Übungsleiter gearbeitet. Momentan habe ich allerdings eine 100%-Stelle in der Toolbox Lehrerbildung, sodass ich in absehbarer nicht mehr unterrichten werde. Zum richtigen Forschen komme ich, vielleicht wenig überraschend, kaum. Ich versuche, wann immer ich Zeit habe, über ein, zwei mathematische Probleme nachzudenken und etwas Verwertbares dazu aufzuschreiben. Aber das Meiste ist im Moment nicht erwähnenswert.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Unsere Kinder verbringen einen Großteil ihres Lebens in der Schule. Deswegen ist es wichtig, dass unsere Lehrkräfte gut ausgebildet werden. Und trotz all der Theorie, die wichtig ist, sollte ein größerer Praxisbezug im Vordergrund stehen. Mit unseren Unterrichtsvideos und verschränkten Disziplinen bilden wir dabei vielleicht nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Aber wir zeigen eine erfolgreiche Möglichkeit auf, wie die Lehrer'innenbildung in Zukunft aussehen kann.
Außerdem sind ALICE:Bruchrechnen, der Name des Buchprojekts meiner Promotion, und die Toolbox Lehrerbildung gute Beispiele dafür, wie Digitalisierung in der Schule und Hochschule aussehen kann.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich bin Schatzmeister im Bayerischen Go-Verein. Go ist ein ca. 4000 Jahre altes Brettspiel. Es entstand in China und wurde in Japan in die heutige Form entwickelt. Seit ein-, zweihundert Jahren verbreitet es sich zunehmend auch in Europa. Als ich etwa 18 Jahre war, hab' ich dieses Spiel über den Manga Hikaru no Go kennengelernt; so wie viele andere auch zu dieser Zeit. Nachdem ich nach München gezogen bin, habe ich oft die örtlichen Spieleabende besucht und an Wochenendturnieren teilgenommen. Eine kurze Zeit leitete ich auch eine Go AG bei mir an der Uni. Leider habe ich für Go immer weniger Zeit und Energie: Promotion, Arbeit, Corona, Familiengründung, etc. Da ich aber unbedingt etwas für die Community hier in Deutschland und insbesondere Bayern tun will, hab' ich mich vor ein paar Jahren dazu bereit erklärt, im Verein als Schatzmeister und Mitgliedsverwalter mitzuarbeiten. Da wir dann aber doch sehr viel kleiner sind als andere Sportvereine, hält sich die Arbeit sehr in Grenzen. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Das interessanteste Hobby ist vermutlich Go, zu dem ich oben ja schon ein bisschen was geschrieben hab'. Ansonsten hab' ich das Problem, dass ich zu viele Interessen hab'. Bin immer ein paar Wochen/Monate von etwas besessen und wechsle dann plötzlich zu etwas anderem.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Hmh... Im Idealfall hat der 100 Stunden, sodass ich alles schaffen kann, was ich mir immer für einen normalen Tag vornehme. Aber unter realistischen Bedingungen:
Früh, aber erholt aufwachen. In Ruhe einen Kaffee trinken und ein Buch lesen. Dann bei schönem Wetter raus an die frische Luft und ein bisschen Sport machen. Ein spätes, großes Frühstück. Nachmittags dann an ein paar Stunden an einem Hobbyprojekt rumbasteln. Und abschließend mit einem Glas Whisky in die Badewanne und wieder lesen.

Bitte begrüßt Bernhard ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 1, 2022

Das geht auf die Haut - Natalie Sondermann ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Natalie Sondermann (@sofridaynight) vorstellen zu dürfen! Natalie hat zunächst Biologie studiert und ist aktuell Doktorandin am Leibniz Institut für umweltmedizinische Forschung. In ihrer Forschung dreht sich alles um die Auswirkungen von Umweltschadstoffen auf unsere Haut. Das sagt Natalie über sich in ihren eigenen Worten:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Völlig ohne Vorstellung davon, was es genau bedeutet und mit sich bringt, wollte ich schon als Kind immer Forscherin bzw. Wissenschaftlerin werden. Dabei dachte ich in der Grundschule aber eher an das alte Ägypten und Dinosaurier - wahrscheinlich geprägt durch die ganzen Dokus, die ich mir damals reingezogen habe.

Während der Schulzeit habe ich mir eigentlich keine allzu großen Gedanken gemacht, wo es mich mal hinführen würde. Dass ich studieren wollte, war mir klar, aber was genau? Medizin? Journalismus? Anglistik? Da hatte ich absolut keinen Plan. Im letzten Schuljahr entschied ich mich dann für Biologie - etwas spät vielleicht, da ich es nicht mal als Leistungskurs hatte. Nach dem Abi schrieb ich mich ein und bekam einen Platz.

Die folgenden Jahre waren geprägt von der Frage, „Biologie? Also auf Lehramt oder wie?“, und meinem stetigen Verneinen. Nach zahlreichen Momenten, in denen ich überfordert das Studium abbrechen wollte, Klausuren bis ins Unendliche geschoben hatte und mit einigen Nebenjobs fernab der Regelstudienzeit lag, beendete ich mein Bachelorstudium mit meiner praktischen Abschlussarbeit über das Pollensammelverhalten der dunklen Erdhummel. Das erste Mal überhaupt praktisch und selbstständig wissenschaftlich zu planen und zu arbeiten, hat mir echt viel Spaß gemacht und mich enorm motiviert – endlich, das wollte ich!

Darauf folgte also der fließende Übergang in das Masterstudium der Biologie. Ich legte meinen Schwerpunkt auf die molekulare Biomedizin und bewarb mich für meine Masterarbeit am Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung (IUF), wo ich auch heute noch arbeite.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden und was hält dich dort?

Im Master belegte ich Vertiefungsmodule über innere Organe, Gehirnfunktion und Genomanalyse. Letztlich, sicher auch durch mein großes Interesse an Tätowierungen, wollte ich meine Masterarbeit aber am liebsten wenigstens in grobem Zusammenhang mit der Haut schreiben.

Tatsächlich arbeitete ich in meiner Masterarbeit dann auch mit Hautzellen und untersuchte die Auswirkungen eines bestimmten Medikaments zur Behandlung von Hautkrebs und dessen Nebenwirkungen in Zusammenhang mit UVB-Strahlung.

Für mich ist die Haut einfach ein besonders spannendes Organ, da wir über sie konstant in Kontakt mit unserer Umwelt und deren Einflüssen stehen. Wirklich aktiv für exakt dieses Feld entschieden habe ich mich wohl aber nicht wirklich – da hat vielmehr auch das Glück mitgespielt, in meiner jetzigen Arbeitsgruppe gelandet zu sein und hier nun auch promovieren zu können!

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Aktuell bin ich also immer noch am IUF und behandle mittlerweile im zweiten Jahr meiner Promotion in erster Linie das Thema Umweltschadstoffe und deren Interaktion mit einem bestimmten Rezeptor in der Haut. Dabei versuche ich unter anderem, den Mechanismus hinter der Entstehung bestimmter Hautkrankheiten genauer zu entschlüsseln.

Hierzu gehört letztlich auch eine Reihe verschiedener Experimente und Methoden. Das erstreckt sich von Computersimulationen und 3D-Modellierungen über diverse Versuche in Zellkulturen.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Da ich eher Grundlagenforschung zu bestimmten Molekülinteraktionen betreibe, ist das Ganze doch recht fern vom alltäglichen Leben. Dann wiederum arbeite ich mit in unserer Umwelt vorhandenen Schadstoffen - zum Beispiel Chemikalien aus der Plastikproduktion, Pestizide oder Nebenprodukte verschiedener Industriezweige.

Die Haut, als Schutzbarriere zwischen Körper und Umwelt, muss sich solchen Einflüssen täglich aussetzen. Doch was genau dadurch passiert oder passieren kann, ist nicht für jede chemische Verbindung im Detail bekannt.

Nun könnte man meinen, dass diese Details nicht wirklich relevant sind, doch Grundlagenforschung und das genaue Verständnis bestimmter molekularer Mechanismen kann zum Beispiel auch neue präventive Ansätze oder Behandlungsansätze für diverse Krankheiten hervorbringen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Gemeinsam mit meinem Freund habe ich 2017 ein Tattoo-Magazin gegründet: Feelfarbig (https://feelfarbig.com). Dort bin ich seitdem als Redakteurin tätig und verfasse regelmäßig Artikel, führe Interviews oder kuratiere Tattoo-Künstler*innen.

Für mich ist die Literaturrecherche in diesem Themengebiet besonders spannend, weil die Forschung rund um Tätowierungen immer noch relativ nischig ist. Wenn ein neues, interessantes Paper erscheint, ist die Freude also groß! Und das Ganze dann nicht nur zu lesen, sondern diese Forschungsergebnisse für eine breite Masse aufzubereiten und teilen zu können, macht mir einfach Spaß.

Da es im deutschsprachigen Raum nur wenige Tattoo-Fachmagazine gibt und gerade dem wissenschaftlichen Gesichtspunkt bisher nie viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, freuen wir uns auch besonders über den großen Anklang bei unserer Leserschaft!

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Vor rund zwei Jahren habe ich damit angefangen, entomologische Präparate anzufertigen - meist wissenschaftlich und mal mit etwas künstlerischer Freiheit. Dafür habe ich mir bei Antiquariaten viele alte Broschüren, Hefte und eine Menge Bücher über Falter und das Präparieren besorgt. Mit denen versuche ich dann auch mal die ein oder andere Art zu bestimmen, was mir auch unheimlich viel Spaß macht.

Ansonsten schreibe ich in meiner Freizeit gerne oder esse Süßkram und gucke Serien – das sind dann aber vielleicht eher weniger interessante Hobbies.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Am liebsten verbringe ich einen freien Tag draußen in der Sonne (natürlich mit Sonnenschutz :D) und gucke mir irgendwelche heimischen Tiere an. Da bin ich wirklich einfach zu begeistern: eine Hummel? Super, da setz ich mich mal 10 Minuten hin und guck, wie sie Nektar oder Pollen sammelt. Ein Eichhörnchen? Komplette Eskalation - aber nur innerlich, damit es nicht verschreckt wird. Ein Vogel? Cool, direkt mal in der Vogel-App nachschauen, ob es ein Gartenbaumläufer oder ein Waldbaumläufer ist.

Im Optimalfall begleitet mich mein Freund dabei und wir snacken später noch Kuchen oder Eis (im besonders optimalen Optimalfall halt Kuchen UND Eis).

Bitte begrüßt Natalie ganz herzlich bei Real Scientists DE!