|
Katrin Weller, Foto: Jana Dehnen |
Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Katrin Weller (@kwelle.bsky.social, Foto: Jana Dehnen)! Katrin Weller hat vor
kurzem die wissenschaftliche Leitung der Abteilung „Data Services for the
Social Sciences“ bei GESIS – Leibniz Institut für Sozialwissenschaften
übernommen. Dort stellt sie mit ihrem Team wissenschaftliche Infrastruktur und
Angebote rund um sozialwissenschaftliche Forschungsdaten bereit, insbesondere
im Bereich Datenarchivierung und Forschungsdatenmanagement. Zuvor war sie
Teamleiterin des Teams „Digital Society Observatory“ in der Abteilung
Computational Social Science bei GESIS. Von 2021-2023 war sie zusätzlich am
Center for Advanced Internet Studies (CAIS) tätig und hat dort für den Kontext
der Digitalisierungsforschung ein Team „Research Data and Methods“ mit
aufgebaut. Sie hat 2010 in Informationswissenschaft promoviert und forscht
seitdem zu verschiedenen Aspekten von Online-Kommunikation und digitaler
Gesellschaft. Dazu gehören auch verschiedene Fragen zur Datenqualität und
(Nach-)Nutzbarkeit von Daten aus Online-Plattformen.
Wie bist du in der
Wissenschaft gelandet?
Als ich damals mit dem
Studium begonnen habe, hatte ich nicht damit gerechnet, einmal in der
Wissenschaft zu arbeiten (oder überhaupt geahnt, dass das eine
Berufsmöglichkeit ist). Aber während des Studiums hatte ich dann bereits die
Möglichkeit, an ersten Forschungsarbeiten aktiv mitzuwirken. Als ich dann das
Angebot bekam auf einer Drittmittelstelle in einem interdisziplinären
Forschungsprojekt zu promovieren, hatte ich große Lust, das auszuprobieren.
Rückblickend hatte ich an vielen Stellen Glück, dass zur richtigen Zeit die
richtigen Möglichkeiten da waren: Ein Netzwerk von Personen mit ähnlichen
Interessen für gemeinsamen Austausch und Zusammenarbeit, Förderprogramme, mit
deren Hilfe auch Ideen außerhalb der Kernaufgaben umgesetzt werden konnten, und
natürlich eine Anschlussfinanzierung, um auch nach der Promotion in Forschung
und Lehre weiterzumachen. Nach Promotionszeit und ersten Postdoc-Jahren an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf habe ich mich dann aber bewusst auf eine
Stelle an einem außeruniversitären Institut beworben, das Forschung und
Infrastruktur verbindet. Weil mich sowohl die verschiedenen Perspektiven
gereizt haben, und weil es hier anders als an der Uni auch eine langfristige
Berufsperspektive gab. Seit 2013 arbeite ich nun bei GESIS in verschiedenen
Abteilungen, erst als Postdoc, dann als Teamleitung, jetzt als
Abteilungsleitung. Damit verbunden ist noch ein weiterer für mich sehr
bedeutender Karriereschritt der bald offiziell wird, aber da hierfür ein paar
administrative Prozesse noch nicht ganz abgeschlossen sind, belasse ich es bei
der Andeutung, dass ich mich freue bald auch zusätzlich wieder im universitären
Kontext eingebunden zu sein.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält
dich dort?
Ich arbeite sehr viel
zwischen den Disziplinen und das macht für mich auch gerade den Reiz meiner
Arbeit aus. Promoviert habe ich damals in Informationswissenschaft, weil das
für mich eine perfekte Möglichkeit war, verschiedene Interessen zusammenzubringen.
Denn dort werden beispielsweise sowohl Aspekte der Wissensorganisation und
Informationstechnologien untersucht, aber eben auch soziale Aspekte im Umgang
mit Informationen, wie Informationsverhalten und -kompetenz. Leider war
Informationswissenschaft jedoch schon immer ein sogenanntes „Kleines Fach“ und
ist durch Institutsschließungen in den letzten Jahren noch deutlich kleiner
geworden. Ich habe aber immer schon auch mit Kolleg*innen aus anderen
Fachbereichen zusammengearbeitet und mich dann inhaltlich immer mehr auf
Aspekte der digitalen Gesellschaft und Online-Kommunikation fokussiert. Von da
aus war es ein ziemlich nahtloser Übergang in den Forschungsbereich
Computational Social Science, wo sozialwissenschaftliche Fragen mit
computergestützten Methoden und neuartigen Daten (z.B. aus Online Plattformen)
adressiert werden. In diesem noch sehr jungen Forschungsfeld befasse ich mich
auch mit übergeordneten Fragen z.B. zur Datenqualität und Datenarchivierung,
die hier größtenteils noch nicht gelöst sind. Und daraus wiederum ergibt sich
die Anknüpfung zu meiner neuen Stelle in einer Abteilung, die auf
Forschungsfragen rund um das Forschungsdatenmanagement fokussiert.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich forsche zu
verschiedenen Kontexten von Kommunikation und Interaktionen in
Online-Plattformen, aktuell beispielsweise dazu, wie wissenschaftlicher
Kommunikation auf YouTube eingebunden wird. Im Rahmen verschiedener
Drittmittelprojekten arbeite ich derzeit zu Hasskommentaren im Internet, zum
Thema Polarisierung und öffentliche Meinungsbildung und zur Datenqualität von
digitalen Verhaltensdaten.
Auf einer
wissenschaftlichen Leitungsstelle in einem Forschungsinfrastruktur-Institut
besteht die Arbeit aber längst nicht nur aus Forschung, sondern auch zum
Großteil aus Organisationstätigkeiten wie etwa Mitarbeitendenführung und –
rekrutierung, Strategieentwicklung und -umsetzung, Beteiligung an
abteilungsübergreifenden Netzwerken und Verbünden. Zudem dreht sich bei uns
vieles um den Betrieb und Ausbau von Angeboten für die sozialwissenschaftliche
Community. Meine Abteilung archiviert beispielsweise sozialwissenschaftliche
Forschungsdaten und stellt diese für die Nachnutzung bereit. Damit tragen wir
zur Reproduzierbarkeit und zum Open Science Gedanken bei.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit
interessieren?
Online-Kommunikation gehört
mittlerweile fest zu unserem Alltag. Erkenntnisse dazu, wie wir alle in
Online-Kontexten miteinander umgehen, betreffen uns damit auch auf ganz
unterschiedliche Weise. Aber auch gerade die Frage, welche Rolle die
Unternehmen hinter den großen Online-Plattformen für unser
Kommunikationsverhalten und unser soziales Miteinander spielen, ist von großer
Bedeutung für die Gesellschaft. Mit meiner Arbeit möchte ich zudem dazu
beitragen, dass die Möglichkeit in diesem Bereich zu forschen nicht nur für bestimmte
Forschungsgruppen möglich ist: der Zugang zu Online-Kommunikationsdaten ist in
der Regel durch die Plattformbetreibern eingeschränkt, Forschende mit
spezieller Finanzierung oder besseren Verbindungen haben hier zum Teil
Möglichkeiten, die für die breite Masse nicht gelten. Für möglichst diverse
Fragestellungen und Forschungseinblicke brauchen wir aber Datenzugang für
diverse Forschungscommunities. Gleichzeitig hängen am Datenzugang Fragen zur
Sicherung der Datenqualität, Reproduzierbarkeit und Nachnutzbarkeit der Daten.
Hast du
irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Aktuell arbeite ich in
verschiedenen Arbeitsgruppen mit, die sich ebenfalls mit der Frage des
Datenzugangs für Online-Plattform-Daten befassen. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe
des European Digital Media Observatory (EDMO) haben wir beispielswiese als
gemeinsame Gruppe von Vertreter*innen großer Online-Plattformen, Forschenden,
und Rechts-Expert*innen herausgearbeitet, wie der Umgang mit solchen besonderen
Forschungsdaten datenschutzkonform gemäß GDPR aussehen kann. Aktuell befassen
sich nun mehrere Gruppen mit der Frage, welche Auswirkungen der neue Digital
Services Act für die Forschungsarbeit mit Daten aus Online-Plattformen haben
wird und setzen sich für neue Zugangsmöglichkeiten ein.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich fotografiere
leidenschaftlich gerne, inzwischen am liebsten dokumentarisch. Bei der
dokumentarischen Fotografie geht es darum, ungestellten Lebensalltag in Bildern
festzuhalten. So entstehen Bilder, die das echte Leben wertschätzen und für die
Zukunft festhalten.
Wie sieht dein
idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?
Morgens ausschlafen,
in einem Café ausgiebig frühstücken, einen Ausflug mit Familie oder Freunden
unternehmen, z.B. Städtetour, Freizeitpark, Tag am Meer oder in der Natur.
Abends lange aufbleiben und mit lieben Menschen draußen sitzen und reden.
Bitte begrüßt Katrin ganz
herzlich bei Real Scientists DE!