Sunday, November 17, 2024

Mensch-Maschine-Kommunikation - Mario Donick ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unseren neuen Kurator Mario Donick! Mario (@mariodonick.bsky.social) ist Freier Autor und Kommunikationswissenschaftler, seine  Arbeitsschwerpunkte sind Mensch-Maschine-Kommunikation, Technikvertrauen, Phänomenologie & Computerspiel, Flugsimulation. Aktuell arbeitet er an einer annotierten Sammlung von DDR-Computerspielen. Zurzeit ist er außerdem (WS 2024/25) Lehrbeauftragter an der Hochschule Magdeburg-Stendal im Studiengang Language and Communication in Organizations (LCO). 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe 2001-2007 Germanistik und Geschichte studiert, weil mich das interessiert hat. Die damaligen Dozent*innen haben mich sehr motiviert, meine eigenen Interessen einzubringen. Damals hat mich vor allem Internetkommunikation interessiert - Chats, Multi User Dungeons (die rein textbasierten Vorläufer von heutigen Online-Rollenspielen) und auch die ersten Blogs (die damals noch Internet-Tagebücher hießen).
Da mir das Spaß gemacht hat und ich gefragt wurde, habe ich nach dem Magister eine Doktorarbeit angehängt. Die habe ich in Kommunikationswissenschaft gemacht, wobei das in Rostock damals noch eine etwas ungewöhnliche Mischung aus Linguistik und Kommunikationssoziologie war, mit einer starken Anknüpfung an Luhmann'sche Systemtheorie. Ich untersuchte, was Menschen tun, wenn sie bei der Nutzung von Computern auf Probleme stoßen. Daran habe ich ca. 2010-2014 gearbeitet, die Verteidigung war Anfang 2015.
In all der Zeit war ich parallel in befristeten Verträgen als wissenschaftlicher Mitarbeiter in interdisziplinären Projekten tätig. Außerdem habe ich Lehrveranstaltungen durchgeführt. Gerade letzteres hat mir immer viel Spaß gemacht, weil ich da selbst viel gelernt habe.
Nach der Verteidigung der Arbeit habe ich die Uni aber verlassen, weil ich das Wissenschaftszeitvertragsgesetz schon vorher als enorm stressig empfunden habe und ehrlich gesagt keine Lust hatte, alle paar Monate umziehen zu müssen oder in manchmal an Machtkämpfe erinnernde Projektkonstellationen geworfen zu sein.
Ich habe mir also einen "normalen" Teilzeitjob für Miete und Krankenkasse gesucht und nach ca. zwei Jahren angefangen, parallel als freier Autor zu arbeiten. Dadurch bin ich aber doch wieder näher an die akademische Welt gerückt. Geisteswissenschaften brauchen glücklicherweise keine umfangreiche Laborausstattung, d.h. ich kann auch freiberuflich zu bestimmten Themen arbeiten (siehe Frage 7).

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?!
Die Antwort auf das "Warum" klingt jetzt komisch, aber: Es macht mir Spaß.
Durch die Absicherung durch meinen unbefristeten Teilzeitjob habe ich den Vorteil, mir keine großen Sorgen um die nächsten Monate machen zu müssen. Und durch die parallele Freiberuflichkeit bin ich von den ganzen Nebenschauplätzen befreit, mit denen man sonst seine Arbeitszeit an einer Hochschule verbringt.
Allerdings habe ich mich auch schon öfter gefragt, wie sinnvoll das alles ist. Ich habe keine Büro-Kolleg*innen, mit denen ich mal spontan an der Kaffeemaschine über Ideen oder Methoden reden kann. Tagungen sind nur in eingeschränktem Umfang möglich - dafür muss ich meinen normalen Urlaub nehmen (was nicht immer rechtzeitig geht oder auch mal abgelehnt wird) und muss es privat bezahlen (was auch oft nicht möglich ist). Die Corona-Zeit mit den Online-Tagungen war da tatsächlich ein Weg, wieder öfter teilzunehmen. Glücklicherweise gibt es auch jetzt noch gestreamte Tagungen.
Jedenfalls heißt das, ich bin nicht mehr so intensiv eingebunden in die akademische Welt wie ich es früher während der Promotion war. Die Gefahr ist dann, dass man im eigenen Saft schmort. Und dass man gerade bei aktuellen Themen (die auch Aufmerksamkeit generieren) nicht so schnell arbeiten kann, wie es nötig wäre, um relevant zu sein. Aber glücklicherweise gibt es auch Themen, die etwas zeitloser sind 🙂

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Es gibt zwei große Bereiche, die man abgrenzen könnte (auch wenn sie sich dann doch überschneiden):
I. Ich interessiere mich nach wie vor für den Umgang von Menschen mit den Problemen ihrer technischen Welt - sowohl was die tatsächliche Nutzungssituation angeht, als auch weitergehende Kontexte. Es ist z.B. unglaublich spannend, wie sich das alles vom "Web 1.0" über das "Web 2.0" zu den heutigen Social Media-Systemen und dem "KI"-Hype entwickelt hat.
Mich interessiert da, ob ich das überhaupt noch mit den kommunikationswissenschaftlichen Analysemethoden meiner Doktorarbeit fassen kann, oder ob heute etwas (KI?) wirklich fundamental anders ist.
Außerdem habe ich den Blickwinkel etwas geändert. In der Doktorarbeit hatte ich linguistische und systemtheoretische Zugängen, mit denen ich damals von außen auf Computernutzung geblickt habe. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich eher mit phänomenologischen Zugängen, die die subjektive Wahrnehmung der Menschen in den Blick nehmen.
II. Daneben habe ich mich schon früher für die Game Studies interessiert (zu dem Thema hat ja vor ein paar Wochen schon Rudolf Inderst viel in eurem Account gepostet) und bin da in den letzten zwei, drei Jahren wieder aktiver geworden.
Konkret widme ich mich gerade
(1) dem Aufbau eines annotierten Archivs von DDR-Computerspielen (ja, die gab es, und nicht nur "Hase und Wolf" 😉 )
(2) einem Buchprojekt, in dem ich das weite Feld der Weltraum-Computerspiele ein wenig kulturkritisch auseinandernehme - wie solche Spiele einerseits die Faszination und Ehrfurcht vor der Natur, dem Weltall, der Weite aufgreifen und teilweise auch auslösen, wie sie aber andererseits oft mit sehr kapitalistischen, bis hin zu libertären, Spielmechaniken und Narrativen ausgestattet sind.
Aber wie gesagt, beide Bereiche (I und II) überschneiden sich.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wir leben umgeben von Computern, und oft sind es heute die Unternehmen, die darüber die Deutungshoheit setzen wollen. Aber wie sich das Leben in dieser Welt für uns als einzelne Personen anfühlt; wie wir freiwillige und unfreiwillige Nutzungssituationen wahrnehmen; oder wie wir damit umgehen, dazu kann auch die Geisteswissenschaft einiges beitragen. Das gilt sowohl für "seriöse" Anwendungssoftware als auch für Computerspiele.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich schreibe auch viel zu Flugsimulation, und ab und zu für das Spielemagazin GameStar.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich programmiere gerne auf einem emulierten DDR-Computer, den ich als Kind selbst hatte (KC 85/3), Computerspiele, die nie fertig werden.
Außerdem habe ich von 2006-2018 das roguelike-Rollenspiel "LambdaRogue" veröffentlicht, das man kostenlos bei itch.iorunterladen kann.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? (Forschende sind ja auch nur Menschen)
Ausschlafen ohne Wecker, dann Kaffee trinken und Zeitung lesen, ein bisschen spazieren gehen und sonst entspannt rumhängen mit einem Buch, Film, Spiel oder Musik.
Bitte begrüßt Mario ganz herzlich auf dem Kanal!


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