Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Eigentlich wollte ich schon als Kind Biologin werden und forschen. Als Kind und Jugendliche hab ich mich sehr für Tiere und Pflanzen interessiert. Mein erstes Protokoll, in dem ich mit ungefähr 8 Jahren beschreibe, wie sich aus dem Froschlaich, den ich mit meinem Vater gesammelt hatte kleine Fröschen entwickeln, gibt es noch (Die Minifrösche haben wir später natürlich wieder an ihren Teich zurückgebracht ;-) ). Aus unterschiedlichen Gründen hab ich dann nicht Biologie, sondern "was Ähnliches" studiert, nämlich Gartenbau. Natürlich bin ich dort auch schon mit wissenschaftlichem Arbeiten in Berührung gekommen was mir auch gut gefallen hat. Ich habe dann aber erstmal einen anderen Weg eingeschlagen. So richtig glücklich bin ich damit aber nicht geworden. Der alte Wunsch arbeitete im Hinterkopf weiter. Mit meinem Abschluss als Dipl.-Ing(FH) hätte ich natürlich auch promovieren können, aber das Thema Gartenbau war mir zu eingeschränkt und so entschied ich mich, nocheinmal von Grund auf neu zu starten und meinen alten Wunsch in die Tat umzusetzen, - ich bewarb mich um einen Studienplatz in Biologie an der Uni Köln und, - hat das auch auf Anhieb funktioniert. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ziemlich bald nach Beginn meines Biologie-Studiums habe ich begonnen mir Jobs an der Uni zu suchen. So konnte ich das Lernen und die Studienfinanzierung miteinander verbinden. Dadurch landete ich nach einiger Zeit in der Arbeitsgruppe, in der ich heute promoviere. Meine Arbeitsgruppe ist eine Bioinformatik-Arbeitsgruppe und bestand damals zum grössten Teil aus Mathematiker*innen und Informatiker*innen. Allerdings gab es ein kleines Nasslabor, in dem für ein bestimmtes Projekt Antikörper getestet werden sollten. Das Labor war gerade im Aufbau und es wurde eine Person gesucht, die beim Aufbau hilft, Protokolle etabliert und die Antikörpertests durchführt. Das wurde dann ich. Natürlich wurde ich von einem Post Doc, der selbst auch Biologe ist, beaufsichtigt, aber ich durfte sehr selbständig arbeiten. Das Projekt war ein kleines Nebenprojekt mit nur geringem Budget und so lernte ich, wie man einen Grossteil der Reagenzien und Puffer, die in einem molekulargenetischen Labor gebraucht werden, selbst herstellt. Für Bioinformatik interessierte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzu sehr. Leider genügte keiner der getesteten Antikörper den Kriterien, die er hätte erfüllen müssen und so wurde mein "Start"-Projekt nicht weitergeführt. Ich aber blieb und es kamen neue Projekte, in die ich und mein Mini-Labor involviert wurden, und mit ihnen wuchs auch mein Interesse für die Bioinformatik. Was daraus geworden ist, davon erzähle ich in meiner @RealScientists-Woche.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ein Thema in unserer Arbeitsgruppe ist es, herauszufinden, au welche Weise Genome evolvieren und wie genau evolutionäre Anpassungsprozesse auf molekularer Ebene stattfinden. Dazu analysieren meine Kolleg*innen und ich Daten, die in ständig wachsenden Genomdatenbanken verfügbar sind. In einigen Fällen gibt es für die jeweiligen Zwecke aber noch keine Daten und dann ist es notwendig, diese Daten selbst zu erzeugen, z.B. durch die Sequenzierung von Genomen. Dafür muss DNA aus den vorhandenen Geweben extrahiert und für die Sequenzierung aufbereitet werden. Daher gehört neben der Datenanalyse auch die Laborarbeit zu meinen Aufgaben. Sind die Daten dann vorhanden, kommen verschiedene bioinformatische Werkzeuge zum Einsatz, um den Sequenzen aus Buchstaben ihre Geheimnisse zu entlocken. In meiner Arbeit der letzten Jahre habe ich mich mit drei Genfamilien beschäftigt. Zuerst hab ich mir eine kleinen Familie von Transkriptionsfaktoren in Vögeln angeschaut. Die Proteine, für die diese Gene codieren, schalten die Aktivität andere Gene, vereinfacht gesagt, an oder aus. Parallel dazu kam eine Immungen-Familie in wilden Zebrafischen dazu. Für mein aktuelles und grösstes Teilprojekt habe ich die riesige Familie der Geruchsrezeptoren in Käfern ins Visir genommen. Die Käferart mit der ich mich hier beschäftige ist eine Schwarzkäferart, die in der Namib-Wüste beheimatet ist. Das Spannende an Genfamilien ist, dass man an ihnen ganz besonders gut Anpassungsprozesse nachvollziehen kann. Das gilt insbesondere für solche, die unmittelbar in die Interaktion mit Umweltreizen involviert sind, wie die Immungene und die Geruchsrezeptoren.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Anpassungsprozesse auf molekularer Ebene zu verstehen, ist gerade in Zeiten des Klimawandels, in denen sich Umweltbedingungen sehr schnell und sehr radikal verändern von grosser Bedeutung.
Je besser wir verstehen, welche Anpassungsmechanismen es gibt und wie
sie im Hintergrund des molekularen Maschinenraumes verdrahtet sind, umso mehr Informationen stehen z.B. für Vorhersagen, Modellrechnungen und Simulationen zur Verfügung. Mit unserer Forschung tragen wir dazu bei den Wissensschatz zu vergrössern, auf dessen Grundlage Strategien zur Bewältigung der bestehenden und noch kommenden Herausforderungen entwickelt werden können.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich habe leider viel zu wenig Zeit für zusätzliche Tätigkeiten.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich mache seit über 20 Jahren Aikido. Überhaupt ist Sport für mein körperliches und geistiges Wohlbefinden sehr wichtig.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus?
Eine Version des idealen freien Tages startet morgens mit dem ersten Tee und einem guten Buch im Bett. Es gibt keinerlei Verpflichtungen. Ich kann mich treiben lassen, malen, nähen, dabei Podcasts hören, - je nach Lust und Laune.
Bitte begrüßt Katja ganz herzlich auf dem Kanal!