Sunday, January 21, 2024

Wie die russische Literatur des 18. Und 19. Jahrhunderts osteuropäische Geschichte darstellt und warum das heute relevant ist! Sophia Sonja Guthier ist jetzt bei Real Scientists DE!


Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Sophia Sonja Guthier (@heastorian.bsky.social)! Sophia studierte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Geschichte und Politikwissenschaft (B.A.) und anschließend Geschichte (M.A.) mit Schwerpunkt Landesgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Von April 2018 bis Dezember 2019 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Politikwissenschaft, Bereich „Politisches System der BRD“. Von Januar 2020 bis Ende Mai 2023 war Sophia Teil des Graduiertenkollegs 2304 „Byzanz und die euromediterranen Kriegskulturen“ im Fach Osteuropäische Geschichte. Ihre Dissertation zum Thema „Waräger und Ostslaven als Bedrohung von Byzanz in der russischen Textkultur des 18. und 19. Jahrhunderts“ reichte sie am 29. März 2023 ein. Zukünftig wird sie als Center Managerin an der Graduate School of Economic and Social Sciences am Center for Doctoral Studies in Business an der Universität Mannheim wirken.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Für den Master im Fach Geschichte bin ich nach Mainz gezogen und habe dort meine Liebe für Osteuropäische Geschichte entdeckt, obwohl mein Schwerpunkt eigentlich auf der Landesgeschichte lag. In meiner Masterarbeit habe ich beides vereint und über die Wahrnehmung und Integration von Russlanddeutschen im Rhein-Main-Gebiet von 1990 bis 2015 geschrieben. Den direkten Weg in die Wissenschaft habe ich nach dem Studium im Jahr 2017 nicht unbedingt gesucht, sondern habe mich auf verschiedene Stellen beworben, darunter auf die Stelle der wissenschaftlichen Mitarbeiterin an der (ehemaligen) Universität Koblenz-Landau in der Abteilung Politikwissenschaft, Bereich „Politisches System der BRD“, wo ich fast 2 Jahre blieb und viel gelernt habe. Da ich weiterhin in Mainz wohnte, hat es mich daraufhin an das Graduiertenkolleg 2304 „Byzanz und die euromediterranen Kriegskulturen“ gezogen, wo ich mich wieder meiner Liebe zur osteuropäischen Geschichte widmen konnte.

Ab Februar 2024 werde ich als Center Managerin an der Graduate School of Economic and Social Sciences zwar weniger eigene Forschung betreiben, dafür Nachwuchswissenschaftler:innen bei ihrem Weg in die Wissenschaft unterstützen. Wobei ich mich weiterhin privat mit osteuropäischer Geschichte beschäftigen möchte und assoziiertes Mitglied am Graduiertenkolleg bin.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Da ich meine neue Stelle noch nicht angetreten habe, spreche ich jetzt erstmal über meine Entscheidung, ans Graduiertenkolleg zu gehen: Als ich die Stellenausschreibung des Graduiertenkollegs damals gesehen habe, war ich direkt interessiert. Das dürfte zunächst erstaunen, weil ich eher zeitgeschichtlich bzw. politikwissenschaftlich unterwegs gewesen bin. Aber ich habe eine weitere Begeisterung: alte Sprachen! Ich war an einem humanistischen Gymnasium und hatte Latein- und Altgriechisch-Leistungskurs. Außerdem verfüge ich über Russischkenntnisse. Ich hatte das Gefühl, dass sich an dieser Arbeitsstelle alle meine Stärken vereinen könnten. Ich wählte als Dissertationsthema „Waräger und Ostslaven als Bedrohung von Byzanz in der russischen Textkultur des 18. und 19. Jahrhunderts“ in der (rückblickend etwas naiven) Vorstellung, mich erfreulicherweise mit Dingen auseinanderzusetzen, die nur bedingt mit der Gegenwart zu tun haben.  


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Meine ursprüngliche Annahme, meine Dissertation habe nur wenig mit unserer Gegenwart zu tun, wurde nach und nach bis zur Ausweitung des Ukraine-Krieges durch Wladimir Putin am 24.2.2022 reichlich widerlegt. Er instrumentalisiert Geschichte zur Rechtfertigung des Krieges. Themen, mit denen ich mich in meiner Dissertation beschäftigt habe, wurden plötzlich aktuell:

Ich arbeitete zu der Frage, wie die Beziehungen zwischen Warägern und Ostslaven, also der Kiewer Rus, und Byzanz vom 9.-12. Jahrhundert in der russischen Textkultur des 18. und 19. Jahrhunderts dargestellt wurden. Mich interessierte dabei die Wahrnehmung der kriegerischen Auseinandersetzungen und der militärischen Kooperation zwischen der Kiewer Rus und Byzanz. Aber auch die Wahrnehmung des kulturellen Austauschs und der Handelsbeziehungen waren von Bedeutung. Ein weiterer Punkt war die Frage, ob die Waräger als das „Eigene“ oder das „Fremde“ dargestellt wurden. Ich wählte (kirchen-)historiographische, geschichtsphilosophische Arbeiten und Aufsätze aus (kirchen-)geschichtlichen Zeitschriften des 18. und 19. Jahrhunderts aus. Dabei nutzte ich die Methoden der historischen Diskursanalyse. Meine Ergebnisse zeigen, dass Waräger je nach Standpunkt der unterschiedlichen Autoren aus russischer Perspektive sowohl als das „Eigene“, als auch als das „Fremde“ wahrgenommen wurden. Die Beziehungen zwischen der Kiewer Rus und Byzanz werden ambivalent gesehen: Bei militärischen Konflikten mit Byzanz werden die Waräger und Ostslaven als Bedrohung dargestellt. Militärische Kooperationen werden kaum erfasst. Der kulturelle Einfluss wird wahrgenommen, aber ambivalent betrachtet. Die Arbeit berührt Fragen der Identität und des Nationsbewusstseins, die bis in die heutige Zeit in Russland wirken.

Eingereicht habe ich die Dissertation im März 2023.



Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Wie bereits oben angedeutet, beschäftige ich mich in meiner Dissertation mit Themen, die bis heute Russland (und die Ukraine!) prägen und beschäftigen. Ein wichtiges Thema innerhalb meiner Dissertation ist die Darstellung der Christianisierung der Kiewer Rus in den Quellen des 18. und 19. Jahrhunderts. Einige meiner Quellen beziehen sich in ihren Beschreibungen auf die älteste, altostslawische Chronik aus dem 12. Jahrhundert, die beschrieb, dass die Christianisierung der Kiewer Rus im Jahr 989 durch Großfürst Wladimir I. mit einer Schlacht gegen Byzanz zusammenhing. Allerdings sind die in der sogenannten Nestorchronik beschriebenen Geschichten zur Taufe Wladimirs als legendenhaft zu bewerten. In der Forschung sind die Umstände der Taufe umstritten. Sicher ist die Taufe Wladimirs im Jahr 989, aber auch, dass das Christentum bereits davor im 9. Jahrhundert in der Gegend in Erscheinung getreten ist.

Seit 2022 wird in der Ukraine „der Tag der Taufe“ als „Tag der ukrainischen Staatlichkeit“ gefeiert. In Russland ist der Tag ein Gedenktag. Die Legenden der Nestorchronik sind dabei in der Bevölkerung sehr präsent: das habe ich im vergangenen Jahr bemerkt, als ich mir die Berichterstattung in den russischen Medien an dem Tag zu dem Thema angesehen habe. Ich habe darüber auch auf meinem Instagram-Kanal h_east_orian geschrieben: https://www.instagram.com/p/CvfRIJgsehs/



Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ehrenamtlich setze ich mich gegen Lebensmittelverschwendung ein und bin seit November 2014 bei der Initiative Foodsharing in Mainz als Foodsaverin aktiv. In Kooperation mit Betrieben engagieren wir uns gegen Lebensmittelverschwendung und retten (legal!) Lebensmittel vor dem Müll.



Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

In meiner Freizeit betreibe ich meinen Instagamkanal @h_east_orian (480 Follower:innen), in welchem ich mich (meist) mit der Geschichte und Politik Osteuropas auseinandersetze. Außerdem betreiben mein Mann und ich gemeinsam eine Geschichte-Quiz-Webseite (www.geschichte-quiz.de). Man könnte meinen, Geschichte wäre nicht nur mein Beruf, sondern auch mein Hobby.



Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Da ich auch sehr gerne mit meiner Spiegelreflexkamera fotografiere, wäre ein Spaziergang am Morgen mit Morgentau und Sonne ein idealer Tagesbeginn, um Fotos zu schießen. Danach eine Runde meine Bilder zu bearbeiten, wäre auch ein großer Grund zur Freude. Im Winter ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, den Wintersport im Fernsehen zu verfolgen. Meine Lieblingssportarten: Biathlon und Skispringen (und ja, ich saß die letzten Wochenenden viel vor dem Fernseher).



Bitte begrüßt Sophia ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, January 14, 2024

Von der Spracherwerbsforschung ins Wissenschaftsmanagement! Lena Ackermann ist jetzt bei Real Scientists DE!

 

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Lena Ackermann (@lenaackermann.bsky.social)! Lena studierte in Bonn, Paris und Marburg Französisch und germanistische Sprachwissenschaft. Ein Praktikum am Language Acquisition Research Center des Hunter College in New York weckte ihre Leidenschaft für Spracherwerbsforschung. 2016 begann sie ihre Dissertation an der Uni Göttingen, in der sie den Einfluss von Neugier und Interesse auf das kindliche Wortlernen untersuchte. Ab 2020 war sie am Baby & Child Research Center in Nimwegen (NL) für Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. 2021 schloss sie ihre Doktorarbeit ab und kehrte 2022 nach Göttingen zurück, wo sie seitdem als Wissenschaftsmanagerin arbeitet.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Aus Neugier und Wissensdurst. Im Bachelor habe ich Germanistik und Französisch studiert und mich ursprünglich mehr für Literaturwissenschaft interessiert. Als ich dann aber die ersten Linguistik-Module belegt habe, war ich sofort fasziniert von Sprachwissenschaft. Besonders spannend fand ich Psycholinguistik und Spracherwerb. Während meines Linguistik-Masters habe ich ein Praktikum an einem Forschungszentrum für kindlichen Spracherwerb gemacht, das mich in meinem Wunsch bestärkt hat, in diesem Bereich zu forschen. So habe ich dann 2016 in Göttingen meine Doktorarbeit zum Einfluss von Neugier und Interesse auf das kindliche Wortlernen angefangen und 2021 abgeschlossen. Inzwischen forsche ich nicht mehr selbst, sondern bin als wissenschaftliche Projektmanagerin im Hintergrund vor allem koordinierend und administrativ tätig – der Wissenschaft aber treu geblieben.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Im Wissenschaftsmanagement bin ich tatsächlich eher zufällig gelandet. Während meiner Promotion in Göttingen habe ich mein Interesse für Wissenschaftskommunikation entdeckt: Unter anderem habe ich vor fünf Jahren den RealSci_de-Account schon mal bei Twitter kuratiert. Nach der Promotion habe ich mich dann nicht für eine klassische wissenschaftliche Karriere entschieden, sondern bin für zwei Jahre in die Niederlande gegangen, wo ich in der Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit für das Baby and Child Research Center in Nimwegen gearbeitet habe. Kurz vor Ende meines Vertrags dort habe ich dann erfahren, dass in Göttingen jemand für die Koordination einer Exzellenzcluster-Initiative gesucht wird, an der unter anderem meine Promotionsbetreuerin federführend beteiligt ist. Was mir an meinem Job am meisten gefällt: Durch den engen Austausch in unserem interdisziplinären Konsortium bekomme ich Einblicke in die Forschung in ganz verschiedenen Bereichen, während ich die Entwicklung der Forschung und des Standorts Göttingen aktiv mitgestalten kann.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Auf dem Schild an meiner Bürotür steht unter meinem Namen der sperrige Begriff „Verbundprojektmanagement“. Unter Verbundprojekten versteht man Drittmittelprojekte, bei denen Forschende verschiedener Einrichtungen zusammenkommen, um als – oft interdisziplinäres – Konsortium große Forschungsfragen anzugehen. Für die Planung und Durchführung solch großer Forschungsprojekte sind Wissenschaftsmanager*innen zuständig, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen, zwischen verschiedenen Stakeholdern vermitteln und stets Zeit- und Budgetpläne im Auge haben.

Zurzeit arbeite ich an einer Initiative für ein Exzellenzcluster. Exzellenzcluster sind auf sieben bis 14 Jahre angelegte Verbundprojekte, auf die sich Universitäten im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder bewerben können. In der aktuellen Ausschreibungssrunde wurden letztes Jahr im Mai 145 Antragsskizzen eingereicht, die dann im Herbst fachlich begutachtet wurden. Ich habe den Bewerbungsprozess für eine der Göttinger Antragsskizzen von den ersten Treffen zur Ideenfindung bis hin zum Begutachtungstermin begleitet. Jetzt warten wir gespannt auf den 01.02., an dem wir erfahren, ob unsere Initiative zum Vollantrag aufgefordert wird.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Wissenschaftsmanagement läuft größtenteils hinter den Kulissen ab und ist für die Öffentlichkeit meist unsichtbar. Selbst an der Uni wissen einige nicht, was wir Wissenschaftsmanager*innen genau machen, obwohl unsere Arbeit für das Funktionieren einer modernen Hochschule unerlässlich ist. Die Arbeit der Forschenden und die des Technik- und Verwaltungspersonals, zu dem ich als Wissenschaftsmanagerin gehöre, gehen an der Uni Hand in Hand. An jeder wissenschaftlichen Studie, von der ihr in den Medien hört, waren nicht nur Forschende beteiligt, sondern auch nicht-wissenschaftliches Personal. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Während wir darauf warten, ob unsere Clusterinitiative zum Vollantrag aufgefordert wird, unterstütze ich den Leibniz ScienceCampus PrimateCognition – ein anderes großes Verbundprojekt am Göttinger Campus – in der Wissenschaftskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Ich organisiere „Science Movie Nights“, arbeite an einer Reihe von kurzen YouTube-Videos zu unserer Forschung mit und betreue ein Podcast-Projekt.

Aufgrund persönlicher Erfahrungen beschäftigt mich auch das Thema Mental Health bei Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen, zu dem ich zwei Mal bei einem Promovierenden-Retreat einen Vortrag halten durfte.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich habe 2015 mit Lacrosse angefangen. Seit meinem Masterstudium in Marburg begleitet mich dieser Sport und ist mir im Laufe der Zeit immer wichtiger geworden. Inzwischen bin ich Spielertrainerin hier in Göttingen, Torhüterin im Perspektivkader der deutschen Nationalmannschaft und Mitorganisatorin eines der größten Lacrosse-Turniere Europas.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Im Frühling und Sommer bin ich an meinen freien Tagen meistens auf dem Lacrossefeld zu finden: Fast jedes Wochenende steht ein Ligaspiel, Turnier oder Trainingslager im Kalender. Im Herbst und Winter mache ich es mir lieber drinnen gemütlich. Ich koche und backe oft, spiele sehr gerne komplexe Brettspiele und lese stundenlang auf der Couch, während meine Katze Brezel neben döst.



Sunday, January 7, 2024

Wie Menschen soziale Medien nutzen, um sich (politisch) zu informieren! Anna Sophie Kümpel ist jetzt bei Real Scientists DE!

 

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Dr. Anna Sophie Kümpel (@kuempelanna.bsky.social)! Anna ist seit September 2020 Juniorprofessorin für Digitale Medien und die Methoden ihrer Erforschung am Institut für Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Dresden. Sie promovierte 2018 am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo sie zwischen Oktober 2013 und August 2020 zunächst als Doktorandin und dann als akademische Rätin a. Z. beschäftigt war. In ihrer Forschung fokussiert Anna sich auf verschiedene Aspekte von Mediennutzung und -wirkung sowie damit verbundene methodische Fragestellungen. Der Großteil ihrer aktuellen Projekte beschäftigt sich mit der Nutzung, Verbreitung und Wahrnehmung von Nachrichten und politischen Informationen in algorithmisch kuratierten Informationsumgebungen.

 

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Tatsächlich eher ungeplant. Ich habe mein Studium der Kommunikationswissenschaft an der LMU München mit dem Berufsziel Journalistin begonnen, dann aber schnell gemerkt, dass mir das Forschen und (sozial-)wissenschaftliche Arbeiten sehr viel Spaß machen. Bereits im Bachelor-Studium habe ich dann angefangen, als studentische Hilfskraft zu arbeiten und hatte dabei das große Glück, auch schon mit an Tagungsbeiträgen und Publikationen arbeiten zu dürfen. Als ich dann kurz vor dem Ende meines Master-Abschlusses stand, bekam ich das Angebot für eine Promotionsstelle – und seitdem habe ich die Wissenschaft nicht mehr verlassen!

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Wie schon gesagt: Ich wollte ursprünglich mal Journalistin werden und gemäß den Recherchen meines 18-jährigen Ichs war Kommunikationswissenschaft dafür eine ganz gute Wahl. Das Studium hat mir allerdings gezeigt, dass das Fach deutlich mehr kann als nur Journalismusforschung. Besonders spannend waren für mich – auch heute noch – Fragen danach, warum und wie Menschen bestimmte Medienangebote nutzen und vor allem auch die Betrachtung der Wirkung von Medien, deren Untersuchung deutlich komplexer ist als man auf den ersten Blick glauben würde…


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Die Medienrezeptions- und Medienwirkungsforschung stehen ganz klar im Mittelpunkt meiner Forschungstätigkeiten. Den größten Schwerpunkt meiner Arbeit bildet dabei die Untersuchung von Informations- und Nachrichtennutzung in algorithmisch kuratierten Medienumgebungen, insbesondere im Kontext sozialer Medien. Seit Oktober 2023 leite ich ein DFG-gefördertes Forschungsprojekt, das sich spezifisch mit der Frage beschäftigt, wie ältere Menschen Facebook, WhatsApp und Co. für (politische) Informationen nutzen und die dort entdeckten Inhalte wahrnehmen. Ein zweiter Schwerpunkt meiner Forschung liegt auf der Wahrnehmung und Wirkung von Hassrede, Inzivilität und Negativität in Online-Medien: Wie nehmen Online-Nutzer*innen Hate Speech wahr und wie reagieren sie auf diese? Und was macht es eigentlich mit ‚unbeteiligten‘ Beobachter*innen, wenn diese solche Kommunikation beobachten?

 

Parallel zu diesen thematischen Schwerpunkten ist die Weiterentwicklung von Methoden der Rezeptions- und Wirkungsforschung ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Angesichts der verstärkten Nutzung personalisierter und sich dynamisch wandelnder Medienangebote stößt das tradierte Methodenrepertoire der Kommunikationswissenschaft zunehmend an seine Grenzen, weshalb ich stetig auf der Suche nach innovativen Wegen bin, um die Rezeption und Wirkung digitaler Medienangebote zu untersuchen.

 

Als Juniorprofessorin gibt es in meinem Arbeitsalltag neben der Forschung natürlich noch viele weitere Tätigkeitsfelder: Lehre, die Betreuung und Begutachtung von Abschlussarbeiten, Aktivitäten im Wissenstransfer sowie in der akademischen Selbstverwaltung. Zudem engagiere ich mich aktiv in der Fachcommunity und hatte schon diverse Rollen in (inter-)nationalen Fachgruppen inne, wirke in Editorial und Advisory Boards mit und verfasse Gutachten für Fachzeitschriftenbeiträge und Forschungsanträge.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

(Soziale) Medien spielen eine enorm wichtige Rolle in unserer Gesellschaft: Fast alles, was wir wissen, wissen wir aus diversen Medienangeboten. Entsprechend zentral ist das Wissen darüber, warum Menschen (welche) Medien nutzen, wie sie die Angebote wahrnehmen, verarbeiten und welche Folgen genau diese individuelle Wahrnehmung und Verarbeitung hat.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Glücklicherweise finde ich fast alle meine Aufgaben und Tätigkeiten auf die eine oder andere Art interessant – selbst das Korrigieren von Klausuren oder Hausarbeiten bringt immer wieder Spannendes hervor. Aber etwas für meine aktuelle Position tatsächlich ‚Unerwartetes‘ oder ‚Besonderes‘ mache ich vermutlich nicht :)

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Wirklich interessant ist das vermutlich nicht, aber ich treibe recht viel Sport – nicht zuletzt, um das ganze Sitzen auszugleichen, das der Job mit sich bringt. Daneben liebe ich gutes Essen: Fine Dining ebenso wie die Menüs, die ich zu Hause mit meinem Mann koche. Medial gehören für mich Bücher, Podcasts und Filme (am liebsten im Kino) zum absoluten Muss. Und ich habe eine große Schwäche für Trash-… äh, ich meine natürlich Reality-TV-Formate.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Ohne Wecker aufwachen, eine kurze Trainingseinheit und dann ein ausgiebiges Frühstück genießen – ein Klassiker bei uns ist Sauerteigbrot mit Avocadocreme, Spinat, pochiertem Ei und Hollandaise (lecker!). Danach mit meinem Mann spazieren gehen, am Nachmittag ins Kino und am Abend mit Freund*innen in ein Restaurant: Hoch im Kurs steht bei uns gerade Szechuan-Küche oder Thai Food.

Bitte begrüßt Anna ganz herzlich bei Real Scientists DE!