Sunday, February 27, 2022

Geschichten hinter den Objekten - Nicola Scheyhing ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Nicola Scheyhing (@Prehistorytellr) vorstellen zu dürfen! Nicola ist gelernte Reiseverkehrskauffrau und hat in Tübingen Ur- und Frühgeschichte, Vorderasiatische Archäologie und Vergleichende Religionswissenschaften studiert. Eigentlich wollte sie danach  zu einem Thema der Ausgrabungen in Nordsyrien promovieren. Der Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien haben diese Pläne zunichte gemacht, deswegen absolvierte sie dann im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle ein Volontariat. Danach arbeitete sie als unabhängige Wissenschaftlerin für verschiedene Projekte und entdeckte dabei ihre Begeisterung für das Geschichte(n) erzählen.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich hatte in meiner Kindheit und Jugend wenig Vorstellung davon, was Wissenschaft ist. Ich bin in einem eher konservativen Elternhaus aufgewachsen, die einzige geisteswissenschaftlich Interessierte auf weiter Flur, und seit der Kindheit als Leseratte etwas beäugt von meiner eher technisch-bodenständigen Verwandtschaft. Museen und Forschung spielten keine Rolle, waren höchstens im Urlaub als Freizeitaktivität ein Thema. Ich habe mich schon seit meiner Grundschulzeit für Menschen der Vergangenheit interessiert, historische Romane und Expeditionsberichte verschlungen und mich gegen die Vorstellung meiner Eltern durchgesetzt und auf dem zweiten Bildungsweg Abitur gemacht. In dieser Zeit habe ich mich vermehrt auf historische Themen fokussiert, aber wollte gern etwas mit mehr praktischem Bezug. Ein Bekannter weckte mein Interesse an Archäologie, und erst durch ihn und sein Studium wurde mir bewusst, dass das etwas ist, was nicht nur britische Adelige in Ägypten oder der Türkei machen. Mein Wunsch nach einem Studium musste ich aber zunächst zurück stellen und eine Lehre zur Reiseverkehrskauffrau absolvieren, worauf meine Eltern bestanden. Wider ihren Erwartungen hatte ich meinen Traum vom Archäologiestudium nach drei Jahren Ausbildung aber nicht ad acta gelegt, und begann 2004, Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie in Tübingen zu studieren. Mein Studium habe ich zu einem großen Teil selbst durch Grabungsjobs finanziert, und 2011 mit dem Magister abgeschlossen. Die geplante Doktorarbeit ist seitdem aufgrund unzählicher Hindernisse bis heute immer noch genau das – ein Plan. Tja, und damit stellt sich die alles entscheidende Frage: bin ich denn in der Wissenschaft gelandet? Ab wann ist man denn ein Wissenschaftler? Sicherlich ein Thema, was ich in „meiner“ Woche bei RealSciDE zur Diskussion stellen werde.  

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Ich bin fasziniert davon, wie kleine Fragmente von Objekten Geschichten erzählen können. Das Erzählen der Geschichten von Objekten, die von lange vergangenen Zeiten und der Menschen dieser Zeiten berichten, können in der Archäologie unter anderem die archäologischen Museen und die Menschen, die dort arbeiten, leisten. Durch meine Arbeit in Museen, erst als Volontärin in der Ausstellungskuration, dann als Gästeführerin, hat mir gezeigt, dass ich meine eigene Begeisterung und Faszination durch meine Erzählung auf andere Menschen übertragen und dadurch ihr Interesse wecken kann. Daher fühle ich mich als Wisenschaftskommunikatorin, als Vor-Geschichtenerzählerin, in Museen am richtigen Platz um das zu tun, was ich mit Leidenschaft mache: Menschen Geschichten über das zu erzählen, was mich selbst begeistert.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich bin seit August 2021 angestellt auf einer halben Stelle für PR und Öffentlichkeitsarbeit im Besucherzentrum Arche Nebra am Fundplatz der Himmelsscheibe von Nebra. Eine weitere, befristete halbe Stelle habe ich als Koordinatorin des Tourismusnetzwerks Himmelswege inne. Hier koordiniere ich Marketing- und Kooperationsvorhaben von fünf Stationen mit archäologischer und astronomischer Relevanz in Sachsen-Anhalt und den dahinter stehenden Institutionen.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Obwohl Archäologie in der Öffentlichkeit auf großes Interesse stößt, und wir Archäologen mit Geschichten, die viele Menschen interessieren, aufregenden Fundstücken, gut etablierten und vernetzten „Werkzeugen“ wie Museen, Publikationen oder Dokumentationen eigentlich super aufgestellt sein müssten, unsere Wissenschaft und ihre Erkenntnisse zu vermitteln, verlieren wir doch immer häufiger die Deutungshoheit an pseudowissenschaftliche Auslegungen. Der Erfolg von Verschwörungserzählungen a la „Ancient Aliens“ spricht Bände, und trägt dazu bei, dass bestimmte Narrative als Grundlage von extremistischen Ideologien missgedeutet und missbraucht werden können. Dagegen hilft, wenn wir Forschenden Geschichten selbst und besser zugänglich erzählen, und dafür versuche ich (wie viele andere SciCom-Archäologen auch), Verständnis und Interesse zu wecken.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Mein Arbeitsalltag lässt mir nicht allzu viel Freizeit. Die nutze ich für Projekte, die ich bereits vor dem Antritt meines Jobs begonnen hatte, und die im Job keinen Platz finden: Mitarbeit in verschiedenen Gruppen und Gemeinschaften wie bspw. HAWK digital Network zur Wissenschaftskommunikation in den historischen und archäologischen Wissenschaften. Verschiedene Talks und Papers zu Themen, an denen ich forsche, wie jungsteinzeitliche Tonfiguren aus Nordmesopotamien, und was sie uns über die Mensch-Tier-Verhältnisse erzählen. Oder zu der Frage, wie divers die Bilder sind, die wir von Gesellschaften der Vergangenheit produzieren und kommunizieren. Mein zeitaufwändigstes Hobby, dass aktuell ziemlich zu kurz kommt, ist meine Promotion: dabei arbeite ich zu Bestattungen des 6. Jahrtausends vor Christus in Nordmesopotamien. Wenn dann Zeit bleibt, und ich den Kopf frei bekommen muss, greife ich auf eher weniger spektakuläre Tätigkeiten zurück: ich backe, und ich mache ein wenig Yoga.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Mein perfekter Tag fängt nicht allzu früh an, ich bin nicht gerade ein Frühaufsteher.

An einem perfekten Tag hätte ich aber ausreichend Schlaf bekommen, und Energie und Motivation, ein paar Yoga-Asanas in der Sonne am offenen Fenster oder im Freien zu machen. Dann ginge es zu einem Frühstück in ein kleines Café, vor dem man sitzen und Menschen beobachten kann. Nach ausreichend Kaffee, gutem Essen und Sonne geht’s auf Erkundungstour: Straßen erforschen, einen neuen Wanderweg mit interessanten Aus- und Einblicken am Wegesrand, oder eine Tour durch ein Museum. Ich liebe es, neue Eindrücke aller Art zu sammeln. Zwischendurch darf es gern eine kleine kulinarische Neuentdeckung Streetfood sein. Meine Entdeckungstouren mache ich am liebsten zu Fuß, dabei kommen gern schonmal 20 bis 30 Kilometer Fußweg am Tag zusammen. Daher endet der Tag herrlich erschöpft, am liebsten in einer lauen Sommernacht, wieder vor einem Café oder Restaurant, mit einem guten Glas Rotwein oder einem lokalen Bier, während ich die neu gewonnenen Geschichten des Tages Revue passieren lasse.  

Bitte begrüßt Nicola ganz herzlich bei Real Scientists DE!   

Tuesday, February 22, 2022

Liebesbriefe klassisch und digital - Melanie Seltmann ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Maria-Elena Vorrath (@msiemund) vorstellen zu dürfen! Melanie ist studierte Linguistin, die es in die Bibliotheks- und Informationswissenschaft verschlagen hat. Sie ist waschechte Berlinerin, die es aber immer mal woanders hinverschlägt, sodass sie lange in Wien gearbeitet hat und derzeit nach Darmstadt und Potsdam pendelt. In Darmstadt arbeitet sie im Citizen-Science-Projekt „Gruß und Kuss – Briefe digital. Bürger*innen erhalten Liebesbriefe“, was auf wunderbare Weise gleich mehrere ihrer Forschungsinteressen verbindet: Neben den Forschungsinhalten den Bereich Citizen Science und damit eine besondere Form der Wissenschaftskommunikation sowie den Bereich der digitalen Geisteswissenschaften. In letzterem ist auch ihre Stelle in Potsdam angesiedelt, da sie als wissenschaftliche Koordinatorin die diesjährige Jahrestagung des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd) mitorganisieren darf.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Den Wunsch in der Wissenschaft zu arbeiten hatte ich eigentlich schon vor meinem Studium. Als Schülerin wollte ich unbedingt studieren, auch wenn ich mir noch nicht ganz sicher war, was. In meinem Latein-Leistungskurs waren wir dann in einem Schülerlabor bei der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und haben gelernt, wie man kritisch ediert. Das hat mich so interessiert, dass ich Latein studieren wollte und dort auch promovieren und arbeiten. Latein habe ich im Bachelor studiert (mit Zweitfach Deutsch, als Backup auf Lehramt), mich dann aber im Master für die Linguistik entschieden und dort in Wien auch meine Promotion angefangen. Im Laufe des Masters bin ich über meine Hilfskraftsstelle in die digitalen Geisteswissenschaften gerutscht und seither dort geblieben. 
Nachdem meine Stellen eigentlich immer im Infrastrukturbereich der Projekte waren, habe ich 2020 neben der Arbeit angefangen noch einmal zu studieren: Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der HU Berlin. Passenderweise bin ich letztes Jahr mit meiner Stelle in der Bibliothek gelandet und fühle mich dort sehr wohl. Zumal ich dort auch forschen kann. Und da schließt sich eigentlich auch der Kreis, schließlich bin ich dann doch noch bei der Editionsarbeit gelandet. 
 
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Mich interessiert die Vielseitigkeit meines Feldes. Ich bezeichne mich gerne als digitale Geisteswissenschaftlerin. Diese zeichnet aus, sehr interdisziplinär zu sein und zu arbeiten. Das harmoniert sehr gut mit meinen vielen verschiedenen Interessen. Außerdem mag ich die Community sehr gern. Die meisten Menschen sind sehr offen und kommunikativ. Vermutlich muss man das auch sein, wenn man in solch einem fluiden Feld bewegt. 
 
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
In meiner längerfristigen Stelle in der Bibliothek bin ich für Infrastrukturbelange unseres Projektes „Gruß & Kuss – Briefe digital. Bürger*innen erhalten Liebesbriefe“ zuständig. Da es sich um ein Verbundprojekt handelt, habe ich dabei Unterstützung von Kollegen der Hochschule Darmstadt. In der praktischen Arbeit kommen aber auch viele andere Projektaspekte hinzu: Überlegungen von Forschungsaktivitäten, Kommunikationswegen, Kommunikation mit internen und externen Kolleg*innen, Publikationen und Vorträge etc.
Daneben habe ich aktuell noch eine Anstellung an der Uni Potsdam, wo ich bei der Tagungsorganisation der DHd2022 mitorganisiere. Wir sind gerade in der heißen Phase (in 2 Wochen ist die Konferenz schon). D.h. es gibt viel Eintragungen auf unserer Webseite und in ConfTool, Exporte aus ConfTool, Mails mit Teilnehmenden und Teilgebenden, Planungen von Zoom, Konferenztaschen (die es gibt, obwohl die Tagung online stattfindet) etc.  
 
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Im Bereich Citizen Science sind wir auf die Öffentlichkeit quasi angewiesen. Wir verstehen im Projekt Citizen Science sehr vollumfänglich. Also von der Forschungsfrage bis zu den Ergebnissen. Dabei kann jede*r an so vielen Aktivitäten teilnehmen wie sie*er möchte. Gerade in den Geisteswissenschaften sind Citizen-Science- (oder eigentlich Citizen-Humanities-)Projekte erst nach und nach präsenter. Dabei gibt es auch hier so spannende Projekte, die auch sehr nah an der Lebenswirklichkeit von allen liegen. Siehe unser Bereich von Liebesbriefen. Die meisten werden vermutlich schon den ein oder anderen Liebesbrief bekommen oder geschrieben haben. 
Der Bereich Digital Humanities ist interessant, weil so viele verschiedene Fächer involviert sind. Zudem werden neuste Methoden verwendet, die auch außerhalb der Wissenschaft zum Tragen kommen. 
 
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Neben meiner eigentlichen Arbeit engagiere ich mich in verschiedenen Arbeitsgruppen, z.B. zum digitalen Publizieren, zur Theorie in den digitalen Geisteswissenschaften oder auch zu Nachhaltigkeit in den digitalen Geisteswissenschaften. Zudem erzähle ich auf meinem TikTok-Account über Citizen Science und betreibe mit einer Freundin (Mareike Schumacher, die hier auch schon kuratiert hat) einen Blog über Public Humanities. 
 
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
In meiner (im Moment sehr raren) Freizeit singe ich im Chor. Das ist momentan so ziemlich der einzige Moment, wo ich mal vollständig von Arbeit abschalten kann. Auch wenn die Proben natürlich auch einiges an Zeit kosten. Im Moment proben wir z.B. für einen Auftritt der Matthäuspassion in der Berliner Philharmonie am Gründonnerstag.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Idealerweise fahre ich in den Wald oder ans Wasser, gehe lange spazieren, trinke den ein oder anderen guten Kaffee (und da bin ich sehr hakelig)… Derzeit ist es häufig leider einfach nur etwas ausruhen auf dem Sofa und vielleicht noch einen Film sehen.

Bitte begrüßt Melanie ganz herzlich bei Real Scientists DE!   

Sunday, February 13, 2022

Meeresgesteine als CO2-Staubsauger - Maria-Elena Vorrath ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Maria-Elena Vorrath (@MEVorrath) vorstellen zu dürfen! Nach ihrem Abitur hat Maria-Elena (Jahrgang 1985) ein halbes Jahr einen Freiwilligendienst in Costa Rica absolviert. Danach absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Toningenieurin und anschließend ein Bachelorstudium in systematischen Musikwissenschaften. Mit 26 entschied sie sich schließlich,  Geowissenschaften (BSc und MSc) mit dem Schwerpunkt marine Geologie und Biogeochemie zu studieren. Seitdem forschte sie in Bremerhaven mit Algenlipiden das Meereis der Vergangenheit auszuspüren, unternahm eine Expedition in die Antarktis und untersuchte in Brest (Frankreich) Spurenmetalle. Seit August 2021 arbeitet sie am Alfred Wegener Institut am Helmholtzzentrum für Polar- und Meeresforschung, wo sie erforscht, wie man durch Gesteinsverwitterung im Meer der Atmosphäre CO2 entziehen kann.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich habe studiert und studiert und studiert. Ich hatte schon immer einen Hang dazu über eine Sache, die mich begeistert, alles wissen zu wollen. Als ich 2011 den dritten Anlauf für einen Beruf in meinem Leben startete, mein Studium der Geowissenschaften, war ich sofort von allem begeistert. Die Erde ist einfach nur da und die Natur steht für sich selbst. All die Kräfte, die Kontinente verschieben und Vulkane explodieren lassen, kommt aus dem Inneren der Erde. Dagegen sind wir Menschen ganz klein. Durch meine große Begeisterung im Studium bekam ich viele, tolle Gelegenheiten mich einzubringen, sei es als Tutorin, als LaborHiWi, bei Expeditionen und als Aushilfe bei Laborpraktika. Für mich war immer klar, dass ich danach promovieren würde, denn einen Bürojob als Geologin in der Baugrunderkundung (da landen die meisten) konnte ich mir nicht vorstellen. Entdecken wollte ich.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Ich habe einige Schiffsexpeditionen gemacht und die Vergangenheit und aktuellen Zustand der Erde dokumentiert. Überall wachsen die Schäden der Klimakrise und ich fühlte mich, als würde ich das Elend einfach nur dokumentieren, aber nichts dagegen ausrichten können. Mit meinem neuen Forschungsfeld der negativen Emissionen kann ich aktiv etwas positives gegen die Klimakrise beitragen. Da die Klimakrise allein durch radikale Emissionsreduktionen nicht mehr aufgehalten werden kann (so der Weltklimarat), ist die aktive Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre nötig. Damit behebt man die Ursache der globalen Erwärmung und Ozeanversauerung. Die Natur hat viele kluge Mechanismen, um Kohlenstoff aufzunehmen und zu speichern und als Geowissenschaftlerin kenne ich mich damit besonders gut aus. Das Ziel ist es, den Kohlenstoff so langfristig und schonend wie möglich außerhalb der Atmosphäre zu speichern.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich erforsche die  Gesteinsverwitterung: wie schnell löst sich das Mineral Olivin auf, wenn es am Meeresboden von einer Meersströmung bewegt wird. Wenn sich Olivin auflöst wird das CO2 im Wasser entweder neutralisiert oder zu einem neuen Mineral ausgefällt. Dadurch kann mehr CO2 im Meer aufgenommen werden und das reduziert langfristig den CO2 Gehalt der Atmosphäre. Die Gesteinsverwitterung gibt es, seitdem es die Erde gibt. Das einzige Manko ist, dass dieser Vorgang sehr langsam ist, jedoch durch eine hohe Temperatur, einen niedrigen pH oder mechanische Einwirkung auf das Olivin beschleunigt werden kann. Streut man, wie in meinem Projekt ursprünglich gedacht, Olivin an den Strand, wird er durch die Wellen zerkleinert und verwittert schneller. Da Feldversuche leider verboten sind, habe ich versucht Meeresströmungen und Wellen im Labor zu simulieren.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Mein Forschungsfeld fällt in den Bereich Geoengineering, besser die negativen Emissionen. Bei dem Thema stehen bei vielen Leuten die Haare zu berge, da sie oft nur ein veraltetes und ziemlich falsches Bild im Kopf haben. So ist das aber ganz und gar nicht. Schließlich hat die Menschheit durch die Industrialisierung aktiv Geoengineering betrieben, eben nur in Richtung warm. Zudem denken immer noch viele Menschen, dass ein kleiner Beitrag von jedem die Klimakrise schon aufhalten wird. Dem ist leider nicht so. Es ist bereits so spät, dass alle Optionen, die möglich sind, erforscht werden müssen, damit möglichst viele von ihnen schnell und in großen Stil angewendet werden können.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ja: ich mache Science Slams, ich bin involviert in zwei Buchprojekte mit dem Rowohlt Verlag und Springer Verlag. Ich bin häufig bei Treffen von Projekt Carbon Drawdown dabei, die einen ähnlichen Ansatz meiner Arbeit, statt im Meer an Land, verfolgen. Die Gesteinsverwitterung setzt nämlich viele Mikronährstoffe frei, die für die Landwirtschaft sehr interessant sind. Ansonsten engagiere ich mich noch in der Olivin-Community. Es gibt weltweit eine kleine Gemeinschaft von Olivin-Fans, da dieses Mineral so wandelbar ist und ein unterschätzter Superstar unter den negativen Emissionen ist.
10) Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?: Momentan nimmt mich die Wissenschaft komplett ein, Freizeit ist sehr, sehr rar. Ich gönne mir aber immer wieder zu Fuß zu Arbeit zu laufen (45min) und nenne das meinen sportlichen Ausgleich. Seit ein paar Monaten schaffe ich es immer wieder etwas zu lesen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Einfach nur schlafen und mit lieben Menschen treffen, die man sonst immer vernachlässigt. Und 1-3 Katzen kraulen. 


Bitte begrüßt Maria-Elena ganz herzlich bei Real Scientists DE!    

Sunday, February 6, 2022

Forschende aktiv unterstützen - Stephanie Zihms ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Stephanie Zihms (@StephZihms) vorstellen zu dürfen! Stephanie lebt seit vielen Jahren in Schottland, wo sie zunächst ihr Studium der Geologie abschloss und mehrere Stellen innerhalb und außerhalb der universitären Wissenschaft inne hatte. Aktuell arbeitet Stephanie in einer spannenden Stelle, die wissenschaftliche Arbeit mit dem wissenschaftsunterstützenden Dienst vereint - aber lassen wir das Stephanie am besten in ihren eigenen Worten erklären:


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Ich bin da so reingepurzelt…ich wusste ewig nicht, was ich studieren soll, wie meine LKs in Physik und Geschichte zeigen. Meine Mama hatte dann Geowissenschaften in Hannover vorgeschlagen – viel draußen sein, etwas Reisen, von allen Naturwissenschaften etwas dabei, und vor allem kein NC – das klang super. Nach 3 Jahren Grundstudium bin ich dann nach Schottland – ursprünglich für 1 Jahr…aber Pläne ändern sich und ich bin da geblieben und habe dann 2007 meinen BSc in Earth Science von der University of Glasgow bekommen. Die Zeremonie in Glasgow war fast wie bei Harry Potter.

Ich habe dann ersteinmal als Geologin bei einer Geotechnikfirma in Schottland gearbeitet – war eine super Gelegenheit, Schottland noch besser kennenzulernen. Aber nach 2 Jahren kam die Lust auf mehr, und mit diesem Wunsch dann auch die finanzielle Krise in 2009 und meine Entlassung. Kurz bevor ich entlassen wurde, hatte ich eine Doktorandenstelle gesehen, die super spannend klang und nach einem Informationsgespräch habe ich mich auf die Stelle beworben. Bis ich die Zusage hatte, habe ich etwas gejobbt und z.B. Computerspiele getestet. Ich hab dann im September 2009 die ersehnte Zusage bekommen und im Oktober angefangen. Ich habe 3 Jahre und 10 Monate gebraucht und im August 2013 meine Doktorarbeit eingereicht. 

Dann bin ich wieder aus der Akademie raus – aber nicht aus der Forschung – und habe beim British Geological Survey als Experimentelle Geowissenschaftlerin angefangen – eine unbefristete Stelle im Öffentlichen Dienst – Jackpot. Naja…es ist nicht immer alles Gold was glänzt und mir haben die Einschränkungen nicht so gefallen und ich konnte auch meine eigenen Ideen nicht richtig verfolgen. Also habe ich nach 15 Monaten meine Kündigung eingereicht und bin dann im Dezember 2014 von England wieder nach Schottland gezogen. Ich wollte wieder zurück an die Uni – hatte aber keine guten Stellen gesehen, und so sagte ich ja zu einer 4-monatigen Postdoc-Stelle an der Heriot-Watt University. Ich habe ein Experiment entworfen, um CO2 Blasen unter verschiedenen Strömungsbedingungen zu messen. Und während dieser Zeit habe ich dann auch das Angebot für meine jetzige Stelle entdeckt, mich beworben und auch bekommen. 

Ich habe im Mai 2015 am Insitute for Petroleum Engineering angefangen und dort bis 2017 geforscht. Ich war inder Zeit auch dreimal in Braslien – und habe von dort das 1. Mal für Real Scientist getweetet. Ich dann in 2017 einen neuen Postdoc an der Heriot-Watt Uni angefangen – in dem neuen Lyell Centre. Aber die Luft war irgendwie raus und ich wusste das Geowissenshaften einfach nicht mehr das richtige war. Meine Multiple Sklerose (MS) Diagnose und die Erfahrungen danach haben auch zu dem Entschluss beigetrage die Karriere zu wechseln, und mich auf die Unterstüzung von Forscher*innen zu konzentrieren. Ich weiss gar nicht wie mein Job in Deustchland heißen würde, aber hier ist es Researcher Development. Ich habe im November 2018 an der UWS als Dozentin angefangen und es ist einfach ein toller Job. Es ist von allem etwas dabei – da wird einem nie langweilig und ich arbeite mit so vielen tollen Forscher*innen. Ich habe 2020 etwas über mein (Forscher) Leben mit MS für den Voices of Academic Blog geschrieben

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Während meines Postdocs [2015-2018] habe ich gesehen, wie wenig Unterstützung wir hatten was Karriereplanung und Fähigkeitenentwicklung bzw Weiterbildung angeht. Ich habe dann in 2015 das Postdoc Forum gegründet und darüber entdeckt, dass es mir super viel Spaß macht anderen zu helfen. Bei einem Karrierekurs hat sich das auch als eine meiner Stärken herausgestellt. Und als ich dann erfahren haben dass man das als Vollzeitjob machen kann – BINGO! Ich habe ich mich dann Jobs in der Forscher*innen-Weiterbildung konzentriert und im November 2018 habe ich dann meine jetzige Stelle an der UWS angefangen. Die Arbeit macht so viel Spass, ich arbeite mit allen Forscher*innen an der Uni – von Doktorand zu Professor. Hier etwas mehr über meine Arbeit

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Mein Hauptfokus ist akademiches Schreiben für Veröffenbtlichungen und seit diesem Jahr für Fosrchungsanträge. Ich habe auch ein Modul für Betreuerinnen entwickelt und mache sonst was so gebraucht wird. Dieses Jahr leite ich auch unser Wissenschaftsfestival, das im Juni stattfindet. Ich freue mich schon total unseren Forscher*innen die Möglichkeit zu geben ihre Arbeit zu teilen. Ich weiß gar nicht, ob es solche Rollen in anderen Länder gibt (UK und Australien sind da etwas weiter). Da ich als Dozentin angestellt bin betreibe ich auch meine eigene Forschung und habe meinen ersten Paper über unsere Schreibgruppe Power Hour of Writing im Dezember dem Peer-Review ausgesetzt. Einen typischen Tag gibt es irgendwie nicht und das passt mir ganz gut – immer was neues zu tun und zu entdecken.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Das ist eine gute Frage – ich denke gut ausgebildete und unterstütze Forscher*innen sind besser in ihrem Job und damit helfen ich indirekt allen die von dieser Forschung profitieren. Dann haben wir doch alles was davon, oder?

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Associate Editor bei Geoscience Communication – das ist super spannend und ich lerne so viel. Seit 2021 bin ich auch Co-chair vom Researcher Development & Training Committee – ein Kommitee von Universities Scotland, das sich um die Forscher*innen Unterstützung und Training in ganz Schottland kümmert. Und ich bin auch Vorsitzende von Chronically Academic (bei meinem letzten Takeover war ich “nur” Mitglied) – Chronically Academic ist ein Netzwerk von Akademiker*innen mit Behinderung oder chronischen Erkrangungen. Da bin ich nach meiner MS Diagnose beigetreten – für die Unterstützung, aber auch, um das System zu ändern und anderen Wissenschaftler*innen in meiner Situation zu helfen und bei der Aufklärungsarbeit zu helfen.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Interessant vielleicht nicht – ich habe 2017 wieder mit dem Laufen angefangen und habe seit dem meine Strecken etwas verlängert – ich trainiere gerade um den West Highland Way (153km) über das Osterwocheende zu laufen – mit zwei Freundinnen die auch MS haben. Wir wollten das eigentlich schon 2020 machen – letztes Jahr bin die Distanz in Glasgow über 4 Tage gelaufen damit das Training leztes Jahr nicht umsonst war. Im Oktober bin ich den Dramathon gelaufen – 42 km and 8 Distillerien vorbei…da gab es von jeder eine kleine Flasche im Ziel. Letzes Jahr habe ich mit Häkeln angefangen und ich häkel gerade eine Regebogendecke für Leicster und danach versuche ich mich an einer Strickjacke für mich. Keine Ahnung, ob das als Hobby zählt aber ich betreibe Aufklärungsarbeit was barrierefreies Twittern angeht – haptsächlich Tweets die keinen alternative Text für Bilder angeben oder nur Emojis twittern. Ich versuche die Leute darauf hinzuwesien wie sie ihre Tweets besser machen können.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ein idealer freier Tag fängt mit Frühstück an und dann am besten ein Lauf oder Spaziergang – ich habe im Lockdown viele versteckete Pfade entdeckt z.b. eine Strecke die 20 Minuten von meiner Wohnung anfängt und man denkt man wäre auf dem Land und nicht in einer Großstadt…danach Dehnen oder Yoga (man wir ja nicht jünger) und dann lesen, fernsehen oder podcast hören– je nach dem wie die Laune ist. Ne Tassee Kaffee von unseren neuen Maschine darf auch nicht fehlen… Wenn mein Freund auch frei hat versuchen wir Schottland etwas zu erkunden und gehen öfter mal Mountabike fahren. Angeblich macht das mehr Spaß als laufen…

 

Bitte begrüßt Stephanie ganz herzlich bei Real Scientists DE!