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Sunday, April 23, 2023

Wo Körper und Geist aufeinander treffen - Franca Parianen ist wieder bei Real Scientists DE!














Diese Woche dürfen wir unsere Kuratorin Franca Parianen (@FParianen) auf dem Kanal zurück begrüßen! Franca, Jahrgang 1989, ist Neurowissenschaftlerin, Bestseller-Autorin und Wissenschaftskommunikatorin. Ihre Arbeit erforscht das Zusammenleben auf der Ebene von Hirn und Hormonen. Und die Frage, warum es uns so schwer fällt. Ausgestattet mit einem Abschluss in Public Administration, einem Master in Neurowissenschaften und der passenden Promotion, forschte sie unter anderem am Max-Planck-Institut, genauso wie an Unis in Bremen und Utrecht. Seit 2014 ist die Wahlberlinerin als Science-Slammerin aktiv und bringt Wissenschaft auf die Bühnen von
Theatern, Kneipen und Kongressen. Dafür gewann sie überregionale Meisterschaften und den Preis der deutschen Gesellschaft für Neurologie. Inzwischen trifft man sie auch regelmäßig in den Medien, als Journalistin und auf Twitter. 2015 erschien im Rowohlt Verlag ihr Bestseller «Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage» (2017) und in diesem Jahr die Bücher "Herz Hirn und Hormone", sowie "Weltrettung braucht Wissenschaft".

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 
Wie alle Neurowissenschaftler:innen: Ich habe Oliver Sacks gelesen und dann hat mich das Thema nie losgelassen. Obwohl ich zwischendrin mal versucht habe Politik zu studieren.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Als Mensch mit Entscheidungsschwierigkeiten liebe ich vernetzte Themen mit vielen Berührungspunkten. Hirnforschung ist an sich schon die Schnittstelle von Natur- und Geisteswissenschaften - eine Naturwissenschaft, die uns einen ganz neuen Blick erlaubt darauf, wie wir leben und entscheiden, was wir brauchen oder was uns Angst macht mit jeder Menge Implikationen für Mensch und Gesellschaft(da lohnt sich dann auch das Politikstudium). Das Thema Hirn und Hormon ist in gewisser Weise die Schnittstelle der Schnittstelle. Der Ort wo Körper und Geist aufeinandertreffen und in Wechselwirkung miteinander tanzen (oder sich auf die Füße treten).


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine erste richtige Arbeit war beim Eine-Welt Netz. Passenderweise ging es dann später auch in der Forschung aMax-Planck Institut in Leipzig vor allem darum, was passiert wenn zwei Gehirne aufeinander treffen. Wie verstehen wir anderer Leute Gedanken und Gefühle, und wo ist da der Unterschied? Wir haben mit Ökonomen zusammengearbeitet und versucht ein Entscheidungsmodell zu entwickeln, das menschlicher und nützlicher ist als der Homo Oeconomicus. In Utrecht kamen dann die Hormone zur Fragestellung dazu: Wie beeinflussen Testosteron und Oxytocin unser sozialVerhalten; Wie beeinflussen unsere Erfahrungen als Kinder die Art, wie wir später auf Erwachsene reagieren? Heute besteht meine Arbeit vor allem darin, Menschen von solchen und anderen Erkenntnissen zu erzählen und aufzudecken, was wir daraus lernen. In Büchern, Vorträgen oder auf Twitter. 


Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wir machen ständig Annahmen über den Menschen – sehr häufig zynische: Das kann man denen nicht vermitteln, jenes nicht zumuten, dafür interessiert sich sowieso keiner. Wenn sie dann doch mal was Nettes machen, sind wir oft so überrascht, dass wir am liebsten gleich das empathische Zeitalter einläuten würdenBeides lässt sich prima vorschieben, um gesellschaftlicher Veränderung auszuweichen, wahlweise weilMenschen eh in Eigenverantwortung das Richtige machenoder da nie mitziehen. Ich finde es spannender zu fragen unter welchen Bedingungen Menschen gut Zusammenarbeiten und -leben. Welche Herausforderungen liegen uns, welche fallen uns schwer? Welche Kognition steckt dahinterKann man die trainieren? Und wie baut man eine Gesellschaft, die für Menschen gemacht ist? Immerhin haben wir mindestens so viele Bedürfnisse wie Hauspflanzen – und neben Licht und Wasser kennt die Neuropsychologie noch eine Menge mehr, die wir vernachlässigen. Nach Sozialkontakt, Erholung undAnregung; Fairness, Selbstwirksamkeit und Ausschlafen.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Moment arbeite ich gerade mit Forschenden aus allen möglichen Fachgebieten zusammen am Projekt „Weltrettung braucht Wissenschaft“. Gemeinsam versuchen wir der Frage nachzugehen „Wie sähe die Welt aus, wenn wir auf Wissenschaft hören?“. Was raten die verschiedenen Disziplinen der Welt und welche hat eigentlich noch Hoffnung? Als Gruppe ein Buch zu schreibenvoneinander zu lernen und Science Slams und Veranstaltungen zu organisieren, hat großen Spaß gemacht – wie ein Dominospiel, bei dem immer jemand etwas anzulegen hat und am Ende hat man ein faszinierendes Gesamtbild, aus hochrelevanter Expertise und NerdwissenEs geht um jede Menge Themen, von denen sich die meisten nicht mal um ein Gehirn drehen - von Solaranlagen über AI Diskriminierung bis Gentechnik – aber so ist es ja auch mit den Krisen, die uns gerade beschäftigen. Die meisten Probleme lassen sich nicht auf eine Ursache oder ein Fachgebiet festnageln (naja, abgesehen von BWL). Wir müssen zusammenlegen, um sie zu lösen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schwimmen mit Musik auf den Ohren, oder Hörbücher. Wir haben die Technologie! Eine Weile unterzutauchen ist sehrentspannend und außerdem die Art, wie ich die meisten Programmierprobleme gelöst habe.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Vor kurzem bin ich das erste Mal im Nachtzug aufgewacht – mit Schlafanzug und Frühstück im Bett die Landschaft vorbeiziehen sehen – das fühlt sich schon ziemlich ideal an. Wenn er dann noch am Meer ankommen könnte, bin ich glücklichDann kann ich auch den Laptop ein paar Tage zulassen. Aber weil die meisten freien Tage ja keine zwei freien Wochen nach sich ziehen, tut es auch Frühstück auf dem Balkon, zusammen über irgendeinen Markt schlendern und später zum Tempelhofer Feld - auf ein Bier mit Freundinnen.


Bitte begrüßt Franca ganz herzlich zurück bei Real Scientists DE!

Sunday, July 24, 2022

Die Hochschule von innen - Christina Bergmann ist wieder bei Real Scientists!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere Kuratorin Christina Bergmann (@chbergma) erneut vorstellen zu dürfen! Christina ist seit März 2022 Recruiterin und Talentmanagerin an der Hochschule Osnabrück, wo sie eine neue, diversere Generation Professor*innen für eine Karriere an einer HAW (Hochschule für Angewandte Wissenschaften) gewinnt. Daneben setzt sich Christina für offene Wissenschaft und den freien Zugang zu aktuellen Erkenntnissen ein; wie sie das tut könnt ihr hier nachlesen. Christina’s wissenschaftliche Laufbahn begann mit einem Bachelor in Kognitionswissenschaften an der Universität Osnabrück und einem Erasmussemester in Computational Logic an der Universidade Nova in Lissabon. Danach ging es in die Niederlande für einen Master in kognitiven Neurowissenschaften, gefolgt von einem interdisziplinären PhD über Computermodelle, die wie Babys sprechen lernen sollen. Der nächste Umzug 2014 führte nach Paris, an die traditionsreiche École Normale Supérieure, wo Christina die Vorhersagen ihrer Dissertation im lokalen Babylab testete. Als Postdoc ging es zurück in die Niederlande, da 2017 ein neues Department am Max Planck Institut für Psycholinguistik zum Thema Sprachentwicklung eröffnete. Ab 2020 war Christina dort als Senior Investigator und Leiterin des Innovations Teams tätig, mittlerweile ist sie Gastwissenschaftlerin. Ihre Veröffentlichungen findet ihr frei zugänglich hier,

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Wie ich schon bei meiner ersten Runde bei realscientists schrieb, bin ich in die Wissenschaft ein bisschen reingerutscht. Aber ohne eine große Portion Unterstützung und Glück hätte es nicht geklappt. Ich sehe sowohl meine bisherige Laufbahn als auch meine aktuelle Stelle als großes Privileg an, denn ich kann und konnte mich immer mit Themen beschäftigen, für die ich mich einfach sehr interessiere.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Auch hier war wieder der Zufall und Glück am Werk. Ich war auf der Suche nach Professuren, mitten in der #IchBinHanna Debatte. Nach all den befristeten Verträgen wollte ich gern eine Perspektive und endlich irgendwo "ankommen". Bewerben ist ein aufreibender Prozess, bei dem man immer wieder mehrseitige Schreiben und Konzepte generiert, die genau auf die Stelle und die Arbeitsumgebung passen. Nicht ganz einfach, gerade wenn man mit einem Kleinkind zu Hause auf das Ende eines befristeten Vertrags zusteuert, und nebenbei noch Pandemie herrscht. Dafür habe ich mich, wie ich finde, gut geschlagen – geklappt hat es aber leider trotzdem nicht. Gerade als ich wieder den deutschen Stellenmarkt durchforstete, und als Plan B "Wissenschaftsmanagement" eingab statt "Professur", kam genau diese Stellenanzeige – und das auch noch an einem Ort, an dem ich mich auskenne! Noch nie ging mir eine Bewerbung so leicht von der Hand, auch weil die Anforderungen und Erwartungen sehr klar formuliert waren und mich die Themen wirklich bewegen. Beim Vorstellungsgespräch musste ich dann vorab eine Aufgabe erfüllen und hatte dann ein sehr schönes Gespräch mit meinen zukünftigen Kolleg*innen und Vorgesetzten, sodass ich direkt einen tollen Eindruck und richtig Lust auf diese Aufgabe hatte. Wissenschaft betreibe ich noch in meiner Freizeit und versuche, hier eine gute Balance zu finden.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich bin Teil des Career Lab (CarLa) Osnabrück, wo ich mit vielen unterschiedlichen und sehr interessanten Personen arbeite. Derzeit sind wir noch in der Entwicklungsphase des „Osnabrücker Karrierewegs“ in eine HAW-Professur, sodass ich hauptsächlich mit ganz unterschiedlichen Leuten rede und neue Ideen erarbeite. Ich lerne gerade auch unheimlich viel über Wissenschaftsmanagement und wie so eine Hochschule von innen funktioniert, nachdem ich schon ein bisschen die Studierendenperspektive während meines Bachelor als AStA Referentin und Mitglied des Studierendenparlamentes kennenlernen konnte.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Im Grunde beschäftigt sich meine aktuelle Aufgabe mit der Frage, wer 2030 gemeinsam mit den Studierenden die Welt von morgen erforschen wird. Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, auch bekannt als Fachhochschulen oder jetzt HAWs, beschäftigen sich damit, aktuelle Probleme zu bearbeiten und nachhaltige Lösungen zu finden. Dieser starke Anwendungsbezug unterscheidet sie von Unis, wo der Blick eher auf Grundlagenforschung gerichtet ist. Aus meiner bisherigen Arbeit kenne ich das selbst: Eine mögliche praktische Anwendung ist in der Regel noch einige Jahre von den eigenen Studien und Ergebnissen entfernt, auch wenn man sich natürlich fragt, wie sich diese oder jede Studie auf den Alltag auswirken könnte. Natürlich brauchen wir beide Arten von Forschung, und darum kooperieren Universität und Hochschule Osnabrück miteinander, genau wie das an vielen anderen Standorten der Fall ist.

Da Professuren an der Hochschule so nah an der Anwendung arbeiten, ist es natürlich auch wichtig, hier Menschen zu gewinnen, die andere inspirieren, gerne mit jungen Menschen zusammenarbeiten, und gemeinsam Ideen entwickeln und umsetzen. Eine besondere Fähigkeit, die viele Personen hier an der Hochschule auszeichnet, ist es, Herausforderungen, die gerade in der Praxis vorhanden sind, zu erkennen und erforschen, um kreative und nachhaltige Lösungen zu finden. Zum Thema ideale*r Professor*in haben wir alle sicher viele Ideen und Erwartungen... Also nehme ich diese Ideen mit, aber schaue auch, dass wir möglichst vielfältige Personen für diese wichtige Aufgabe gewinnen können und uns nicht unnötig auf ein bestimmtes Bild beschränken. Ich bin nämlich fest davon überzeugt, dass viele unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven nur ein Gewinn sein können. Also möchte ich Personen gewinnen, die sich und andere für ihre Themen begeistern können. Solche Professor*innen bedeuten gute Lehre und somit Studierende, die die Herausforderungen der Zukunft meistern können.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Neben meiner Arbeit engagiere ich mich schon seit Längerem bei ManyBabies – einem globalen Netzwerk für informative Kleinkindforschung. Die Grundideen hinter ManyBabies sind offene Wissenschaft, Zusammenarbeit, und Wertschätzung für ganz unterschiedliche Ansätze und Ideen. Ich bin unheimlich stolz, hier einen Beitrag leisten zu können und gemeinsam besser zu verstehen, was in Kinderköpfen so passiert und wie wir das so verlässlich wie möglich herausfinden können.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Puh, das Backen habe ich leider vorerst aufgegeben – dafür kocht mein Mann ganz toll für die ganze Familie. Abends erholen wir uns bei den neuesten Serien, auch wenn binge watching mit Kind leider nicht mehr drin ist. Also bitte nicht spoilern! Aber Empfehlungen nehme ich gerne entgegen, auch für spannende Science Fiction und Fantasy Romane, die lese ich nämlich besonders gerne. Durch die Pandemie sind viele andere kleine Freuden verloren gegangen, die ich gerade langsam wiederentdecke, zum Beispiel auf einer Terrasse sitzen und einen Latte trinken – für das Kind gibt es dann Milchschaum. Ich freue mich auch schon sehr darauf, Europa als Familie zu erkunden, und Freunde, die ich ewig nicht mehr gesehen hab, in San Sebastian, Paris, Berlin,... zu besuchen. Das ist einer der Vorteile des Nomadenlebens in der Wissenschaft, auch wenn es schade ist, dass viele Freundschaften über Kurz oder Lang auf Distanz geführt werden müssen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Hier ist meine Antwort noch dieselbe wie 2017: Mein idealer freier Tag besteht entweder aus einem Tag am Meer, natürlich im Strandkorb und mit viel Sonne, oder einer Stadterkundung, am liebsten mit Brunch und vielen spannenden Ecken, die man entdecken kann.

Bitte begrüßt Christina ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, July 3, 2022

Neurowissenschaft mit Virtual Reality - Michael Wiesing ist jetzt bei Real Scientists!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Michael Wiesing (@VR_Neuroscience) vorstellen zu dürfen! Michael ist gelernter KFZ Mechaniker und studierte zwischen 2009 und 2015 Biologie und Experimentelle Neurowissenschaften an der Universität Köln. Von 2015 bis 2019 war er als Doktorand am Forschungszentrum Jülich am Institut für kognitive Neurowissenschaften tätig und ist nun seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Wahrnehmungspsychologie (Twitter: @MotorPerception) der Uni Düsseldorf.  

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Dass ich eines Tages in der Wissenschaft landen werde, hätte ich mir lange Zeit selbst in meinen
Träumen nicht vorstellen können. Nach meinem Realschulabschluss habe ich damals eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker angefangen. Im Laufe der Ausbildung wurde mir aber immer deutlicher, dass das nicht der richtige Beruf für mich ist. Stattdessen habe ich mich damals schon lieber mit Computern beschäftigt und fand auch wissenschaftliche Themen immer spannender als Autos. Nach meiner Ausbildung habe ich mein Abitur im zweiten Bildungsweg nachgeholt. Während dieser Zeit fand ich immer mehr Interesse an psychologischen und neurowissenschaftlichen Themen,
weshalb ich mit dem Gedanken gespielt habe, etwas in die Richtung zu studieren.
Bevor ich mit dem Studium begonnen habe, wollte ich noch einen Einblick in den Forschungsalltag
bekommen und habe ein Praktikum am Institut für kognitive Neurowissenschaften (INM-3) im
Forschungszentrum Jülich absolviert. Im Rahmen des Praktikums war ich in eine Studie über
Synästhesie mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) involviert. Ich fand sowohl das
Thema und auch den ganzen Prozess, Experimente zu entwickeln, sehr spannend. Die Erlebnisse in
der Zeit haben mir die letzte Gewissheit gegeben, mich für eine wissenschaftliche Laufbahn im
Bereich der kognitiven Neurowissenschaft zu entscheiden.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Bei der Wahl des Themas für meine Dissertation hat man mir viel Freiraum gegeben und ich konnte
mein Thema selbst wählen. Zu der Zeit habe ich auch zum ersten Mal die Oculus Rift Development Kit
2 bei einem Freund getestet und war sofort angetan von den Möglichkeiten zur Untersuchung
kognitiver Prozesse, die sich mit der Technik ergeben. Am Ende habe ich mich dafür entschieden,
Virtual Reality (VR) als Werkzeug zur Erforschung kognitiver Prozesse zum Thema meiner Dissertation zu untersuchen. Bis heute finde ich sowohl die Möglichkeiten die VR für kognitive Neurowissenschaft bringt sowie die technischen und methodischen Herausforderungen, die die Technik an uns Wissenschaftler stellt, sehr spannend.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Aktuell arbeite ich an der Heinrich-Heine-Universität in der Gruppe für Wahrnehmungspsychologie
und untersuche, wie motorische Prozesse unsere Wahrnehmung beeinflussen. Wenn wir uns
bewegen, erhalten wir über unsere Sinne zahlreiche Informationen über die Beschaffenheit unserer Umgebung. Virtual Reality ermöglicht es mir sensorische Informationen in Abhängigkeit von den
Bewegungen der Versuchspersonen in Echtzeit zu manipulieren und dabei zu untersuchen, wie sich
das Gehirn auf neue Zusammenhänge zwischen Wahrnehmung und Motorik einstellt und
Verhalten sich den Gegebenheiten der Umwelt dynamisch anpasst.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Virtual Reality wird in Zukunft eine immer größere Rolle in unserem Leben spielen. Bislang ist aber
noch nicht wirklich verstanden, welche Auswirkungen die Technologie auf uns haben wird. In meiner
eigenen Forschung nutze ich VR als Werkzeug, um kognitive Prozesse zu untersuchen. Dafür ist es
wichtig, erstmal zu verstehen, wie die Technik sich auf die Wahrnehmung und das Verhalten von
Versuchspersonen auswirkt. Anders formuliert: Verhalten sich Versuchspersonen in einem
Experiment anders, nur weil das Experiment in VR stattfindet?

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Durch meine Arbeit habe ich gemerkt, dass ich sehr viel Spaß am 3D Rendering habe und so kommt
regelmäßig vor, dass ich meine Freizeit nutze und an den Umgebungen für meine Experimente feile.
Ob die Details, an denen ich dabei arbeite, einen experimentellen Vorteil bringen, sei erstmal
dahingestellt. Spaß macht es auf jeden Fall! Außerdem habe ich mir letzten Jahr einen 3D Drucker gekauft, der seitdem selten stillsteht.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Erst einmal ausschlafen und dann ein wenig in den Tag hineinleben, Freunde treffen und abends auf
die Couch, Serien oder Filme schauen, vorzugsweise mit ausreichend Junkfood.

Bitte begrüßt Michael ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 29, 2022

Was den Mensch im Innersten zusammenhält - Philipp Markolin ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Philipp Markolin (@philippmarkolin) vorstellen zu dürfen! Philipp ist promovierter Naturwissenschaftlerin im Bereich Biomedizin. Er hat in Graz, Österreich studiert und an der ETH in Zürich jahrelang geforscht. Zurzeit arbeitet er als Wissenschaftskommunikator für ein Start-up Unternehmen.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Als Kind war ich eine Leseratte und bin gerne in die Schule gegangen. Soweit ich mich zurückerinnern kann war ich schon immer ein Suchender, manchmal von der Neugierde gelockt, oft von ihr getrieben. Physik, Chemie, Philosophie, Psychologie, Literatur, alles was interessante Ideen und Konzepte beherbergte, dafür war ich zu haben. Manchmal seh ich mich immer noch als eine Faust’ische Gestalt, die wissen will, ‘Was die Welt im Innersten zusammenhält’. Ich studierte Chemie, danach Biochemie, dann kam das Doktorat in Biomedizin an der ETH in Zürich, darauf dann noch Postdoc in der Bioinformatik und maschinelles Lernen. Seit meiner PhD Zeit schreibe ich nebenbei einen Wissenschaftsblog. Vor einem Jahr habe ich mich dann dazu entschlossen, die universitäre Forschung zu verlassen und der Wissenschaftskommunikation professionell eine Chance zu geben. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich bin in der seltsamen Lage, dass ich kein wirkliches Feld besitze. Wenn mein akademischer Weg einen gemeinsamen Nenner hatte, dann war es mein ewiges Bestreben, „das menschliche Genom“, diesen fast mystischen Kern dessen, was uns menschlich macht, aus chemischer, biologischer, medizinischer und computergestützter Perspektive zu verstehen. Nachdem ich das nun halbwegs gemeistert habe, kommt als nächstes unser Gehirn dran… ich bin ein hoffnungsloser Fall in der Hinsicht. Irgendwann habe ich gemerkt, dass meine breite wissenschaftliche Aufstellung sich überraschend gut eignet, auch journalistisch an komplexe Probleme und Projekte die Wissenschaft und Gesellschaft betreffen, ranzugehen. Und dann bin ich (unter anderem) auch gleich mitten in die Kontroverse rund um die Ursprungs-Diskussion von SARS-COV-2 reingefallen, was ich anderen nicht empfehlen würde als Einstieg in öffentliche Wissenschaftskommunikation. Darüber werde ich sicherlich noch einiges von mir hören, aber professionell mache ich momentan was komplett anderes: Ich erstelle multimediale wissenschaftliche Inhalte für eine Firma.  

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Seit kurzem arbeite ich in einem ‘Deep Tech’ Startup Unternehmen namens 3Brain in der Schweiz, in einer der seltenen Positionen wo man für Wissenschaftskommunikation bezahlt wird. Ich sage selten, weil ich ein Jahr lang auf der Suche nach eben so einer Position gewesen bin und dazwischen als Freelancer an einigen Projekten und Workshops gearbeitet habe, und darüber werde ich sicherlich auch noch sprechen. Kurz zur momentanen Arbeit, es geht bei uns in der Firma um eine fundamentale Idee: Wie funktioniert unser Hirn, genauer: Wie interagieren unsere Neuronen individuell und zusammen in unserem neuronalen Netzwerk? Was sind die Dynamiken, wie hängt alles zusammen? Um eben dies zu untersuchen, entwickeln und bauen wir sogenannte “Brain-on-chip” Technologien, konkret Semi-Leiter Mikrochips mit tausenden winzigen Sensoren auf denen die elektrische Aktivität eines biologischen neuronales Netzwerk (Hirnschnitt oder Hirn-Organoid) beobachtet werden kann wie mit einer hochauflösenden Digitalkamera. Da die Technologie viele verschiedene Fachgebiete umfasst, von Elektronik zu Neurowissenschaft zu Bioinformatik (die Datenmengen sind enorm und das Prozessieren aufwendig) hat die Firma sich entschieden, einen Kommunikator einzustellen, der diese revolutionäre Technologie Wissenschaftlern und wirklich allen Menschen besser zugänglich machen kann. Da ich erst relativ kurz bei der Firma bin, kann ich noch nicht zu viel über den Alltag plaudern (ein wenig schon!), aber eines gleich vorweg: Meine momentanen Aufgaben umfassen alles kreuz und quer, von technische Protokolle für CE Zertifizierung schreiben zu populärwissenschaftlichen Artikel verfassen für Blogs, Websites und Social media Posts, und zusätzlich Wissenschaftsvideos machen, und eine Marketing Kampagne organisieren für einen neuen Produktlaunch, und natürlich ganz viel wissenschaftliche Studien lesen um Up-to-date zu bleiben. Chaotisch, aber so ist es im Start-up Leben, und dass passt mir ganz gut momentan. Vielleicht eines noch: Glück spielt eine grosse Rolle. Ohne mein “Freelancer” Jahr in welchem ich aktiv an meinem Wisskomm Portfolio gearbeitet habe, hätte ich diese Stelle wohl nie bekommen. Es führen, wie man so schön sagt, alle Flüsse irgendwann in den Ozean. Deshalb rate ich allen PhDs und Postdocs, einfach mal das zu machen, wofür man brennt, auch wenn man nicht weiss, was die Zwischenstationen sind und wo man schlussendlich landen wird.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ich bin der festen Überzeugung, dass Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielen. Meiner Meinung nach ist die Wissenschaft das hoffnungsvollste, erfolgreichste und einzig wirklich globale Unterfangen dem sich die Menschheit je verschrieben hat und auf dem unsere moderne Welt sich stützt. Sie ist zweifelsfrei der Motor in eine bessere Zukunft. Aber ich rede nicht nur von Technologie und Fortschritt, sondern auch von sozialen Aspekten. Etwas, dass vielleicht weniger offensichtlich ist, aber ich glaube fest, dass wissenschaftliches Denken uns freier, vernünftiger und wenn wir gewillt sind, menschlicher macht als jede andere Form der Epistemologie. Wissenschaftler haben einen phänomenalen Weg, mit Unsicherheiten umzugehen, ohne zynisch, demotiviert oder depressiv zu werden, und davon kann jeder ganz persönlich profitieren.
Dennoch haben Menschen zu oft das Gefühl, Wissenschaft sei nichts für sie, oder misstrauen ihr gar und insbesondere den Wissenschaftlern, wenn diese einen scheinbar erhöhten Einfluss auf den öffentlichen Diskurs ausüben. Diesen Spalt des Misstrauens gilt es meiner Meinung nach zu schließen, und der beste Weg, dass zu machen, ist Wissenschaft zur Gesellschaft zu bringen, und die Gesellschaft zur Wissenschaft. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ja, aber diese sind momentan noch etwas unter Verschluss. Nur soviel: Meine journalistischen Tätigkeiten rund um die Ursprünge von SARS-CoV-2 haben einige Interessante Türen geöffnet die ich gerne weiterverfolge. Oh, und außerdem dann gibt es da noch ein Langzeitprojekt, Protagonist Science, das momentan im Aufbau ist. Da geht es dann darum, mit Wissenschaftlern zusammen postive Zukunftsszenarien zu entwickeln, um den allgegenwärtigen Dystopien der Gegenwart mit Wissenschaft und Future Forecasting Techniques Paroli zu bieten. Wenn etwas Zeit bleibt, sage ich auch gerne darüber etwas. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Interessant ist ja relativ :) Vielleicht dies: Ich schreibe liebend gerne Science Fiction um der menschlichen Dimension in unserer technologischen Zukunft mit Literatur auf die Schliche zu kommen. Wie behandeln wir intelligente Maschinen? Was wird es bedeuten, Mensch zu sein, wenn Wissenschaft uns scheinbar immer mehr entmystifiziert? Früher oder später wird es wohl mal ein Buch geben, vielleicht wenn ich das nächste mal ein kreatives Jahr nehme, zwischenzeitlich können Sci-fi Fans und Interessierte ja gerne mal bei mir nachfragen wenn sie Kurzgeschichten auch mögen. 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscherinnen sind ja auch nur Menschen)?
Definitiv ausschlafen, danach am Besten raus ins Abenteuer mit meiner jungen Tochter solange sie mich noch cool findet, Swimmen, Berge oder Wald, hauptsache Natur. Bald wird sie auch fleißig mit mir Karate trainieren, was ich schon seit über 20 Jahren mache und etwas unter den Tisch gefallen ist in letzter Zeit. Apropos Tisch, am Abend darf es auch gerne Mal wieder ein gutes Restaurent mit der Frau sein und eine gemütliche Netflix Serie, oder ein paar Runden zocken im Discord mit alten Freunden.

Bitte begrüßt Philipp ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, July 25, 2021

Mütterliche Ernährung und kindliche Gehirnentwicklung - Rachel Lippert ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Rachel Lippert (@RachelLippert) vorstellen! Rachel hat am Albion College in Michigan Chemie, Anglistik und Zell- und Molekularbiologie studiert und an der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee, in Molekularphysiologie promoviert. Im Anschluss ging es nach Deutschland, zunächst als Postdoc am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln. Seit letztem Jahr leitet Rachel die Nachwuchsgruppe "Neuronale Schaltkreise" am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke (DIfE) als Teil des NeuroCure-Exzellenzclusters an der Charité Berlin.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich war schon immer neugierig auf die Welt und habe den naturwissenschaftlichen Unterricht als Kind sehr genossen. Keiner meiner Eltern hat eine Universität besucht (bis ich bereits meinen Doktortitel hatte... meine Mutter hat am selben Tag wie ich ihren BA-Abschluss gemacht!) Ich hatte immer tolle Lehrer und Professoren, die meine Neugier ermutigten und meine Interessen unterstützten. Das hat mich sicherlich in diesem Bereich gehalten!

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich wusste nie etwas über das Gehirn, bevor ich zur Graduiertenschule ging. Ich habe im Grundstudium Chemie und Englisch studiert. Als Doktorand musste ich 4 Rotationen in verschiedenen Laboren absolvieren. Dort bekam ich die Chance, mit Dr. Roger Cone und Dr. Kate Ellacott zu arbeiten, und meine erste Einführung in das Gehirn begann. Ich war fasziniert von der Schönheit der Neuroanatomie und entschied mich für dieses Labor, um dort zu promovieren. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Wir wollen einerseits verstehen, wie das Gehirn unser Nahrungsaufnahmeverhalten steuert und wie unser Verhalten durch die Nahrungsmittel, die wir essen, beeinflusst werden kann. Andererseits wollen wir verstehen, wie der Stoffwechsel und die Nahrungsaufnahme einer Mutter die Bildung des Gehirns ihres Babys verändern kann. Nahrung ist lebensnotwendig, aber WELCHE Nahrung wir essen, kann dramatisch unterschiedliche Auswirkungen auf das Gehirn haben!

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Was wir essen, kann so viel davon steuern, wie wir uns verhalten. Indem wir verstehen, wie unsere Nahrung unsere Stimmung oder sogar die Entwicklung des Gehirns verändern kann, können wir mehr darüber verstehen, was uns zu Menschen macht...und natürlich, warum wir gesund leben und essen sollten!

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich betreibe viel wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere SoapBox Science und Letters to a Prescientist. Ich bin auch als Mentor in einem Mentoring-Programm tätig. Ich genieße es, meine Arbeit mit der Öffentlichkeit zu teilen und zu sehen, wie andere die Freude am Entdecken teilen... auf allen Ebenen!

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich liebe es, Fahrrad zu fahren. Ich pendle jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit und habe in diesem Jahr schon etwa 2000 Kilometer zurückgelegt...mit einem Fixie!
Außerdem spiele ich sonntags Fußball mit einer Gruppe von Jungs, die mich als Ausländerin, die mitmachen wollte, aufgenommen haben. 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen (bis 10 oder 11 Uhr), einen leckeren Kaffee kochen und im Bett ein Buch lesen, dann gute Musik auflegen und den Tag langsam beginnen. Nach draußen gehen, um ein Abenteuer zu erleben (zu den Seen, um dem Treiben in der Stadt zu lauschen, um draußen auf einer Terrasse zu sitzen und Leute zu beobachten). Dann in den Lebensmittelladen gehen, ein paar leckere Zutaten kaufen und viele Freunde zu einem großen Abendessen einladen (ich liebe es zu kochen!). Generell ist der perfekte Tag mit Freunden und Menschen verbracht, die mich zum Lachen bringen, mich zu Diskussionen herausfordern und leckeres Essen, lustige Spiele und gute Gespräche zusammen genießen!

Bitte begrüßt Rachel ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, July 4, 2021

Was Babys spannend finden - Louisa Kulke ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Louisa Kulke (@Lou_Kulke) vorstellen zu dürfen. Louisa ist Juniorprofessorin für Neurokognitive Entwicklungspsychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Nach ihrem Psychologie-Studium an der Georg-August-Universität Göttingen, promovierte sie in Psychologie und Neurowissenschaften am University College London in Großbritannien, und forschte unter anderem in San Diego (USA). Ihre Forschung beschäftigt sich mit der Entwicklung von Aufmerksamkeit aus neurowissenschaftlicher und entwicklungspsychologischer Sicht. Nebenbei setzt sie sich für Open Science und Präregistrierungen ein (u.a. als Botschafterin des Open Science Frameworks) und engagiert sich als Mentorin.  


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Schon in der Schule habe ich mich für die Forschung interessiert. Als Schulkind hat mich meine Mama dann einmal zum „Tag des Gehirns“ in Hannover mitgenommen – seitdem fand ich die Neurowissenschaft besonders spannend. Im Rahmen eines Praktikums in London fanden wir in einer EEG-Studie Ergebnisse, die ich so spannend fand, dass ich gerne in diesem Bereich weiterarbeiten wollte und dort meine Promotion durchgeführt habe. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Mein Fachgebiet liegt an einer spannenden Schnittstelle zwischen verschiedenen Fächern. Es verbindet unter anderem Neurowissenschaften mit der Entwicklungspsychologie. Besonders in den ersten Lebensjahren gibt es drastische Entwicklungen im Gehirn – was hier passiert kann das gesamte spätere Leben einer Person beeinflussen. Deswegen finde ich es besonders wichtig und interessant, zur Entschlüsselung der Entwicklung vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter beizutragen.  

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Als Juniorprofessorin erforsche ich, wie sich Aufmerksamkeit auf soziale und emotionale Reize entwickelt. Dazu verwende ich neurowissenschaftliche Methoden wie EEG und entwicklungspsychologische Methoden, wie Eye-tracking und Verhaltensbeobachtung. Besonders gut gefällt mir an meinem Job, dass er so abwechslungsreich ist: Ich erforsche neue Themenbereiche, über die bisher noch niemand etwas wusste, bin dabei in Kontakt mit Eltern und Kindern, deren Entwicklung ich beobachten darf, lehre Studierende, betreue Abschlussarbeiten und Promotionen, tausche mich mit internationalen Kolleg*innen über die Wissenschaft aus, zum Beispiel auf Konferenzen, manage ein Lab (mit allen dazugehörigen organisatorischen Dingen) und vieles mehr…  

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Die Entwicklung in den ersten Lebensjahren kann das gesamte spätere Leben einer Person beeinflussen. In meiner Forschung untersuche ich, wie sich ganz grundlegende Funktionen wie Aufmerksamkeit entwickeln. Dadurch dass wir die typische Entwicklung kennen, können wir auch früh erkennen, wenn Defizite in der Aufmerksamkeit auftreten. Je früher wir diese Defizite verbessern können, desto aussichtsreicher sind auch Behandlungen. Ich hoffe, dass meine Forschung dazu beiträgt, dass jeder Mensch den bestmöglichen Start ins Leben bekommt.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Zu meiner Stelle selbst zählen viele interessante Tätigkeiten, wie die Forschung, Lehre, Betreuung von Studierenden, Labor-Organisation, akademische Selbstverwaltung und vieles mehr. Außerdem setze ich mich für Open Science ein, z.B. als Botschafterin des Open Science Frameworks oder in unserer lokalen Open Science Kommission. Spaß macht auch die regelmäßige Teilnahme an Workshops und Konferenzen und der Austausch mit anderen Wissenschaftler*innen!

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schon seit meiner Kindheit mache ich gerne Musik –Klarinette, Saxophon, Gitarre oder Singen. Aktuell spiele ich am liebsten Kinderlieder für meinen kleinen Sohn. Mein Lieblingshobby ist, die Welt dank ihm aus einer völlig neuen Perspektive kennen zu lernen. Das macht das ganze Leben noch spannender – von Kleinigkeiten wie zum ersten Mal Rührei mit ihm zu kochen bis zu größeren Reisen (wer hätte gedacht, wie interessant die Kieselsteine vor Schloss Neuschwanstein sind?).

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
An meinem idealen Tag verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie. Gerne lasse ich einfach meinen Sohn entscheiden, was er machen möchte – so lernt man viele neue Dinge kennen wie Wasserflaschenbowling und welche Pfütze vorm Haus wie tief ist.  

Bitte begrüßt Louisa ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 2, 2021

Zellen re-programmieren - Vira Iefremova ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch Vira Iefremova (@ViraIefremova) als unsere neue Kuratorin vorstellen zu dürfen! Vira ist Doktorandin am Institut für Rekonstruktive Neubiologie des Universitätsklinikums Bonn. Außerdem engagiert sich sich vielfältig in der Wissenschaftskommunikation, z.B. bei 500 Women Scientists oder Pint of Science. Das sagt Vira zu sich in ihren eigenen Worten:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

So lange ich mich erinnern kann, war ich wirklich neugierig auf das Kaleidoskop aller möglichen Dinge: von den Dinosauriern (immer noch ein RIESIGER Tyrannosaurus Rex-Fan :) ) bis zur Faszination, wie alle Teile unseres Körpers zusammenarbeiten könnten, um dies zu ermöglichen uns so viele verschiedene Dinge zu tun und zu fühlen. Aber seit dem ich es entschieden hatte, Wissenschaftler zu werden, habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, was genau ich studieren möchte. Die Antwort war mir ganz klar - ich möchte Neurowissenschaftler werden.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 

Das menschliche Gehirn für mich ist das Aufregendste und Komplizierteste in einem bekannten Universum. Aus meiner Sicht ist unser Gehirn das, was uns menschlich macht, und seine Geheimnisse zu entdecken, ist eine der coolsten Jobs, die ich mir vorstellen kann.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit! 

Als Stammzellbiologin programmiere ich menschliche Haut oder Blutzellen auf ihr undefiniertes (fast embryoähnliches Stadium) um und verwende diese Zellen später zur Erzeugung von 3D-Kulturen. Sehr oft werden diese 3D-Kulturen auch als "Mini-Gehirne" bezeichnet. Und ich benutze diese 3D-Kulturen, um zu untersuchen, wie sich die graue Substanz des menschlichen Gehirns entwickelt und was passieren kann, wenn einige Gene, die an diesem Prozess beteiligt sind, mutiert sind.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Ich glaube, viele Leute denken, dass "echte Wissenschaft" weit weg vom wirklichen Leben und den wirklichen Menschen ist, und dass es zu langweilig und kompliziert ist, etwas darüber zu lernen. Und dies ist einer der Gründe, warum viele Menschen falsche Vorstellungen und Vorurteile in Bezug auf Stammzellforschung und Genomeditierung haben. Aber was ist, wenn ich Ihnen sage, dass Wissenschaftler, wie ich, die Zelle "vergessen" lassen können, wer sie waren, und sie zu jedem Zelltyp machen können, den man braucht. Und diese Technologien könnten in Zukunft viele Leben retten!

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? 

Ich habe das Glück, dass ich an vielen verschiedenen Wissenschaftskommunikationsprojekten teilnehmen kann.  500 Women Scientists (500 WS) zum Beispiel. Die Mission von 500 WS ist es, der Gesellschaft zu dienen, indem sie die Wissenschaft offen, inklusiv und zugänglich macht und die Gesellschaft transformiert, indem sie Rassismus, patriarchalische und unterdrückende gesellschaftliche Normen bekämpft. Ich bin Koordinatorin von 500 WS in Bonn und deutsche Regionalkoordinatorin von 500 WS.

Ein anderes Beispiel ist Pint of Science Germany (PoS). Pint of Science ist ein internationales Festival, das einige der brillantesten Forschenden in eure lokale Kneipe bringt, um ihre neuesten Forschungsergebnisse und Erkenntnisse mit euch zu diskutieren. Dort hat man die Chance, die Wissenschaftsverantwortlichen der Zukunft kennenzulernen (und ein Bier mit ihnen zu trinken). Es macht super viel Spaß und ich bin dabei seit 2018 in Bonn wie Speakerin und Teil von Organisatorisch Team.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich liebe es zu reisen und freue mich darauf, mein neues Abenteuer zu planen. Ich lese auch gerne, so dass man mich oft mit dem neuen Buch in der Hand im Cafe finden können (vor kurzem wurde ich Mitglied des Fem_ABC-Buchclubs und genieße Bücher und Diskussionen, die wir danach führen). Ich habe ein starkes Interesse an alten Filmen aus den 1920er, sowie an zeitgenössischer Kunst. Deshalb liebe ich es, Kunstgalerien und Museen zu besuchen. Ich bin auch an Freiwilligenarbeit im Zusammenhang mit der Ukraine (meinem Heimatland) beteiligt.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Es hängt von meiner Stimmung ab, aber wenn ich die Möglichkeit habe, den ganzen Tag frei zu haben, versuche ich, nicht zu viel zu planen, da meine ganze Woche ist normalerweise komplett durch geplant. Also würde ich lange ohne Wecker ausschlafen, ein langes faules Frühstück haben, dann einen Kaffee bei meinem Lieblingscafé holen und mich mit Freunden treffen (hoffentlich bald persönlich mit vielen Umarmungen).

Bitte begrüßt Vira ganz herzlich bei Real Scientists DE!