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Sunday, October 17, 2021

Sprache als Schlüssel zur Geschichte - Maria Zielenbach ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Maria Zielenbach (@dietweeterei) vorstellen! Maria hat Linguistik an der Universität zu Köln studiert und auch einen BA in Islamwissenschaften („Sprachen und Kulturen der islamischen Welt“). Zurzeit promoviert sie an der Vrijen Universiteit Amsterdam zur Geschichte der Nord-Halmahera-Sprachen im ERC Projekt OUTOFPAPUA (Papuans on the move). Thema ihrer Dissertation ist eine Rekonstruktion von Proto-Nord-Halmahera und weiter die Untersuchung eines möglichen Anschluss der Sprachfamilie an Sprachen in Westpapua. Maria ist Schriftführerin des Verein Junge Sprachwissenschaft e.V. Weiterhin ist sie bei der Deutschen Tolkien Gesellschaft e.V. aktiv, moderiert das Diskussionsformat TolkShow und den Podcast Silmaria.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Während meines Studiums habe ich im Institut für Linguistik in Köln gearbeitet und dabei den Wissenschaftsalltag kennengelernt. Obwohl der natürlich seine Tücken hat, war mein Plan A immer in die Forschung zu gehen, einfach, weil ich gerne Dinge herausfinden möchte. Nach meinem Masterabschluss im Frühjahr habe ich dann zu meinem eigenen Erstaunen sehr schnell eine Promotionsstelle gefunden, sodass ich seit September jetzt voll drin bin.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ich wusste schon relativ früh, dass ich Linguistik studieren möchte. Ich fand Grammatik einfach toll und jeder Aspekt von Sprache hat mich fasziniert. Das ist immer noch so. Mein Weg zur historischen Linguistik war etwas verwickelt. Im Bachelor in Köln muss man im ersten Semester Kurse zu allgemeiner Sprachwissenschaft, Phonetik und historischer Sprachwissenschaft belegen. Letzteres heißt konkret klassische Indogermanistik. Ich habe mich dann zuerst dafür entschieden, aber im 3. Semester die Sprachtypologie für mich entdeckt und die Indogermanistik erstmal hinter mich gelassen. Da ich im Nebenfach Islamwissenschaften studiert hab, bin ich über Arabisch zur Semitistik gekommen und dabei habe ich festgestellt, dass es nicht die historische Sprachwissenschaft, sondern die indogermanischen Sprachen sind, die mich nicht wirklich interessieren. Darum habe ich angefangen mich mit der Diachronie (der Entwicklung) von anderen Sprachfamilien zu beschäftigen und nebenher weiterhin Kurse zu Typologie und Sprachdokumentation belegt. Daher bin ich ziemlich breit aufgestellt. Meine Stelle in Amsterdam vereint alles, was ich im Studium so gemacht hab: Historische Sprachwissenschaft, Sprachdokumentation, Austronesistik und Typologie. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich erforsche die Familie der Nord-Halmahera-Sprachen. Halmahera ist eine indonesische Insel vor dem Vogelkopf von Neuguinea, etwas kleiner als Sachsen. Dort leben etwa 500.000 Menschen. Aus linguistischer Perspektive ist die Insel geteilt: im Süden werden austronesische Sprachen gesprochen (weitläufig verwandt mit Indonesisch, Maori usw.), im Norden Sprachen, die keiner größeren Sprachfamilie zugeordnet werden können. Zu der Familie gehören auch Sprachen auf den umliegenden Inseln Ternate, Tidore, Makian und Morotai. Die ersten drei kennt man vielleicht als „Gewürzinseln“. Sie waren lange Zeit der einzige Ort der Welt, an dem Gewürznelken wuchsen. Keine der Sprachen hat mehr als 100.000 Sprecher*innen. Durch die zunehmende Rolle der Kommunikationssprachen Moluccan Malay und der Amtssprache Indonesisch, gelten sie alle als von Sprachtod bedroht. Außerdem sind sie bislang nur wenig erforscht. Thema meiner Dissertation ist eine Rekonstruktion der Ursprache, aus der sich alle Nord-Halmahera-Sprachen entwickelt haben. Außerdem beschäftigt sich unser Projekt mit der Frage, ob die Nord-Halmahera-Sprachen mit Sprachen im Westen von Neuguinea verwandt sind und ob sich darüber Populationsbewegungen erschließen lassen.
Da ich noch ganz am Anfang meiner Promotion bin besteht meine Arbeit aktuell noch hauptsächlich aus der Lektüre der vorhandenen Literatur und dem Abtippen von Wörterbüchern (kein Witz), um Datensätze in die Datenbank unseres Projekts einzupflegen. Mit deren Hilfe kann ich dann hoffentlich bald mit der eigentlichen Forschung (Rekonstruktion) beginnen. Es ist auch vorgesehen, dass ich zur Sprachdokumentation nach Indonesien reise. Durch Corona ist das aber erstmal in den Hintergrund gerückt.
Kurzfassung: Ich starre auf Daten. 

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Eine kleine Inselgruppe in Indonesien ist für die meisten erstmal sehr weit weg und auch meine Forschung hat für viele keinerlei praktische Anwendung. Im Grunde leistet sie aber einen Beitrag zu sehr grundlegenden Frage: wie verändern sich Sprachen und wie sind Populationen auf und um Papua gewandert. Dein Leben wird es also nicht verändern, aber es ist spannend. Und die Sprecher*innen der Sprachen haben genauso ein Recht, etwas über die Geschichte ihrer Sprachen zu wissen, wie wir hier in Europa es über unsere Sprachen tun. 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
An der Uni habe ich bislang keine, allerdings bin ich seit einem halben Jahr im Vorstand der Jungen Sprachwissenschaft e.V., einem Verein für Linguistikstudierende und -promovierende. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Historische Linguist*innen haben den Ruf weg, die nerdigsten unter den ohnehin schon nerdigen Linguist*innen zu sein. Ich tu mein Bestes, um diesem Klischee zu entsprechen und bin sehr aktiv in der Deutschen Tolkien Gesellschaft e.V. In diesem Rahmen gebe ich öfters Vorträge, die auch immer was mit Linguistik zu tun haben. Seit einem halben Jahr moderiere ich auch ein Online-Diskussionsformat (die TolkShow) und seit Kurzem habe ich einen Podcast zum Silmarillion: Silmaria (ja, der ist nach mir benannt – nein, ich habe den Namen nicht erfunden). 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Lesend auf einer Couch liegend während jemand für mich kocht (an dieser Stelle möchte ich meine Eltern grüßen)

Bitte begrüßt Maria ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, May 23, 2021

Sprache in Vergangenheit und Gegenwart - Alexander Lasch ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch Alexander Lasch (@AlexanderLasch) als unseren neuen Kurator vorstellen zu dürfen! Alexander Lasch ist Professor für Germanistische Linguistik und Sprachgeschichte an der TU Dresden. Er ist Vater von vielen Kindern und, zum Glück, sehr glücklich verheiratet. Für das beste Eis auf dieser Erde muss er keine 500 Meter laufen. Er liebt Grammatik und Sprachgeschichte und begeistert sich aktuell besonders für #DigitalHerrnhut. Außerdem spielt er leidenschaftlich gern, wenn es seine Zeit zulässt.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

So wie viele andere sichere auch: Ich hatte Interesse und Freude an akademischer Lehre und Forschung und irgendwann die Gelegenheit dazu, mein Interesse zum Beruf zu machen. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Irgendwann erreicht man den Punkt, an dem man verstanden hat, dass Grammatikographie auch nichts anderes als metapherngestützte Ideenlehre ist. Dann kann es großen Spaß machen, das Spiel um die Verhandlung und Analyse und Modellierung von Sprachwissen mitzugestalten. 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich habe einen traumhaften und -- nach Jahren akademischen Prekariats in der Qualifikation -- sicheren Beruf, in dem ich selbst sehr viele Dinge gestalten und mitentscheiden darf. Ob man und welche Gestaltungsoptionen ich ergreife, liegt nur selten an äußeren Zwängen, sondern sehr viel daran, wie stark ich mich in welchem Feld engagieren möchte. Die Professur und die Aufgaben in der so genannten "akademischen Selbstverwaltung", ein furchtbarer Begriff, er sollte "akademische Selbstgestaltung" heißen, haben meinen Arbeitsalltag sehr stark verändert, was mir nicht immer gefällt, aber mir dennoch auch immer häufiger schmeckt. Denn mittel- und langfristige Planung, Neuausrichtung von Forschungs- und Studienmöglichkeiten und eine aktive Beteiligung an Strategieprozessen entschädigen doch sehr oft für den Verlust von Freiraum für persönliche Forschungsinteressen.

Wenn ich diese dann verfolgen kann, interessiere ich mich im Moment sehr für koloniallinguistische Themen, für die ich gemeinsam mit anderen im Hub #DigitalHerrnhut (https://dhh.hypotheses.org) erschließe. Zum anderen bin ich sehr engagiert für die konstruktionsgrammatische Beschreibung des Deutschen. 

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Ich setze mich sehr für eine Transformation der Communitas Universität ein, die sich als Institution nach und nach öffnet, um eine der Akteur:innen einer Wissenskultur des 21. Jahrhunderts zu werden. Wie bei allen Prozessen sind damit Chancen und Risiken verbunden, die ich gern im Hinblick auf Open Educational Resources, Open Access, CitizenScience und ganz allgemein Open Educational Practices beleuchten möchte.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich bin Studiendekan, Prüfungsausschussvorsitzender, Mitglied in Bibliothekskommission  und Senatskommission Lehre und im Koordinierungsstab beim Prorektorat Bildung; Gutachter für verschiedene Stiftungen und Vorsitzender der Gesellschaft für germanistische Sprachgeschichte. 2019 habe ich eine gemeinnützige GmbH für barrierefreie Kommunikation, VERSO, aus der Universität ausgegründet. Also ja, es gibt viel zu sagen. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich spiele leidenschaftlich gern, Videospiele, wie man so sagt. Leider fehlt mir immer mehr die Zeit dazu -- und ob ich dazu etwas erzählen soll, erfrage ich bei den Follower:innen des Accounts.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Kaffee. Zigarette. Buch.

Bitte begrüßt Alexander ganz herzlich bei Real Scientists DE!  

 

Sunday, January 24, 2021

Inklusion durch Kommunikation - Annamaria Fabian ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Annamaria Fabian (@Inklusionsling) vorstellen zu dürfen! Annamaria hat kürzlich ihre Promotion an der Uni Bamberg abgeschlossen und bereitet sich aktuell auf ihre Habilitation zum Thema "Die Linguistik von Inklusion und Exklusion von Minoritäten" vor. Das sagt Annamaria zu sich in ihren eigenen Worten.


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?   
 
Meine Beschäftigung mit Sprachen geht auf meine Kindheit in einer mehrsprachigen Stadt und einer mehrsprachigen Familie zurück. Sprachen, das Vokabular und das grammatische System sowie ihr Potenzial für Argumentationen im kommunikativen Einsatz haben mich schon immer fasziniert. Von Kindesbeinen an saß ich oft im Friseursalon meiner Mutter in Ungarn und hörte, wie ältere Damen Deutsch, andere Slowakisch und die jüngeren Menschen Ungarisch miteinander gesprochen haben. Alles in einem kleinen Raum. Dieser natürliche Umgang mit gelebter Interkulturalität und Diversität war auch in meinem familiären Umfeld Alltag. Doch habe ich mich immer gefragt, warum ein Wort in einer der drei Sprachen eine Bedeutung trägt und in einer anderen mir bekannten Sprache vielleicht eine abweichende. Auch die Abweichungen in den unterschiedlichen Systemen fand ich faszinierend. Ebenfalls spannend sind für mich noch die Funktion und die Wirkung von Wörtern, sprachlicher Praktiken und kommunikativer Strategien in der Kommunikation. Diese aktive Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Sprach(en)systemen und der Funktion sprachlicher Einheiten veranlassten mich im Alter von acht Jahren dazu, mich für die Sprachwissenschaft zu entscheiden. Mein Traum ist es natürlich, dauerhaft in der Wissenschaft zu bleiben, aber befristete Arbeitsverträge – und in meinem Fall noch unsicherer – und Stipendien für ein bis zu zwei Jahren verhindern eine effiziente berufliche Lebensplanung. Für Frauen mit Kindern, und insbesondere mit Kindern mit Behinderung, bleibt eine wissenschaftliche Karriere leider noch zu oft verwehrt, da leider viel zu oft mangelnde Flexibilität sowie eine geringere Belastbarkeit vermutet wird. Dabei musste ich – wie auch andere Mütter und insbesondere der Mütter der Kinder mit Behinderung – früh lernen, meine Zeit hocheffektiv zu planen. Die Stereotypie also, dass Frauen mit Kindern – ob mit oder ohne Behinderung – weniger belastbar sind, ist folglich nicht haltbar. Vielmehr müssen wir fortwährend unsere Fähigkeit für Multitasking, Zuverlässigkeit und Flexibilität unter Beweis stellen, damit wir keine wissenschaftliche Exklusion erleben. Ich hoffe, dass es sich langsam ändert und ich dauerhaft in der Forschung bleiben darf.  
 
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort? 
Ich bin an einer Vielfalt von Forschungsgebieten in der Linguistik und den Kommunikationswissenschaften – was ich ebenfalls studiert habe – interessiert und bin auch immer für Neues zu begeistern. Deshalb eine komplexe Frage. Ich befasse mich neben dem Sprachgebrauch in der Politik und der linguistischen Argumentationsanalyse auch mit digitaler Linguistik, Grammatik (Dependenz, Valenz und Konstruktion), Kognitionslinguistik, Diskursanalyse und Sprachkritik (synchron, aber auch diachron). Mit Mehsprachigkeit in beruflichem Kontext sowie mit dem Deutschen als Minderheitensprache habe ich mich ebenfalls bereits beschäftigt. Als überzeugte Verfechterin von Inklusion, Diversität und Gleichberechtigung bin ich derzeit mit der Etablierung eines Forschungsgebietes beschäftigt, das ich „Inklusionslinguistik“ nenne. Damit befasse ich mich in meinem Habilitationsvorhaben („Die Linguistik von Inklusion und Exklusion von Minoritäten - diachron und synchron“). Die berufliche und soziale Partizipation von Minoritäten war für mich schon immer wichtig. In meinem Freundeskreis und meinem familiären Umfeld habe ich aber bereits früh bemerken müssen, dass die diffamierende Kraft der Sprache zu oft unterschätzt wird und Inklusion verhindert. Zugleich kann an Diskursen im Internet - #MeToo oder auch über Behinderung, Transidentität etc. – erkannt werden, dass sprachliche Praktiken einen höheren Grad an Inklusion für Angehörige von Minoritäten ermöglichen. Nach der Geburt meiner Zwillinge (3 J., ein Sohn mit körperlicher Behinderung) habe ich diese Diffamierung und seltener, aber zum Glück auch die inkludierende Kraft sensiblen Sprachgebrauchs, mehrfach erlebt. Mein Sohn spürt die Bedeutung dieser Worte noch nicht, seine Eltern umso schmerzlicher. Ich hoffe, dass ich mit meiner Forschung und der Etablierung der Inklusionslinguistik dazu beitragen kann, dass er und andere Kinder und Erwachsene mit Behinderung, abweichender Hautfarbe oder Genderidentität etc. diesen Schmerz durch Diffamierung und Exklusion irgendwann nicht so oft erleben müssen. Unsere Gesellschaft ist divers und wir sollten durch eine aktive linguistische und kommunikationswissenschaftliche Beschäftigung mit der Rolle der Sprache für die Inklusion und der Bedeutung inklusiver Kommunikation für Diversität und Partizipation einstehen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit! 
In meiner Habilitation befasse ich mich mit der Etablierung der sogenannten Inklusionslinguistik. Diese beschäftigt sich mit sprachlichen und kommunikativen Merkmalen von Inklusion und Exklusion in Korpora/Diskurs- und Interaktionskontext. Exkludierende Merkmale werden von mir ebenfalls zur Inklusionslinguistik zugeordnet, weil diese den Stand der Inklusion aufzeigen können. Dieses Forschungsfeld bietet die Chance, eine inklusionsrelevante Sprachdiagnostik zu betreiben. Durch die Erfassung exkludierender sprachlicher und kommunikativer Merkmale und Muster kann eine Inventur unsensiblen Sprachgebrauchs erstellt und gezielte kommunikative Methoden entwickelt werden, die argumentativ gegen Exklusion und Hass durch sprachliche Handlung als eine Art „Counterspeech“ vorgehen. Auf diese Weise sollen diffamierte Minderheiten geschützt werden und Verbündete („ally“) für ihr Engagement für Inklusion finden, aber auch psychosozial ist eine kollektive Solidarität für Angehörige der Minderheiten wichtig. In meinem Habilitationsvorhaben befasse ich mich vor allem mit der Untersuchung von Diskursen und Texten, in denen Konzepte der Behinderung, Gender und LGBTQ* thematisiert werden. Neben exkludierenden sprachlichen und kommunikativen Mustern finden aber in der Inklusionslinguistik auch sprachliche und kommunikative Merkmale der Inklusion Berücksichtigung. Die Sprache der Inklusion und der Exklusion soll letztendlich systematisch und argumentativ analysiert werden, damit Weiterbildungsmaßnahmen und Counterspeech strukturiert entstehen können.
 
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren? 
Die Inklusionslinguistik, also die Beschäftigung mit sprachlichen Merkmalen der Inklusion und der Exklusion und ihre Bedeutung für die inklusive Kommunikation hat eine gesamtgesellschaftliche Relevanz. Unsere Gesellschaft ist divers, aber diese Diversität schlägt sich in der Öffentlichkeit bislang kaum nieder. Gerade in den letzten Jahren wurden aber Diversität und Inklusion immer öfter zu Leitbegriffen in vielen Presseorganen, wodurch die Forderungen für gelebte Partizipation in der Öffentlichkeit zum Glück immer stärker werden. In diesen schweren Zeiten von Corona entsteht allerdings leider auch eine neue Unsichtbarkeit mancher Minoritäten. So werden zum Beispiel Angehörige der Risikogruppen in jedem Alter inklusive Kinder und Jugendliche mit Vorerkrankungen seit ca. 1 Jahr isoliert, damit sie vor Corona geschützt werden. Wenn eine Gruppe aber unsichtbar ist, werden ihre Interessen in der Öffentlichkeit nicht repräsentiert. So haben zum Beispiel Kinder mit Vorerkrankung haben keinen Zugang zum Impfstoff gegen Covid-19, aber auch andere politische Regelungen zu ihrem Schutz fehlen. Corona und ihre Unsichtbarkeit im Diskurs führt also nicht nur zur Exklusion, sondern auch zur Lebensgefahr. Die Anti-Diskriminierungsstellen melden aber auch eine erhöhte Anzahl verbaler und körperlicher Diffamierung gegen dunkelhäutige Menschen und andere Minderheiten. Gerade in einer Pandemie ist die Frustration in der Gesellschaft groß, was für Minoritäten Exklusion zur Folge haben kann. Aus diesem Grund ist es erst recht relevant, dass der Sprachgebrauch inklusiv gestaltet wird und sich Diversität im Pressediskurs und Diskurs der Politik niederschlägt.
 
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Geschäftsführende des internationalen Arbeitskreises „Sprache, Geschichte, Politik und Kommunikation“ (https://www.sgpk.uni-passau.de/informationen/). In dem Arbeitskreis befassen sich Wissenschaftler:innen aus unterschiedlichen Fächern fächerübergreifend mit politischer Kommunikation synchron und diachron. So wird derzeit eine Tagung zu Konzepten der Nation und Populismus vorbereitet und bald erscheint auch das Buch von Prof. Dr. Armin Owzar (Sorbonne Nouvelle/Geschichtswissenschaften), Prof. Dr. Igor Trost (Universität Passau/Germanistische Linguistik) und mir „Stereotypie in der politischen Kultur des 19. Jahrhunderts in Europa“. Außerdem erscheint ein Sammelband von mir ebenfalls noch 2021, in dem linguistische und kommunikationswissenschaftliche Analysen die Repräsentation von „Flüchtlingen“ und „Migranten“ im Mediendiskurs in Europa zwischen 2015-2015 im ländervergleichenden Überblick durchgeführt wurden. Für das Superwahljahr 2021 bringt der Arbeitskreis unter meiner Veranstaltung außerdem eine Tagung zum Wahlkampf und Wahlkampfkommunikation (länder- und fächerübergreifend) mit. Gleichzeitig bin ich Mitherausgeberin der internationalen Reihen (Publikationen auf Deutsch und Englisch) „Linguistik in Empirie und Theorie“ sowie „Sprache, Geschichte, Politik und Kommunikation“ (https://www.springer.com/series/16336). Beide Reihen erscheinen bei Springer/Metzler. Die Veröffentlichungen sind kostenfrei, im Übrigen auch für Qualifikationsarbeiten. Ein doppeltes Blind-Peer-Review-Verfahren wird von renommierten Kolleg:innen aus den unterschiedlichen Sprachwissenschaften, de Geschichtswissenschaften und von den Politikwissenschaften etc. gewährleistet. Wir freuen uns über neue Einsendungen.  
 
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?     
Unterschiedlich. Gern verbringe ich freie Tage mit meinen Zwillingen entweder in der Natur am Fluss oder einem See oder zu Hause. Zu Hause lesen wir oft Bücher und unterhalten uns über Sprachen und die Namen der Gegenstände, da auch sie aufgrund ihrer familiären Situation mehrsprachig aufwachsen. Backen, Kochen, Lesen, Tanzen, Städtetrips und Schreiben mag ich auch sehr gern. 
 
Bitte begrüßt Annamaria herzlich bei Real Scientists DE!