Sunday, June 25, 2017

Therapie mit Neurofeedback - David Mehler ist jetzt bei Real Scientists DE!


Wir freuen uns, euch unseren neuen Kurator David Mehler (@neuroccino) vorstellen zu dürfen! David ist Mediziner und Hobby-Philosoph, dem das Hirn den Kopf verdreht hat. Nach seinem Medizinstudium in Münster wanderte er für den Dr. med. nach London aus, um dort motorisches Lernen zu erforschen. Seitdem ist er auf der Insel geblieben, bastelt derzeit an seinem PhD in Neurowissenschaften in Cardiff (Wales), und wird diese Woche für euch live von einer Konferenz in Vancouver tweeten.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Dank den Öffentlich-Rechtlichen. Und einigen guten Freunden und Mentoren. Habe 2005 am Nano Camp des Senders 3sat teilgenommen, das ist ein einwöchiges Camp an einem Wissenschaftsstandort in Deutschland, Österreich oder der Schweiz bei welchem Jugendliche verschiedene Institute besuchen können und Wissenschaft live miterleben. Wir waren damals während des sogenannten "Einsteinjahres" in Berlin Adlershof und haben unter anderem einen Teilchenbeschleuniger und eine Fabrikationsstätte für Mikroprozessoren besucht. Das war mein erster richtiger Kontakt mit Wissenschaft und Wissenschaftlern und hat mir richtig Spass gemacht hat und meine Neugierde geweckt. In der Wissenschaft gelandet bin ich dann vor allem aufgrund meines Interesses an Neurowissenschaften.

Ich hatte immer ein starkes Interesse für Philosophie, vor allem Erkenntnistheorie, und auch Psychologie. Eines Abends während der Zivi-Zeit lief dann auf Arte die Doku "Auf der Suche nach dem Gedächtnis" über das Leben und die Forschung des US-amerikanischen Neurowissenschaftlers Eric Kandel. "I was hooked immediately!" Meine Neugierde für Neurowissenschaften und internationale Forschung war geweckt. Habe anschließend jede Ferienzeit genutzt um Praktika im In-und Ausland zu machen und Erfahrungen zu sammeln. Für die medizinische Doktorarbeit stand für mich klar, dass ich ein neurowissenschaftliches Thema im Ausland bearbeiten wollte und es ergab sich die Möglichkeit, in einem führenden Neuro-Zentrum in London zu arbeiten. Die Arbeitserfahrung, das Erlernen von Datenanalyse und Programmieren sowie das wissenschaftliche Umfeld waren sehr inspirierend. Schnell stand fest, dass ich künftig wissenschaftlich arbeiten möchte und ich habe mich deshalb während eines klinisches Auslandsjahres in Cardiff dort parallel für einen PhD in Neurowissenschaften beworben.

Ich arbeite mit bildgebenden Verfahren, um die Funktionsweise des menschlichen Gehirns besser verstehen zu lernen. Mit diesen Methoden lassen sich, allgemein gesagt, Verarbeitungsprozesse im Gehirn messbar machen. Hauptsächlich arbeite ich mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT), einem nicht-invasiven Verfahren, d.h. wir müssen keine Schädel öffnen oder Elektroden implantieren um Gehirnprozesse messen zu können. Derzeit forsche ich hauptsächlich zu klinischen Anwendungen von fMRT-gestütztem Neurofeedback-Training, einer Art Biofeedback-Methode. Dafür werden Daten von Versuchspersonen aufgenommen, in Echtzeit aufgewertet und unmittelbar in einer intuitiven Weise als Feedback präsentiert - zum Beispiel in Form eines Thermometers, dessen Füllstand den Aktivitätsstand einer bestimmten Gehirnregion widerspiegelt. Versuchspersonen werden instruiert, dieses Feedback durch mentale Vorstellungskraft zu kontrollieren, zum Beispiel durch das Vorstellen von Bewegungen, wenn Feedback von einer Gehirnregion gezeigt wird, die in Bewegungsplanung involviert ist. So eine Form von Neurofeedback-Training hat bei neurologischen Patienten (v.a. Parkinson) in Kombination mit Bewegungstherapie bereits vielversprechende Verbesserungen von motorischen Symptomen gezeigt. Andere klinische Anwendungen für Neurofeedback-Training gibt es in der Psychiatrie, zum Beispiel als Zusatzbehandlung für Depressionspatienten. Wir haben vor kurzem erst eine randomisierte kontrollierte klinische Studie abgeschlossen, welche positive klinische Ergebnisse gezeigt hat. Das Feld befindet sich noch in der Entwicklung, aber erste Ergebnisse sind vielversprechend. Aktuell arbeite ich an einer neuen Studie mit Schlaganfallpatienten. Die Hoffnung ist, dass eines Tages diese Form von Training Patienten als zusätzliche Therapie in der Rehabilitation angeboten werden kann. .

Neurofeedback-Training ermöglicht uns einen neuen Zugang zu verstehen, wie das Gehirn funktioniert, und es hat Potential für verschiedene erfolgreiche klinische Anwendungen. Vor allem Patienten der Rehabilitationsmedizin könnten von dieser Methode profitieren. Erste klinische Studien für psychiatrische Erkrankungen wie der Depression als auch neurologische Erkrankungen wie Parkinson haben vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Im Rahmen eines Projekts der Europäischen Union forscht ein Konsortium von 10 Partnerinstitutionen namens BRAINTRAIN derzeit an weiteren klinischen Neurofeedback-Studien, unter anderem zur Behandlung von Autismus und Alkoholabhängigkeit.

Mich interessiert populärwissenschaftliches Schreiben, d.h. ich verfasse gerne allgemeinverständliche Artikel und Blogs über neurowissenschaftliche Themen. Zum Beispiel bin ich aktiv im Kommunikationskommittee der Organization for Human Brain Mapping (OHBM), einer Fachgessellschaft für bildgebungsbasierte neurowissenschaftliche Forschung, und schreibe regelmäßig Blogartikel, zum Beispiel über Neurofeedback-Training, oder führe Interviews zu speziellen Themen wie Open Science. Während meiner Zeit als Kurator hier werde ich  jährliche  Fachtagung der OHBM besuchen, die dieses Mal im kanadischen Vancouver stattfindet. Dort werde ich auch Nachwuchswissenschaftler*innen interviewen zu ihren Eindrücken und Vorstellungen von Wissenschaft. Stay tuned!

Ansonsten, wie schon erwähnt, interessiert mich die Open-Science-Bewegung, sie erscheint mir wichtig für künftige Entwicklungen in der Wissenschaft, aber auch ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit. Daten und Ergebnisse sollten generell öffentlich zugänglich sein, schließlich sind die meisten Projekte von Steuern zumindest teilfinanziert. Auch wird sich die Qualität von wissenschaftlichen Studien verbessern wenn erstmal alle Daten, Skripte und Materialien zur allgemeinen Verfügung stehen. Derzeit arbeite ich an verschiedenen Projekten, z.B. organisiere ich einen Workshop für Nachwuchswissenschaftler*innen zu diesem Thema an der Universität in Cardiff. Nachwuchsförderung liegt mir ebenfalls am Herzen, z.B. ich bin als Mentor aktiv und habe mehrere Gaststudenten aus dem Ausland bei Forschungsprojekten betreut. Dies war auch für mich ein Beweggrund hier zu tweeten und junge Menschen neugierig zu machen auf Neurowissenschaften, und etwas zurückgeben zu können von der tollen Unterstützung, welche ich von meinen Mentoren und Profs erhalten habe.

Meine externen Aufgaben sind im Grunde auch meine Hobbies, vor allem das Schreiben. Ansonsten höre ich viel Musik (Blues, Rock, und Folk), besuche "open mic"-Sessions und Konzerte, zuletzt Bob Dylan. Ich gehe gerne aus zum Tanzen (Funk, Soul und Indierock) und bin gern in der Natur zum Wandern oder Spazierengehen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ein langer Spaziergang in der Natur, vielleicht am Meer oder in den Bergen mit guten Freunden. Nachts dann irgendwo einkehren für eine gute Party in einer noch unbekannten Stadt und dort das Nachtleben entdecken. Am nächsten Tag ausschlafen.


Bitte begrüßt David ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, June 18, 2017

Neues Wissen aus alten Steinen gewinnen - Stephanie Zihms ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns, Dr. Stephanie Zihms (@geomechSteph) bei Real Scientists DE begrüßen zu dürfen! Stephanie arbeitet als Postdoc im Bereich Geomechanik von Karbonatgesteinen am Institute for Petroleum Engineering an der Heriot-Watt University, aber ist bis Ende August an der UFPE in Recife, Brasilien. Ihre Forschung beschäftigt sich damit, wie sich Gesteinen im Untergrund unter verschiedenen Druckveränderungen verformen.

Hier eine Beschreibung ihrer Arbeit in ihren eigenen Worten:

"Ich versuche zu verstehen, warum Gesteine sich so verformen, wie wir es beobachten und was diese Verformungen kontrolliert – Kristall- oder Korngröße, Kornform, Form oder Größe der Poren? Oder ist es doch die Mineralogie, oder wie das Gestein abgelagert wurde? Mit Laborversuchen an verschiedenen Gesteinen unter unterschiedlichen Bedingungen versuche ich das herauszufinden. Meine Forschung und ihre Ergebnisse sind wichtig für verschiedene Untergrundprozesse, z.B. Erdöl – oder Erdgasgewinnung, Geothermie oder CO2-Speicherung. Jedesmal, wenn Flüssigkeiten oder Gase aus dem Erdboden entnommen oder zugeführt werden, ändern sich die Bedingungen im Untergrund. Gesteine reagieren auf diese Veränderung, und wenn ich verstehe, welche Gesteinseigenschaften diese Reaktionen kontrollieren, dann können wir dieses Verhalten besser vorhersagen. Ich bin gerade in Brasilien, um meine Laborergebnisse mit Gesteinen in Steinbrüchen und Aufschlüssen zu vergleichen - damit wir auch wissen, ob unsere Laborversuche Sinn machen."
Super spannend also, und wir freuen uns auf eine großartige Woche! Natürlich haben wir Stephanie auch unseren üblichen Fragebogen gegeben:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich bin da so reingepurzelt…ich wusste ewig nicht, was ich studieren soll, wie meine LKs in Physik und Geschichte zeigen. Meine Mama hatte dann Geowissenschaften in Hannover vorgeschlagen – viel draußen sein, etwas Reisen, von allen Naturwissenschaften etwas dabei, und vor allem kein NC – das klang super. Nach 3 Jahren Grundstudium bin ich dann nach Schottland – ursprünglich für 1 Jahr…aber Pläne ändern sich und ich bin da geblieben und habe dann 2007 meinen BSc in Earth Science von der University of Glasgow bekommen. Die Zeremonie in Glasgow war fast wie bei Harry Potter.

Ich habe dann ersteinmal als Geologin bei einer Geotechnikfirma in Schottland gearbeitet – war eine super Gelegenheit, Schottland noch besser kennenzulernen. Aber nach 2 Jahren kam die Lust auf mehr, und mit diesem Wunsch dann auch die finanzielle Krise in 2009 und meine Entlassung. Kurz bevor ich entlassen wurde, hatte ich eine Doktorandenstelle gesehen, die super spannend klang und nach einem Informationsgespräch habe ich mich auf die Stelle beworben. Bis ich die Zusage hatte, habe ich etwas gejobbt und z.B. Computerspiele getestet. Ich hab dann im September 2009 die ersehnte Zusage bekommen und im Oktober angefangen. Ich habe 3 Jahre und 10 Monate gebraucht und im August 2013 meine Doktorarbeit eingereicht. Und ich bin dann wieder aus der Akademie raus – aber nicht aus der Forschung  und habe beim British Geological Survey als Experimentelle Geowissenschaftlerin angefangen – eine unbefristete Stelle im Öffentlichen Dienst – Jackpot. Naja…es ist nicht immer alles Gold was glänzt und mir haben die Einschränkungen nicht so gefallen und ich konnte auch meine eigenen Ideen nicht richtig verfolgen. Also habe ich nach 15 Monaten meine Kündigung eingereicht und bin dann im Dezember 2014 von England wieder nach Schottland gezogen. Ich wollte wieder zurück an die Uni – hatte aber keine guten Stellen gesehen, und so sagte ich ja zu einer 4-monatigen Postdoc-Stelle an der Heriot-Watt University. Ich habe ein Experiment entworfen, um CO2 Blasen unter verschiedenen Strömungsbedingungen zu messen. Und während dieser Zeit habe ich dann auch das Angebot für meine jetzige Stelle entdeckt, mich beworben und auch bekommen. Ich habe im Mai 2015 im Insitute for Petroleum Engineering angefangen und habe jetzt noch 10 Monate, bis mein Vertrag endet. Ich habe mich auf ein paar verschiedene Stellen beworben – in Schottland und Deutschland. Mal schauen, was die Zukunft bringt…

In meinem Forschungsgebiet bin ich erst seit 2015 – aber was für ein Gebiet. Mit immer neuen Technologien lernen wir so viel mehr über Gesteine und wie sie sich verformen. Am besten finde ich es, wenn ich etwas entdecke, bei dem ich weiss, dass ich die erste Person bin, die es sieht. Die Gesteine, mit denen ich gerade arbeite, kommen aus Brasilien und sind berühmt für ihre Fischfossilien aus der Kreidezeit. Aber seit der letzten Edöl-Entdeckung in Brasilien werden sie als Vergleichsmaterial erforscht. Als wir unsere Proben mit Röntgenstrahlen untersucht haben, um die Bruchzonen zu analysieren, haben wir auch Spurfossilien entdeckt, die so noch nie in 3D abgebildet worden waren – diese Bilder mit den brasilianischen Paläontologen zu teilen, war super. Wir sinde gerade dabei, neue Techniken und ihre Nutzbarkeit in der Geomechanik zu testen. Es macht super viel Spass, quasi alt mit neu zu kombinieren und zu schauen, wie wir noch mehr Informationen aus den Gesteinen herausbekommen können. Und ich muss sagen, das viele Reisen macht auch super viel Spass – ich hätte nie gedacht, dass ich mal 3 Monate in Brasilien wohnen und arbeiten werde. 

Meine Arbeit ist eine Mischung aus
1.   Laborarbeit: ich bereite die Gesteinsproben vor, vermesse und fotografiere sie, danach werden ein paar Standardtest gemacht, um Porosität und Durchlässigkeit zu messen – das ist wichtig, um dies mit den Ergebnissen nach der Deformierung zu vergleichen. Die triaxiale Verformung mache ich mit einem Kollegen zusammen – das ist etwas langweilig, da alles in einer Edelstahlzelle passiert und wir nur die Daten sehen können. Nach diesem Test werden dann die Charakterisierungstests wiederholt. Ausgesuchte Proben gehen dann zu einem Kollegen an der Lund Universität in Schweden für die Röntgenaufnahmen.
2.  Datenanalyse: Ich vergleiche die Daten vor und nach dem Test und versuche, die Röntgenbilder zu rekonstruieren, um das Innere des Gesteins in 3D sehen zu können. Wenn möglich, haben wir auch eine Aufnahme, bevor das Gestein veformt wurde, um auch diese zu vergleichen
3.  Geländearbeit: Leider nicht so viel wie ich gerne hätte, aber ich war schon in Frankreich, um Proben zu sammeln und bin jetzt zum zweiten Mal in Brasilien, um hier Daten im Gelände zu sammeln. Das geht hauptsächlich über Fotos, die ich dann am Computer analysiere und mit den Laborfotos vergleiche.
4.  Schreiben: wie jeder andere Wissenschaftler auch muss ich Berichte und Journalpapers schreiben – etwas untypisch für einen Postdoc habe ich mich auch schon für kleine Forschungsgelder beworben.
Ich mag die Abwechslung und dass ich bei den Laborexperimenten mitentscheiden darf, was gemacht wird. Außerdem lerne ich, wie alle Messgeräte funktionieren. Und ich habe ein paar Nebenprojekte – die haben aber alle irgendwie mit Geomechanik zu tun.

Wenn wir weiterhin auf Erdöl und Erdgas angewiesen sind, müssen wir wissen, wie wir sicher und am effizientesten an die letzten Reserven kommen – 60% der Reserven sind in Karbonatgesteinen eingeschlossen und die sind sehr kompliziert. Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, um zu verstehen, wie sicher es ist, CO2 im Untergrund zu speichern und welche Gesteinsformationen sich dafür am besten eignen. Beide Aspekte (wenn auch gegensätzlich) sind wichtig und meine Forschung kann allen Seiten helfen.

Ich bin seit 2015 Projektleiterin für Native Scientist in Edinburgh für Deutsch – ich koordiniere Events mit Schülern der deutschen Samstagschule und deutsch-sprachigen Wissenschaftlern. Im Mai diesen Jahres hatten wir ein Event mit dem Goethe Institut in Glasgow und schottischen Schülern, die Deutsch lernen.
Seit November 2016 bin ich Mitglied bei Chronically Academic – ein Netzwerk von Akademikern mit Behinderung oder Chronischen Erkrangung. Da bin ich nach meiner MS Diagnose beigetreten – für die Unterstützung, aber auch, um das System zu ändern und anderen Wissenschaftlern in meiner Situation zu helfen und bei der Aufklärungsarbeit zu helfen.
Ich bin auch aktiv, was die Unterstützung von Wissenschaftlern am Anfang ihrer Karriere angeht und habe letzes Jahr ein Postdoc Forum an der Heriot-Watt University gegründet

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Nix spannendes – ich versuche gerade, Portugiesisch zu lernen (da sich das ja anbietet) und ich habe vor 3 Wochen wieder mit Laufen angefangen und trainiere gerade für einen 10km Lauf hier in Recife im August. Ansonsten fahre ich gerne Rad – ich habe ein Rennrad und ein Mountainbike.
Ich stamme aus einer Fußball-Verrückten Familie und alle 2 Jahre zur WM und EM kommt das dann richtig raus…ich habe sogar ein Trikot für meinen Computerstuhl. Meine Mama hat eine Dauerkarte für Bayer Leverkusen und da gehe ich dann machmal mit zu Spielen, wenn ich zu Besuch bin. Und mein Film gegen Heimweh ist Deutschland ein Sommermärchen – aber ich überspringe manchmal das Spiel gegen Italien…

Wie sieht dein idealer freier Tag aus?
Ausschlafen (was bei mir 7 oder 8 Uhr ist) – gemütlich frühstücken und dann mit meinem Freund wandern oder spazieren gehen – wir haben viele Parks in der Nähe. Oder, wenn das Wetter typisch schottisch ist, dann ist auch mal ein Tag auf dem Sofa mit Netflix ganz entspannend. Hier in Brasilien versuche ich am Wochenende, Städte in der Nähe zu besuchen.

Bitte begrüßt Stephanie ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, June 11, 2017

In den Köpfen von Hackern und Wissenschaftlern - Malte Elson ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit dem größten Vergnügen möchten wir euch unseren neuen Kurator Malte Elson (@maltoesermalte) vorstellen! Malte gehört zur seltenen Spezies der Medienpsychologen und hat in Köln zum Thema gewalthaltige Videospiele und Aggression promoviert. Nach einem Zwischenstopp in Münster zog es ihn an die Ruhr-Universität Bochum, wo er Verhaltenslernen mit Medien erforscht. Neben diesem Forschungsschwerpunkt rettet er (hoffentlich) die Wissenschaft und baut wundervoll nerdige Websites für seine diversen Projekte (Beweisstück 1).


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Durch Stolpern - Ins Studium, in meine erste Stelle als SHK, in meine Promotion. Die große Gesichtsbremse kommt also wahrscheinlich bald.

Eigentllich habe ich nicht ein aktuelles Feld, sondern zwei, die sich auch nur randständig überlappen: Zum einen interessiere ich mich für den "Human Factor" in der Sicherheit digitaler Technologien, insbesondere für das Reverse Engineering von anwendungsspezifischen integrierten Schaltungen (sog. ASICs). Diesen Satz verwende ich sehr gerne, weil darin relativ viele abgefahrene Wörter auftauchen, die alle nicht nach Psychologie klingen. Vereinfacht gesagt erforsche ich Lern- und Problemlöseprozesse beim "Hacken" von Computerhardware bzw. Chips, z.B. solchen in Autoschlüsseln oder Kreditkarten - Wie geht man dabei vor? Was sind die einzelnen Lösungsschritte? Welche besonderen Herausforderungen gibt es? Welche Werkzeuge werden eingesetzt? Welches Vorwissen ist nötig? Ziel dieser Forschung ist es, das Design von Chips so zu verändern, dass Angreifer es "schwerer" haben, diese zu entschlüsseln.


Nicht speziell genug? Mein anderes Forschungsobjekt ist die (psychologische) Wissenschaft selbst. Dies ist ein relativ neuer Forschungsbereich (jedenfalls in der Psychologie), der sich Meta-Wissenschaft nennt. Das heißt: Mich interessiert, wie wissenschaftliche Erkenntnisse generiert und distribuiert werden. Ziel ist es letztlich, die Qualität von Forschungsabläufen evidenzbasiert zu verbessern. Dabei geht es um verschiedene Perspektiven, z.B. Methodologie (Wie arbeiten Wissenschaftler? Welche Fehler machen sie, bspw. beim Berichten statistischer Kennwerte?), Kommunikation (Wie wird über Forschung berichtet?) und Evaluation (Wie effektiv ist das Gatekeeping-System der Wissenschaft, Peer Review, und wie kann man es verbessern?).

"Von Haus aus" bin ich eigentlich Experimentalpsychologe und es liegt mir auch nach wie vor am meisten, in einer Experimentallogik über psychologische Phänomene nachzudenken. Wenig macht mir in meiner Arbeit mehr Spaß, als ein rigoros durchgeführtes Experiment (sowohl eigene als auch die anderer Leute). In der Realität verwende ich aber, jedenfalls aktuell, doch auch oft andere Forschungsdesigns. Hardware-Ingenieure (Thema 1), die Chips zerlegen, arbeiten u.a. für Regierungen (z.B. NSA) oder stehen mit einem Bein im Gefängnis - die für ein Experiment ins Labor zu bekommen ist daher nicht ganz trivial. Hier bin ich aktuell eher in einer Phase der Phänomenbeschreibung, d.h. ich versuche zunächst durch Einzelfallbeobachtungen ein paar Ideen davon zu bekommen, wie Hacker vorgehen, da es dafür schlichtweg keine Handbücher o.ä. Mustervorlagen gibt. Im nächsten Schritt sollen diese Erkenntnisse dann auch hoffentlich für das Design sinnvoller Laborexperimente genutzt werden. Um nachzuvollziehen, wie Wissenschaftler (Thema 2) arbeiten, tue ich vor allem eins: Lesen, was Wissenschaftler so alles aufschreiben, z.B. im Rahmen einer systematischen Inhaltsanalyse wissenschaftlicher Publikationen. Grundsätzlich bin ich aber auch sehr daran interessiert, hier originiäre empirische Studien durchzuführen - leider sind Wissenschaftler (aus anderen Gründen wie Hacker) auch nicht ganz leicht für derartige Forschungsvorhaben zu gewinnen.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Von Software-Hacking hat vermutlich jeder schon mal gehört, und dass ein Passwort aus mehr als 5 Buchstaben bestehen sollte, um sicher zu sein, wissen auch sonst technisch unbedarfte Menschen. Aber dass digitale Technologien auch noch auf andere Weise angegriffen werden können, nämlich über die Hardware selbst, ist vermutlich weniger bekannt. Mit der Zunahme solcher Chips in Alltagsobjekten (z.B. dem Perso) und dem wachsenden "Internet der Dinge" wird das ein Problem sein, mit Leute zwangsläufig konfrontiert werden.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit dafür interessieren, wie Wissenschaftler arbeiten? Das tut sie oft bereits. Der öffentliche Diskurs über Themen hoher gesellschaftlicher Relevanz (z.B. Klimawandel, soziale Ungleichheit, Mediennutzung oder auch Klassiker wie die Sonntagsfrage) sind oft begleitet von Meta-Diskussionen über Qualität der Forschung in diesen Bereichen. Diese sind jedoch auch viel von (teilweise haarsträubenden) Spekulationen geprägt, bspw. zur Auswirkung persönlicher Überzeugungen der Wissenschaftler auf ihre Daten oder zur strategischen Einflussnahme von (tatsächlichen oder vermuteten) Geldgebern. Auch wenn ein gesunder Skeptizismus grundsätzlich zu begrüßen ist, sollte er natürlich möglichst fundiert sein. Dass es in der Forschung als ein von Menschen betriebener Prozess auch eine gewisse Fehleranfälligkeit geben muss, liegt denke ich auf der Hand. Aber statt dieses eher grundsätzliche Phänomen dafür heranzuziehen, Wissenschaft entweder selektiv oder vollständig abzulehnen, gilt es nun eben mit wissenschaftlichen Methoden herauszufinden, was genau mögliche Probleme (oder ihre Quellen) sind, und wie man zukünftig am besten dagegen vorgehen kann.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Board Member der Society for the Improvement of Psychological Science (http://improvingpsych.org/), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Forschungspraktiken in der Psychologie nachhaltig zu verbessern. Ob uns das gelingt? Hoffentlich! An Motivation mangelt es jedenfalls nicht. Ich betreibe zudem zwei Websiten, die unmittelbar mit meiner Forschungs zu tun haben: journalreviewer.org ist eine Plattform, auf der Wissenschaftler Erfahrungsberichte über die Peer Review-Prozesse, die sie selbst durchlaufen, anderen zur Verfügung stellen können; flexiblemeasures.com aggregiert und visualisiert Probleme mit Flexibilität in psychologischen Forschungsmethoden. Schließlich betreibe ich noch gemeinsam mit drei anderen Psychologen (Anne Scheel, Ruben Arslan, Julia Rohrer) den Blog the100.ci, den ich allen sehr ans Herz legen möchte.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Da ich relativ gerne esse hat sich irgendwie die Notwendigkeit ergeben, dass ich oft (und gerne) koche. Ich bin zudem sehr brettspielbegeistert. Des weiteren versuche ich mich mehrfach die Woche dazu zu disziplinieren, Abends zum Raketensporttraining zu erscheinen, also am Rechner zu hängen und mit ein paar Freunden Rocket League zu zocken (Fußball mit raketenbetriebenen Autos). Ein weiteres Hobby ist es mir einzureden, dass ich bald wieder anfangen werde, das Klavier zu benutzen, das im Wohnzimmer so viel Platz wegnimmt. Achso, und ich mag Hüte.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Schlafen bis 10. Frühstück bis 12. Rocket League bis 2. Mittagssnack bis 3. Fahrradtour bis 5. Eis (geht immer). Auf dem Balkon rumgammeln (z.B. lesen) bis 7. Kochen & Essen bis 9. Brettspiele bis 2.

Bitte begrüßt Malte ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, June 4, 2017

Die unbestreitbare Faszination der Sterne - Stefan Gotthold ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns sehr, Stefan Gotthold (@ClearSkyBlog, aber auch @gottie29 und @WeRaBot und andere) als neuen Kurator begrüßen zu dürfen! Stefan ist Social-Media-Manager, Blogger, Wissenschaftskommunikator, und Astrofotograf in Selbstständigkeit sowie Pädagogischer Mitarbeiter in der Stiftung Planetarium Berlin. Er leitet den Clear Sky-Blog und ist auch auf quasi allen anderen sozialen Medien vertreten. Sein anderes berufliches Zuhause sind die Berliner Planetarien und Sternwarten der Stiftung Planetarium Berlin (Zeiss-Großplanetarium, Planetarium am Insulaner, Archenholdsternwarte und Wilhelm-Foerster-Sternwarte).


Hier ist Stefan in seinen eigenen Worten:

Eigentlich bin ich nie so richtig in der Wissenschaft gelandet. Ich bin Diplom-Ingenieur für Technische Informatik im Maschinenbau und bin recht schnell nach dem Studium in der Wirtschaft gelandet. Seit dem ich 16 Jahre alt bin, betreibe ich aber das Hobby Astronomie. Hierbei der praktische Teil und führe seit 2009 einen der größten Astronomie-Blogs Deutschlands. Der Clear Sky-Blog ist mein Zugang zur Wissenschaft und was anfänglich nur ein Hobbyprojekt war trieb mich nach und nach in die Wissenschaftsszene und damit auch in die Wissenschaftskommunikation. 
2014 habe ich mich mit diesem Thema auch Selbstständig gemacht und werde hier regelmäßig von Universitäten und anderen #Wisskomm-Einrichtungen gebucht, um dort die Astronomie vorzustellen. Forschung steht hier nicht im Hauptfokus und trotzdem beschäftige ich mich mit den sozialen Netzwerken und probiere hier sehr viel aus. Mich interessieren eben die Fragen nach der Kommunikation im wissenschaftl. Bereich. Mittlerweile Berate ich Institute und verschiedene Einrichtungen im Bereich Social-Media und wie man mittels der Netzwerke Menschen von der Wissenschaft begeistern und informieren kann.
Das brachte mich auch zur Stiftung Planetarium Berlin. 2014 gründete ich mit den damaligen Planetarien und Sternwarten die Lange Nacht der Astronomie in Berlin. Wir wuchsen zusammen und da war der Schritt in die 2016 gegründete Stiftung ein logischer Schritt. Auch hier bleib ich der Wissenschaftskommunikation treu und bin sehr oft in den Planetariumskuppeln unterwegs. Mit Menschen über aktuelle Forschung zu sprechen, macht mir Spaß und mit den Möglichkeiten eines Planetariums und dessen Technik geht das um einiges einfacher.
Der Kontakt zu den Menschen und vor allem zu den Kindern begeistert mich. Astronomie ist die Wissenschaft die alles vereinigen kann. Biologie, Chemie, Physik, Mathe und viele weitere Wissenschaftszweige finden sich in der Astronomie wieder. Kinder und Jugendliche sind schnell zu begeistern und wollen viel darüber Wissen wo wir im Universum leben und wirken. Erwachsene sind da zwar auch wissbegierig, aber zurückhaltender. 
Ich liebe es, unter einem Planetariumssternenhimmel zu stehen und die Menschen auf eine Reise durch den Kosmos mitzunehmen. Wir leben in einer spannenden Zeit und es passiert so vieles dort draussen in den Weiten des Weltalls. Mich interessiert das nun seit 24 Jahren und da gibt es viel zu erzählen. 
Meine Begeisterung steckt an und daher betreue ich das Moderatorenteam der Planetarien und sorge dafür das unsere Moderatoren mit der gleichen Begeisterung den Besuchern dieses faszinierende Thema mitgeben.
In meiner Selbstständigkeit gehe ich raus. Mit dem Teleskop den Sternenhimmel zu erkunden ist noch einmal etwas schöner. Wer in echt mal den Jupiter gesehen hat und die Monde Galileo’s beobachtet, der wird das Bild nie wieder los. 
Natürlich muss in beiden Bereich darauf geachtet werden, die Menschen nicht abzuhängen, sondern Wissen zu vermitteln. Das ist der Arbeitsprozess im Hintergrund. Bildungsprogramme sollten durchdacht sein. Vorträge sollten verständlich sein. Und all das bitte auch auf Augenhöhe. Hier steckt viel Arbeit in meinem Blog (>1000 Artikel) und auch in den Programmen der Planetarien.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Arbeit interessieren?
Das ist einfach zu beantworten. Weil Sie cool ist, weil Sie toll ist und weil Sie den Menschen zeigt wo sich unser Platz im Universum befindet. Der Blick in das große Universum zeigt uns das wir unheimlich klein sind. Viele fühlen sich unbedeutend. Das stimmt aber nicht. Wenn ich mit den Menschen zum Rand des Universums reise, dann zeige ich was wir als Menschen schon herausgefunden haben. Und das ist großartig. Und natürlich gibt es Millionen von ungelösten Fragen. Hier können sich Kinder und Jugendliche noch engagieren und in die Studienfächer gehen. Aber auch anders herum zeige ich den Menschen gern den Blick auf unseren blauen Planeten und wir schändlich wir damit umgehen. Geht von 300 Gästen nur einer aus dem Planetarium und achtet etwas mehr auf seine Umwelt, ist mein Ziel schon erreicht. Lieber wären mir, wenn alle 300 das tun würden, aber das geht glaube ich nicht.

Da mein Hobby, meine Selbstständigkeit und meine Arbeit für die Stiftung so ziemlich alles an Zeit nehmen, fehlt mir hier einfach die Möglichkeit noch anderen Themen nachzugehen. Die Interessen sind hoch und ich bin leicht von neuen Themen zu begeistern. Aber leider hat der Tag nur 24 Stunden.
Natürlich gibt es immer mal die eine oder andere Minute und dort gehe ich dem Teil des Studiums nach, der mich schon immer etwas mehr interessiert hat. Meine kleine Leidenschaft ist das Programmieren. Und da sich das super mit der Wissenschaftskommunikation verbinden lässt, programmiere ich ab und an mal einige Ideen durch. Im Moment habe ich einige Twitter-Bots entwickelt. @WeRaBot ist eines der Projekte bei Twitter. Dort twittert eine Raspberry Pi für mich und natürlich wieder astronomische Themen. Man könnte es als Forschung im Bereich Social-Media werten. Ich will ausprobieren wie sich ein Twitter-Kanal aufbaut, wenn klar ist dass hier ein Bot hinter steckt. Aktuell hat @WeRaBot (Welt-Raum-Bot) schon 282 Follower. Mal schauen wir es in 1-2 Jahren aussieht.

Ich bin in der glücklichen Lage mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Leider leiden Hobbies wie Motorradfahren, Tauchen etc. darunter etwas. Aber das ist OK. Die Astronomie in allen Bereichen füllt mich hier komplett aus.
Mein idealer Tag findet einmal im Jahr statt. Die Lange Nacht der Astronomie #lnda2017 (dieses Jahr am 5. August im Gleisdreieckpark) ist mein idealer Tag. 2.500 Menschen an einem Ort mit dem Interesse für Astronomie. Ich liebe diesen Tag einfach. Er zeigt wie sehr wir den Menschen die Wissenschaft zeigen können und alle kommen freiwillig. Schaue ich in die Gesichter und höre sowohl von Kinder (5 jährige) bis Opa und Oma (96 jährige) das diese das erste Mal den Saturn mit Ringen durchs Teleskop gesehen haben, bin ich glücklich. 

Bitte begrüßt Stefan ganz herzlich bei Real Scientists DE!