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Sunday, July 28, 2019

Lernen mit David - David Lohner ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator David Lohner (@davidlohner) vorstellen! David produziert seit 2013 am Zentrum für Mediales Lernen (ZML) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) Lehr- und Lernvideos. Seit 2018 promoviert er im Bereich Hochschul- bzw. Mediendidaktik mit besonderem Schwerpunkt auf der Optimierung von videobasierten Online-Lernumgebungen. Dabei soll erschlossen werden, welche Kriterien „gute Onlinelehre“ ausmachen und sich für eine systematische Evaluation solcher Angebote eignen.

Auf seinem YouTube-Kanal und Blog dokumentiert und kommentiert er als „David der Doktorand“ die Entstehung seiner Dissertation. Dabei schildert er unter anderem den Alltag als Doktorand, mit welchen Themen er sich auseinandersetzt, welche Konferenzen er besucht oder welche wissenschaftlichen Artikel er liest.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Um ehrlich zu sein: eine Verkettung glücklicher Zufälle. Hauptsächlich, weil ich gefragt wurde, ob ich nicht promovieren wolle. Aber dazu gibt es natürlich eine Vorgeschichte:
Ursprünglich habe ich Geographie und Germanistik für das Lehramt an Gymnasien studiert. Als Student hatte ich ein paar Hiwi-Jobs, darunter einen am Zentrum für Mediales Lernen des Karlsruher Instituts für Technologie. Nachdem mein Studium zu Ende war und wir zu Hause als Familie bereits zu dritt waren, war es tatsächlich der einfachste Weg, dort als Mitarbeiter einzusteigen. Ein Glücksfall zur richten Zeit sozusagen. Dass der wissenschaftliche Leiter dieser Einrichtung später mal mein Doktorvater werden sollte, wusste ich damals noch nicht. Inzwischen habe ich zwei halbe Stellen am Karlsruher Institut für Technologie: eine am ZML, der zentralen E-Learning Einheit des KIT und eine weitere am Institut für Berufspädagogik und Allgemeine Pädagogik, wo ich promoviere.

Foto: Patrick Langer, KIT
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Die Entscheidung für mein Feld war dadurch im Grunde ausgemachte Sache: Lehren und Lernen, verknüpft mit den digitalen Medien. Dass diese Kombination interessant ist und in Zukunft eine zentrale Rolle spielen wird, habe ich eindrucksvoll durch mein One-Hit-Wonder auf YouTube demonstriert bekommen: ich habe ein gehaltenes Referat als Video hochgeladen und inzwischen hat das mehr als 500k Klicks. „Lernen mit Videos im Netz – das ist die Zukunft,“ dachte ich mir.

Ich habe lange danach gesucht, wie ich denn „mein Feld“ bezeichnen soll: Ich habe Lehramt studiert, bin also „von Haus aus“ weder ein lupenreiner Natur- oder Geisteswissenschaftler, noch reiner Pädagoge. Als Mitarbeiter an einem traditionellen Institut und einer E-Learning-Servicestelle habe ich je einen Fuß in Forschung und Lehre und einen im Bereich Beratung und Dienstleistung. Ich platziere mich also genau an der Schnittstelle: Ich befasse mich damit, wie wir im Hochschulkontext mit Medien lernen. Gibt es „Hochschul-Mediendidaktik“?

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Genau in diesem Feld bin ich jetzt unterwegs: am ZML konzipieren und produzieren wir Lernmedien – hauptsächlich Videos und darauf aufbauende Onlinekurse und MOOCs. Das heißt, ich kenne den ganzen Prozess vom Drehbuchschreiben über das Filmen und die Videobearbeitung bis hin zum didaktischen Setting in der Kursumgebung im Web. Das wird nie langweilig, da wir für jedes Projekt mit anderen Fachwissenschaften zusammenarbeiten. Das Know-How zum Thema Videoproduktion teilen wir vom ZML auch regelmäßig in Tagesworkshops in verschiedenen Hochschuldidaktik-Programmen. Ansonsten beraten wir Dozierende am KIT zu allen Belangen rund um E-Learning.

Für meine Promotion am Institut für Berufspädagogik und Allgemeine Pädagogik durfte ich mir mein Thema selbst aussuchen. Da lag es nahe, sich mit Webvideos zum Lernen zu befassen. So kann ich meine beiden halben Stellen am KIT ganz wunderbar miteinander verheiraten – auch wenn es auf dem Stundenzettel dann des Öfteren zum Ehekrach kommt 😉 In meiner Dissertation will ich herausfinden, wie videobasierte Onlinekurse gestaltet sein müssen, damit sie funktionieren. Dabei plane ich eine Design-Based-Research-Studie, die ich entlang eines Kurses aufziehe, den wir in den vergangenen drei Jahren am ZML erstellt haben. Fast alle Videos aus diesem Kurs sind auch auf YouTube verfügbar.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
In der Hochschullandschaft kommt der Lehre und dem Lernen relativ wenig Aufmerksamkeit zu. Meiner Meinung nach sollte ihr Stellenwert viel höher sein, um dem der Forschung zumindest in etwa zu entsprechen. Denn ohne eine gute Lehre kann man keine guten Forscherinnen und Forscher ausbilden.

Ich will mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass wir besser verstehen, wie Lernen heutzutage gestaltet werden kann. Dazu gehört, dass wir die digitalen Technologien nicht als Add-On oder Trend betrachten, sondern als so selbstverständlich wie das Buch oder die Tafel ansehen. Das betrifft sowohl die Lerner als auch diejenigen, die Inhalte (zum Lernen) bereitstellen. Der sinnvolle Einsatz dieser Technologien muss von vielen aber noch geübt werden. Gute Bildungsangebote sind gefragt, die von den neuen Möglichkeiten ernsthaft Gebrauch machen. Heute mehr denn je – und insbesondere solche im Internet, die frei und offen zugänglich sind.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im letzten Jahr habe ich bei der Neuaufstellung des am KIT dezentral organisierten Konvents der Doktorandinnen und Doktoranden geholfen und bin seitdem der Vorsitz dieses Gremiums*. Salopp gesagt ist das so etwas wie eine Fachschaft für Promovierende unserer Fakultät. Wir werden zu Rate gezogen, wenn es um Änderungen an der Promotionsordnung geht, dürfen Stellungnahmen bei der Wahl von Ombudspersonen abgeben und stehen Promotionsinteressierten Rede und Antwort. Ich will in dieser Position bewirken, dass sich Promovierende untereinander austauschen, denn: ist das Format „Promotion“ überhaupt noch zeitgemäß? Man sitzt mehrere Jahre quasi alleine an seinem eigenen Mammut-Projekt. Überall sonst werden Teamwork, Zusammenarbeit und Kollaboration gefordert, nur bei seiner Doktorarbeit ist man auf sich gestellt. Ich glaube, es ist schon viel gewonnen, wenn man sich regelmäßig mit Personen austauschen kann, die in einer ähnlichen Situation stecken.

*Neuwahlen am 25.07. (ob ich wieder dabei bin, weiß ich erst dann)

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Seit ich fünf bin, habe ich ein Schlagzeug und beinahe hätte ich Jazz-Schlagzeug studiert. Inzwischen bin ich aber froh, dass ich mir die Musik als reines Hobby erhalten habe. Nach einer sehr aktiven Zeit spiele ich inzwischen nur noch in einer Bigband, der Up To Date Bigband. Ihr könnt ja mal auf unserer Webseite vorbeischauen. Dort gibt’s auch ein paar verlinkte Videos.

Außerdem fotografiere ich ganz gerne; noch nicht sehr lange, aber immerhin. Meine besten Schnappschüsse teile ich über Flickr.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Gibt es denn als Wissenschaftler einen freien Tag? Mir fällt es jedenfalls sehr schwer, meinen Kopf abzuschalten oder wirklich frei zu bekommen. Am ehesten hilft da tatsächlich volles Programm: ein Tagesausflug mit Familie irgendwo draußen in der Natur. Kamera im Anschlag für ein paar nette Schnappschüsse der Kids oder schöne Aufnahmen von Landschaft, gutes Wetter (nicht zu warm!) und am Ende ein gutes Essen in Aussicht.

Ja, das klingt ziemlich ideal.

Bitte begrüßt David ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, June 30, 2019

Wissen auf YouTube und Virtual Reality im Museum - Andrea Geipel ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Andrea Geipel (@AndreaGeipel) vorstellen! Andrea ist Sportwissenschaftlerin und promoviert derzeit am MCTS der Technischen Universität München zum Themenfeld Wissenschaftskommunikation auf YouTube. In ihrem Studium hat sie sich schwerpunktmäßig mit sportwissenschaftlichen Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Neuropsychologie und Lernforschung beschäftigt. Seit Januar 2018 ist sie Projektkoordinatorin am Deutschen Museum und beschäftigt sich mit dem Einsatz von Virtual Reality sowie weiteren 3D-Technologien in der musealen Vermittlung.
Neben ihrer Forschungsarbeit ist sie auch in der Lehre tätig. Derzeit gibt sie Workshops zu den Themen Projektmanagement und Netzwerken am Karlsruher Institut für Technologie sowie für Wissenschaftskommunikation in sozialen Medien an der Technischen Universität München.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Eigentlich wollte ich da gar nicht unbedingt hin. Ich habe mich damals für das Sportstudium entschieden, weil ich mehr über den Einfluss von Bewegung auf den Körper erfahren wollte - und weil es mir so viel Spaß gemacht hat Muskeln, Knochen und Gehirne zu zeichnen. Während dem Studium habe ich viel ausprobiert, ich hatte Kurse in Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik. Auch im Sportstudium selbst habe ich viel ausprobiert, habe in der Sportpsychologie, in der Bewegungswissenschaft und in der Trainingswissenschaft als studentsiche Hilfskraft gearbeitet. In der Sportpsychologie und in der Arbeit mit dem Elektroenzephalogram hatte ich am meisten Gefallen gefunden und wollte dann noch etwas mehr darüber lernen. Als ich dann aber eine Promotion zum Einfluss kurzzeitiger Belastungen auf neuroelektrische Marker von Daueraufmerksamkeit begonnen hatte, wurde mir plötzlich bewusst, dass mich gerade die Vielfalt in Kombination mit der Lehre und dem Präsentieren von neuen Inhalten so gereizt hat. Es hat dann noch etwas gedauert, bis ich gemerkt habe, dass es mich ins Museum zieht, dass ich wissenschaftliche Inhalte vermitteln möchte. Erst dann habe ich mich für die Promotion im Fach Science and Technology Studies entschieden. Jetzt arbeite ich in der Forschungsabteilung am Deutschen Museum und damit sehr praxisnah und für mich genau das Richtige.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Nach meinem Studium habe ich mich erst mal hingesetzt und überlegt, was mir Spaß macht, was ich schon als Kind gerne gemacht habe und so weiter. Also ganz strategisch. Und da ist mir aufgefallen wie gerne ich Museen mag - die Atmosphäre, die Schautafeln, die Exponate - und wie viel es mir macht zu unterrichten. Danach war es irgendwie ganz einfach. Ich habe mir eine Professorin gesucht, die mir zutraut auch ohne tiefergehendes sozialwissenschaftliches Vorwissen eine Promotion zum Thema Wissenschaftskommunikation zu machen. Und ich bin mit der Wahl immer noch sehr zufrieden. Es macht mir Spaß, jetzt sehr praktisch und gleichzeitig forschend tätig zu sein. Ich vermittle gerne Wissen und mache mir Gedanken darüber, wie man Methoden der digitalen Vermittlung in unterschiedliche Lernkontexte integrieren kann. Am meisten gefällt mir aber, dass ich so viel Einblick in so unterschiedliche Themengebiete und Forschungskontexte bekomme in meinem Feld. Die Science and Technology Studies behandeln alle möglichen Themen an der Schnittstelle Technik, Wissenschaft und Gesellschaft und auch im Museum habe ich es mit Kunsthistoriker*innen, Ingenieur*innen und Naturwissenschaftler*innen zu tun. Es macht mir Spaß jeden Tag etwas Neues zu lernen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Seit 1,5 Jahren bin ich als Projektkoordinatorin am Deutschen Museum tätig. Ich arbeite im Team Deutsches Museum Digital (https://digital.deutsches-museum.de / @dmdmuc) in der Forschungsabteilung. Das Projekt, das ich betreue, ist ein Teilprojekt von museum4punkt0 (www.museum4punkt0.de / @museum4punkt0). Darin untersuchen insgesamt 6 Museen wie man digitale Technologien in den musealen Alltag integrieren kann. In unserem Teilprojekt am Deutschen Museum geht es z.B. darum, wie man 3D-Technologien im Museum sinnvoll einsetzen kann. Dazu gehören Fragen zum Einsatz von Virtual Reality oder Augmented Reality (in all ihren Facetten) in Ausstellungsräumen genauso wie das Testen von 3D-Scan-Verfahren zur Digitalisierung der Sammlungen - zur Nachnutzung in der Forschung oder zur Verwendung in der Vermittlung. Um die ganzen Fragen rund um das Thema 3D-Technologien im Museum nachhaltig zu erfassen, testen wir verschiedene Szenarien, erstellen Angebote für die Besucher*innen (z.B. unser VRlab im Deutschen Museum), evaluieren und dokumentieren vor allem. Ziel des Verbundprojekts ist es unsere Erfahrungen anderen Museen nachnutzbar zur Verfügung zu stellen - in Form von Handlungsempfehlungen, Prototypen, Source Code und Evaluierungsmethoden. Meine Aufgabe als Projektkoordinatorin umfassen quasi alles was so anfällt - ich bin zuständig für die Finanzplanung, das Projektmanagement, die Umsetzung der Teilprojekte, den Betrieb und die Evaluation des VRlabs im Deutschen Museum sowie die Dokumentation. Das ist manchmal anstrengend, aber auch sehr spannend, weil ich in ganz viele Bereiche Einblicke bekomme (z.B. Mittelabrufe beim Projektträger oder die Kommunikation mit den Werkstätten im Haus).

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Für meine Promotion sollte sich die Öffentlichkeit interessieren, weil ich versuche herauszufinden, welchen Einfluss digitale bzw. soziale Plattformen auf unsere Kommunikation von Wissen bzw. Wissenschaft haben. Also eben welchen Einfluss YouTube und die Regeln dort (z.B. Vorschlagsalgorithmen) sich darauf auswirken, wie Wissen(schafts)-Videos produziert werden, wie über Wissen(schaft) gesprochen und wie Wissen(schaft) rezipiert wird. Gerade am aktuellen Fall des Videos von Rezo vor der Europawahl konnte man ganz deutlich sehen, wie interessant das Thema der Rezeption von Videoinhalten in sozialen Medien ist. Verändert sich hier die Zuschreibung von Expertise und verschiebt sich möglicherweise die Bedeutung von den präsentierten Inhalten zu der Frage wie diese präsentiert werden? Das sind Fragen, die mich interessieren und die auch für die Gesellschaft spannend sind.
Aber auch die Frage der Integration von 3D-Technologien in Museen ist eine interessante für die Öffentlichkeit. Gerade in Museen stellt sich die Frage des Bewahrens des gesammelten Wissens, der Objekte, der Dokumente, der Bücher. Wie geht man das auf Dauer digital an, wie muss Digitalisierung in Kultureinrichtungen integriert werden, damit dies gelingen kann, wie können Schnittstellen geschaffen werden, um das digitale Wissen über Institutsgrenzen hinweg für die Gesellschaft und die Forschung zugänglich zu machen? Gerade im Hinblick auf den Brand in Notre Dame oder auch im brasilianischen Nationalmuseum zeigen, wie wichtig es ist sich über die nachhaltige Bewahrung kulturellen Wissens Gedanken zu machen.  

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Neben der Arbeit im Museum und der Promotion bin ich auch weiterhin in der Lehre aktiv, weil mir schon immer die Vermittlung und der Austausch mit Studierenden Spaß gemacht hat. Am Karlsruher Institut für Technologie unterrichte ich Projektmanagement und Netzwerken im beruflichen Umfeld. Außerdem halte ich seit kurzem auch Workshops für Promovierende zum Thema Wissenschaftskommunikation in sozialen Medien. Generell bin ich im Bereich Wissenschaftskommunikation auch über meine Promotion hinaus aktiv - mit zwei Freundinnen planen wir derzeit die Wissenschaftskommunikations-Szene in München noch besser zu vernetzen, evtl. auch Workshops zu organisieren.
Außerdem interessiere ich mich seit meiner Schulzeit für Wale und Delfine - und in diesem Rahmen für Meeresbiologie. Vor zwei Jahren war ich zum ersten Mal als Citizen Scientist auf einem Forschungsboot in Italien und habe selbst für eine Woche Daten über Wale und Delfine erhoben. Gerne würde ich mich hier noch mehr mit meiner eigenen Expertise einbringen oder über das Thema Citizen Science bzw. Science Tourism forschen - aber dazu fehlt dann doch die Zeit.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ähnlich wie im Beruf habe ich auch privat eigentlich viel zu viele Hobbies, um sie in meiner freien Zeit unterzubringen. Ich spiele Volleyball und singe in zwei Chören. Ich lese sehr viel und gerne (meist auf den langen S-Bahn-Fahrten in die Arbeit). Außerdem male und zeichne ich sehr gerne Dinge aus der Neuroanatomie, der Meeresbiologie oder einfach der Natur.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ich kann ausschlafen und dann ganz in Ruhe in den Tag starten, in dem ich lese oder Yoga mache. Danach gibt es ein gutes Frühstück bevor es raus geht zum Fotografieren, spazieren, malen oder um ein Museum zu besuchen. Nachmittags ein Kaffee in der Stadt, ein kurzer Einkaufsbummel durch diverse Buchläden und abends gut kochen.

Bitte begrüßt Andrea ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, January 6, 2019

Das Private ist online - Tobias Dienlin ist jetzt bei Real Scientists DE!

Wir freuen uns sehr, euch unseren neuen Kurator Tobias Dienlin (@tdienlin) vorstellen zu dürfen! Tobias ist gelernter Psychologe, sein Diplom legte er 2012 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ab. Seitdem arbeitet er im Team von Prof. Sabine Trepte im Bereich Medienpsychologie; inhaltliche Schwerpunkte sind Privatsphäre und Wohlbefinden im Kontext von Online-Medien. 2013 war Tobias für einen zweimonatigen Forschungsaufenthalt an der Ohio State University, 2014 für drei Monate an der University of California in Santa Barbara. Seine Dissertation zum Thema "The Psychology of Privacy" wurde 2016 veröffentlicht (und ist hier frei verfügbar). Aktuell arbeitet Tobias an der Universität Hohenheim am Fachgebiet Kommunikationswissenschaft insb. Medienpsychogie. Dort betreut er unter anderem das Projekt "Strukturwandel des Privaten", gefördert von der VW-Stiftung.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Eigentlich recht einfach: Das wissenschaftliche Arbeiten macht mir viel Spaß, und darüber hinaus empfinde ich es auch noch als ziemlich sinnstiftend. Ich hatte früher aber nie das Ziel, "Wissenschaftler" zu werden. Es war vielmehr so, dass ich einfach bei dem geblieben bin, was mir am meisten Spaß gemacht hat. Bereits in der Schule habe ich mich schon sehr für psychologische Themen interessiert, entsprechend später dann Psychologie studiert. Die Diplomarbeit hat mir dann so viel Freude bereitet, dass ich mir gedacht hatte, warum nicht mit einer Doktorarbeit weitermachen? Und hier war es dann letztlich genau das gleiche: Hey, das macht ja weiterhin Spaß, warum also aufhören ... ? 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Ganz allgemein fasziniert mich die Psyche des Menschen. Ich finde es schon immer spannend herauszufinden, wie dieser tickt und warum er sich so erfrischend absurd verhält. Und Medien fand ich -- wie so viele andere ja auch -- ebenso schon immer spannend. Ich kann mich erinnern, dass ich im Geschichtsunterricht mal freiwillig ein Referat zum Thema Propaganda im Dritten Reich gehalten hatte. Ich war fasziniert von der Macht der Bilder, insbesondere den Aufnahmen Leni Riefenstahls. In der Diplomarbeit habe ich mich dann später mit der Gestaltung und Wirkung von Werbung beschäftigt. Mich interessiert einfach ganz allgemein, wie Medien auf Menschen wirken und, anders herum, wie Menschen Medien nutzen.
Was mich in der Forschung hält und motiviert, ist nicht zuletzt die Tatsache, dass sie die Möglichkeit bietet, etwas Sinnvolles zur Gesellschaft beizutragen. (Und Werbung zähle ich nicht dazu.) Ich finde es schon ziemlich cool, dass ich mich hauptberuflich Fragen widmen kann, die Menschen tatsächlich interessieren, die eigentlich jedem zugänglich sind, und die auch eine gewisse Relevanz haben. In unserer sinnsuchenden, automatisierten und spezialisierten Gesellschaft empfinde ich das durchaus als Privileg.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Forschung lässt sich grob in zwei übergeordnete Themenbereichen einteilen: Privatheit und Wohlbefinden im Zusammenhang mit Online-Medien, bspw. auch Twitter. Ich interessiere mich zum einen dafür, was Privatheit eigentlich genau ist. Zum anderen versuche ich, besser zu verstehen, warum Menschen persönliche Informationen online teilen. Konkret untersuche ich hier das sogenannte Privacy Paradox und den Privacy Calculus. Das Privacy Paradox besagt, dass die Privatheitssorgen von Menschen nicht deren Online-Verhalten beeinflussen. Der Privacy Calculus-Ansatz hingegen vertritt mehr oder weniger das Gegenteil und postuliert, dass sowohl Privatheitssorgen als auch die zu erwartenden Vorteile doch einen signifikanten Einfluss nehmen. Spoiler Alert: Ich denke, dass der Privacy Calculus Ansatz die Wirklichkeit um einiges besser widerspiegelt.
Darüber hinaus interessiert mich, inwiefern Medien unser Wohlbefinden und Verhalten beeinflussen. Stimmt es, dass Smartphones uns einsam machen, dass wir weniger miteinander sprechen? Hat das einen Einfluss auf unsere Lebenszufriedenheit? Obwohl wir in einer eigenen Studie sogar einen kleinen positiven Effekt der Nutzung von sozialen Netzwerkseiten auf die Lebenszufriedenheit finden konnten, kristallisiert sich zunehmend heraus, dass dieser wahrscheinlich eher leicht negativ ist. Das große Problem ist allerdings, dass wir aktuell nur eine schlechte Datengrundlage haben und viele Fragen eigentlich noch gar nicht wirklich beantworten können. Zu diesem Thema habe ich entsprechend vergangenes Jahr meinen ersten Forschungsantrag eingereicht, in dem es unser Ziel ist, mittels einer App (welche  unter anderem die tatsächliche Nutzung trackt) und geeigneter statistischer Verfahren hier ein gutes Stück voran zu kommen.
Zuletzt interessiere ich mich für Meta-Science und Open Science. Was stellt eigentlich gute Forschung dar? Die Replikationskrise der Sozialwissenschaften zeigt, dass wir ein grundlegendes Problem haben. Ich denke, dass das Umsetzen von Open Science ein notwendiger Schritt zur Verbesserung der Forschungsergebnisse ist. In meiner eigenen Arbeit versuche ich das so gut es geht umzusetzen, bspw. indem wir Datensätze -- je nach Möglichkeit -- frei zur Verfügung stellen, den Code der Berechnungen darlegen und idealerweise alles zusammen in einem reproduzierbaren Manuskript veröffentlichen (sprich, der finale Fachartikel lässt sich anhand der Daten und des Codes vollständig replizieren). In einem jüngst erschienen Artikel haben wir das nun zum ersten Mal umgesetzt.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Als Medienpsychologen haben wir den allgemeinen Vorteil, dass die Forschungsthemen doch sehr alltagsnah sind. Letztlich hat jeder eine Meinung dazu, und irgendwie sind die Themen für alle relevant. Das zeigt sich auch darin, dass wir am Lehrstuhl recht viele Anfragen von Journalisten bekommen. Typische Fragen sind beispielsweise, warum wir eigentlich so viele Informationen online teilen, oder wie viel Smartphone-Nutzung noch gesund ist.
Klar: Auf diese Fragen kann es keine einfachen Antworten geben. Aber ich denke doch, dass wir zumindest etwas mehr wissen als nichts, und dass sich vorsichtige Empfehlungen zur Mediennutzung oder -gestaltung ableiten lassen. Ab und zu blogge ich übrigens auch über solche Themen -- beispielsweise, ob sich die Lebenszufriedenheit der Europäer in den letzten zwanzig Jahren eigentlich überhaupt geändert hat und welche Rolle die Medien dabei spielen können.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Nein, eigentlich nicht wirklich. Bis vor wenigen Jahren war ich noch recht aktiv im kirchlichen Bereich, bspw. als Jugendgruppenleiter oder bei der Planung von Veranstaltungen. Das mache ich mittlerweile aber kaum noch. Zum einen, weil arbeitsbedingt die Zeit fehlt und zum anderen, weil ich mittlerweile das dahinterstehende Erklärungsmodell doch für vergleichsweise unwahrscheinlich halte. Die zentralen christlichen Werten allerdings -- in meinen Augen Nächstenliebe und Vergebung -- sind mir weiterhin sehr wichtig, und ich würde mich durchaus freuen, wenn diese etwas mehr Raum in Gesellschaft und Kultur einnehmen könnten.
Ab und zu gibt es dann aber doch das ein oder andere interessante Nebenprojekt. Eines Tages bekam ich beispielsweise einen Anruf eines Richters aus Bayern. Es ging um einen Fall, in dem eine Person rechtsradikale Musik über ein Internetradio verbreitete. Diese stand allerdings nicht auf dem Index, und die Frage war, ob durch das Ausstrahlen Jugendliche dennoch nachhaltig negativ beeinflusst werden können. Ich wurde gebeten, hierzu ein Gutachten anzufertigen. Das war extrem spannend, da es zum einen eine Inhaltsanalyse der Liedtexte erforderte, und zum anderen eine Abschätzung über deren mögliche Wirkung. Im Prozess dann einem bekennenden Neonazi gegenüberzustehen und die eigene Position darzulegen, das war schon sehr spannend.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich bin ein großer Fußballfan und schon seit Kindheitstagen Anhänger von Borussia Dortmund. Ich finde den wissenschaftlichen und statistischen Zugang zu Fußball spannend (Stichwort expected goals oder goalimpact) und lese hier gerne Blogs und höre Podcasts. Ebenso habe ich das Lesen für mich wiederentdeckt, aktuell haben es mir dabei die Bücher von Karl-Ove Knausgaard sehr angetan. Lieblingsbücher sind bspw. "Narziss und Goldmund" von Hesse oder "Sapiens" und "Homo Deus" von Harari. Ansonsten mache ich noch recht viel Sport (Rennrad und low-key Fitness), treffe mich häufig mit Freunden und Familie, und gehe auch gerne mal Feiern.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Schlafen bis acht Uhr (ich will ja noch was vom Tag haben), langes Frühstück (inkl. frisch gemahlenem Kaffee und weich gekochtem Ei), 10 Minuten Workout (mit anschließender warmer Dusche), Lesen (klassisch, kein Kindle), 1-2 Alltagserledigungen (gegen das schlechte Gewissen), Nachmittagssnack (mittlerweile vegetarisch), Dortmundspiel (heja BVB), mit Freunden zum Essen/Kochen/Ausgehen treffen (Bier kein Wein), vorm Zubettgehen noch ggf. 10 Minuten meditieren und lesen (wenn's nicht zu viel Bier gab). Wichtig: Alles an der Seite meiner äußerst liebenswürdigen Frau!

Bitte begrüßt Tobias ganz herzlich bei Real Scientists DE!