Sunday, June 11, 2017

In den Köpfen von Hackern und Wissenschaftlern - Malte Elson ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit dem größten Vergnügen möchten wir euch unseren neuen Kurator Malte Elson (@maltoesermalte) vorstellen! Malte gehört zur seltenen Spezies der Medienpsychologen und hat in Köln zum Thema gewalthaltige Videospiele und Aggression promoviert. Nach einem Zwischenstopp in Münster zog es ihn an die Ruhr-Universität Bochum, wo er Verhaltenslernen mit Medien erforscht. Neben diesem Forschungsschwerpunkt rettet er (hoffentlich) die Wissenschaft und baut wundervoll nerdige Websites für seine diversen Projekte (Beweisstück 1).


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Durch Stolpern - Ins Studium, in meine erste Stelle als SHK, in meine Promotion. Die große Gesichtsbremse kommt also wahrscheinlich bald.

Eigentllich habe ich nicht ein aktuelles Feld, sondern zwei, die sich auch nur randständig überlappen: Zum einen interessiere ich mich für den "Human Factor" in der Sicherheit digitaler Technologien, insbesondere für das Reverse Engineering von anwendungsspezifischen integrierten Schaltungen (sog. ASICs). Diesen Satz verwende ich sehr gerne, weil darin relativ viele abgefahrene Wörter auftauchen, die alle nicht nach Psychologie klingen. Vereinfacht gesagt erforsche ich Lern- und Problemlöseprozesse beim "Hacken" von Computerhardware bzw. Chips, z.B. solchen in Autoschlüsseln oder Kreditkarten - Wie geht man dabei vor? Was sind die einzelnen Lösungsschritte? Welche besonderen Herausforderungen gibt es? Welche Werkzeuge werden eingesetzt? Welches Vorwissen ist nötig? Ziel dieser Forschung ist es, das Design von Chips so zu verändern, dass Angreifer es "schwerer" haben, diese zu entschlüsseln.


Nicht speziell genug? Mein anderes Forschungsobjekt ist die (psychologische) Wissenschaft selbst. Dies ist ein relativ neuer Forschungsbereich (jedenfalls in der Psychologie), der sich Meta-Wissenschaft nennt. Das heißt: Mich interessiert, wie wissenschaftliche Erkenntnisse generiert und distribuiert werden. Ziel ist es letztlich, die Qualität von Forschungsabläufen evidenzbasiert zu verbessern. Dabei geht es um verschiedene Perspektiven, z.B. Methodologie (Wie arbeiten Wissenschaftler? Welche Fehler machen sie, bspw. beim Berichten statistischer Kennwerte?), Kommunikation (Wie wird über Forschung berichtet?) und Evaluation (Wie effektiv ist das Gatekeeping-System der Wissenschaft, Peer Review, und wie kann man es verbessern?).

"Von Haus aus" bin ich eigentlich Experimentalpsychologe und es liegt mir auch nach wie vor am meisten, in einer Experimentallogik über psychologische Phänomene nachzudenken. Wenig macht mir in meiner Arbeit mehr Spaß, als ein rigoros durchgeführtes Experiment (sowohl eigene als auch die anderer Leute). In der Realität verwende ich aber, jedenfalls aktuell, doch auch oft andere Forschungsdesigns. Hardware-Ingenieure (Thema 1), die Chips zerlegen, arbeiten u.a. für Regierungen (z.B. NSA) oder stehen mit einem Bein im Gefängnis - die für ein Experiment ins Labor zu bekommen ist daher nicht ganz trivial. Hier bin ich aktuell eher in einer Phase der Phänomenbeschreibung, d.h. ich versuche zunächst durch Einzelfallbeobachtungen ein paar Ideen davon zu bekommen, wie Hacker vorgehen, da es dafür schlichtweg keine Handbücher o.ä. Mustervorlagen gibt. Im nächsten Schritt sollen diese Erkenntnisse dann auch hoffentlich für das Design sinnvoller Laborexperimente genutzt werden. Um nachzuvollziehen, wie Wissenschaftler (Thema 2) arbeiten, tue ich vor allem eins: Lesen, was Wissenschaftler so alles aufschreiben, z.B. im Rahmen einer systematischen Inhaltsanalyse wissenschaftlicher Publikationen. Grundsätzlich bin ich aber auch sehr daran interessiert, hier originiäre empirische Studien durchzuführen - leider sind Wissenschaftler (aus anderen Gründen wie Hacker) auch nicht ganz leicht für derartige Forschungsvorhaben zu gewinnen.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Von Software-Hacking hat vermutlich jeder schon mal gehört, und dass ein Passwort aus mehr als 5 Buchstaben bestehen sollte, um sicher zu sein, wissen auch sonst technisch unbedarfte Menschen. Aber dass digitale Technologien auch noch auf andere Weise angegriffen werden können, nämlich über die Hardware selbst, ist vermutlich weniger bekannt. Mit der Zunahme solcher Chips in Alltagsobjekten (z.B. dem Perso) und dem wachsenden "Internet der Dinge" wird das ein Problem sein, mit Leute zwangsläufig konfrontiert werden.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit dafür interessieren, wie Wissenschaftler arbeiten? Das tut sie oft bereits. Der öffentliche Diskurs über Themen hoher gesellschaftlicher Relevanz (z.B. Klimawandel, soziale Ungleichheit, Mediennutzung oder auch Klassiker wie die Sonntagsfrage) sind oft begleitet von Meta-Diskussionen über Qualität der Forschung in diesen Bereichen. Diese sind jedoch auch viel von (teilweise haarsträubenden) Spekulationen geprägt, bspw. zur Auswirkung persönlicher Überzeugungen der Wissenschaftler auf ihre Daten oder zur strategischen Einflussnahme von (tatsächlichen oder vermuteten) Geldgebern. Auch wenn ein gesunder Skeptizismus grundsätzlich zu begrüßen ist, sollte er natürlich möglichst fundiert sein. Dass es in der Forschung als ein von Menschen betriebener Prozess auch eine gewisse Fehleranfälligkeit geben muss, liegt denke ich auf der Hand. Aber statt dieses eher grundsätzliche Phänomen dafür heranzuziehen, Wissenschaft entweder selektiv oder vollständig abzulehnen, gilt es nun eben mit wissenschaftlichen Methoden herauszufinden, was genau mögliche Probleme (oder ihre Quellen) sind, und wie man zukünftig am besten dagegen vorgehen kann.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Board Member der Society for the Improvement of Psychological Science (http://improvingpsych.org/), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Forschungspraktiken in der Psychologie nachhaltig zu verbessern. Ob uns das gelingt? Hoffentlich! An Motivation mangelt es jedenfalls nicht. Ich betreibe zudem zwei Websiten, die unmittelbar mit meiner Forschungs zu tun haben: journalreviewer.org ist eine Plattform, auf der Wissenschaftler Erfahrungsberichte über die Peer Review-Prozesse, die sie selbst durchlaufen, anderen zur Verfügung stellen können; flexiblemeasures.com aggregiert und visualisiert Probleme mit Flexibilität in psychologischen Forschungsmethoden. Schließlich betreibe ich noch gemeinsam mit drei anderen Psychologen (Anne Scheel, Ruben Arslan, Julia Rohrer) den Blog the100.ci, den ich allen sehr ans Herz legen möchte.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Da ich relativ gerne esse hat sich irgendwie die Notwendigkeit ergeben, dass ich oft (und gerne) koche. Ich bin zudem sehr brettspielbegeistert. Des weiteren versuche ich mich mehrfach die Woche dazu zu disziplinieren, Abends zum Raketensporttraining zu erscheinen, also am Rechner zu hängen und mit ein paar Freunden Rocket League zu zocken (Fußball mit raketenbetriebenen Autos). Ein weiteres Hobby ist es mir einzureden, dass ich bald wieder anfangen werde, das Klavier zu benutzen, das im Wohnzimmer so viel Platz wegnimmt. Achso, und ich mag Hüte.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Schlafen bis 10. Frühstück bis 12. Rocket League bis 2. Mittagssnack bis 3. Fahrradtour bis 5. Eis (geht immer). Auf dem Balkon rumgammeln (z.B. lesen) bis 7. Kochen & Essen bis 9. Brettspiele bis 2.

Bitte begrüßt Malte ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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