Sunday, September 6, 2020

Ein gepflegtes Gesundheitssystem - Martina Hasseler ist jetzt bei Real Scientists DE!

Mit großer Vorfreude möchten wir euch unsere neue Kuratorin Martina Hasseler (@HasselerMartina) vorstellen! Martina ist Gesundheits-, Pflege-, und Rehabilitationswissenschaftlerin. Nach einer Ausbildung zur Pflegefachperson studierte sie an der Universität Osnabrück Pflegewissenschaften und promovierte zum Thema postpartale Pflege. 2015 habilitierte sie sich an der Universität Oldenburg. Heute forscht und lehrt sie an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften und an der Universität Oldenburg.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Über den zweiten Bildungsweg. Ich habe zuerst eine Ausbildung zur Pflegefachperson absolviert (schon viele, viele Jahre her) und dann nach der Ausbildung das Abitur nachgeholt und studiert. Da mir bereits vor der Ausbildung klar war, dass ich eigentlich studieren möchte, habe ich dieses Ziel auch sehr schnell nach meiner Ausbildung verfolgt, gleichwohl ich für meinen Lebensunterhalt zunächst im hohen Stundenumfang als Pflegefachpersonen arbeiten musste. Dieser Aufwand reduzierte sich erst, als ich im 4. Semester ein Stipendium erhielt, das mich doch stark entlastete. Ich wusste aber bereits im 1. Semester, dass mich wissenschaftliches Arbeiten und Denken sehr fasziniert, so dass ich gerne die Möglichkeit des Schreibens einer Doktorarbeit nach Abschluss meines Studiums wahrgenommen habe. Für die Doktorarbeit erhielt ich auch ein Stipendium, was es mir ermöglichte, diese dann in einem angemessenen Zeitrahmen auch zu beenden. Ja, im Grunde hat sich mit dem Studium für mich das Feld der Wissenschaft eröffnet, auch wenn der Weg nicht so gerade in diese führte. Aber der Vorteil ist, dass die diversen Praxiserfahrungen aus den unterschiedlichen Bereichen in einer angewandten Wissenschaft wie die, in der ich arbeite, außerordentlich hilfreich sind. 



Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Im Grunde bin ich mein aktuelles Feld durch meine Berufsausbildung geraten. Insbesondere die Pflegewissenschaft ist in Deutschland immer noch wenig entwickelt, aber die Fragestellungen sind immens bzw. die Forschungsdesiderate als außerordentlich groß zu bezeichnen. Eine qualitativ hochwertige gesundheitliche und pflegerische Versorgung, die auch noch bedarfsgerecht ist und die Autonomie, Selbständigkeit, Würde und Gesundheit der Menschen erhält, ist im Grunde das Ideal, das mich in der Wissenschaft hält. Des Weiteren gibt es m.E. kein Arbeitsgebiet, in dem es so gut möglich ist, die Freiheit von Forschung und Lehre und damit auch die eigene Autonomie und Unabhängigkeit so gut wie möglich umzusetzen. 



Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Als Professorin bin ich in Lehre und Forschung tätig. Ich bin der starken Auffassung, dass ich in der Lehre nur dann sehr gut sein kann, wenn ich auch forsche. Ich nehme aber auch die Lehre sehr ernst und bereite meine Lehre jedes Semester immer neu auf und bin immer auf der Suche nach neuen interessanten Lehrmethoden. Mein Ziel erscheint vermutlich etwas anachronistisch: ich möchte nicht, dass die Studierenden meine ppt auswendig lernen, sondern ich möchte erreichen, dass die Studierenden die Kompetenzen erreichen, wissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse kritisch zu reflektieren, anzuwenden und neue Ergebnisse zu entwickeln. Das Gesundheits- und Pflegewesen benötigt keine Akademiker:innen, die sich den toxischen Hierarchien ergeben, sondern die diese zugunsten einer guten Patienten-/Pflegebedürftigenversorgung gestalten. Neben der Lehre führe ich zahlreiche Forschungsprojekte durch, versuche zu publizieren, halte Vorträge, reiche neue Anträge ein, netzwerke, versuche auch politisch wirksam zu sein und übe Aufgaben in der Selbstverwaltung der Hochschule durch.
Ich möchte betonen, dass ich ein tolles Team habe. Die Mitarbeitenden in meinen Projekten gestalten mit ihren tollen Ideen und großem Einsatz die Projekte und Gestaltung der Ergebnisse mit. Wissenschaft und Forschung ist immer auch eine Teamarbeit und kann meines Erachtens nicht alleine erreicht werden. 

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Es ist im Sinne der Öffentlichkeit, eine qualitativ hohe gesundheitliche und pflegerische Versorgung zu erhalten. Es gibt vielfältige Gründe, warum diese in Deutschland nicht erreicht wird. Derzeit geben wir uns der Illusion hin, dass wir die erste Covid-19-Welle in Deutschland wegen unseres Gesundheitssystems einigermaßen gut überstanden haben. Die Wahrheit ist aber, uns dies gelungen ist, weil wir uns einen deutschlandweiten Lock-Down geleistet haben. Wir haben weder die längste Lebenserwartung, noch die besten Gesundheitsoutcomes in Europa. Die Gründe liegen in der Gestaltung der Gesundheitsversorgung. Wir haben in Deutschland ein ICD-getriggertes Gesundheitssystem, das eine bedarfsgerechte und interdisziplinäre Gesundheitsversorgung verhindert. Die Forschungsprojekte, an denen ich arbeite, ergänzen das Wissen um die Rahmenbedingungen guter Gesundheits- und Pflegeversorgung. Sie erweitern den Blick auf die Bedingungen, wie gute Gesundheits- und Pflegeversorgung sowie Qualität im System zu erhalten ist. Sie zeigen auch, dass wir eine bedarfsgerechte Gesundheits- und Pflegeversorgung nur mit berufsgruppen- und sektorenübergreifenden und mit neuen Denkansätzen erhalten können. 



Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Moment bin ich sehr stark mit Lehre und Forschung beschäftigt. Ich übe noch das Amt der Prodekanin aus, habe das Amt der Beauftragten für Internationales übernommen und lehre auch als Privatdozentin an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Neben meiner Arbeit habe ich ja noch eine Familie, so dass meine Zeit mehr als ausgefüllt ist. 



Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Mmh, ich habe in meinen Alter noch mit Kickboxen in diesem Jahr angefangen. Ich bin natürlich weit von sehr gut entfernt, trotzdem macht es unglaublich viel Spaß und ist herausfordernd. Des Weiteren habe ich mir ein Kajak und ein Stand-Up-Paddle-Board zugelegt, da ich eine hohe Wasseraffinität habe und die Zeit auf dem Wasser sehr genieße. Dann habe ich noch einen Hund, mit dem sehr viel Spaß macht rauszugehen. Er ist ein Border Collie, der eine unglaubliche Fähigkeit hat auf Menschen zuzugehen. 



Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ein idealer freier Tag beginnt mit drei Bechern Kaffee (ohne Milch und Zucker), Zeitung lesen und geht dann über in eine Outdoor-Aktivität. Der Tag endet dann mit einem Grillen auf der Terrasse mit netten Freunden, die meinen Humor verstehen.


Bitte begrüßt Martina ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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