Wir freuen uns sehr, Maria Niedernhuber (@maria_ndrnh) als neue Kuratorin vorstellen zu dürfen! Maria ist Doktorandin im Fachbereich Kognitive Neurowissenschaft
an der Uni Cambridge. Sie arbeitet an sensorischen Vorhersagen in
gesunden Personen und chronischen Schmerzpatienten, insbesonderen an
Störungen körperlicher Wahrnehmungen im komplexen regionalen
Schmerzsyndrom (CRPS).
Falls euch das nichts sagt: CRPS ist eine Schmerzerkrankung, unter der die Patienten häufig sehr lange leiden müssen, bis eine korrekte Diagnose gestellt wird. Auch sonst wird dieses Syndrom noch nicht gut genug verstanden. Wir freuen uns also darauf, diese Woche mehr von Maria darüber zu erfahren, ebenso wie über ihr Leben und ihren Einsatz für chronisch kranke ForscherInnen und auch für den Einsatz der Kunst in der Wissenschaft.
Hier ist mehr über Maria in ihren eigenen Worten:
Ich wollte Wissenschaftlerin werden und war einfach sehr, sehr stur. Ich habe ursprünglich mein Abitur abgebrochen, da ich mit meinem Gymnasium nicht über den Nachteilsausgleich für eine chronische Krankheit verhandeln konnte, und mein Abitur als Externe geschrieben (d.h. man kommt nur zu den Prüfungen. Es steht nicht in meinem Lebenslauf :p aber jetzt ist das ja auch schon lang her). Im Bachelor in Tübingen war ich immer noch sehr unfit und aus diesen (und daraus hervorgehenden) Gründen sah es nie so richtig aus, als würde ich fertig studieren. Es hat lange gedauert, bis ich einen Job an einem Labor gefunden habe. Ich bin dann für einen Master ans University College London und nach einem kurzen Intermezzo in Oxford nach Cambridge. Hier bin ich sehr glücklich und mir geht es gut. Im Nachhinein bin ich in der Wissenschaft gelandet, weil ich einfach dickköpfig bin.
In meiner aktuellen Forschung geht es um Wahrnehmungsstörungen in chronischen Schmerzpatienten aus einer prädiktiven neuronalen Warte. Ich war zum einen an sehr grundlegenden Fragen interessiert (- ich habe mich in Kognitionswissenschaft teilweise aufgrund des Soon et al. (2008) Papers [Referenz siehe unten; JF] eingeschrieben, weil ich das so faszinierend fand, und würde heute die Frage nach der Willensfreiheit aber nicht mehr anfassen). Andererseits wollte ich etwas tun, womit recht angewandt Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten geholfen werden kann (nicht aber, weil ich selber eine habe).
Ich erforsche hierarchische neuronale Vorhersagen im Tast-und Hörsinn in gesunden Personen, um Störungen taktiler Vorhersagen im komplexen regionalen Schmerzsyndrom anzuschauen. Die meiste Zeit verbringe ich im Labor vorm Computer mit Datenanalyse, Datensammeln, dem Verfassen von irgendwelchen Drafts oder Adminkram.
Wir haben auch ein Neuro/Kunst-Projekt, in dem wir mit dem AXNS Künstlerkollektiv und der Künstlerin Madi Boyd Störungen des Bewusstseins im komplexen regionalen Schmerzsyndrom darstellen.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Erstens: Die meisten Menschen haben Bewusstsein und keiner weiß, warum. Die Öffentlichkeit will bestimmt wissen, warum. Zweitens: Die Öffentlichkeit denkt üblicherweise, dass chronische Schmerzpatienten einfach nur chronische Schmerzen haben. Für viele ist es eine Überraschung, dass chronische Schmerzpatienten auch Störungen der Körperwahrnehmung haben. Deshalb stresst es viele Schmerzpatienten, über solche Wahrnehmungen zu reden. Manche denken, sie werden für verrückt gehalten, wenn sie z.B. ihre Hand als riesig groß wahrnehmen. Je mehr Wissenschaftskommunikation wir in der wissenschaftlichen Gemeinschaft betreiben, umso mehr sind solche Symptome von Patienten und der Allgemeinheit bekannt und akzeptiert.
Ich habe das Netzwerk "Chronisch Akademisch" @chron_ac co-gegründet. Es ist ein Netzwerk für behinderte und chronisch kranke Akademiker_innen. Wir sind so eine Art Online-Stammtisch, der sich gegenseitig Rat gibt, aber auch versucht, wissenschaftspolitisch positive Veränderung zu schaffen.
Ich gehe gern auf 12h Raves in London. Wer mitwill, kann mich gerne antweeten. Sonst spiele ich Bossa-Nova Gitarre.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus?
Ich gammle mit meinem Freunden im Café am Kanal in London (idealerweise ohne Regen oder Raubüberfall). So sieht mein üblicher freier Tag aber nicht aus. Die meiste Zeit prokrastiniere ich (Kühlschrank auf - nichts drin, Kühlschrank zu, staubwischen, twitter, facebook, email etc.).
Bitte heißt Maria ganz herzlich bei Real Scientists DE willkommen!
*Referenz: Soon, C. S., Brass, M., Heinze, H. J., & Haynes, J. D. (2008). Unconscious determinants of free decisions in the human brain. Nature neuroscience, 11(5), 543-545.
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