Mit großer Vorfreude stellen wir euch unseren neuen Kurator Philipp Schrögel (@schroep) vor! Philipp hat erst an der Universität Erlangen-Nürnberg sein Diplom in Physik gemacht, und dann an der Harvard Kennedy School of Government einen Master in Public Policy draufgesetzt.
Seitdem hat er sich ganz der Wissenschaftskommunikation verschrieben: Von 2011 bis 2014 war er als Berater in den Themenfeldern Technik- und Wissenschaftskommunikation, Bürgerbeteiligung und Foresight bei der IFOK GmbH tätig und beschäftigte sich dabei unter anderem mit dem Projekt Bürgerdialog Zukunftstechnologien für das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Seit September 2014 arbeite er selbstständig mit einem Büro für Wissenschafts- und Technikkommunikation. Gleichzeitig lehrt er an der Uni Erlangen-Nürnberg und forscht seit Februar 2016 in der Abteilung Wissenschaftskommunikation am KIT: Dort leitet er das Projekt "Wissenschaft für alle!" und forscht bei "Science In Presentations", um herauszufinden, wie sich Wissenschaft am besten an den Mann bzw. die Frau bringen lässt.
Philipp hat die Wissenschaftskommunikations-Praxisprojekte „Schaufenster Ozean“ und „Wissensbuffet“ gegründet und organisiert und moderiert Science Slams unter anderem in Karlsruhe, Erlangen und Nürnberg.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Bei mir gibt es kein spektakuläres „Erweckungserlebnis“. Das ist zwar dramaturgisch schade für Erzählungen wie diese hier, zeigt aber auch, dass es viele Wege in die Wissenschaft gibt. Natürlich habe ich mich in meiner Kindheit für viele Dinge interessiert, gebastelt und die Natur erkundet, und hatte in der Schule auch Spaß am Experimentieren. Ich würde sagen, am meisten hat mich noch mein Physik-Grundkurs geprägt, der dann zu einem Physik-Studium geführt hat. Obwohl ich lange überlegt habe, ob ich nicht doch Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit studieren sollte.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Mit der Entscheidung für Physik und gegen Archäologie hat sich dann aber immer noch kein gerade wissenschaftlicher Karriereweg ergeben. Mein Physikstudium hat mir Spaß gemacht, aber durch mein Engagement in der Studierendenvertretung habe ich gemerkt, dass mich Forschungspolitik und –management noch mehr interessieren. Nach meinem zweiten Public Policy Studium und meiner Zeit im Berufsleben als Berater bin ich dann in der Wissenschaftskommunikation gelandet, was meiner Ansicht nach der perfekte Ort ist. Hier befinde ich mich mitten drin, sowohl zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Methoden aus den Kommunikations-, Sozial- und Geisteswissenschaften, als auch die ganzen wissenschaftlichen Themen, die Inhalte der untersuchten oder durchgeführten Kommunikationsprojekte sind. Diese Vielfalt, Offenheit und Vernetzung finde ich wunderbar!
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich habe das große Glück, bei meiner Arbeit zwei Aspekte ausleben zu dürfen. Einerseits die Forschung zu Wissenschaftskommunikation. Das sind konkret zwei Projekte, zum einen „Science In Presentations“, wo wir die verschiedenen Präsentationsformen untersuchen, die Wissenschaftler*innen nutzen, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, von Abendvorträgen über Science-Slams bis zu Videos. Das untersuchen wir aus der Sicht der Rezipient*innen sowohl durch Befragungen und Beobachtungen als auch durch Blickaufzeichnungs-Analysen (Eye-Tracking) wodurch wir erheben können, wohin ein*e Besucher*in bei einer Präsentation schaut. In meinem zweiten Forschungsprojekt „Wissenschaft für alle“ untersuchen wir, welche Bevölkerungsgruppen von klassischen Formen der Wissenschaftskommunikation nicht erreicht werden, welche Faktoren zur Exklusion beitragen und dann, in einem zweiten Schritt anhand von Pilotprojekten, wie gemeinsam mit zuvor ausgeschlossenen Gruppen neue Zugangswege zur Wissenschaftskommunikation entwickelt werden können.
Andererseits widme ich mich ebenso der Durchführung von ganz konkreten Wissenschaftskommunikationsprojekten als Moderator oder Organisator. Dies gibt mir die Gelegenheit, auch neue Ideen zu erproben, ob als freiberuflicher Wissenschaftskommunikator bei Hackathons oder Comic-Workshops, oder durch eigene Wissenschaftskommunikationsprojekte hier am Institut, wie beispielsweise das „Schaufenster Ozean“ oder das „Wissensbuffet“.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Auf den ersten Blick ist das eine schwierige Angelegenheit. So ist schon die Erforschung von Wissenschaftskommunikation ein Meta-Thema, die Wissenschaftskommunikation zur Erforschung von Wissenschaftskommunikation ist dann ein Meta-Meta-Thema. Aber auf den zweiten Blick wird die Alltagsrelevanz umso deutlicher: viele bedenkliche gesellschaftliche Entwicklungen heute basieren auf der gescheiterten gemeinsamen Verständigung über wissenschaftliche und gesellschaftliche Fragen, von Klimawandel-Leugner*innen, Impfgegner*innen, Rassist*innen mit Falschbehauptungen zu Migration und allen Gegner*innen aller möglichen Stromerzeugungsformen. Dabei geht es nie nur darum, dass eine Seite wissenschaftlich Recht hat und die andere nicht, sondern um eine vielschichtige Problemlage aus Fakten, Annahmen, Bewertungen, Interessen, Wünschen und Werten. Diese Kommunikationssituationen besser zu verstehen und besser gestalten zu können, sollte in jedermanns und jederfraus Interesse sein.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich organisiere und moderiere regelmäßig Science-Slams in Karlsruhe, Erlangen und Nürnberg sowie sporadisch in etlichen weiteren Orten. Ich finde dies eine wunderbare Art der Wissenschaftskommunikation: die Verbindung von ernsthaftem Vortrag und Unterhaltung, der Schritt aus den Hochschulen heraus (meine Science-Slams finden zumeist in Kultureinrichtungen und Clubs statt), der Vortrag durch junge, engagierte Wissenschaftler*innen und nicht ergraute Eminenzen und die Machtumkehr zwischen Laien und Expert*innen durch die Bewertung des Publikums am Ende. Den Science-Slam als Format gibt es mittlerweile seit über 10 Jahren, er ist also nicht mehr ganz taufrisch, aber ich finde es weiterhin eine großartige Sache!
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Da es mit dem Mittelalterarchäologie-Studium nichts geworden ist, habe ich beschlossen, das Mittelalter zumindest als Hobby weiterzubetreiben. Ich mache Mittelalter-Reenactment, also das Nachstellen des Lebens im Mittelalters bei historischen Events. Dabei ist mir der historische Anspruch wichtig, also nicht einfach Jeans und Bettlaken überzuwerfen wie bei so etlichen Stadtfesten häufig gesehen oder Fantasy-Events mit Elfenohren und Plastikschwertern. Es geht darum Kleidung und Ausrüstung einer Epoche (bei mir das frühe Hochmittelalter) möglichst authentisch zu gestalten, also natürlich handgenähte Leinen- oder Wollkleidung nach historischem Schnitt, idealerweise aus handgewebten und pflanzengefärbten Stoffen. Der handwerkliche Aspekt ist mir dabei besonders wichtig, so versuche ich alle Ausrüstung selbst herzustellen und nicht zu kaufen: vom selbstgeschmiedeten Schwert, zu den selbstgenähten Schuhen und Kleidung bis zu selbstgeschreinerten Truhen und den selbstgegossenen Bronze-Fibeln. Es ist ein sehr beglückendes Gefühl, wenn man handwerklich etwas hergestellt hat. Da kann ein abgegebenes Manuskript nicht mithalten. Leider bin ich aber in den letzten Jahren zeitlich immer weniger dazu gekommen, mich meinem Hobby zu widmen.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Mir fällt es schwer, mich von meiner Arbeit zu lösen, auch weil ich dauernd neue Ideen und Gedanken habe. Also würde auch ein freier Tag zumindest ein bisschen Lesen und vielleicht ein paar Notizen beinhalten. Ansonsten wäre es eine gute Gelegenheit, mein oben erwähntes vernachlässigtes Hobby wieder aufzugreifen oder einfach mal eine Runde Bogenschießen gehen.
Bitte begrüßt Philipp ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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