Mit großer Vorfreude möchten wir euch unseren neuen Kurator Matthias Aulbach (@MatthiasAulbach) vorstellen! Matthias hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in Würzburg und dem ISCTE Lissabon Psychologie studiert und hat danach als Suchtberater für die Caritas Augsburg und als Therapeut für Kompass Kompakt Drogenhilfe in Augsburg gearbeitet. Danach hat er sich an die Universität Helsinki in Finnland aufgemacht und dort in der Forschungsgruppe „Behavior Change and Well-Being“ in Sozialpsychologie promoviert. In seiner Doktorarbeit hat er sich mit digitalen Interventionen beschäftigt, die darauf abzielen, Impulse bezüglich ungesunder Lebensmittel zu vermindern und damit deren Konsum zu verringern.
Seit Januar arbeitet er als Postdoc in einem Projekt, in dem er mit seinen KollegInnen erforschen will, wie wir Begegnungen mit Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen psychologisch, psychophysiologisch, sowie neurologisch verarbeiten und wie man diese Reaktionen so verändern kann, dass wir weniger diskriminierend agieren. Grundsätzlich gilt sein Hauptinteresse Phänomenen rund um das Thema Selbst- und Impulskontrolle sowie psychologischer Forschungsmethodik.
Ich habe mich schon während des Psychologie-Studiums sehr für Forschungsmethoden und Statistik interessiert. Nach dem Abschluss wollte ich dann aber doch eine Weile weg von der Uni und habe ca. 2 Jahre lang als Suchtberater und -therapeut gearbeitet. Da ich zu der Zeit schon eine finnische Freundin hatte, wollte ich nach Helsinki ziehen und habe das als Gelegenheit genutzt, doch noch zu promovieren. Das hatte ich auch während der praktischen Arbeit mit Klienten schon immer noch im Auge.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Das Thema meiner Doktorarbeit (wie man impulsive Aspekte von Essverhalten verändern kann) kam durch die Kombination meines Interesses an Impulsivität und Selbstkontrolle und der Arbeit an gesundheitspsychologischen Interventionen meiner Betreuer zustande. Impulsives Verhalten und Selbstkontrollkonflikte fand ich schon immer spannend (daher auch die Arbeit im Suchtbereich): wieso machen wir Sachen, die schlecht für uns sind? Wie schaffen wir es, Verlockungen nicht nach zu gehen bzw. unsere Impulse nicht einfach aus zu agieren? Essverhalten eignet sich da besonders gut, da es sich dabei um ein so alltägliches Phänomen handelt.
Zwar habe ich für den Postdoc den Inhalt meiner Arbeit gewechselt (siehe nächste Frage). Was ich aber vom genauen Forschungsgegenstand unabhängig spannend finde ist die Frage, wie man ein Thema angeht, also die verschiedenen wissenschaftlichen Methoden um Antworten auf seine Fragen zu bekommen. Und natürlich bleibt im Mittelpunkt der Mensch mit seinem Erleben und Verhalten als Forschungsobjekt – spannender geht es kaum.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Im Oktober 2020 habe ich erfolgreich meine Doktorarbeit verteidigt. Thema war, wie man durch das Durchführen kurzer Aufgaben am Computer leichter ungesundem Essen widerstehen kann. Dazu habe ich drei verschiedene Studien durchgeführt wovon zwei schon veröffentlicht sind. Ich würde sagen, meine Doktorarbeit umspannt insofern ein weites methodisches Feld weil ich von Meta-Analyse (also Übersicht über die vorhandene Literatur) über EEG-Studie (also Gehirnstrommessung) bis zu mHealth (also Interventionen via Smartphone) durch gegangen bin.
Jetzt bereite ich mich gerade auf meine Postdoc Stelle vor und da das Projekt schon läuft, ist etwas Eile geboten. In dem Projekt geht es um Vorurteile, und wie die Wahrnehmung von Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen (ethnische Minderheiten, Menschen mit verschiedenen Krankheiten, etc.) von diversen Situationsfaktoren abhängt. Dazu werden wir verschiedene Methoden verwenden, z.B. virtuelle Realität, elektrophysiologische Maße, Computer-Aufgaben, oder Fragebögen. Ich lese mich also gerade in ein für mich weitestgehend neues Forschungsthema ein. Das ist super spannend und gleichzeitig recht anstrengend weil es zu jedem denkbaren natürlich sehr viel Literatur gibt. Dass man dann auch noch an vielen Ergebnissen zweifeln muss (Stichwort: Replikationskrise) macht es nicht einfacher. Aber insgesamt macht es viel Spaß, mit den Kollegen neue Studien zu planen und Ideen zu entwickeln.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Weil (Sozial-)Psychologie in vielen Fällen relativ direkte Relevanz für unseren Alltag hat. Natürlich sollte man nicht von ein, zwei Studien ausgehend denken, man wüsste jetzt wahnsinnig viel über menschliches Verhalten, aber in seiner Gesamtheit können wir einige Phänomene sicher besser verstehen wenn wir uns mit Psychologie befassen. Konkret von mir kann man sich vielleicht was mitnehmen was die eigene essensbezogene Impulsivität angeht oder eben, wie wir Mitgliedern anderer sozialer Gruppen begegnen.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Derzeit bin ich (noch) Mitglied im Executive Committee von CREATE, der Assoziation für Jungwissenschaftler innerhalb von EHPS (das ist die Europäische Gesellschaft für Gesundheitspsychologie). Als Grant Master und Liaison Officer bin ich dafür zuständig, Bewerbungen für Konferenz- und Workshop-Stipendien zu beurteilen (was dank Corona gerade natürlich flach liegt) aber auch, im Austausch mit ähnlichen Organisationen zu sein.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich bin aktiv beim FC Germania Helsinki, dem größten deutschsprachigen Fußballverein Finnlands (das klingt nur beim ersten Lesen imposant). Das ist unter anderem der Versuch, ein Stück deutsche (Fußball-)Kultur nach Finnland zu bringen. Und natürlich irgendwann mal finnischer Meister zu werden.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Das hängt hier in Finnland natürlich stark von der Jahreszeit ab. Was sicher nicht fehlen darf, ist das Meer, das in Helsinki nie weit ist. Im Sommer also baden am nahegelegen Strand zusammen mit meiner Partnerin und guten Freunden. Ein bisschen Fußball spielen oder auch einfach im Sand liegen und ein gutes Buch lesen.
Im Winter ein langer Spaziergang (gerne auf der Ostsee wenn das Eis dick genug ist) und ein gemütlicher Spieleabend mit Freunden, dazu ein gutes Essen mit feinen Getränken. Und gerade im Winter darf natürlich der Saunabesuch nicht fehlen.
Bitte begrüßt Matthias ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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