Wir freuen uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Andrea Geier (@geierandrea2017) vorstellen zu dürfen! Andrea ist seit 2009 Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Gender Studies an der Universität Trier. Sie ist seit 2010 im Vorstand des Trierer Centrums für Postcolonial und Gender Studies (CePoG) und seit 2020 im Vorstand der Fachgesellschaft Geschlechterstudien. Nach einem Studium der Germanistik, Allgemeinen Rhetorik und Empirischen Kulturwissenschaft promovierte sie mit einer Arbeit über „‚Gewalt’ und ‚Geschlecht’. Diskurse in deutschsprachiger Prosa der 1980er und 1990er Jahre“ an der Universität Tübingen. Sie arbeitete u.a. mehrere Jahre an der Universität Marburg und hatte in den letzten 10 Jahren drei Gastprofessuren in den USA. Zu ihren Schwerpunkten in Forschung und Lehre gehören deutschsprachige Gegenwartsliteratur, kultur- und literaturwissenschaftliche Gender Studies, Interkulturalitätsforschung und Postcolonial Studies, Rhetorik sowie Literatur im Medienwechsel. Informationen zu Publikationen, Wissenschaftskommunikation u.am.: https://www.uni-trier.de/index.php?id=29978
Während des Studiums habe ich als wissenschaftliche Hilfskraft in meinem Nebenfach Allgemeine Rhetorik gearbeitet, und diese Mitarbeit im ‚Betrieb‘ war ein wirklich wichtiger Impuls. Ich war in einem Hiwi-Team, in dem sich einige schon sicher waren, dass sie nach dem Abschluss des Studiums gerne promovieren und in die Wissenschaft gehen würden. Ich hatte mir das vorher nie überlegt. Ich habe mit Germanistik, Allgemeiner Rhetorik und Empirischer Kulturwissenschaft genau die Fächer gewählt, die mich damals interessiert haben, und ich habe nicht nur gern studiert, ich war auch eine sehr gute Studentin. Aber die Vorstellung, an der Uni zu studieren und die Frage, was ich später mal arbeiten werde, waren in meiner Vorstellungswelt bis dahin einfach getrennt. Ich habe mich da nicht gesehen.
Während der Magisterarbeit in Germanistik wurde mir dann klar, dass ich weiter machen will, und der Rest war, was es immer ist: Eine Mischung aus viel Arbeit, Warten auf Chancen, eigenen Entscheidungen, von denen man aber nie weiß, ob sie nützen oder nicht, und Glück.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Während des Studiums habe ich vor allem dank einiger Dozent:innen in einem meiner beiden Nebenfächer, der Empirischen Kulturwissenschaft, Fragestellungen und erste Methodendiskussionen in der Geschlechterforschung kennengelernt. Mein eigentliches Feld – und auch Hauptfach im Studium – war die Germanistik, aber ohne diese zweite Perspektive hätte ich meine literaturwissenschaftlichen Interessen nicht so eigenständig entwickeln können. Während meines Studiums gab es nämlich zu Gender Studies im Hauptfach noch recht wenige Angebote. Das hat mich aber gar nicht abgeschreckt, eher im Gegenteil: Ich stieß auf offene Ohren und hatte das Gefühl, das für mich entdecken und gewissermaßen ‚übertragen‘ zu können, und bald ergaben sich dann auch viele Anschlussmöglichkeiten – zum Beispiel in interdisziplinären Diskussionsrunden von Nachwuchswissenschaftler:innen.
Was mich dort hält? Spontan sagt man auf die Frage, was einen in dem eigenen Feld hält, selbstverständlich intrinisische Motivation, und das stimmt 100% für mich. Aber ebenso selbstverständlich ist es mir nur möglich, dort zu bleiben, wo ich bin, weil ich heute eine Professur habe und auf dem Weg dorthin nur wenige Phasen ‚irgendwie‘ überbrücken musste. Ich hatte Stipendien während der Promotions- und Postdoc-Phase und eine Stelle als wissenschaftliche Assistentin, von der ich nach fünf Jahren dann auf eine Professur berufen wurde. Ich finde es wichtig, dass wir immer auch die institutionellen Bedingungen thematisieren und nicht so tun, als könnte sich Motivation und Begeisterung für Forschungsfelder unabhängig von den institutionellen Rahmenbedingungen entwickeln und entfalten.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Als Professorin gehören Forschung, Lehre und Engagement in der Selbstverwaltung zu meinen Aufgaben, ich leite seit 2010 immer im Rahmen eines Teams das Trierer Centrum für Postcolonial und Gender Studies (CePoG) und bin seit letztem Jahr im Vorstand der Fachgesellschaft Geschlechterstudien. Die Verbindung von Forschung und Lehre ist mir wichtig und ist immer in zwei Richtungen zu denken: Ich biete an, worüber ich schon viel gearbeitet habe, aber ich kann mich über die Lehre auch weiterentwickeln, indem ich in bekannte Themen neue Bausteine einfüge etc. Innerhalb eines vorgegebenen Rahmens – Studiengangsstrukturen etc. – kann ich sehr frei in der Wahl meines Angebotes sein. Ich muss also nicht unbedingt jedes Semester eine bestimmte Epoche abdecken, sondern kann sowohl epochenspezifische als auch epochenübergreifende Veranstaltungen machen. Als Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Gender Studies biete ich regelmäßig interdisziplinäre Veranstaltungen an wie etwa die Einführung in die Gender Studies und Interkulturalitätsforschung. Und damit sind auch schon zentrale Forschungsfelder benannt. Ich interessiere mich für verschiedene Alteritätskonstruktionen, also ‚Geschlecht‘ und/oder Ethnizität, und habe einen Schwerpunkt in der Gegenwartsliteratur, aber ich habe auch publiziert über Turcica in der Frühen Neuzeit, Literarischen Antisemitismus im 19. Jahrhundert, Misogynie in der Literatur des 18. Jahrhunderts, und in der Gegenwart über Medienwechsel und postdramatisches Theater, Mythosrezeption oder Erzählen über Kolonialgeschichte …Schaut euch gerne mal um: https://www.uni-trier.de/index.php?id=29978
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Als kulturwissenschaftliche Literaturwissenschaftlerin mit Schwerpunkten in den Gender Studies, der Interkulturalitätsforschung und den Postcolonial Studies habe ich es mit ganz unterschiedlichen Erwartungen zu tun – je nachdem, unter welchem „Hut“ ich mich gerade sichtbar mache. Grundsätzlich denke ich nicht, dass sich alle Menschen für Literaturwissenschaft begeistern müssten, aber ich hoffe selbstverständlich, dass ich ansprechende Angebote zu ästhetischen, gesellschaftspolitischen und ethischen Fragestellungen mache: Welche Formen ästhetischer Repräsentation gibt es? Wie verändern sie sich historisch? Wie wird (wessen) Geschichte in Geschichten erzählt? Welchen Zugang zu und Perspektiven auf Themen eröffnen Texte? Welche ästhetischen Erfahrungen kann man damit machen?
Als literaturwissenschaftliche Kulturwissenschaftlerin möchte ich also vermitteln, dass nicht nur Themen interessant sind – also etwa die Frage, welche Geschlechterbilder langer Dauer in der Literatur entwickelt, tradiert und verändert werden – sondern vor allem, wie sie dargestellt werden.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ob das Mitarbeiten in der Fachgesellschaft Geschlechterstudien eine externe Aufgabe ist? Es ist zumindest eine zusätzliche, aber zugleich zeitlich begrenzte Tätigkeit. Ich bin zwar schon lange Mitglied, aber erst seit Kurzem wirklich engagiert – was auch damit zu tun hat, dass ich seit 2010 das Trierer Centrum immer im Tandem mit einer Kollegin leite und mich vor allem auch darauf konzentriert habe. Wir sind ein gutes Team im Vorstand der Fachgesellschaft, und die interdisziplinäre Ausrichtung macht es natürlich besonders interessant.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Noch nicht, aber ich strebe an, mehr schöne Puzzles zu besitzen und natürlich Zeit, sie auch zu machen. Immerhin habe ich schon eine Puzzlematte und damit einen gewissen Professionalisierungsgrad erreicht. Und vielleicht kann das ja vor allem deshalb als Hobby zählen, weil es mir als erstes zu dieser Frage einfällt. Für mich ist es eine schöne händische und visuelle Begleitung zu Podcasts oder auch Talkshows – wenn ich nicht gerade meine Reaktionen auf Sendungsinhalte direkt vertwittere.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher:innen sind ja auch nur Menschen)?
Meistens: Ein unverplanter Tag, Zeit für Lektüre, die nicht unter beruflichem Verwertungsdruck steht.
Bitte begrüßt Andrea ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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